-
Verfahren zur Zerlegung von Steinkohlenurteer oder seinen Destillaten
in Phenole und Neutralöle. Zur Abscheidung der sauren Bestandteile (Phenole) aus
Teeren oder Teerölen benutzt man allgemein die Fähigkeit dieser Stoffe, mit Alkali
wasserlösliche Salze- (Phenolate) zu bilden. Dieses Verfahren ist sehr teuer, da
außer dem kostspieligen Ätznatron noch die äquivalente Menge Kohlensäure oder Mineralsäure
gebraucht wird. Die Bestrebungen, die umständliche und teure Phenolextraktion durch
ein anderes billigeres Verfahren zu ersetzen, waren bisher nur beim Braunkohlenteer
sowie bei Generatorteeren aus Braun- oder Steinkohle von Erfolg. Nach dem Verfahren
der Riebeckschen Montanwerke werden die im Braunkohlenteer bzw. Destillat in verhältnismäßig
geringen -Mengen vorhandenen phenolartigen Bestandteile in hochprozentigem Alkohol
gelöst, in dem die Paraffinkohlenwasserstoffe nahezu unlöslich sind. Dieses Verfahren
scheitert bei dem Steinkohlenschwelteer,weil hier die Neutral-öle zu etwa
9o Prozent ungesättigter Natur sind und eine völlig verschiedene Lösbarkeit in Alkohol
aufweisen. Außerdem sind beim Steinkohlenurteer die Verhältnisse wesentlich verschieden.
-
Die Verhältnisse beim Braunkohlenteer oder Generatorteer aus Braunkohle
oder Steinkohle lassen sich aber nicht ohne weiteres auf Steinkohlenurteer übertragen.
Der Generatorteer ist Teer, der hei der Gewinnung von Generatorgasen im Generator
erhalten wird. Wenn auch der Generator durch Einblasen von Luft betrieben und der
Generatorteer bei niedrigerer Temperatur als der übliche Steinkohlenteer erhalten
wird, so hat die Gegenwart von Luft bei den Gewinnung von Generatorteer eine Verschiedenheit
der Teerbestandteile zur Folge, und während beispielsweise Generatorteer große Mengen
von aliphatischen Kohlenwasserstoff en und Phenolen enthält, ist die Menge dieser
Kohlenwasserstoffe im Urteer erheblich geringer. Hierzu kommt noch, daß die Phenole
im Generatorteer eine andere Zusammensetzung zu haben scheinen als die Phenole im
Urteer.
-
Bei dem erwähnten Patent 302398 der Riebeckschen Montanwerke
wird ausschließlich die Verwendung von 90prozentigem Alkohol erwähnt, und es ist
nicht davon die Rede, daß man auch einen Alkohol von niedrigerer Grädigkeit verwenden
könnte. Im Gegensatz hierzu wird aber bei der vorliegenden Erfindung ganz ausdrücklich
darauf hingewiesen, claß nur mit Alkohol von weniger als 6o Gewichtsprozenten das
Verfahren ausgeübt werden kann. Mit steigendem Alkoholgehalt wird die Trennung immer
unvollkommener und hört bei Anwendung von 90prozentigem Alkohol vollständig auf.
-
Während beim Braünkohlenschwelteer die Phenole für chemische oder
pharmazeutische Zwecke keine Anwendung finden, da sie zu unreine und meist hochsiedende
Produkte darstellen, die unter dem Namen »Fresol« für rohe Desinfektionszwecke noch
eben verwendet werden können, sind im Steinkohlen.urteer die Phenole in weit größerer
Menge vorhanden
(bis etwa 5o Prozent des Teers) ; außerdem liegen
diese Phenole in einer zur Anwendung als Zwischenprodukte der chemischen Industrie
und als wertvolle, technisch erprobte Desinfektionsmittel geeigneten Form vor. Nach
neueren Ergebnissen von Franz F i s c 1i e r und Mitarbeiter gelingt es zudem, aus
diesen Plienolen mit Hilfe der pyrogenen Reduktion zu den entsprechenden aromatischen
Kohlenwasserstoff en zu gelangen. Es ist also vom wirtschaftlichen Standpunkte aus
von der allergrößten Bedeutung, die Plienole des Urteers von den Neutralölen auf
einfache und billige Weise zu trennen.
-
Die Arbeitsweise gemäß der Erfindung besteht darin, daß man Steinkohlenurteer
oder besser seine Destillate mit einer ausreichenden Menge Alkohol, der weniger
als 6o Gewichtsprozente enthält, in der Wärme verrühren und dann nach kurzem Absetzen
die wässerig-alkoliolische Phenolschicht von der Neutralölschicht trennen kann.
Stärkeren Alkohol anzuwenden empfiehlt sich nicht, da entgegen Erwartung mit steigendem
Alkoholgehalt die Trennung immer um.-ollkommener wird, bis sie bei etwa goprozentigem
Alkohol völlig aufhört. Die Löslichkeitsunterschiede zeigen sich erst bei stark
verdünntem Alkohol. Die anzuwendende Alkoholmenge muß groß genug sein, uni möglichst
in einem Arl>eitsgang die Haupttrennung zu erzielen. Das Gegenstromprinzip bewährt
sich im Gegensatz zum Braunkohlenteer bzw. zu Generatorteeren aus Braun- oder Steinkohle
hier nicht, da bei zu geringen Mengen Alkohol dieser nahezu völlig in eine alkoholische
Urteerdestillatschicht und eine fast alkoholfreie Wasserschicht zerlegt wird. Es
gelingt sogar, auf diese Weise stark verdünnten Alkohol mit Hilfe von Urteere estillat
zu konzentrieren.
-
Die Trennung der Phenole von neutralen Ülen aus Steinkohlen- oder
Holzteerölen mit stark wasserhaltigem Alkohol ist bereits vorgeschlagen worden.
Indessen lag die Anwendung dieser bekannten Arbeitsweise auf Steinkohlenurteeröl
ohne weiteres nicht nahe und zeitigt auch ganz andere Ergebnisse. Bei dem bekannten
Verfahren kommt es darauf an, Phenole aus einer bestimmten Kokereiteerfabrikation
zu gewinnen, wogegen nach dem vorliegenden Verfahren das gesamte Urteerdestillat
in seine Hauptbestandteile Plienole und neutrale Kohlenwasserstoffe zerlegt wird.
Kokereiteer und Urteer sind voll-ständig voneinander verschieden. Im Kokereiteer
sind vor allem Phenol und Kresole vorhanden, wogegen im Urteer Phenol kaum nachweisbar
ist und Kresole nur in ganz geringer Menge vorhanden sind.
-
Auch die Arbeitsweise der beiden hier in Frage stehenden Verfahren
ist verschieden. Die älteren Erfinder arbeiten mit Alkohol, der 23 bis 25 Prozent
Wasser enthält, und höchstens soll ein Zusatz von .lo Prozent Wasser zulässig sein.
Bei dem vorliegenden Verfahren ist als zulässige obere Grenze d.o Prozent Wasser
gestattet, d. 1i., das vorliegende Verfahren beginnt erst da brauchbare Erfolge
zu geben, wo das ältere Verfahren aufhört. Am besten wirkt Alkohol mit einem Gehalt
von 49 Prozent Wasser. Während die älteren Erfinder nach ihren eigenen Angaben unreine
Phenole gewinnen, werden nach dem vorliegenden Verfahren reine Pro-. dukte erhalten.
Aus den unreinen Phenolen ist es nahezu unmöglich, durch fraktionierte Destillation
reine Stoffe zu gewinnen, da die vorhandenen neutralen Verunreinigungen einen iihnlicben
Siedepunkt wie die Phenole haben.
-
Das vorliegende Verfahren verläuft mit Urteer und Urteerdestillat
in gleicher Weise. Zweckmäßig wählt inan die Urteerfraktion, in welcher sich die
meisten und wertvollsten Plieno:le anreichern, d. h. die Fraktion von etwa i5o bis
250° Siedepunkt.
-
Der Alkohol wird durch Abdestillieren aus den beiden Schichten nahezu
vollständig wiedergewonnen.
-
Legt man Wert auf möglichst reine Phenole, so ist es zweckmäßig, die
etwa 7o° C warme Phenollösung bis auf gewöhnliche Temperatur abzukühlen, wodurch
die letzten Reste etwa gelöster Kohlenwasserstoffe in einer Mittelfraktion zur Abscheidung
gelangen. Es gelingt auf diese Weise, Phenole mit über 99 Prozent Reinheitsgrad
herzustellen. Für die meisten Zwecke ist es nicht notwendig, die Trennung so weit
zu treiben. Die alkoholische Kohlenwasserstoffschicht wird durch mehrmaliges Nachwaschen
mit kleinen Anteilen Alkohol derselben Verdünnung weitgehend gereinigt (bis 98 Prozent
Reinheitsgrad), doch steht einer Verwendung der nicht völlig phenolfreien Kohlenwasserstoff
e zu Motorenbetriebsstoffen erfahrungsgemäß nicht im Wege, da ja die leicht löslichen,
Metall angreifenden Phenole schon entfernt sind.
-
Es ist natürlich ohne Bedeutung, ob man mit verdünntem Alkohol obiger
Konzentration die Wäsche beginnt oder ob zuerst konzentrierter Alkohol zugesetzt
und dann auf die gewünschte Verdünnung gebracht wird.