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Verfahren zur Herstellung von 3-Keto-1,4-pregnadienen Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Verbindungen der allgemeinen Formel I
worin X = 11,11, H,OH (a oder ß), H,OAcyl (a oder ß) oder 0 und Y = H, OH oder OAcyl
bedeutet.
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Nach der Erfindung werden Verbindungen der allgemeinen Formel II
worin X' 11,11, H,OAcyl (a oder ß) oder 0 bedeutet und die in 16a,17a-Stellung eine
Oxidogruppe tragen können, in an sich bekannter Weise mit Bleitetraacetat behandelt,
die so erhaltene 21-Acetoxyverbindung in eine Verbindung der obigen allgemeinen
Formel I überführt und gegebenenfalls in dieser Verbindung die 21-Acetoxygruppe
in an sich bekannter Weise verseift.
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Die Einführung von Acetoxygruppen in Nachbarschaft zu einer Carbonylgruppe
durch Bleitetraacetat ist seit längerer Zeit bekannt (0. Dimroth, R. Schweitzer,
Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, Bd. 56, S. 1375 [1923]). Auf Steroide
wurde die Reaktion erstmalig angewendet durch G. Ehrhart, H. Ruschig und W. Aumüller
(Zeitschrift für Angewandte Chemie, Bd. 52, S. 363 [1939]), die aus 3-Acetoxy-5-pregnen-20-on
das 3,21-Diacetoxy-5-pregnen-20-on in 40°/oiger Ausbeute darstellten. In besserer
Ausbeute erhielten T. Reichstein und C. Montigel (Helvetica Chimica Acta, Bd. 22,
S.1212 [1939]) das gesättigte 3,21-Diacetoxy-allopregnan-20-on aus 3-Acetoxy-allopregnan-20-on.
Beiden Reaktionen kommt aber keine praktische Bedeutung zu, da die für eine Weiterverarbeitung-
zu Corticosteroidderivaten anschließend notwendige partielle Verseifung am C-Atom
3 nur mit minimalen Ausbeuten möglich ist. Bei ungeschützter Hydroxylgruppe in 3-Stellung
verläuft die 21-Acetoxylierung mit sehr schlechten Ausbeuten (J. van Euw, A. Lardon,
T. Reichstein, Helvetica ChimicaActa, Bd. 27, S. 1287 [1944]; s.auchH.Ruschig, Zeitschrift
für Angewandte Chemie, Bd. 60, S. 247 [1948]).
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Die Umsetzung von 3-Keto-4-pregnenen mit Bleitetraacetat verläuft
in völlig heterogener Weise (G. Ehrhart und Mitarbeiter, Berichte der Deutschen
Chemischen Gesellschaft, Bd. 72, S. 2035 [1939]). T. Reichstein und C. Montigel
(vgl. oben angegebene Literaturstelle) konnten aus dem Reaktionsprodukt von Progesteron
mit Bleitetraacetat nur in 3°/oiger Ausbeute das erhoffte Desoxycorticosteronacetat
isolieren.
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Es wurde nun gefunden, daB eine 21-Acetoxylierung von 20-Ketopregnanen
in guten Ausbeuten dann durchgeführt werden kann, wenn man von Steroiden ausgeht,
deren Ring A in 3-Stellung eine Carbonylgruppe und in 1- und 4-Stellung Doppelbindungen
enthält. Dieses Dienonsystem hat sich überraschenderweise als außerordentlich stabil
gegen den Angriff von Bleitetraacetat erwiesen. Letzteres war nicht vorauszusehen,
da es einmal bekannt ist, daB Bleitetraacetat mit Doppelbindungen leicht unter doppelter
Acetoxylierung reagiert und zum anderen anzunehmen war, daB die 6-Stellung des als
Ausgangsmaterial verwendeten Steroids nach dem Vinylogie-Prinzip aktiviert und somit
der substituierenden Einwirkung des Bleitetraacetats zugänglich sein würde.
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Das Verfahren nach der Erfindung bringt gegenüber den bisher bekannten
Verfahren zur Herstellung von Verbindungen der eingangs genannten allgemeinen Formel
I entweder wesentliche Ausbeuteverbesserungen oder die Einsparung von Reaktionsstufen.
Im einzelnen gelingt es nach dem Verfahren der Erfindung, durch Behandlung von 1-Dehydro-progesteron
mit Bleitetraacetat
in guter Ausbeute 1-Dehydro-desoxycorticosteron-21-acetat
herzustellen. Durch Anwendung üblicher Verseifungsmethoden erhält man aus dem Acetat
freies 1-Dehydro-desoxycorticosteron.
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Behandelt man 1-Dehydro-16a,17a-oxido-progesteron mitBleitetraacetat,
soresultiert 1-Dehydro-16a,17a-oxidodesoxycorticosteron-21-acetat, welches durch
Einwirkung von Halogenwasserstoffsäure, vorzugsweise Bromwasserstoffsäure, in das
entsprechende 16ß,17a-Halogen- bzw. 16ß,17a-Bromhydrin übergeführt werden kann.
Durch Einwirkung eines üblichen Reduktionsmittels (z. B. Raneynickel) gelingt es,
in dem Halogenhydrin das Halogenatom durch Wasserstoff zu ersetzen. Man erhält auf
diese Weise 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S-21-acetat, welches nach bekannten Methoden
zu 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S verseift werden kann.
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Die nach dem Verfahren der Erfindung hergestellten Verbindungen 1-Dehydro-desoxycorticosteron,
1-Dehydro-desoxycorticosteron-21-acetat, 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S und 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S-21-acetat
können durch Behandlung mit einem llhydroxylierenden Mikroorganismus in die entsprechenden
Derivate mit einer 11-Hydroxylgruppe übergeführt werden. Mit Hilfe üblicher milder
Oxydationsmethoden kann man diese 11-Hydroxysteroide zu den entsprechenden 11-Ketoverbindungen
oxydieren.
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Nach der Erfindung gelangt man somit vom 1-Dehydroprogesteron über
1-Dehydro-desoxycorticosteron-21-acetat, 1-Dehydro-desoxycorticosteron und 1-Dehydrocorticosteron
zum 1-Dehydro-dehydrocorticosteron (1,4-Pregnadien-3,11,20-trion-21-O1).
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Geht man von 1-Dehydro-16a,17a-oxido-progesteron aus, so erhält man
über 1-Dehydro-16a,17a-oxido-desoxycorticosteron als Zwischenprodukt 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S
bzw. deren 21-acetat. Durch Behandlung dieser Verbindungen mit einem llhydroxylierenden
Mikroorganismus und gegebenenfalls durch folgende Oxydation erhält man Prednisolon
bzw. Prednison (1,4-Pregnadien-3,20-dion-llß,17a,21-triol bzw. 1,4-Pregnadien-3,11,20-trion-17a,21-diol).
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Die Umsetzung mit Bleitetraacetat führt man zweckmäBigerweise in Gegenwart
von Eisessig durch.
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Die als Ausgangsmaterial verwendeten Verbindungen sind leicht zugänglich
durch 1-Dehydrierung (mikrobiologisch oder chemisch) der entsprechenden in 1,2-Stellung
gesättigten Steroide.
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So kann man z. B. 1-Dehydro-progesteron durch mikrobiologische 1-Dehydrierung
von Progesteron herstellen. Analog gewinnt man 1-Dehydro-16a,17a-oxidoprogesteron
durch 1-Dehydrierung des als Zwischenprodukt bei der Cortisonsynthese aus Sapogeninen
anfallenden 16a,17a-Oxido-progesterons.
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Beispiel 1 2 g 1-Dehydro-progesteron werden in 100g Eisessig gelöst,
7 g (2,5 Mol) Bleitetraacetat zugegeben und unter Rühren 6 Stunden auf 80° C erwärmt,
dann in Wasser gegossen und mit Chloroform extrahiert. Die Chloroformlösung wird
neutralisiert, getrocknet und zum Rückstand eingedampft. Das erhaltene Rohprodukt
ist nach einmaligem Umkristallisieren rein und stimmt in allen Eigenschaften mit
authentischem 1-Dehydro-desoxycorticosteron-21-acetat überein. Schmelzpunkt 199
bis 202° C, [a] DD = -a- 133,3°. Ausbeute 760/, der Theorie.
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Durch Behandlung des 1-Dehydro-desoxycorticosteron-21-acetats mit
üblichen Verseifungsmitteln, wie z. B. Natriumhydrogencarbonat oder molaren Mengen
wäßrigalkoholischer Natronlauge, erhält man 1-Dehydrodesoxycorticosteron. Diese
Verbindung läBt sich durch Einwirkung eines llhydroxylierenden Mikroorganismus (z.
B. Curvularia lunata oder Rhizopus nigricans) in 1-Dehydro-corticosteron bzw. 1-Dehydro-11-epi-corticosteron
überführen.
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Beispiel 2 13g 16a,17a-Oxido-1,4-pregnadien-3,20-dion werden in 390
ccm Eisessig gelöst, mit 37,7g Bleitetraacetat versetzt und so lange bei 90° C gerührt,
bis alles Bleitetraacetat verbraucht ist. Danach wird das Reaktionsgemisch in Wasser
eingegossen, mit Äther extrahiert und der Auszug nach üblichen Methoden aufgearbeitet.
Aus Äther fällt das rohe 16a,17a-Oxido-1,4-pregnadien-3,20-dion-21-ol-21-acetat
aus, das aus Methanol umkristallisiert werden kann. Das reine Produkt schmilzt bei
190 bis 191° C, [a] ö° = + 108° (Dioxan).
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16a,17a-Oxido-1,4-pregnadien-3,20-dion-21-ol-21-acetat läBt sich durch
Behandlung mit überschüssigem Bromwasserstoff in Eisessig in 16ß-Brom-l-dehydro-Reichsteins-Substanz-S-21-acetat
überführen, aus welchem durch Reduktion mit Raneynickel (10 Teile Raneynickel auf
1 Teil Substanz) 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S-21-acetat erhalten wird. Die Verseifung
mit wäBriger Natriumhydrogencarbonatlösung (etwa 0,1 MolÜberschuB an Verseifungsmittel)
liefert 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S.
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Durch Behandlung von 1-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S bzw. deren 21-Acetat
mit einem llhydroxylierenden Mikroorganismus, wie z. B. Curvularia lunata oder Rhizopus
nigricans, erhält man Prednisolon bzw. 11-epi-Prednisolon.
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Beispiel 3 1 g 1-Dehydro-lla-acetoxy-progesteron wird in 80 ccm Eisessig
gelöst, 2 g Bleitetraacetat zugegeben, das Gemisch unter Rühren 4 Stunden auf 90°
C erwärmt, dann in Wasser eingegossen und mit Chloroform ausgeschüttelt. Die Chloroformlösung
wird neutralisiert, getrocknet und zum Rückstand eingedampft. Das gebildete 1-Dehydro-11a,21-diacetoxy-progesteron
hinterbleibt als ein Öl, das auch nach den üblichen Reinigungsoperationen nicht
kristallisiert erhalten wird.
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Das freie 1-Dehydro-11a,21-dihydroxy-progesteron wird rein erhalten
durch Kochen (10 Minuten) des 1-Dehydro-lla,21-diacetoxy-progesterons mit einer
wäBrigmethanolischen Kaliumcarbonatlösung, Aufarbeiten der Reaktionsmischung in
üblicher Weise und Umkristallisieren des hinterbleibenden 1-Dehydro-lla,21-dihydroxyprogesterons
aus Aceton. Schmelzpunkt 208 bis 210° C, [a]D = + 89,3° (Chloroform).