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Verfahren zur Herstellung von Sprengstoffen unter Verwendung von Kalksalpeter
Es ist an sich bekannt und nach der Theorie durchaus selbstverständlich, daß man
von den verschiedenen Salpeterarten bzw. Nitraten der Alkalien und Erdalkalien auch
den Kalksalpeter als Sauerstoffträger zur Herstellung von Pulver und Sprengstoffen
heranziehen kann.
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Während aber Kalisalpeter, Natronsalpeter und auch Barytsalpeter seit
langem und erstere auch in größtem Maßstabe nicht nur bei. der Schwarzpulver- und
Sprengsalpeterfabrikation, sondern auch in brisanten Sprengmitteln, z. B. in Dynamiten,
praktische Verwendung gefunden haben und auch der Strontiansalpeter in Feuerwerksätzen
in bekannter Weise verwandt wird, ist allein der Kalksalpeter bisher von der Pulver-
und Sprengstoffindustrie so gut wie gar nicht verwendet worden. Es ist diesbezüglich
bis vor kurzem bei einigen allgemeinen Hinweisen in der Patentliteratur geblieben.
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Der Grund hierfür ist ohne Zweifel die starke Hygroskopizität des
Kalksalpeters und sein Gehalt an Kristallwasser, das ihn als Sprengstoffkomponente
träge macht und dessen Entferntmg aus den Sprengstoffmischungen auf Schwierigkeiten
stößt. Man hat infolgedessen trotz der besseren Wirkung, die der Kalksalpeter infolge
der niedrigeren Dissociationstemperatur des bei der explosiven Umsetzung des Gesamtsprengstoffs
gebildeten Calciumcarbonats gegenüber derjenigen der Alkalicarbonate als Sprengstoffbestandteil
ausübt, von seiner praktischen Verwendung zur Herstellung von Sprengstoffen oder
Schwarzpulver ähnlichen Mischungen bisher Abstand genommen.
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Eine einzige Ausnahme hinsichtlich der Verwendung von Kalksalpeter
in brisanten Sprengmitteln bildet das Verfahren der amerikanischen Patentschriften
i 671 7923, wonach der Kalksalpeter in seinem Kristallwa.s. ser geschmolzen wird
und diese Schmelze mit voluminösen Kohlenstoffträgern vermischt und wieder erstarren
gelassen wird. Hierbei werden Sprengstoffgemische von geringer Dichte, Brisanz und
Kraftleistung erhalten, die nur als sogenannte Wettersprengstoffe Verwendung finden
und den Kalksalpeter in kristallwasserhaltigem Zustande enthalten. Dieses Kristallwasser
muß bei der Explosion abgegeben und vergast werden und vermindert somit die Leistung
des Sprengstoffs.
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In neuester Zeit (Patent 497 212) hat man versucht, den Kalksalpeter
zur Herstellung sprengsalpeterartiger Gemische zu verwenden, indem man ihn in an
sich bekannter Weise zunächst in Wasser auflöste, mit der Lösung die betreffenden
voluminösen Kohlenstoffträger imprägnierte und das Gemisch alsdann
bei
höherer Temperatur von über ioo° zur Trockner brachte; - um- Wässer und Kristallwasser
zu entfernen. _ Obwohl die Entfernung des Kristallwassers bei den Temperaturen des
erwähnten Verfahrens nicht einmal ganz vollständig ist, birgt ein derartiges Verfall.
ren auch eine gewisse Gefahrenquelle in sich, da. der fertige Sprengstoff auf eine
relativ hohe Temperatur erhitzt werden muß, bei der Selbstentzündungen nicht ausgeschlossen
sind. Es kommt hinzu, daß man auf diesem Wege immer nur verhältnismäßig leichte,
wenig brisante Sprengstoffe erhalten kann, die außerordentlich hygroskopisch sind
und hei Anziehung einer nur geringen Wassermeng;: ihre Explosionsfähigkeit leicht
einbüßen.
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Alle diese Mißstände, die bisher einer Verwendung des Kalksalpeters
als Sprengstoffkomponente hinderlich waren, werden durch das nachstehend beschriebene
Verfahren beseitigt, wonach die völlige Entwässerung des Kalksalpeters vor seiner
Vermischung mit den übrigen Sprengstoffbestandteilen vorgenommen und eine Erhitzung
der fertigen Sprengstoffmischung vermieden wird. Es wurde gefunden, daß sich der
handelsübliche Kalksalpeter bei entsprechend hoher Temperatur (oberhalb ioo°) bequem
völlig entwässern läßt und hierbei zu einem äußerst feinen Pulver zerfällt, das
sich nach entsprechender Abkühlung vorzüglich zur Herstellung homogener Sprengstoffgemische
eignet. Die Gefahr der Wasseranziehung des vollständig entwässerten Produktes läßt
sich durch die in der Sprengstoffindustrie üblichen Maßnahmen hintanhalten und durch
geeignete Fabrikationseinrichtungen vollkommen beseitigen.
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Besonders bemerkenswert ist die gute Aufsaugefähigkeit des mehlartigen,
entwässerten Kalksalpeters für Nitroglycerin und ähnliche Sprengöle. Gerade die
Möglichkeit, den auf Basis von Kalksalpeter aufgebauten Mischungen größere Mengen
von Nitroglycerin usw. ohne Beigabe besonderer Binde- oder Aufsaugemittel zusetzen
zu können, hat sich als besonders vorteilhaft erwiesen. Die Mischungen erhalten
so eine hohe Detonationsempfindlichkeit und zeichnen sich durch hohe Kraftleistung
aus, die auch dann noch sichergestellt ist, wenn der Sprengstoff mit der Zeit wieder
etwas Kristallwasser anzieht.
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Die Herstellung von Sprengstoffen nach dem beanspruchten Verfahren
gestaltet sich etwa wie folgt: D.er handelsübliche, etwa i 5 % Kristallwasser enthaltende
Kalksalpeter wird mit gespanntem Dampf in seinem Kristallwasser geschmolzen und
bei einer ioo° übersteigenden Temperatur unter Bewegung entwässert, wobei. er zu
einem mehlfeinen Pulver zerfällt. Nach entsprechender Abkühlung wird dieses Pulver
in bekannter Weise, z. B. in Mischtrommeln, mit den übrigen Sprengstoffkomponenten
vermischt, worauf in der Knetmaschine die beabsichtigte Menge von Nitroglycerin
oder ähnlichen Sprengölen hinzugefügt wird. Nach Patronierung der Sprengstoffmasse
werden die Patronen einzeln in Paraffin getaucht.
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Als Beispiele für die Zusammensetzungen der nach dem Verfahren hergestellten
Mischungen seien die folgenden aufgeführt:
PIeibloclt- |
nusbauchung |
1. Kalksalpeter, entwässert 7o "'" |
Holzkohle 15 U f' (1 26o ccm |
Nitroglycerin 15 f)! |
2. Kalksalpeter, entwässert 66 ", ,@ |
Holzkohle 1q.0,!0 28o ccm |
Nitroglycerin 2o0.'0 |
3. Kalksalpeter, entwässert 62 |
Trinitrotoluol 18"i" |
Holzmehl 6 "/" 285 ccm |
Holzkohle q. "/" |
Nitroglycerin 1o";0 |
Als Beweis für die Überlegenheit derartiger Mischungen. hinsichtlich ihrer Kraftleistung
gegenüber solchen auf Basis von Natronsalpeter sei. noch erwähnt; daß ein Sprengstoff
gemäß Beispiel e, der an Stelle von Kalksalpeter die gleiche Menge Natronsalpeter
enthält, nur igo ccm und ein analog dem Beispie13 zusammengesetzter Natronsalpetersprengstolt
nur 22o ccm Bleiblockausbauchung ergibt.