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Verfahren zur Herstellung von Mono- und Dialkylhydrazinen Versuche,
die Raschigsche Hydrazinsynthese auf die Synthese substituierter Hydrazine zu übertragen,
waren bisher nur teilweise erfolgreich. Zwar war es möglich, Chloramin mit primären
Alkylaminen zu Monoalkylhydrazinen umzusetzen. Die Ausbeuten, berechnet auf das
eingesetzte Amin, waren jedoch sehr gering, da auf 1 Mol Chloramin 8 Mol des primären
Amins eingesetzt werden mußten. (L. H. Diamond und L. F. Audrieth, J. Amer. chem.
Soc., 77, 5. 3131 [1955]) Versuche, Alkylchloramine mit Alkylaminen zu Dialkylhydrazinen
umzusetzen (Gleichung 1), waren bisher erfolglos.
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Es gelang lediglich im Falle einiger a,cu-Diamine cyclische Hydrazine
zu erhalten (A. Lüttringhaus J. Sander und R. Schneider, Chem. Ber., 92, S.1756
[1959]). Gründe für das Versagen dieser Reaktion sind die Selbstzersetzung der Alkylchloramine
und deren oxydierende Wirkung auf eventuell gebildetes Dialkylhydrazin. Cyclische
Hydrazinderivate sind ferner durch Ankondensation des Diaziridinringes an Isochinolinbasen
(E. Schmitz, Angew. Chem., 71, S. 127 [1959]) und durch Gasphasenchlorierung von
Aceton-Ammoniak-Mischungen erhalten worden (H. J.
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Abendroth und G. Henrich, Angew. Chem., 71, S. 283 [1959]). Bei der
letztgenannten Reaktion sind
aber nur Diaziridine erhältlich, deren Hydrolyse zum
unsubstituierten Hydrazin führt.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Hydrazinbildung aus primären Aminen
und Chloramin oder Alkylchloraminen erreichen kann, wenn man das primäre Amin zunächst
mit einem Aldehyd oder Keton zur Schiffschen Base umsetzt und auf die Schiffsche
Base Chloramin oder Alkylchloramine einwirken läßt. Es bildet sich in allen Fällen
unter H Cl-Abspaltung ein dreigliedriger Heterocyclus (Gleichung 2).
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Diese Diaziridine sind nun in saurer Lösung leicht zu Hydrazinderivaten
spaltbar. Aus N-Alkyldiaziridinen entstehen Monoalkylhydrazine (Gleichung 3)
und
aus N,N'-disubstituierten Diaziridinen entstehen Dialkylhydrazine (Gleichung 4).
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Die zur Bildung der Schiffschen Base eingesetzte Carbonylverbindung
R2 - CO - R3 wird bei der Hydrolyse wiedergewonnen und kann erneut eingesetzt werden.
Die Bruttogleichung der Reaktion lautet also:
und stellt die lange gesuchte Verallgemeinerung der Raschigschen Hydrazinsynthese
dar.
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Das Verfahren ist allgemeinster Anwendung fähig.
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Zur Bildung der Schiffschen Basen können Aldehyde, wie Acetaldehyd,
Butyraldehyd oder Oenanthaldehyd, ebenso Anwendung finden wie offenkettige oder
cyclische Ketone. Auch die Aminkomponente ist beliebig variierbar. Es können aliphatisch-endständige
Amine, wie Äthylamin oder Butylamin, Anwendung finden, desgleichen hydroaromatische
Amine, wie Cyclohexylamin, aliphatisch mittelständige Amine, wie Isopropylamin,
oder araliphatische Amine, wie Benzylamin. Das gleiche gilt für die Auswahl der
Alkyl-chloramine, die sich aus sämtlichen vorstehend genannten primären Aminen leicht
gewinnen lassen.
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Damit wird eine große Anzahl von Mono- und Dialkylhydrazinen leicht
zugänglich, die wertvolle Zwischenprodukte für die Synthese pharmakologisch wichtiger
Verbindungen sind.
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Das neue Verfahren hat bei der Synthese von Monoalkylhydrazinen gegenüber
der Umsetzung primärer Amine mit Chloramin den Vorteil besserer Ausbeuten, da zur
Umsetzung mit Chloramin nur 1 Mol des primären Amins (in Form der Schiffschen Base)
erforderlich ist, während bei den bisherigen Verfahren 8 Mol des primären Amins
eingesetzt werden mußten.
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Außerdem entfällt die Oxydationswirkung des Chloramins auf das Umsetzungsprodukt,
da die Diaziridine völlig oxydationsbeständig sind.
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Für die Darstellung symmetrischer und unsymmetrischer N,N'-Dialkylhydrazine
ist das Verfahren über die Diaziridine anderen Verfahren überlegen, da als Ausgangsmaterialien
nur die billigen primären Amine und Chlor erforderlich sind.
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Die Ausführung der Reaktion gestaltet sich denkbar einfach: Die Reaktion
der Alkyl-chloramine mit den Schiffschen Basen erfolgt schon bei Raumtemperatur
in kurzer Zeit. Es ist auch möglich, das Chloramin erst im Ansatz selbst zu erzeugen,
indem beispielsweise eine Lösung der Schiffschen Base in methanolischem Ammoniak
mit tert. -Butylhypochlorit versetzt wird.
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Das gebildete Chloramin addiert sich sofort unter H Cl-Abspaltung
an die Schiffsche Base.
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Die Hydrolyse der Diaziridine zu Hydrazinen und Carbonylverbindungen
gelingt durch kurzes Erhitzen mit verdünnten Säuren, wie Oxalsäure oder Schwefelsäure.
Man kann auch auf die Isolierung des Diaziridins verzichten und das durch Einwirkung
eines Alkylchloramins auf eine Schiffsche Base erhaltene Reaktionsgemisch sofort
der Hydrolyse unterwerfen.
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Einzelheiten der Ausführung gehen aus den nachstehend aufgeführten
Beispielen hervor. Beispiel 1
n-C6H13-CH = N n-C4H9 + NH3 tert.-Butyl-GCl n-¼H1- ?H-N N -
n-C,H, |
NN |
H |
> n-C6H13-CHO + n-C4H9-NHNH2 |
Zu 480 ccm 6 n-methanolischem Ammoniak gibt man unter Eis-Kochsalz-Kühlung und Rühren
zunächst 68 g Oenanthyliden-n-butylamin, dann tropfenweise 36 g tert.-Butylhypochlorit,
wobei die Temperatur nicht über 0'C steigen soll. Man entfernt dann die Kühlung
und läßt 1 Stunde lang stehen. Man entfernt das Methanol im Vakuum, nimmt den Rückstand
mit Äther auf und entzieht diesem das Diaziridin durch zweimaliges Ausschütteln
mit dem gleichen Volumen eiskalter 2n-H2SO4. Man macht unter Kühlen alkalisch, nimmt
das ausgeschiedene Ö1 in Äther auf, trocknet mit Kaliumcarbonat und fraktioniert
im Vakuum. Beim Sdp.l 70 bis 73"C gehen 9,7 g l-n-Butyl-3-n-hexyl-diaziridin über.
Schmp. 13"C.
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Die Hydrolyse ergibt n-Butylhydrazin (Oxalat: Schmp. 160 C) neben
Oenanthaldehyd.
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Beispiel 2 Zu 18,9 g Oenanthyliden-cyclohexylamin in 85 ccm 7n-methanolischem
Ammoniak tropfte man unter Rühren 10,8 g tert.-Butylhypochlorit zu, wobei die Temperatur
unter 0° C gehalten wurde. Man ließ 1 Stunde lang ohne Kühlung stehen, destillierte
das Methanol im Vakuum ab, nahm mit 150 ccm Äther auf und filtrierte vom ungelösten
Salz ab. Man extrahierte das gebildete Diaziridin durch dreimaliges Ausschütteln
mit je 100 ccm eiskalter 2n-H2SO4, machte unter Kühlen alkalisch und ätherte aus.
Nach Entfernen des Äthers hinterblieben 3,7 g rohes l-Cyclohexyl-3-nhexyl-diaziridin.
Das reine Produkt hat den Sdp.0,8 98"C und den Schmp. 17 bis 18"C. Durch Kochen
mit Säuren entsteht daraus Cyclohexylhydrazin (Oxalat: Schmp. 190°C) neben Oenanthaldehyd.
Beispiel 3
34 ¢ Cyc1oiexyliden-Qvciohexylamin in 100 ccm Äther wurden mit 500 ccm einer 038molaren
Lösung von Chloramin in Äther versetzt. Man ließ 2 Stunden stehen entfernte den
Äther im Vakuum. zog die hinterbleibende Salzmasse mit Äther aus und filtrierte.
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Man extrahierte das gebildete Diaziridin mit 200 ccm
eiskalter
2n-H2SO4, setzte es unter Kühlen durch Zugabe von Natronlauge in Freiheit, nahm
in Äther auf und trocknete mit Kaliumcarbonat. Durch Destillation wurden 12,9 g
(35 0/o der Theorie) l-Cyclohexyl-3,3-pentamethylen-diaziridin vom Sdp.o,s 92 bis
93"C erhalten. Schmp. 32 bis 33"C.
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Die saure Hydrolyse ergab Cyclohexylhydrazin (Oxalat: Schmp. 188
bis 1900C) neben Cyclohexanon.
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Beispiel 4
115 g Oenanthyliden-n-butylamin in 200 ccm Äther wurden mit 11 einer 1,35molaren
ätherischen Lösung von Methylchloramin versetzt. Nach stündigem Stehen bei Raumtemperatur
entfernte man den Äther im Vakuum, zog die hinterbleibende Salzmasse mit Äther aus
und fraktionierte nach Vertreiben des Äthers im Vakuum. Die Fraktion vom Sdp.o,6
69 bis 74"C wurde mit 500 ccm l00/0iger Oxalsäure 15 Minuten geschüttelt. Dann trennte
man die Schichten,
ätherte die wäßrige Schicht aus, schüttelte die vereinigten Auszüge
mit etwas Wasser aus und trocknete mit Kaliumcarbonat. Bei der Destillation gingen
nach einem Vorlauf 42 g l-Methyl-2-n-butyl-3-n-hexyldiaziridin beim Sdp.lo 111 bis
112"C über (31 O/o der Theorie).
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Hydrolyse durch 2stündiges Erhitzen mit wäßriger Oxalsäure ergab
N,N'-Methyl-n-butyl-hydrazin neben Oenanthaldehyd.
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Beispiel 5
Durch Zugabe von 330 ccm 1,65molarer Natriumhypochloritlösung zu 45 g n-Butylamin
unter Eis-Kochsalz-Kühlung, Aufnehmen der öligenAbscheidung in Äther und kurzes
Trocknen mit Calciumchlorid wurde eine ätherische Lösung von n-Butyl-chloramin hergestellt.
450 ccm dieser Lösung, enthaltend 0,46 Mol n-Butylchloramin, wurden mit der Lösung
von 59 g n-Butyliden-(l)-n-butyl-(l)-amin in 100 ccm Äther vereinigt. Nach 2tägigem
Stehen wurde der Äther abdestilliert, der Rückstand mit Wasser ausgeschüttelt und
fraktioniert. Beim Sdp.1,5 69 bis 71"C gingen 40,8 g (450/, der Theorie) l,2-Di-n-butyl-(l)-3-n-propyl-diaziridin
über.
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Durch 2stündiges Erhitzen mit 300 ccm l00/0iger wäßriger Oxalsäure,
Abblasen des n-Butyraldehyds mit Wasserdampf, Eindampfen des Rückstandes zur Trockne
im Vakuum, Lösen in Äthanol und Ausfällen mit Äther wurde N,N'-Di-n-butylhydrazin-oxalat
(Schmp. 151 bis 153"C) erhalten.
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Beispiel 6 20 g eines Gemisches von Cyclohexyliden-cyclohexylamin
und 1 -Cyclohexyl-3,3-pentamethylen-diaziridin (erhalten durch Einwirkung von Chloramin
auf Cyclohexyliden-cyclohexylamin) wurden mit 100 ccm 2n-HoSO4 1/Stunde am Rückfluß
erhitzt. Durch Ausäthern wurde Cyclohexanon zurückgewonnen.
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Die schwefelsaure Lösung, die neben Cyclohexylhydrazin noch Cyclohexylamin
enthielt, wurde mit Natriumacetatlösung auf PH 6 abgestumpft und bei 50 C mit 10
g Benzaldehyd geschüttelt. Nach dem
Erkalten wurde ausgeäthert und die Ätherlösung
eingedampft. -Den Rückstand versetzte man mit wäßriger Oxalsäure und leitete so
lange Wasserdampf hindurch, bis kein Benzaldehyd mehr überging. Dann wurde im Vakuum
zur Trockne eingedampft und das rohe Cyclohexylhydrazin-oxalat aus wenig Äthanol
umkristallisiert. Schmp. 191"C.