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Verfahren zur Darstellung therapeutisch wertvoller Derivate des Cholins
Das Cholin, das, Wie neuere Forschungen erwiesen haben, ein normaler Inhaltsstoff
der Darmwand ist und einen wichtigen Faktor zur Regelung der Darmperistaltik darstellt,
besäße große therapeutische Bedeutung, wenn nicht seine Anwendung mit Rücksicht
auf die relativ große Toxicität, die Schwierigkeit der Reindarstellung und die geringe
Stabilität zu Bedenken. Anlaß gäbe. Bei den bisher bekannten Derivaten des Cholins
liegen die Verhältnisse noch ungünstiger.
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Es wurde nun gefunden, daß durch Kondensation von Cholin oder Cholinsalzen
mit den Halogeniden oder Anhydriden von halogenierten organischen Säuren, .insbesondere
Halogenfettsäuren, wie z. B. mit Chloracetylchlorid oder Chlorpropionylchlorid bzw.
Chloracetanhydrid, und finit Harnstoff oder dessen Derivaten, wie z. B. mit substituierten
Harnstoffen, Thioharnstöffen, stabile kömplexe Verbindungen gewonnen werden können.
Diese besitzen im Vergleich- zur Muttersubstanz bei annähernd gleicher Toxicität
eine viel größere und dabei gegebenenfalls eine qualitativ modifizierte Wirksamkeit
hinsichtlich der Stärke und der Art der Wirksamkeit.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung besteht somit darin, daß Cholin
oder Cholinsalze mit Halogeniden oder Anhydriden halogenierter organischer Säuren,
insbesondere der Halogenfettsäuren, wie z. B. Chloracetylchlorid, Chlorpropionylchlorid
bzw. Cbloracetanhydrid u. dgl., vereinigt und die so gewonnenen Kondensationsprodukte
mit Harnstoff oder dessen Derivaten, wie z. B. substituierten Harnstoffen oder Thioharnstoffen,
zusammengebracht werden.
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Diese neuen Verbindungen besitzen gegenüber den Cholinsalzen und den
bisher bekannten Derivaten des Chölins (Acetylcholin, Chloracetylcholin), die äußerst
hygroskopisch sind und sich nur schwer ganz rein darstellen lassen, auch noch den
Vorzug, daß sie vollständig luftbeständig sind und sich leicht vollständig reinigen
lassen.
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Au sführu.ngsbei.spiele i. Trockenes: Cholinchlorid (2o g) wird mit
etwas mehr als. der äquivalenten Menge Chloracetylchlorid (22 g) versetzt, wobei
sich die Mischung stark erwärmt. Man läßt das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln
% bis i Stunde stehen und destilliert hierauf das. überschüssige Chloracetylchlorid
im Vakuum bei einer Temperatur von 6o bis 8o° ab. Den zurückbleibenden Sirup vermischt
man mit einer heißen konzentrierten methylalkoholischen Lösung von Harnstoff (8,6g),
destilliert dann den Methylalkohol zuerst bei gewöhnlichem Druck, hierauf zwecks
vollständiger Entfernung bei vermindertem
Druck ab und erhitzt schließlich
den verbleibenden Rückstand "/, Stunde im Vakuum auf etwa 9o°. Das Rohprodukt wird,
nun aus siedendem. Alkohol umkristallisiert, wobei schöne Kristalle gewonnen werden,
die man zuerst mit wenig Alkohol, dann mit Äther wäscht. Aus der alkoholischen Mutterlauge
kann durch Ätherzusatz eine weitere Menge des. Endproduktes in Kristallform zur
Abscheidung gebracht werden. Die Gesamtausbeute beträgt 6o bis 70 °/a der Theorie.
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Die bei diesem Prozesse ablaufenden Reaktionen werden durch folgernde
Gleichungen versinnbildlicht
2. Trockenes Cholinchlorid (5 g) wird mit Chloressigsäureanhydrid (8,q. g) gemischt
und die Mischung . 6 bis 8 Stunden im Vakuum auf 8o° erhitzt. Nach dem Erkalten
wird die Masse drei-bis viermal mit absolutem Äther ausgeschüttelt, um das überschüssige
Chloressigsäureanhydrid und die gebildete Chloressigsäure zu entfernen. Der Rückstand,
der aus Chloracetylcholinchlorid besteht, wird im Vakuumbei 2o° getrocknet und hierauf
mit Harnstoff in der im Beispiel i angegebenen Weise kondensiert.
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Die nach Beispiel i oder 2 gewonnene Komplexverbindung ist rein weiß,
zum Unterschied von Cholinchlorid nicht zerfließlich, frei von Meihylamingeruch,
leicht löslich in Wasser und Alkohol, unlöslich in Äther, Chloroform, Benzol, Toluol,
Methylal und Essigester. In wäßriger oder alkoholischer Lösung gibt. das neue Produkt
mit den üblichen Alkaloidreagentien Fällungen (mit Kaliuriijödi,d und jodjodkalium
eine braune, mit- Quecksilbet`chlorid, -sulfat und -acetat und mit Phosphorwolframsäure
weiße Niederschläge und mit alkoholischer Pikrinsäure-1ösüng zuerst eine Trübung,
die nach einigem Stehern Kristalle absetzt).
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Bei der pharmakologischen- Prüfung zeigte die Substanz am Kaninchendarm
und im Blutdruckversuch an Katzen ungefähr eine zehnfach stärkere Wirkung als Cholin,
während ihre Toxicität ungefähr gleich der von Cholinchlorid ist.
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3. 1o g thoiin werden mit i I g C'hloracetylchlorid versetzt, das
Reaktionsgemisch wird eine Stunde auf 9o° erwärmt und hierauf das -überschüssige
Chloraceiylchlorid im Vakuum abdestilliert. Der zurückbleibende Sirup wird mit einer
heißen konzentrierten alkoholischen Lösung von 5,4 g Thiobarnstoff vermischt und
am Rückflußkühler auf 8o° erhitzt, wobei nach einiger Zeit Kristalle auftreten.
Nach 3-Stunden wird: das Erhitzen unterbrochen und das Reaktionsprodukt einige Zeit
bei Zimmertemperatur stehengelassen. Nun werden die Kristalle abgesaugt, mit kaltem
Alkohol gewaschen und im Exsikkator getrocknet. Man erhält auf diese Weise ein schneeweißes
Produkt, das in Wasser leicht, in kaltem Alkohol nur sehr schwer, in heißem Alkohol
etwas besser löslich ist.
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Diese Substanz gibt folgende Reaktionen: Mit Bleiacetat und NaOH beim
Kochen einen schwarzen Niederschlag, mit Goldchlorid einen gelbbraunen Niederschlag,
mit Phosphorwolframsäure ein eri weißen Niederschlag, mit Sublimat nach einigem
Stehen einen weißen Niederschlag, mit Pikrinsäure einen gelben Niederschlag, mit
jodjodkalium einen dunkelbraunen Niederschlag, der sich aber sehr rasch löst; eine
wäßrige Jodlösung wird nicht entfärbt.