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Verfahren und Einrichtung zur Desinfektion und/oder Sterilisation
mit einem keimtötenden Mittel, insbesondere Formalin, in Verbindung mit Sattdampf.
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Die Erfindung bezieht sich auf ein abgewandeltes Vakuum-Dampf-Vakuum-Verfahren
zur Desinfektion und/oder Sterilisation von Gegenständen wie Bekleidungsstücken,
Instrumenten od.dgl. mit einem keimtötenden Mittel insbesondere Formalin, in Verbindung
mit Sattdampf.
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Die bekannten V-D-V-Verfahren, bei denen zunächst in einer Absauge-
oder Vorvakuumphase dem Behandlungsgut Luft und Feuchtigkeit entzogen, in einer-Dampfphase
Sattdampf zugeführt und anschliessend für eine bestimmte Einwirkungszeit darin belassen
und in einer darauf folgenden Absaugephase wieder daraus entfernt wird, arbeiten
in der Regel bei Dampftemperaturen oberhalb von 500 C (vgl. den Aufsatz "Das Vakuum-Dampf-Vakuumverfahren,
eine Dampfinfektion bei Temperaturen unter 1000 C" von W. Adam und R. Thomas in
der Zeitschrift Gesundheitswesen und Deslnfektion" ?/3/1965 und die Liste der vom
Bundesgesundheitsamt geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -Verfahren,
Stand vom
1. Januar 1969, abgedruckt im Bundesgesundheitsblatt 1969,
Nr. 3, Seiten 43-54).
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Da viele in Betracht kommende Behandlungsgüter, welche Kunststoffasern'
Leder oder Naturhaare enthalten, bei höheren Dampftemperaturen geschädigt werden
können, und auch aus wirtschaftlichen Erwägungen wurden Untersuchungen über Desinfektionsverfahren
im Wasserdampf unterhalb von 1000 C und über die Anwendung von Wasserdampf-Formalingemischen
bei oder unterhalb von 500 C ausgeführt (vgl. den Bericht von Oskar tteiss in der
Zeitschrift "Das Krankenhaus" 1967 Heft lo, Seiten 375 bis 377, und Heft 12, Seite
475).
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Danach ist es bekannt, dass die keimtötende Wirkung von Formalin
bei höheren Temperaturen verschlechtert wird oder verloren geht und dass Sattdampf
allein bei Temperaturen von etwa 500 C oder weniger keine keimtötende Wirkung hat,
so dass er bei solchen Temperaturen nur als Transportmittel für ein keimtötendes
Chemikal wie Formalin dienen kann. Die erwähnten Untersuchungen haben zu dem Ergebnis
geführt, dass eine Fraktionierung, d.h. ein mehrstufiges Verfahren zur Trennung
der schädlichen Luft vom Wasserdampf, bei Anwendung von Formalin und Dampf temperaturen
von 5QO C und weniger nicht anwendbar sei, weil ein Druckwechsel zwischen max. 90
Torr. = 50° C und min. 40 Torr. = 350 C zu gering sei, um das übliche LaP dungsvolumen
des Behandlungsgutes in der Behandlungskammer in vertretbarem Zeitaufwand zu durchdringen
und das
keimtötende Mittel zur Wirkung zu bringen, und dass deshalb
ein solches Verfahren für die Desinfektion bei oder unterhalb von 500 C unter Zusatz
von chemischen Mitteln wie Formalin in der Praxis nicht anwendbar sei.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs
genannten Art derart weiter zu entwickeln, dass eine rasche und gründliche Durchdringung
des in der Behandlungskammer befindlichen Behandlungsgutes erreicht und das Formalin
oder ein anderes statt dessen in dem Gemisch enthaltenes Chemikal voll zur Wirkung
gebracht wird.
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Um diese Aufgabe lösen zu können, wurde zunächst versucht, im Anschluss
an die Absaugephase und. die darauf folgende Gemischzuführungsphase eine kurzzeitige
Belüftung vorzusehen, um durch die damit verbundene plötzliche Druckerhöhung das
Gemisch mit dem chemischen Mittel stossartig in das dicht gepackte Behandlungsgut
einzuziehen.
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Es zeigte sich jedoch, dass dieses Verfahren praktisch wirkungslos
blieb, offenbar hauptsächlich deswegen, weil das Formaldehyd des bei den Versuchen
verwendeten Formalins infolge des Zuströmens von Luft zu Ameisensäure oxidiert,
die keine keimtötende Wirkung hat. Es wurde ausserdem gefunden, dass durch die naheliegende,
bisher übliche Art der Einmischung von Formalin in den der Behandlungskammer mit
etwa 105 C über eine Rohrleitung zuströmenden Dampf, bei der das Formal in in Tröpfchenform
von dem strösmelen Dampf mitgerissen wird, offenbar keine genügend gründliche
Einmischung
in den Sattdampf erfolgt und wahrscheinlich auch die keintötende Wirkung des Formalins
durch die vorübergehende Temperaturerhöhung auf dem Strömungsweg zwischen der Einströmstelle
und der Behandlungskammer nachhaltig herabgesetzt wird.
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Diese Schwierigkeiten werden erfindungsgemäss durch eine Lösung der
genannten Aufgabe in der Weise überwunden, dass nach Entfernung der Luft durch Absaugen
aus dem Behandlungsgut das Mittel zerstäubt, der Sattdampf zur Expansion gebracht,
das zerstäubte Mittel durch Verwirbelung mit dem expandierten Sattdampf gemischt
und das Gemisch dem zu behandelnden Gut zugeführt, für eine bestimmte Einwirkungsdauer
darin belassen und danach abgesatt wird, und dass während des ganzen Programmablaufs
die Möglichkeit eines Sauerstoffzutritts von aussen unterbunden wird.
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Durch dieses neue Verfahren wird eine besonders intensive Mischung
mit dem Sattdampf erreicht, die innerhalb kurzer Zeit an alle Stellen des in der
Behandlungskammer dicht gepackten Behandlungsgutes eindringen kann. Durch die Expansion
des Sattdampfes wird dessen Temperatur bereits im Zeitpunkt seiner Berührung mit
dem zerstäubten Chemikal erheblich herabgesetzt. Durch die Vermeidung eines Sauerstoffzutritts
zu dem Formalin wird dessen Oxidation vermieden und seine keimtötende Wirkung, ebenso
wie durch die Vermeidung einer auch nur zeitweisen Temperaturerhöhung auf ein schädliches
Mass praktisch voll behalten.
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Die Erfindung ist weiterhin mit den Vorteilen verbunden, dass die
Einwirkungsdauer verhältnismässig kurzgehalten
werden kann, dass
eine Beheizung der Behandlungskammer im allgemeinen entbehrlich ist und dass sowohl
der Verbrauch an Formalin oder einem statt dessen angewendeten anderen Chemikal
als auch an Wasserdampf besonders gering ist.
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Im folgenden wird die Erfindung anhand der Zeichnung beispielsweise
näher erläutert: Die Zeichnung zeigt schematisch ein Ausführungsbeispiel einer Einrichtung
zur Durchführung des neuen Verfahrens unter Beschränkung auf die wichtigsten Einzelheiten.
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lo ist die Behandlungskammer, die üblicherweise doppelwandig ausgeführt
und mit einem zur Beheizung dienenden Mantelraum 11 versehen ist. 12 ist das zur
Speisung des Mantelraums mit Dampf dienende Ventil, 13 eine thermostatische oder
sonstige Regelvorrichtung zur Steuerung dieses Ventils. 14 ist das Ventil zur Beschickung
der Behandlungskammer lo mit Sattdampf über eine Dampfleitung 15, in der eine Expansionskammer
16 vorgesehen ist, in die eine Zerstäuberdüse 17 mündet, an welche eine Formalinzuleitung
18 angeschlossen ist. 19 ist ein Steuerventil und 20 ein Vorratsbehälter für das
Formalin. In der Expansionskammer können (nicht dargestellte) zur Förderung der
Verwirbelung des sie durchströmenden Mediums dienende Einbauten vorgesehen sein.
Die Expansionskammer ist vorzugsweise aus Kupfer hergestellt, gegebenenfalls kann
für sie auch Stahlblech verwendet werden. 21 ist eine an die Behandlungskammer lo
anschliessbare, zu
deren Entlüftung dienende Vakuumpumpe. In der
Formalinzuleitung 18 kann ausser einem Steuerventil auch eine Mengenregelvorrichtung
22 vorgesehen sein.
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Es wurden Versuche durchgeführt. Hierbei wurde zunächst mit der Vakuumpumpe
21 die Luft aus der Behandlungskammer und dem darin gepackten Desinfektionsgut nach
Möglichkeit entfernt. Dann wurden die Ventile 14 und 19 für Dampf und Formalin geöffnet.
In die Expansionskammer 16 strömten lo5-grädiger Sattdampf, der sich darin auf etwa
550 C entspannte, und eine vorbestimmte Menge an zerstäubtem Formalin, das sich
intensiv mit dem Sattdampf vermischte.
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Das Gemisch gelangte mit etwa 500 C in die Behandlungskammer, die
mit dem Desinfektionsgut gepackt war. Dieser Vorgang wurde dreimal wiederholt. Danach
blieben alle Ventile bis auf das für die Regulierung der Kammerbeheizung geschlossen.
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Die Kammertemperatur wurde auf etwa 500 C konstant gehalten.
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Die Einwirkungszeit war mittels einer Zeituhr einstellbar.
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Alle Steuer- und Regelvorgänge erfolgten mit Hilfe einer voreinstellbaren
Automatik. Nach Beendigung der Einwirkungszeit wurde die Vakuumpumpe zum Absaugen
des Formalin-Dampfgemischs und zum Trocknen des Gutes wieder eingeschaltet.
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Die Einwirkungszeit betrug etwa 1 1/2 Stunden, die Absaugzeit etwa
20 Minuten. Danach schaltete die Automatik auf "Entleeren" und das desinfizierte
Gut konnte entnommen werden. Der Verbrauch an Formalin betrug 1500 bis l8oo g bei
einer Konzentration von etwa 30%.
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Als abzutötendes Testmaterial standen Proben mit Staphylococcus aureus,
einem relativ resistenten Keim, zur Verfügung.
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Kulturen dieser Erreger wurden in defibriniertem Blut abgeschwemmt
und sodann etwa 15 mm lange Perlgarnfäden mit der Emulsion getränkt und getrocknet.
Die so vorbereiteten Keimträger wurden für die jeweiligen Versuche verwandt.
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Als Desinfektionsgut dienten 20 Wolldecken die zusammenge liegt und
aufeinandergestapelt in die Behandlungskammer gelegt wurden, die elnen Rauminhalt
von 5,15 m3 hatte. Bei jedem Versuch wurden lo der vorstehend beschriebenen Keimträger
zwischen die unteren 11 Decken gelegt und nach Beendigung des Versuchs im Hygienischen
Institut Hamburg bei 370 C lo bis 14 Tage bebrütet. Im Journal dieses Instituts
ist festgehalten, dass alle Proben bei einem Versuch am 29.lo.1968 (laufende Nr.
1081 des Journals) negativ waren.
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Es wurden Wiederholungsversuche am 6.11.1968 (laufende Nr. 1141),
am 22.11.1968 (laufende Nr. 1181) und am 23.12.1968 (laufende Nr. 1207) unter den
gleichen Bedingungen durchgeführt. Dabei wurden die Ergebnisse des o.a. Versuchs
Nr.
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1081 bestätigt.
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In entsprechender Weise ist das Verfahren auch zur Sterilisation
brauchbar. Zum Nachweis hierfUr wurden ähnliche Versuche mit härterem Testmaterial
(Proben B. subtilis var.
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niger auf Metallöffelchen) durchgeführt. Die bei 2 durchgeführten
Versuchen verwandten 12 Proben zeigten nach 14-tEgiger Bebrütung kein Wachstum (Lab.Nr.
754 und 757). Die Einwirkungszeit betrug 3 1/2 Stunden und die Formalinmenge bei
üblicher Konzentration von etwa 30% 1800 g.
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Das Verfahren gemäss der Erfindung ist' besonders zuverlässig, rasch
durchführbar und wirtschaftlich. Die Möglichkeiten zur Anwendung und Ausführung
der Erfindung beschränken sich nicht auf die hier bespielsweise beschriebenen Einzelheiten.
So ist es insbesondere möglich, von einer Beheizung der Behandlungskammer abzusehen,
wenn keine besonderen Umstände diese erfordern. Eine Nachbehandlung des Gutes mit
chemischen Mitteln zur Neutralisierung oder restlosen Entfernung des keimtötenden
Chemikals, insbesondere Formalin, ist bei Anwendung der Erfindung im allgemeinen
entbehrlich.