-
Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von Kandiszucker in Form
von Kristallkonglomeraten Die bekannten Verfahren zur Herstellung von Kandiszucker
beruhen im Prinzip darauf, daß man gesättigte, erhitzte Zuckerlösungen in Behältern
bei Raumtemperatur infolge natürlicher Wärmeabgabe abkühlen läßt, wobei die Lösungen
übersättigt werden, so daß sich an bevorzugten Stellen Kristalle oder Kristallkonglomerate
bilden.
-
Man kennt farblosen, braunen und schwarzen Kandis, der als sogenannter
Faden- oder Stangenkandis erzeugt wird. Der Faden- oder Stangenkandis wird durch
Auskristallisieren an Textilfäden hergestellt, wobei stangenförmige Kristallkonglomerate
entstehen.
-
Rüben- oder Rohrzucker werden in heißem Wasser aufgelöst, die Lösung
von Verunreinigungen befreit, gegebenenfalls mit Couleur gefärbt und die etwa 100°
C heiße, gesättigte Füllmasse in Blechwannen gefüllt, in denen sich Textilfäden
befinden. Die Wannen, Kristallisierkästen genannt, sind etwa 3 m lang, 1,5 m breit
und 1 m hoch.
-
Die Füllmasse kühlt innerhalb von 2 bis 3 Wochen bis auf etwa 25°
C ab, wobei sich Kristallansätze an den Fäden und an den Seitenwänden und Böden
der Kristallisierkästen bilden. An der Oberfläche der Füllmasse entsteht der sogenannte
Decksel, eine dünne Zuckerschicht, an deren Unterseite Kristalle hängen.
-
Nach beendeter Kristallisationsdauer wird die Mutterlauge abgelassen,
der Decksel abgenommen und der Kandis im Kasten mit warmem Wasser gewaschen. Man
läßt ihn trocknen und bricht ihn am nächsten Tag aus dem Kasten heraus. Die Anwachsungen
an den Seitenwänden und am Boden der Kristallisierkästen werden abgesprengt. Die
Mutterlauge wird eingedickt und ein zweites Mal zur Herstellung von Faden- oder
Stangenkandis verwendet, wobei man an Stelle von Kristallisierkästen auch sogenannte
Potten verwendet, das sind Eimer mit darin gespannten Fäden. Die Potten werden von
Hand in Kristallisierstuben auf Gestell gebracht und nach 2 bis 3 Wochen herausgenommen.
-
Die Mutterlauge kann nun nicht mehr zur Kandisherstellung verwendet
werden, weil die in ihr angereicherten anorganischen und organischen Nichtzuckerstoffe
das Kristallisieren des Zuckers stark hemmen.
-
Das bekannte Verfahren hat große Nachteile. Die Kristallisationsdauer
ist sehr lang, das Absprengen der Anwachsungen von den Seitenwänden und Böden der
Kristallisierkästen erfordert viel Zeit und schwere manuelle Arbeit. Dabei werden
viele Kristalle zerstört und sind somit für den Verkauf verloren. Meistens sind
die Anwachsungen an Seitenwänden und Böden feinkristallin, sie sind unverkäuflich
und werden wieder aufgelöst. Das Arbeiten mit Poften ist ebenfalls zeitraubend und
aufwendig. Infolge des großen Anteils von unverkäuflichem Abfall bietet das Verfahren
eine zu kleine Ausbeute. Außerdem ist das Aussehen des braunen und schwarzen Kandis
nicht optimal. Obwohl man der Füllmasse einen großen Anteil Couleur zusetzt, sind
die Kristalle nicht gleichmäßig gefärbt, sie sind innen dunkel, gegen den Rand zu
jedoch nur schwach gelb bis farblos. Viele Verbraucher empfinden die im Kandis eingeschlossenen
Fäden lästig und unhygienisch. Kristallisierkästen und Potten nehmen sehr viel Raum
in Anspruch.
-
Zur Vermeidung der im Kandis eingeschlossenen, als lästig empfundenen
Textilfäden ist es bekannt, an Stelle derselben elektrisch leitende Drahtstäbe oder
Röhrchen in. die Potten einzuhängen. Nach Beendigung des Kristallisationsvorganges
werden diese elektrisch leitenden Träger bis zum Schmelzpunkt der hieran haftenden
Substanz elektrisch aufgeheizt, so daß sie leicht herausgezogen werden können. Diese
Träger haben aber eine vergleichsweise kleine Wärmekapazität, so daß sie relativ
weit über den Schmelzpunkt des Kandiszuckers hinaus erhitzt werden müssen, wenn
verhindert werden soll, daß während des Herausziehens der Träger die Schmelzzone
wieder erstarrt und damit das Herausziehen der Träger unmöglich wird. Durch diese
Überhitzung wird der den Träger umgebende Teil des Kandiszucker häufig geschmacklich
unerwünscht verändert, so daß es erforderlich wird, durch den vorher vorn Träger
eingenommenen Hohlraum ein Lösungsmittel hindurchzuschicken, das diese in Mitleidenschaft
gezogene Zonen ablaugt.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein
Verfahren zur Herstellung von Kandiszucker in Form von Kristallkonglomeraten durch
Auskristallisieren aus einer heißen Zuckerlösung mit Hilfe eines hierin eingebrachten,
Kristallisationszentren bildenden und nachträglich entfembaren Trägers zu schaffen,
das ein im Aussehen dem Faden- oder Stangenkandis ähnliches, fadenfreies Produkt
liefert, das überdies bei niedrigerem Couleurverbrauch gleichmäßiger durchgefärbt
ist, und das eine kürzere Kristallisationszeit, geringere Lohnkosten, und kleineren
Raumbedarf bei größerer Ausbeute erfordert.
-
Gemäß der Erfindung ist diese Aufgabe dadurch gelöst, daß man die
Zuckerlösung in einem allseitig wärmeisolierten Behälter ständig auf konstanter
Temperatur und ständig gesättigt hält und als Träger einen Wärmeaustauscher verwendet,
dessen Temperatur unter die Temperatur der Lösung abgesenkt wird.
-
Als Wärmeaustauscher werden zweckmäßig durch von einer Wärmeaustauschflüssigkeit
durchströmte Hohlkörper, z. B. Hohlrohre, Hohlplatten od. dgl. verwendet.
-
Die Behälterwände und die Böden bleiben frei von Kristallen, es bildet
sich kein Decksel, und der Kandis enthält keine Fäden.
-
Hinsichtlich der Kristallisiergeschwindigkeit wurde gefunden, daß
die Kristalle um so schneller wachsen, je höher die Temperatur der Zuckerlösung
ist. Bei 70° C und höheren Temperaturen bis 110° C ist das Kristallwachstum besonders
schnell, während es oberhalb 110°C, wahrscheinlich wegen der großen Zähigkeit der
gesättigten Lösung, langsamer wird. Die Temperatur der Hohlkörper wird zweckmäßig
um 20 bis 40° C unterhalb der Temperatur der Zukkerlösung gehalten. Bei zu niedriger
Hohlkörpertemperatur erhält man eine feinkristalline Struktur, im Extremfall sogar
eine glasartige Schicht ohne Kristalle. Ist die Hohlkörpertemperatur jedoch zu hoch,
d. h. die Differenz zwischen den Temperaturen der Zuckerlösung und des Hohlkörpers
zu klein, so bilden sich nur wenige große Kristalle und die Kristallwachstumsgeschwindigkeit
ist gering. Bei Temperaturen der Zuckerlösung von 70 bis 110° C haben sich Hohlkörpertemperaturen
von 40 bis 80° C gut bewährt. Da sich Saccharose jedoch mit steigender Temperatur
rascher zersetzt, ist eine Temperatur der Zuckerlösung von 80° C bei einer Hohlkörpertemperatur
von 50° C besonders vorteilhaft.
-
Da Zucker ein schlechter Wärmeleiter ist, verschlechtert sich der
Wärmeübergang zwischen der Zuckerlösung und dem kühleren Hohlkörper bei wachsender
Dicke der Kandisschicht, so daß die Wachstumsgeschwindigkeit abnimmt. Infolgedessen
ist es vorteilhaft, die Temperatur der Hohlkörper während des Kristallisiervorganges
ungefähr in dem Maße zu senken, in dem die Schichtstärke des auskristallisierten
Kandis wächst. Wenn beispielsweise die Temperaturdifferenz zwischen Zuckerlösung
und Hohlkörper in den ersten zwei Tagen 20° C betrug und in dieser Zeit eine rund
1,5 cm dicke Kristallschicht entstand, so verstärkt sich die Schicht innerhalb weiterer
2 Tage um nochmals rund 1,5 cm, wenn dann die Temperaturdifferenz 40° C beträgt.
-
Die bei den angegebenen Temperaturen erzeugten Kristallkonglomerate
lassen sich relativ leicht von den Oberflächen der Hohlkörper entfernen, wenn die
Hohlkörpertemperatur nach Beenden des Kristallisiervorganges nicht erniedrigt wird.
Die Kristallkonglomerate fallen sogar von allein ab, wenn man die Hohlkörpertemperatur
um 20 bis 30' C erhöht. Noch warm zerfallen die Kristallkonglomerate in kleinere
Stücke, jedoch stets entlang der Kristallgrenzflächen, so daß kein Kristall zerbricht.
Infolgedessen entsteht bei dem erfindungsgemäßen Verfahren praktisch kein unverkäuflicher
Abfall.
-
Die bei den angegebenen Temperaturen stattfindende Kristallisation
erfolgt derart energisch, daß die in der Füllmasse enthaltene Couleur leicht in
die Kristalle mit eingebaut wird. Da die Kristallisation bis zum Schluß bei gleichbleibender
Temperatur der Füllmasse erfolgt, sind die Kristalle bis zum Rand gleichmäßig durchgefärbt.
Es hat sich sogar gezeigt, daß bei dem erfindungsgemäßen Verfahren etwa ein Drittel
der Couleurkonzentration genügt, die nach dem bekannten Verfahren erforderlich ist,
so daß erhebliche Couleurmengen eingespart werden.
-
Besonders wirtschaftlich ist das erfindungsgemäße Verfahren, wenn
die Zuckerlösung kontinuierlich im Kreislauf durch Kristallisierkasten, Erhitzer,
Sättiger, Reiniger und Couleurisator geführt wird. Im Kristallisierkasten gibt die
Lösung Zucker und gegebenenfalls Couleur ab, wobei sie untersättigt und abgekühlt
wird, im Erhitzer wird sie auf ihre ursprüngliche Temperatur erhitzt, im Sättiger
wird sie mit Zucker bis zur Sättigung angereichert, im Reiniger von Verunreinigungen
befreit, im Couleurisator wird ihr die erforderliche Coleurmenge zugesetzt, und
anschließend strömt sie wieder zum Kristallisierkasten zurück.
-
Zum besseren Verständnis wird das erfindungsgemäße Verfahren an Hand
des folgenden Beispiels erläutert. In der Zeichnung ist eine Vorrichtung zur Durchführung
des Verfahrens dargestellt. Sie besteht aus einem Kristallisator 1, einem
senkrecht in den Kristallisator ragenden Kristallisationsrohr 2, einem Erhitzer
3, einem Sättiger 4, einer Pumpe 5 und einem Umlaufthermostat 6.
-
Der Kristallisator 1 besteht aus einem vertikalen Stahlblechrohr von
17 cm lichter Weite und 160 cm Höhe. Er ist am unteren Ende an die Pumpe 5, am oberen
Ende an den Erhitzer 3 angeschlossen. Das Kristallisationsrohr 2 besteht aus einem
am unteren Ende geschlossenen 1"-Rohr, in dessen Mitte sich ein I/4"-Rohr befindet.
Die beiden Rohre sind an ihren oberen Enden an den Umlaufthermostat 6 angeschlossen.
Der Erhitzer 3 enthält ein elektrisch beheiztes Tauchrohr und ein Kontaktthermometer
(nicht dargestellt). Der elektrische Strom für das Tauchrohr kann durch das Kontaktthermometer
ein-und ausgeschaltet werden. Dadurch läßt sich die Temperatur der Zuckerlösung
konstant halten. Der Sättiger 4 besteht aus einem Stahlblechrohr von 22 cm
lichter Weite und 60 cm Höhe. Über dem konischen Boden des Sättigers liegt ein engmaschiges
Drahtnetz 4 a, auf dem sich eine Schicht von Zucker befindet. Der Überlauf des Sättigers
am oberen Ende ist als Siebkorb 4 b (Reiniger) ausgebildet. Als Pumpe 5 wird ein
Zellenverdichter verwendet, der von einem Elektromotor angetrieben wird und der
die Zuckerlösung in dem beschriebenen Kreislaufsystem umpumpt. Die gesamte Apparatur
ist wärmeisoliert. Das Fassungsvermögen der Vorrichtung beträgt 63 1. Der Couleurisator
ist nicht gezeigt. Er kann an jeder geeigneten Stelle des Kreislaufsystems, insbesondere
zwischen Sättiger 4 und Kristallisierkasten 1 angeordnet sein.
Aus
69 kg Rohzucker, 19 kg Wasser und 1,8 kg Couleur wurden rund 90 kg einer bei 80°
C fast gesättigten Zuckerlösung hergestellt. Die Lösung wurde heiß in die Apparatur
eingefüllt und ihr pii-Wert mit Natronlauge auf etwa 7,5 eingestellt. Die Pumpe
5 wurde in Betrieb gesetzt und der Erhitzer 3 auf 80° C eingeregelt. Nach Erreichen
der Temperaturkonstanz (80° C) wurden einige Kilogramm Rohzucker in den Sättiger
4 geschüttet, damit sich die umlaufende Zuckerlösung selbsttätig vollends aufsättigen
konnte.
-
Die Temperaturen in Erhitzer 3 und Sättiger 4 betrugen ständig 80°
C, ein Thermometer unterhalb des Kristallisators 1 zeigte 78° C und ein Thermometer
am oberen Ende 75° C an. Die Temperatur des Wassers für das Kristallisationsrohr
2 wurde 2 Tage lang auf 60° C und 2 Tage lang auf 40° C gehalten.
-
Nach 4 Tagen wurde das Kristallisationsrohr 2 aus dem Kristallisator
1 herausgehoben und kurz mit warmem Wasser abgespült. Das Kristallisationsrohr war
von einer dicken Schicht von schwarzem Kandiszuckerkristallen besetzt. Die Temperatur
des Kristallisationsrohres wurde auf 70° C erhöht, worauf die Kristallschicht ohne-
zusätzliche Maßnahmen glatt abrutschte.