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Verfahren zur Entphenolierung phenolhaltiger Kohlenwasserstoffe beliebiger
Herkunft und zur Gewinnung reiner Phenole Zur Entfernung der Phenole aus Teeren
und Teerölen haben sich neben dem .allgemein verbreiteten, aber sehr teuren Alkaliverfahren
nur sehr wenige Extraktionsverfahren mit Lösungsmitteln durchzusetzen vermocht.
Es haftet ihnen nämlich der Nachteil an, daß die verwendeten Lösungsmittel kein
spezifisches Lösungsvermögen für die Phenole besitzen; entweder werden bedeutende
Mengen voll \ entralölen mitextrahiert oder es erfolgt nur eine unvollständige Entphenolierung.
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Es ist zwar bekannt, daß man Plienole mit Ameisensäure, insbesondere
wasserfreier, aus Teeren entfernen kann, weil jene ein Lösungsmittel für Phenole
ist, dagegen die Kohlenwasserstoite so gut wie gar nicht aufnimmt. 1lan hat aber
bis jetzt von der technischen Anwendung dieser Tatsache keinen Gebrauch gemacht,
weil man der Ansicht war, daß bei der Destillation der phenolhaltigen Ameisensäure
ein Teil der Säure von den Phenolen durch Esterbildung festgehalten wird. Auch nahm
man an, daß bei Verwendung der Ameisensäure im Kreislauf bei wasserhaltigen Ölen
eine erhebliche Verdünnung der Ameisensäure eintritt, so daß sie nach kurzer Zeit
ihre plienollösenden Eigenschaften verliert.
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Es hat sich nun überraschenderweise gezeigt, daß die bei der Verwendung
von Ameisensäur e als Extraktionsmittel bei der Gewinnung von Phenolen aus Teerölen
oder anderen phenolhaltigen Kohlenwasserstoffgemischen erhaltenen Ameisensäurephenolgemische
durch Destillation vollständig und ohne Esterbildung voneinander getrennt werden
können. Die Ameisensäure kann bei dieser Arbeitsweise wiederverwendet werden und,
wie sich gezeigt hat, macht sich auch bei Verwendung stark wasserhaltiger Öle die
nachteilige Verdünnung der Ameisensäure nicht bemerkbar, da bei der Destillation
auch das e"va aufgenommene Wasser von der Ameisensäure leicht abzutrennen ist.
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Die Trennung der Ameisensäurephenolgemische durch Destillation gestaltet
sich sehr einfach, da der Siedepunkt der Ameisensäure wenig über loo', der des niedrigst
siedenden Phenols aber z. B. bei etwa i So' liegt. Infolge der Eigenschaft der Ameisensäure,
im Gemisch mit Wasser ein Siedepunktsmaximum bei 107,1' und "^,5 0!6 zu geben, ist
es leicht möglich, die Ameisensäure im Kreislauf wieder zu verwenden und eine verdünntere
durch entsprechend geleitete Destillation immer wieder auf 77,5 0!o zu konzentrieren.
Diese Konzentration ist zur Entphenolierung vollkommen ausreichend. Es ist daher
am einfachsten, bei der Behandlung wasserhaltiger Kohlenwasserstoffe sich von vornherein
auf
diese Säure einzustellen. Bei der Extiaktion von wasserfreien ölen ist selbstverständlich
auch eine Säure mit höherem, etwa iooo%igem Gehalt mit .Vorteil zu verwenden.
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Ein weiterer, sehr wichtiger Vorteil des Verfahrens beruht darauf,
daß die gewonnenen Phenole vollkommen rein sind. Sie lösen sich vollständig in Alkali;
Neutralöl wird also nicht mit herausgelöst.
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Als -weiterer Vorteil kommt das hohe spezifische Gewicht der Ameisensäure
hinzu, das eine leichte Trennung des Neutralöles von der phenolhaltigen Ameisensäure
bewirkt. Als sehr -wichtig muß ausdrücklich betont werden, daß diese Trennung augenblicklich
und ohne jegliche Emulsionsbildung erfolgt.
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Bei der Verarbeitung hochviskoser Teere und Öle ist es vorteilhaft,
bei erhöhter Temperatur zu extrahieren. Man kann dabei auch zur Verhinderung von
Ameisensäureverlusten unter Druck arbeiten.
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Die praktische Ausführung des Verfahrens gestaltet sich demnach etwa
wie folgt: Man schüttelt oder rührt bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur das
zu entphenolierende Öl mit Ameisensäure einige Zeit durch. Nach genügender Mischung
erfolgt das Absitzen augenblicklich. und ohne Emulsionsbildung. Die phenolhaltige
Ameisensäure wird abgezogen, Säure und Phenole durch Destillation voneinander getrennt
und erstere fortgesetzt bis zur restlosen Entfernung der Phenole dem Öl -wieder
zugeführt. Ein Verlust an Ameisensäure tritt nicht ein, da durch Destillation praktisch
die gesamte Ameisensäure wieder gewonnen wird. Die Menge der angewandten Ameisensäure
richtet sich nach der im Öl vorhandenen Menge an Phenolen.
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Als Ausgangsstoff kommen phenolhaltige Kohlenwasserstoffe beliebiger
Herkunft, beispielsweise Braunkohlenteer, Braunkohlenteerdestillate, Steinkohlenteer,
Holzteer, Tieftemperaturteer, phenolhaltige Druckhydrierungsprodukte von Kohlen,
Teeren, Ölen usw., in Betracht.
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Beispiel i i oo Teile eines Braunkohlendünnteeres werden in irgendeinem
kontinuierlich -wirkenden Flüssigkeitsextraktionsapparat bekannter Konstruktion
mit 5 Teilen 77,5%iger Ameisensäure bei gewöhnlicher Temperatur mehrere Stunden
behandelt. Man erhält nach Abdestillieren der Säure i o Teile eines in Alkali völlig
löslichen Kreosotes. Der bedeutend hellere Diinnteer ist praktisch phenolfrei.
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Beispiel 2 ioo Teile eines von i30 bis 22o° siedenden Braunkohlenteermittelöles
mit einem Phenol-5ehalt von 21 % und einem spezifischen Gewicht von o, 82 werden
mit r o Teilen 8 5 ooiger Ameisensäure, wie in Beispiel i angegeben, behandelt.
Es hinterbleibt ein 01 vom spezifischen Gewicht 0,78o, das keine Phenolreaktion
mehr gibt. Aus dem Extrakt wird die Ameisensäure durch Destillation restlos -wiedergewonnen
und 2o Teile eines in Alkali völlig löslichen Phenolgemisches gewonnen.
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Beispiel 3 i oo Raumteile eines durch Druckhydrierung von Braunkohlenschwelteer
erhaltenen Rohbenzins mit einem Phenolgehalt von 43 % werden mit der gleichen Menge
oder zehnmal mit je io Raumteilen 77,5°%oiger Ameisensäure behandelt. Das in Geruch
und Farbe wesentlich verbesserte Benzin hat einen Phenolgehalt von o, i 0!o.
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Der Extrakt wird abdestilliert. Dabei erhält man i o Teile etwa 68
% ige Ameisensäure, dann io Teile etwa 72%ige Säure als Vorlauf. Die Hauptfraktion
besteht aus 8o Teilen 77, 5 %iger Säure, die wieder in den Prozeß zurückgeführt
-wird. Der Vorlauf wird (gegebenenfalls mit anderen Vorläufen zusammen) durch erneute
Destillation auf 77,5 0"`o konzentriert.
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Beispiel q.
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i oo Teile eines Carbolöles aus Steinkohlenteer vom. Siedepunkt i50
bis 22o° mit einem Phenolgehalt von 40,70/0 werden fünfmal mit io Teilen 77,5%iger
Ameisensäure behandelt. Es hinterbleibt ein Öl mit einem Phenolgehalt von i,2%.
Aus der Ameisensäure werden 38 Teile eines Phenolgemisches erhalten, das sich in
Alkali völlig löst. Die Regeneration der Ameisensäure erfolgt wie in Beispiel 3:
Beispiel 5 ioo Teile eines Braunkohlentieftemperaturteeres (Phenolgehalt etwa 2o
%) werden mit io Teilen 77,5%iger Ameisensäure wie in Beispiel i behandelt.
Man erhält etwa 19 Teile alkahlösliches Kreosot. Der Phenolgehalt des hinterbleibenden
Teeres. liegt unter i %.
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Beispiel 6 i oo Teile eines bis 2 i o° siedenden Holzteerdestillates
(Phenolgehalt 25%) werden fünfmal mit je io Teilen 77,5%iger Ameisensäure extrahiert.
Man erhält 24 Teile alkalilösliches Kreosot, daneben ein Öl mit nur noch
0,5 % Phenol.
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Beispiel 7 i oo Teile Torfteerdestillat mit 4.o % Phenolen werden
zehnmal mit je ro Teilen 77,5prozentiger Ameisensäure behandelt. Man
erhält
39 Teile Kreosot und ein Öl mit einem Phenolgehalt von o,6 °,'". Die Ameisensäure
wird, wie im Beispiel 3 angegeben, zurückgewonnen.
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Beispiel ä i oo Teile eines von i 5o bis 22o° siedenden Steinkohlenteermittelöles
mit einem Gehalt von 25 0,ö Phenol und 5 °/o Pyridin werden mit ioo Teilen 77,5o;öiger
Ameisensäure in der in Beispiel i beschriebenen Weise behandelt. Man erhält 7o Teile
eines von Phenol und Pyridin fast vollständig befreiten Neutralöles und 3o Teile
pyridinhaltiger Phenole, nachdem man die ioo Teile Ameisensäure vollständig abdestilliert
hat. Die pyridinhaltigen Phenole lassen sich z. B. durch Kondensation mit Formaldehyd
in bekannter Weise zu Kondensationsprodukten mit ausgezeichneten Eigenschaften verarbeiten.