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Gerben von Häuten und Blößen Es ist bekannt, daß durch Einwalken monomerer
1@Iethylolharnstoffverbindungen in Häute und Kondensation der eingewalkten Monomeren
Leder erhalten werden. Die physikalischen Eigenschaften dieser Leder sind, wie der
Literatur zu entnehmen ist, nicht besonders günstig. Man kennt auch Gerbverfahren,
bei denen Dimethylolharnstoff nicht allein, sondern zusammen mit Abkömmlingen der
Phenolsulfonsäure oder mit Toluolsulfonsäure in die Haut eingearbeitet wird. Diese
Arbeitsweise, die nur in saurem Medium durchgeführt wird, führt zu Erzeugnissen
von verhältnismäßig harter Beschaffenheit. Auch die Gerbung mit aliphatischen Diisocyanaten,
die hierbei in besonderer Emulsion anzuwenden sind, gehört zum Stand der Technik.
Man erhält z. B. technische Leder. Diese Diisocyanate üben jedoch eine starke Reizwirkung
auf die Schleimhäute aus; sie müssen daher mit besonderer Vorsicht gehandhabt werden.
Außerdem werden Diisocyanate aus Preisgründen abgelehnt.
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Es wurde nun gefunden, daß Kondensationsprodukte mehrwertiger Urethane
mit Formaldehyd sich mit besonderen Vorteilen zur Herstellung von Leder und Pelzen
verwenden lassen. Die Vorteile liegen in den günstigen anwendungstechnischen Eigenschaften
der Gerbmittel und in der Güte der erhaltenen Leder.
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Als mehrwertige Urethane für die genannten Kondensationsprodukte kommen
insbesondere solche in Frage, die sich von diprimären Alkoholen, beispielsweise
Propandiol-(1,3), Butandiol-(1,-1),Pentandiol-(1,5),Hexandiol-(1,6), Diäthylenglykol,
sowie höheren Polyäthylenglykolen, Dioxydibutyläther oder Dioxydiäthylsulfid, ableiten.
Es können auch in die Kondensationsprodukte geringere :Mengen Urethane höherwertiger
Alkohole, beispielsweise von Glycerin, Trimethylolpropan, Butantriol, Hexantriol
und Erythrit, eingebaut sein. Auch Gemische dieser Alkohole sowie auch zweiwertige
Alkohole mit sekundären Hydroxylgruppen, beispielsweise 1,3-oder 2,3-Butylenglykol,können
mitverwendet werden.
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Als besonders vorteilhaft haben sich niedermolekulare Kondensationsprodukte
erwiesen, die durch Erhitzen etwa äquivalenter Mengen eines diprimären Alkohols
mit Harnstoff bis zur Bildung von etwa 40 bis 70 11', Diurethan und Umsetzen
der erhaltenen Schmelze mit Formaldehyd zum Methyloldiurethan gewonnen werden. Die
Dimethylolverbindung des Diurethans aus Butandiol-(1,4) ist für die erfindungsgemäße
Verwendung besonders gut geeignet. Die Dimethyloldiurethane können als monomolekulare
Verbindungen oder in Form ihrer niedermolekularen Kondensationsprodukte, die im
folgenden' immer als Methylolurethane bezeichnet werden, angewendet werden.
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Bei der Herstellung von Leder aus Blößen können die Methylolurethane
sowohl in alkalischer als auch in saurer wäßriger Lösung angewendet werden. Günstig
ist für das Arbeiten in alkalischem Medium ein pH-Wert von ungefähr B. Zweckmäßig
erreicht man diesen durch Zugabe von Natriumcarbonat oder '-\latriumacetat. Im sauren
Bad stellt man mit Hilfe von Ameisensäure einen pH-Wert von etwa 2,3 ein. Als Arbeitstemperatur
im alkalischen Bad kommt im allgemeinen Zimmertemperatur in Frage. Die Trockentemperatur
liegt zweckmäßigerweise zwischen 70 und 90°. Man erhält auf die beschriebene Weise
hellfarbige Leder von sehr kernigem, festem Griff und von guter Weichheit. Sie eignen
sich für alle Verwendungszwecke, z. B. als Bekleidungsleder, technische Leder oder
Dekorationsleder. Als technische Leder sind sie besonders dort von Vorteil, wo hohe
Schrumpftemperaturen verlangt werden. Noch festere und kernigere Leder kann man
durch Mitverwendung von Harnstoff beim Gerben nach dieser Erfindung erhalten. Anderseits
kann man durch das Fetten nach üblichen Methoden besonders geschmeidige Leder herstellen.
Bemerkenswert ist auch der weiche und zügige Griff der nach dieser Erfindung hergestellten
Pelzfelle.
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Die günstigen Eigenschaften der nach der Erfindung erhältlichen Erzeugnisse
sind überraschend, da es nach dem Stande der Technik nicht möglich erschien, daß
leicht zugängliche und vielseitig und leicht anwendbare Stoffe sehr gute Leder ergeben
würden. Als Vorteile der in diesem Patent genannten Gerbmittel gegenüber den bei
der Schilderung des Standes der Technik erwähnten seien außerdem unterstrichen:
Sie sind sehr leicht in Wasser löslich und können in saurem, neutralem und alkalischem
Medium angewendet werden; sie sind auch bei erhöhter Temperatur monatelang beständig,
verlieren hierbei weder ihre Wasserlöslichkeit noch ihre gerbende «'irkung; sie
erfordern keine Vorsichtsmaßregeln aus physiologischen Gründen.
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Bemerkenswert ist es, daß die Anwendbarkeit von Dimethyloldiurethanen
bei der Holzveredelung, Textil-
Behandlung, Papierveredelung, Herstellung
von plastischen Massen, Klebstoffen, Preßmassen und Bodenbelagmitteln bekannt war,
daß anderseits Harzgerbmittel vorbeschrieben sind, die aus urethanartigen Kondensationsprodukten
von Harnstoff und Butandiol durch Umsetzung mit Formaldehyd und Weiterkondensation
mit in acetonischer Lösung hergestellten Harnstoff-Phthalsäure-Kondensationsprodukten
in Gegenwart zusätzlichen Formaldehyds erhalten werden. Daraus mußte man zu der
Ansicht gelangen, daß die erfindungsgemäß verwendeten Stoffe keine Gerbwirkung hätten,
zumal da durch Einkondensieren von 1,4-Butandiol in Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukte
hergestellte Stoffe, also andere als die oben beschriebenen, aber aus ähnlichem
Ausgangsmaterial erhaltenen Mittel nur als Fixiermittel für Gerbstoffe, nicht jedoch
als Gerbmittel empfohlen und brauchbar sind. Hingegen bestehen keine Bedenken, die
erfindungsgemäß zu verwendenden Mittel auch zur Nachbehandlung gegerbter Blößen
oder Pelzfelle zu verwenden, insbesondere zum Fixieren mineralischer Gerbstoffe
oder zum Imprägnieren bzw. Füllen von Leder, das mit den üblichen Gerbstoffen gegerbt
oder angegerbt worden ist. Beispiel 1 Eine geweichte, geäscherte und gebeizte Kalbsblöße
wird 2 Tage bei 20° mit der fünffachen Menge einer Brühe behandelt, die im Liter
45 g des Kondensationsproduktes von 2 Mol Formaldehyd und 1 Mol a,cS-Butandiurethan
und 0,33 g Natriumcarbonat enthält. Nach dem Abquetschen wird 3 Stunden bei 70°
getrocknet. Das Leder ist sehr fest und hellfarbig und weist eine Schrumpftemperatur
von ungefähr 90° auf.
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Beispiel 2 Eine in üblicher Weise geweichte und geäscherte Kalbsblöße
wird bei 20° in ein Bad gelegt, das pro Liter 90 cm3 eines Kondensationsproduktes
aus Formaldehyd und a,8-Butandiurethan, 2 cm3 85°/`oige Ameisensäure und 100 g Natriumchlorid
enthält. Der pH-Wert dieser Gerbbrühe ist 2,3. Die Behandlungsdauer beträgt 2 "Page.
Nach dem Abquetschen wird das Stück etwa 3 Stunden bei 70° getrocknet. Man erhält
ein hellfarbiges, sehr festes Leder von fast weißem Anschnitt und einer Schrumpftemperatur
von etwa 70c.
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Beispiel 3 Ein geweichtes, entfleischtes Kaninfell wird 2 Tage bei
20` bei einem Flottenverhältnis von 1 : 5, bezogen auf das Fell, mit einer Gerbbrühe
behandelt, die im Liter 90 cm3 des Kondensationsproduktes aus Formaldehyd und a,b-Butandiurethan,
2 cm3 85°;"oige Ameisensäure und 100 g Natriumchlorid enthält. Nach dem Gerben wird
das Fell abgequetscht und von Hand mit einer der üblichen Fettemulsionen eingestrichen
sowie in üblicher `'eise fertiggestellt. Man erhält ein gegerbtes Fell, das sehr
weich und zügig im Griff ist. Soll nicht im sauren, sondern im alkalischen Bad gearbeitet
werden, so verwendet man an Stelle der Ameisensäure 0,33 g Natriumcarbonat pro Liter
Gerbbrühe, jedoch ohne Anwendung von Natriumchlorid.