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Verfahren zur Abspaltung von Sulfogruppen aus Sulfosäuren von Oxy-
und Aminoanthrachinonen Es wurde gefunden, daß die Hydrierungsprodukte von homonuclear
durch Amino-, Oxy- oder Aminooxygruppen substituierten Anthrachinonsulfosäuren,
welche durch Anlagerung von zwei Wasserstoffatomen entstehen, und welche durch Oxydation
in die zugrunde liegenden substituierten Anthrachinonsulfosäuren zurückverwandelt
werden, gegen alkalisch wirkende Stoffe in wäßriger Lösung ein sehr auffallendes
Verhalten zeigen. Eine Sulfogruppe wird als schweflige Säure glatt abgespalten unter
Bildung der um diese Sulfogruppe ärmeren, nicht hydrierten Anthrachinonderivate.
Der Vorgang ist so zu erklären, daß eines der beiden angelagerten Wasserstoffatome
mit der Sulfogruppe als schweflige Säureaustritt, während das andere Wasserstoffatom
an die Stelle der Sulfogruppe tritt. Man kann den Vorgang durch folgende Formel
versinnbildlichen, L:ei welcher die anderen Substituenten des Anthrachinonmoleküls
weggelassen sind:
Durch dieses Schema soll die Art und Weise der Anlagerung der beiden Wasserstoffatome
nicht unbedingt festgelegt sein.
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Diese Reaktion verläuft außerordentlich leicht und glatt. Bei Anwendung
eines geringen Überschusses von Natronlauge in verdünnt wäßriger Lösung ist sie
in wenigen Augenblicken bei Zimmertemperatur beendet. Bei Anwendung schwächerer
Alkalien, wie Ammoniak oder Natriumcarbonat, ist bei gewöhnlicher Temperatur längere
Zeit notwendig, bei erhöhter Temperatur ist sie aber auch da in kurzer Zeit vollendet.
Die Abspaltung der Sulfogruppe erfolgt .auch beim Erwärmen der neutralen Lösung.
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Bei Anwendung von reinen Ausgangsstoffen erhält man die @entsulfonierten
Verbindungen unmittelbar ganz rein und meist gut kristallisiert. Dadurch und da
das neue Verfahren in wäßriger, neutraler oder alkalischer Lösung und ohne Anwendung
von Druck ausgeführt werden kann, bedeutet es gegenüber den bisher üblichen Verfahren
einen großen gewerblichen Fortschritt. In manchen Fällen,
wo die
bisherigen Verfahren zur Abspaltung von Sulfogruppen versagen oder zu unerwünschten
Nebenreaktionen Veranlassung geben, führt das neue Verfahren glatt zum Ziel.
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Enthalten die Anthrachinonderivate zwei Sulfogruppen, so können diese
nach dem gleichen Verfahren nacheinander abgespalten werden. Man kann auch die Abspaltung
der beiden, Sulfogruppen in einem Arbeitsgang vereinigen.
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Man kann die Abspaltung der Sulfogruppen auch durch Erwärmen der Wasserstoffanlag.erungsprodukte
mit konzentrierter Schwefelsäure ohne oder mit Zusatz von Borsäure bewerkstelligen.
Die Anwendung von verdünnten Säuren führt nicht zum Ziel.
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Gegenstand der Erfindung ist nun ein Verfahren, welches es ermöglicht,
aus homonuclear substituierten Amino-, Oxy- oder Aminooxyanthrachinonen, welche
in den Kernen und den Aminogruppen weiterhin substituiert sein können, die Sulfogruppen
ganz oder teilweise unter Verwendung von Hydrosulfiten abzuspalten. Es wurde nämlich
gefunden, daß bei Behandlung der genannten Sulfosäuren oder deren Salzen mit Hydrosulfiten
sich die obenerwähnten Hydroverbindungen in besonders glatter und schneller "Weise
und in hervorragender Reinheit bilden, und zwar sowohl in neutralem als in schwach
saurem und schwach alkalischem Medium.
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Es ist zu betonen, daß die Erkenntnis der Existenz der Hydroverbindungen
und des Verhaltens derselben bezüglich der Abspaltung der Sulfogruppen von der Erfinderin
stammt und somit als neu zu bewerten-ist. Dies gilt insbesondere auch für die glatte
und schnelle Herstellung der Hydroverbindungen mittels Hydrosulfit, die bisher vollkommen
unbekannt war. Wenn auch zuzugeben ist, daß in Beispiel i der Patentschrift
108 578 die Behandlung von Diaminoanthrarufindisulfosäure mit Zink in Essigsäure
beschrieben ist (wobei nach den neueren Erfahrungen die Hydroverbindung der p-Diaminoanthrarufindisulfosäure
entsteht), und ferner das Verhalten dieses Körpers gegen Natronlauge angegeben ist,
so konnte hieraus doch nichts über die Existenz und das Verhalten der Hydroverbindungen
:entnommen werden, da -das mit Zink und Essigsäure erhaltene Produkt in der Patentschrift
ausdrücklich als normale Leukoverbindung bezeichnet und sein Verhalten gegen Natronlauge
insofern falsch angegeben ist, als die Anwesenheit von -Luft bei seiner Rückverwandlung
in das Anthrachinonderivat und bei der Abspaltung der Sulfogruppe als notwendig
angegeben ist.
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Behandelt man nun die mittels Hyrosttlfit erhältlichen Hydroverbindungen
in der Weise, daß man sie entweder in neutralem Medium oder mit konzentrierter Schwefelsäure
in Gegenwart oder Abwesenheit von Borsäure erwärmt, oder behandelt man die Hydroverbindungen
mit alkalisch wirkenden Mitteln bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur, so erfolgt
Abspaltung der Sulfogruppen unter Bildung der ganz oder teilweise entsulfonierten
Produkte. Auch diese Reaktion verläuft sehr .glatt und liefert die entsulfonierten
Produkte in bester Reinheit und Ausbeute.
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Gegenüber dem Verfahren der Patentschrift io8 578 hat das neue Verfahren
folgende Vorteile Die Herstellung der Hydroverbindung verläuft äußerst glatt und
schnell, oft in wenigen Augenblicken, ohne daß. dabei teure und apparatetechnisch
nur schwer verwendbare organische Lösungsmittel verwendet werden müßten, im Gegensatz
zu dem Verfahren der genannten Patentschrift, gemäß welchem die Reduktion mit Zinkstaub
und Essigsäure vorgenommen wird und mehrere Stunden zu ihrer Durchführung erfordert.
Ebenfalls geht die Durchführung der Abspaltung der Sulfogruppen aus mittels Hydrosulfiten
hergestellten Hydroverbindungen besonders glatt und führt zu besonders reinen Produkten,
wohl auf Grund der .großen Reinheit der auf die genannte Weise gewonnenen Hydroverbindungen.
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Eine besonders günstige Ausführungsform des Verfahrens besteht darin,
daß man die mittels Hydrosulfiten herbestellten Hydroverbindungen, ohne dieselben
zu isolieren, entweder in ihren neutralen Lösungen erwärmt oder mit alkalisch wirkenden
Mitteln bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur behandelt.
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In allen Fällen wird die Sulfogruppe als schweflige Säure abgespalten,
wodurch sich das Verfahren von denjenigen unterscheidet, bei denen die Sulfogruppe
durch Hydrolyse als Schwefelsäure abgespalten wird. Beispiel i 15 Teile i-Amino-q.-oxyanthrachinon-3-sulfosäure
(freie Säure)
werden unter Zusatz einer Lösung von 3o Teilen Kristallsoda in zoo Teilen Wasser
in 2ooo Teilen Wasser gelöst. Zu dieser Lösung
gibt man bei gewöhnlicher
Temperatur i2 Teile Natriumhydrosulfit (86%ig) hinzu. Die violette Farbe der Lösung
schlägt sehr rasch in Gelb über. Setzt man dann 750
Raumteile einer kaltgesättigten
Ch@orkaliumlösung hinzu, so scheidet sich nach kurzer Zeit das Monokaliumsalz des
Wasserstoffanlagerungsproduktes (Hydroverbindung) in schönen goldgelben Nadeln ab,
welche nach einigem Stehen abgesaugt, mit etwas Alkohol gewaschen und bei niedriger
Temperatur getrocknet werden. Erwärmt man die wäßrige Lösung dieser Verbindung auf
dem Wasserbad, so scheidet sich bald reines i-Amino-4-oxyanthrachinon in feinen
Kristallen aus. Rascher erfolgt die Umwandlung, wenn man die sodaalkalische oder
ammoniakalische Lösung erwärmt. In wenigen Augenblicken, schon bei Zimmertemperatur,
erfolgt die Abspaltung der Sulfogruppe, wenn man die wäßrige Lösung mit Natronlauge
alkalisch macht. In allen Fällen läßt sich nach erfolgter Umwandlung die abgespaltene
schweflige Säure durch Ansäuern nachweisen.
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Es ist jedoch nicht notwendig, die Hydroverbindung in fester Form
abzuscheiden. Man kann einfach die wie oben durch Hydrosulfit erhaltene gelbe Lösung
auf dem Wasserbad erwärmen, wobei sich das i-Amino-4-oxyanthrachinon schön kristallisiert
abscheidet, oder man macht die Lösung mit Natronlauge alkalisch, wobei die Farbe
sofort nach Violett umschlägt und das gebildete i-Amino-4-oxyanthrachinon sich als
schwer lösliches Natriumsalz abscheidet.
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Die als Ausgangsstoff verwendete i-Amino-4 - oxyanthrachinon - 3 -
sulfosäure (= i - Oxy-4-aniinoanthrachinon-2-sulfosäure) wird erhalten durch aufeinanderfolgendes
Sulfonieren und Nitrieren von i-Oxyanthrachinon und Reduzieren der so erhaltenen
i-Nitro-4-oxyanthrachinon-3-sulfosäure. Sie löst sich in heißem Wasser mit violetter
Farbe, welche durch Zusatz von Natronlauge nach Blau umschlägt. Versetzt man diese
Lösungen in der Hitze mit Salz- oder Schwefelsäure im Überschuß, so scheiden sich
hellgelbe Kristalle der freien Säure bzw. ihres inneren Salzes ab. Die Lösung in
konzentrierter Schwefelsäure ist gelb und wird auf Zusatz von Borsäure bei dem Erwärmen
braunorange mit roter Fluoreszenz. Ungebeizte Wolle wird in saurem Bade in violetten
Tönen angefärbt. Beispiel 2 43 Teile 4# 8-Diamino-i # 5-dioxyanthrachinon-2 # 6-disulfosäure
(freie Säure) der Patentschrift 96 364, K1. 22, werden in 40oo Teilen Wasser heiß
gelöst. Zu der auf 3o bis 40° abgekühlten blauen Lösung gibt man 15 Teile
Hydrosulfit (86%ig), wobei die Farbe rasch orangegelb wird. Nun versetzt man diese
Lösung mit 3oo Raumteilen Natriumbisulfitlösung, 4o°[oig, wobei sich das Natriumsalz
der Hydroverbindung in feinen violettbraunen Nädelchen abscheidet, welche abgenutscht,
mit wasserfreiem Alkohol gewaschen und bei niedriger Temperatur getrocknet werden.
In Wasser lösen sie sich mit gelbroter Farbe, welche durch Zusatz von Salzsäure
gelb wird. Setzt man zur wäßrigen Lösung etwas Natriumcarbonat und erwärmt auf dem
Wasserbade, so schlägt die gelbrote Farbe nach Violettblau um, und bald scheidet
sich die durch Abspaltung einer Sulfogruppe gebildete 4. 8 - Diamino - i # 5-dioxyanthrachinonmonosulfosäure
ab. Versetzt man die wäßrige Lösung der Hydroverbindung mit Natronlauge, so wird
die Farbe sofort blau, indem die Sulfogruppe unter dem Einfluß der Natronlauge schon
bei gewöhnlicher Temperatur abgespalten wird.
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Auch hier ist es nicht notwendig, die Hydroverbindung erst abzuscheiden.
Man kann z. B. die wie oben mit Hydrosulfit @erhaltene orange Lösung bei Zimmerwärme
mit Zoo Teilen 33 %iger Natronlauge versetzen. Unter vorübergehender Rotfärbung
wird die Flüssigkeit rasch grünblau, und alsbald scheidet sich das Natriumsalz der
Monosulfosäure ab. Beispiel 3 io Teile der nach Beispiel 2 erhältlichen Hydroverbindungen
der Diaminodioxyanthrachinondisulfosäure werden in i 5o Teilen konzentrierter Schwefelsäure
unter Zusatz von 5 Teilen Borsäure gelöst und auf dem Wasserbade erwärmt, wobei
die erst gelbe Farbe der Lösung allmählich blau wird unter gleichzeitiger Entwicklung
von schwefliger Säure. Wenn sich die Farbe nicht mehr weiter ändert, gießt man in
i 5oo Teile Wasser und filtriert die abgeschiedene Diaminodioxyantrachinonmonosulfosäure
ab.
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Genau wie die Hydroverbindung der Diaminodioxyanthrachinondisulfosäure
verhält sich die in Beispiel i erwähnte Hydroverbindung der i-Amino-4-oxyanthrachinon-3-sulfosäure.
Erwärmt man deren gelbe Lösung in konzentrierter Schwefelsäure mit Borsäure, so
wird die Farbe blaurot mit zinnoberroter Fluoreszenz, indem sich i-Amino-4-oxyanthrachinon
bildet. Beispiel 4 Behandelt man das mittels Hydrosulfit erhältliche Anlagerungsprodukt
von 2 Atomen Wasserstoff an die 4 # 8-Diamino-i # 5-dioxyanthrachinon-6-monosulfosäure
in ähnlicher Weise wie in den vorigen Beispielen angegeben, so wird die Sulfogruppe
ebenfalls als
schweflige Säure abgespalten unter Bildung von 4 #
8-Diamino - i # 5 - dioxyanthrachinon. Man kann aber aus der Diaminodioxyanthrachinondisulfosäure
auch in einem Arbeitsgang die beiden Sulfogruppen abspalten, indem man z. B. von
vornherein mit einer größeren Menge Hydrosulfit arbeitet, wobei der geschilderte
Vorgang der Abspaltung der Sulfogruppe sich wiederholt. 2 Teile g..8-Diamino-i #
5-dioxyanthrachinon-2 # 6-disulfosäure (freie" Säure) werden bei 30° in 85 Teilen
Wasser mit 15 Teilen Pyridin gelöst. Zur blauen Lösung gibt man 2i/2 Teile
Hydrosulfit (85%ig) und erhitzt auf dem Wasserbad, wobei die Farbe violett, dann
rot wird. Bald beginnt die Abscheidung. von ganz reinem 4 # 8-Diamino-i # 5-dioxyanthrachinon
in schönen Nädelchen. Wenn deren Menge nicht mehr zunimmt, filtriert man, wäscht
dann und trocknet.
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Beispiel 5 i Teil i # 5-dioxyanthrachinon-2 # 6-disulfosaures Natrium
wird in ioo Teilen Wasser gelöst, mit 3 Teilen Hydrosulfit versetzt und r 'h auf
95 bis ioo' erhitzt. Bald scheidet asc sich das i # 5-Dioxyanthrachinon als
hellgelber kristallinischer Niederschlag ab.
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In ganz analoger Weise erhält man aus den durch Anlagerung von 2 Wasserstoffatomen
mittels Hydrosulfit erhältlichen Hydroverbindungen von: '
i # 4-Dioxyanthrachinon-2-sulfosäure: I # 4-Dioxyanthrachinon |
i # 2 # q. Trioxyanthrachinon-3-sulfosäure: i # 2 # 4-Trioxyanthrachinon |
i-Aminoanthrachinon-2-sulfosäure: i-Aminoanthrachinon |
I . 5-Diaminoanthrachinon-2 # 6-disulfosäure: I . 5-Diaminoanthrachinon |
i-Amino-4-bromanthrachinon-2-sulfosäure: i-Amino-4-bromanthrachinon. |
Wo zwei Sulfogruppen vorhanden sind, |
kann man, wie bei der 4 # 8-Diamino-i # 5-di- |
oxyanthrachinon und der i # 5-Diaminoanthra- |
chinondisulfosäure auch nur eine Sulfogrupp.e |
abspalten und gelangt so zu Monosulfosäuren, |
die auf anderem Wege schwer zu erhalten sind. |
Wie die 4 # 8-Diamino-i # 5-diohyanthrachi- |
non-2 # 6-disulfosäure verhält sich auch die |
isomere 4 # 8-Diamino-i # 5-dioxyanthrachinon- |
3 - 7-disulfosäure sowie die 4 # 5-Diamino- |
i # 8-dioxyanthrachinon-2 # 7-disulfosäure. |
Beispiel 6 |
2o Teile i-amino-4-phenylaminoanthrachi- |
non-2-sulfosaures Natrium werden in i 5oo |
Teilen Wasser heiß gelöst. Die klare Lö-' |
sung wird auf 6o° gekühlt und bei dieser |
Temperatur mit 5oo Raumteilen Alkohol ver- |
mischt. Hierauf setzt man 2o bis 3o Teile |
Natriumhydrosulfit (je nach Stärke) zu. Man |
erwärmt dann auf dem Wasserbade, bis die |
Abscheidung des i-Amino-4-phenylaminoan- |
thrachinons in schönen Kristallblättchen be- |
endet ist. |