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Verfahren zur Beeinflussung kolloider Lösungen und Emulsionen, Gelatine
und anderer organischer Kolloide sowie zur Kolloidisierung überhaupt. hie Erfindung
stützt sich auf die Beobachtung, daß die Verbindungen der durch ihre gemeinsame
Stellung in der vierten Gruppe des periodischen Systems der Elemente sich nahestehenden
Metalle Thorium und Zirkönium wesentlich den analytischen Gang beeinflussen. Bei
Anwesenheit derartiger Verbindungen in der zu untersuchenden Lösung erfolgen die
N iederschlagbildungen häufig an ganz unvorhergesehenen Stellen, bleiben zum Teile
überhaupt aus und die \Tiederschläge selbst weisen des öfteren ein kleisterartiges
Aussehen auf und sind daher äußerst schwierig zu filtrieren.
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Auf Grund eingehender Versuche ist es gelungen, diese Beobachtung
für verschiedenartige Verfahren wirtschaftlich zu verwerten.
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Besondere Bedeutung hat die Erfindung auf dem Gebiete der Herstellung
photographischer Emulsionen. In Übereinstimmung mit der allgemein eingangs erwähnten
Beobachtung wurde im besonderen festgestellt, daß die Halogenide des Thoriums und
Zirkons sich bei der Fällung mit Silbernitrat von anderen Metallhalogeniden abweichend
verhalten.
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Ein Zusatz von Zirkon- oder Thoriumsalz verhindert beispielsweise
die Schleierbildung in weitgehendem Maße. Es wurde festgestellt, daß diese Wirkung
durch Zusatz von Erythrosin verstärkt werden kann. Weiter wirkt ein Zusatz dieser
Salze härtend auf Gelatine, so daß an Gelatine gespart werden kann. Der Erstarrungspunkt
der Gelatine kann durch Variierung des Thorium- oder Zirkonzusatzes geändert werden,
überdies ermöglichen die genannten Salze die Erreichung eines sehr feinen Korns
und die Herbeiführung einer raschen Erstarrung der Emulsion, so daß das sonst übliche
Härten der Emulsion mit Formaldehyd u. a. fortfallen kann. Die trockene Emulsion
ist äußerst elastisch, kann also auch auf Filme vergossen werden und hat hierbei
noch den Vorteil einer großen Scheuerfestigkeit. Die belichteten Platten nehmen
Entwickler sehr rasch an und der Entwickler geht sofort in die Tiefe. Die Platten
lassen sich daher schnell entwickeln und fixieren. Gradation und Deckung können
nach Wunsch geändert werden, die Platten besitzen einen sehr umfangreichen Belichtungsspielraum.
überdies ist es möglich, daß Silberoxydammoniakverfahren mit dem Siedeverfahren
zu kombinieren, und auch die Darstellung von Emulsionen mit halbem Ammoniakgehalt
kann der Erfindung gemäß in einer Lösung vorgenommen werden.
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Die Erfindung gestattet die Reifungsdauer und Reifungstemperatur in
weitem Umfange zu überschreiten. Die Emulsion kann in dünner Schicht gegossen und
so das Silber besser ausgenützt werden. Zur Erhöhung der Lichtempfindlichkeit muß
bei den der Erfindung gemäß hergestellten Emulsionen der Kaliumjodidzusatz nicht
erhöht werden, so daß die Entwicklungs- und Fixiergeschwindigkeit nicht ungünstig
beeinflußt wird. Die mit den Emulsionen hergestellten Platten besitzen eine hohe
Lagerfähigkeit, da sich die Gelatine in einem derartigen Zustande befindet. daß
sie durch Feuchtigkeit praktisch
nicht mehr verändert wird, also
»tropensicher« ist.
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Während die mit Chromalaunlösung und Formaldehydlösung versetzte Gelatine
nach Erstarrung nur schwer wieder schmilzt, ist die mit Thorchlorid evtl. Thornitrat,
Thorbromid und Zirkonnitrat versetzte Gelatine leicht schmelzbar. Die Quellbarkeit
der Gelatine geht durch Zusatz von Formaldehyd und Chromalaun verloren, während
sie bei Thor- 'bzw. Zirkonzusätzen erhalten bleibt. Die bisher zur Härtung verwendeten
Mittel, wie Chromalaun, Formaldehyd, sowie auch Chloraluminium, essigsaure und ameisensaure
Tonerde wirken schleierbildend und kontrastvermindernd auch dann, wenn sie erst
der gußfertigen Emulsion zugesetzt werden. Thor- und Zirko:nsalz wirken aber entgegengesetzt.
Sie verstärken die Kontraste und verhindern die Schleierbildung in weitgehendstem
Maße, so daß man sie sogar der =Mischgelatine (also jener Menge, die uninittelbar
zur Emulsionierung verwendet wird) vorteilhaft zusetzt. Man hat daher ein Mittel
an der Hand, wesentlich an Gelatine zu sparen, da die Viskosität der Gelatine auf
die genannte Weise erhöht werden kann. Hierdurch unterscheidet sich das Verfahren
gemäß der Erfindung vorteilhaft von allen bisherigen anderen Verfahren, beispielsweise
von dem Verfahren gemäß dem Patent 301291. Für die fertige Platte ergibt sich hieraus
der Vorteil, daß das Silber besser ausgenützt wird und man in dünner Schicht gießen
kann: Die Erfindung gibt auch ein Mittel an die Hand, durch Zusatz immer gleicher
Mengen Thorsalz die Qualitätsschwankungen der Gelatine vollkommen auszugleichen
und so immer die gleiche Emulsion herzustellen.
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Die weiteren Beispiele sollen die Bedeutung der Erfindung für die
Herstellung photographischer Emulsionen vor Augen führen. Wenn in diesen Beispielen
Thorbromid statt Thornitrat verwendet wird, so geschieht dies aus dem Grunde, daß
das Thorsalz zur Verzögerung der Niederschlagsbildung zugesetzt wird, während zur
Ausfällung des Silbers Bromkali dient. Thorbromid und Thornitrat sind in gleicher
Weise hydrolisiert, und es kommt hier nur auf das kolloidal gelöste Thorhydroxyd
an. Die N03 Ionen schaden dabei nicht, da sie durch das Silbernitrat ohnedies in
die Emulsion gelangen. Beispiel 1.
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Durch dieses Beispiel soll die Darstellung von Emulsionen nach dem
Silberoxydammoniakverfahren unter Zusatz von Thornitrat erläutert werden.
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In 2qo ccm Wasser werden 2o g Gelatine quellen gelassen und geschmolzen.
Wenn die Schmelze homogen geworden ist, werden 0,5 ccm Thornitratlösung (i ccm enthält
o,1165 g Th/NO3/4) eingetragen und dabei stark gerührt. Die Schmelze wird hierdurch
zähe. Dann werden 30 g Bromkalium in der Schmelze aufgelöst und 15 ccm einer
5 prozentigen jodkalilösung zugesetzt. Zum Emulgieren werden auf die angegebene
Menge Bromkalium 30 g Silbernitrat verwendet. N'lan kann nun 2"/2 Stunden
bei 40 ° bis 50° C cder i Stunde bei 55° bis 6o° C reifen lassen. Schließlich kann
man noch vor dem Erstarren der Emulsion eine mit Thornitrat versetzte Gelatinelösung
zusetzen, wobei die Emulsion um so rascher erstarrt, je größer dieser Thornitratzusatz
ist.
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Die mit diesen Lösungen hergestellten Platten haben eine als »fast
kornlos« zu bezeichnende Korngröße, die Gradation ist steil, sehr brillant, die
Scheuerfestigkeit der Schicht äußerst groß, und sie weisen absolute Schleierfreiheit
auf. Die Empfindlichkeit der so hergestellten Platten ist tun etwas höher als die
Empfindlichkeit solcher Platten, die .ohne diese Zusätze hergestellt werden.
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Vier Aufnahmen desselben Objektes sofort nacheinander auf die Platten
unter den Expositionsbedingungen von
gemacht, erwiesen keinen nennenswerten Unterschied in Gradation und Deckung auf.
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Dieser Umstand ist insofern bemerkenswert;_ als nicht- nur der Belichtungsspielraum
sehr umfassend ist, sondern vor allem die Sensitometeranzeige mit der praktischen
Lichtempfindlichkeit nicht übereinstimmt, Bei einem zu vorliegendem Beispiel vorgenommenen
Parallelversuch unter den gleichen Bedingungen, aber ohne Zusatz eines Thorsalzes,
schleierte die Emulsion intensiv bereits nach 3o Minuten während der Reifungsdauer.
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Es gibt bereits Vorschriften zur Herstellung von Emulsionen mit halbem
Ammoniakgehalt. Dazu müssen bisher zwei Lösungen hergestellt werden. Die eine Lösung
enthält die Hälfte der zur Reaktion notwendigen Menge Silbernitrat, ohne Ammoniak,
gelöst, die zweite Lösung enthält die andere Hälfte Silbernitrat und ist ammoniakalisch.
Diese Trennung in zwei Lösungen ist deshalb notwendig, weil bei Zusatz von Ammoniak
zur Silbernitratlösung Silberoxyd ausfällt, das im Überschuß wieder löslich ist.
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Es wurde gefunden, daß Thor- oder Zirkonsalze auch diesen Ausfall
von Silberoxyd
zu verhindern vermögen. Setzt man nämlich einer Silbernitratlösung,
beliebiger Konzentration, eine Spur Thor- oder Zirkonsalz zu, dann kann man die
Lösung mit beliebigen Mengen Silbernitrat mischen, ohne daß Silberoxyd ausfällt.
Bereits ganz geringe Mengen Thor- oder Zirkonsalz verhindern die Niederschlagsbildung.
Man hat auf diese Weise ein Mittel an der Hand, erstens Emulsionen mit halbem Ammoniakgehalt
mittels einer Silberlösung herzustellen, und zweitens das Silberoxydammoniakverfahren
mit dem Siedeverfahren zu kombinieren.
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Beim Reifen von photographischen Emulsionen handelt es sich ja offenbar
um die »Ostwaldreifung«. Die kleinen Bromsilberteilchen werden intermediär gelöst
und an die Kondensationskeime angelagert, wobei die Konstruktur dieser Keime verändert
wird. jedenfalls erklärt man mit dieser Veränderung der Konstruktur das Reifen von
Emulsionen ohne Kornvergrößerung.
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Die intermediäre Lösung des Bromsilbers bewirkt im Silberoxydammoniakverfahren
der Ammoniak, im Siedeverfahren die erhöhte Temperatur. Da nun infolge der Verhinderung
der Niederschlagbildung durch Zusatz von Thorsalz der Ammoniak in jedem beliebigen
Mengenverhältnis der Silbernitratlösung ohne Schwierigkeit zugesetzt werden kann,
ist es möglich, eine Vereinigung der beiden Verfahren herbeizuführen, dergestalt,
daß bei steigendem Ammoniakgehalt die Temperatur und Reifungsdauer herabgesetzt,
bei vermindertem Ammoniakgehalt die Temperatur und Reifungsdauer erhöht werden muß.
Im ersten Falle erhält man dann eine Emulsion, die sich in ihren Eigenschaften der
Silberoxydammoniakemulsion nähert (rasches Reifen, kräftige und kontrastreiche Negative),
im anderen Falle eine Emulsion, die der Siedeemulsion (langsames Reifen, zarte Bilder,
höhere Empfindlichkeit) nahesteht. Es ist klar, daß durch Variation des Ammoniakzusatzes
und der für den jeweiligen Zusatz bedingten Temperatur eine ganze Reihe von Emulsionen,
die zwischen Silberoxydammoniakemulsion und Kochemulsion stehen, hergestellt werden
kann.
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Beispiele. Durch dieses Beispiel soll die Darstellung von Emulsionen
nach einer Kombination des Silberoxydammoniakverfahrens und des Siedeverfahrens
erläutert werden.
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Der Unterschied gegenüber Beispiel.i besteht darin, daß die Silberlösung
(3o g AgN03 in 140 ccm Wasser) mit o, i ccm Thornitratlösung (- o,oi 165 g Th/N03)
versetzt wird und 30 ccm Ammoniak zugefügt werden. Von dem ausgefallenen
Thorhydr-Oxyd wird abfiltriert. .Die Reifungstempe-Tatur kann bis 8o° gesteigert
werden.
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Die nach diesem Beispiel hergestellten Platten haben eine als »kornlos«
anzusehende Korngröße, ihre Gradation ist sanft, und sie liefern weiche Bilder,
die Deckung ist zart, die . Scheuerfestigkeit etwas geringer als bei den Platten
nach Beispiel i. Die Platten zeigen zum-Unterschied von den nach dem Silberoxydammonikverfahren
hergestellten Platten eine matte Oberfläche.
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Die Emulsion nach Beispie12 neigt etwas zur Schleierbildung im Gegensatz
zu der Emulsion gemäß Beispiel i, die absolut schleierfrei ist. Um die Schleierbildung
zu verhindern, kann man natürlich Reifungsdauer, Ammoniakgehalt und Temperatur herabsetzen,
doch wird immerhin bei der gesteigerten Temperatur die koagulierende Wirkung des
Ammoniaks auf das Bromsilber größer. Die koagulierende Wirkung des Ammoniaks kann
man nun einerseits durch Erhöhung des Thorzusatzes, andererseits aber auch derart
paralysieren, daß man von Anfang an mit einem möglichst feinen Korn arbeitet. Man
kann das erreichen, indem man die Silberlösung gelatinehaltig macht. Erfindungsgemäß
wurde aber auch festgestellt, daß Erythrosin die Schutzwirkung der Thor- bzw. Zirkonsalze
auf das Hydrosol des Bromsilbers steigert.
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Nach Lüppo-Cramer Photogr. Probleme (Halle 19o7), S.26 bis
30 übt das Erythrosin eine sehr kräftige Schutzwirkung auf das Hydrosol des
Bromsilbers aus.
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Im folgenden wird daher ein Emulsionsverfahren angeführt, bei dem
auch Erythrosin an dem Reifungsprozeß beteiligt ist. Man kann Erythrosin ohne Gefahr
zusetzen,-da man an dem Thor- bzw. Zirkonsalz ein schleierwidriges Mittel in die
Emulsion gebracht hat, und daher die Möglichkeit einer Schleierbildung durch das
Erythrösin wegfällt. Das Erythrosin wird der gelatinehaltigen Silberlösung zugefügt,
um in jedem Tropfen beim Eintragen in die Bromkalischmelze eine genügende Menge
von konzentriertem Schutzmittel zur Verfügung zu haben, und so gleich im Entstehungsmomente
die Kornstruktur des Bromsilbers zu beeinflussen. Es wurde festgestellt, daß die
koagulationsverhindernde Wirkung des Zirkonnitrats auf Bromsilber durch Erythrosinzusatz
noch gesteigert wird.
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Beispiel 3.
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Auch dieses -Beispiel soll zur Klarstellung der Kombination des Silberoxydammoniakverfahrens
und des Siedeverfahrens dienen.
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Die Bromkalilösung wird in gleicher Weise hergestellt wie in Beispiel
1. 30 9 Silbernitrat
- werden in - ioo ccm Wasser gelöst
und mit Arnmonlak bis- zur .=Auflösung des anfangs äüsgefallenen Silberoxyd versetzt.
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Fernei'-werden"in:"5o'dcin Wasser 5 g Gelatine quellen gelassen und
geschmolzen, sodann 0,5 ccm Zirkonnitratlösung (i ccm enthält o,i g Zirkonnitrat)
dazugefügt und i ccm Erythrosinlösung (o,q. Prozent) eingetragen.
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Die Silberlösung und die erythrosinhaltige Gelatinelösung werden gemischt
und- mit der Bromkali-Gelatineschmelze emulgiert.
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Diese Emulsion kann 3 Stunden bei 6o° C oder i Stunde bei 8o° C reifen,
ohne daß Schleierbildung eintritt.
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Die Korngröße, Scheuerfestigkeit und Schleierfreiheit ist die gleiche
wie bei Beispiel i, die Gradation sanfter als bei Beispiel i, jedoch steiler als
bei Beispiel z. Bezüglich der Deckung stehen die Platten zwischen den Platten nach
Beispiel i und Beispiel ä.
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Sämtliche beschriebenen Emulsionsprozesse sollen in einem möglichst
gut glasierten Gefäß vorgenommen werden, damit durch rauhe Stellen kein Kristallisationsflächen
entstehen, wie das für EmuIsionsherstellung bekannt ist.
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Außer in der Photographie hat die Erfindung auch noch Bedeutung im
Lichtdruck, Bromöldruck, Öldruck und jedem anderen Chromatgelatine- sowie jedem
Gelatine-, Leim- oder Gummidruckverfahren zum Zwecke der Erhöhung der Quellbarkeit
und Widerstandsfähigkeit der Schicht und des besseren Haftens der Druckfarbe. Hierbei
können die Thorium-, und Zirkoniumverbindungen direkt bei der Herstellung der betreffenden
Materialien oder zum nachträglichen Behandeln der fertigen Werkstoffe oder bereits
druckfertigen Matritzen oder als Zusatz zu einem beliebigen Bade beim Behandeln
der Drucke verwendet werden.
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Die genannten Verbindungen können auch zweckmäßig allgemein bei allen
Verfahren verwendet werden, bei denen Gelatine, Leim, Agar-Agar, Gummi u: ä. organische
Stoffe gewissen physikalischen. bzw. physikalischchemischen Änderungen unterworfen
werden sollen.