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Die Erfindung betrifft einen Sattelbaum bzw. eine Sattelbaumstruktur für einen Reit- oder Tragesattel. Wenn sich ein Reit- oder Tragetier bewegt, verformt sich sein Rücken, und damit auch die Form des Bereichs, auf dem der Reit- oder Tragesattel aufliegt. Der erfindungsgemäße Sattelbaum ist in der Lage, sich dieser Verformung anzupassen, ohne die optimale Verteilung des zu tragenden Gewichts zu beeinträchtigen. Insbesondere erfolgt diese Anpassung dabei ohne die Aufwendung zusätzlicher Kräfte zur Verformung von Bauteilen des Sattels. Des weiteren ist die Erfindung auch geeignet, um auf einfache Weise Sättel passend für die unterschiedlichen Rückenformen von Reittieren herzustellen bzw. zu konfigurieren.
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Im Folgenden soll der Einfachheit halber statt von Reit- oder Tragesattel immer nur von Sattel, und statt von Reit- oder Tragetier immer nur von Pferd die Rede sein.
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Sättel werden zum einen benutzt, damit Reiter sicher und bequem auf Pferden sitzen können, und zum anderen, um Pferden überhaupt zu ermöglichen, Reiter über einen längeren Zeitraum zu tragen. Ein Reitsattel überträgt bzw. verteilt dazu das Gewicht des Reiters auf die entsprechenden Bereiche des Pferderückens. Bei der Sattelproblematik sind verschiedene grundsätzliche Gegebenheiten auf Seiten des Pferdes bekannt, die die Herstellung optimaler Sättel erschweren. Auf der anderen Seite sind auch verschiedene Prinzipien oder Erfindungen zur Herstellung von Sätteln bekannt, die diese durch diese Gegebenheiten entstehenden Probleme beheben oder abmildern sollen. Es werden zunächst die Probleme verursachenden Gegebenheiten auf Seiten des Pferdes erörtert.
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Für das Tragen des Sattels ist nur ein beschränkter Bereich des Pferderückens geeignet. Er soll im Folgenden Rückentragebereich 55 (3) genannt werden. Er besteht aus den beiden je ein bis zwei Handbreit breiten Streifen links und rechts der Wirbelsäule mit den Brustwirbeln 9 bis 18. Von außen ist er dadurch bestimmbar, dass er ungefähr 2 bis 3 Finger breit hinter dem Schulterblatt beginnt. Der Rückentragebereich hat die Eigenschaft, dass sich unter ihm Muskulatur befindet. Der Bereich zwischen diesen beiden Streifen, in der Mitte über der Wirbelsäule, muss ca. eine knappe Handbreite frei bleiben, da sich dort die Dornfortsätze der Wirbel befinden, die nicht mit Muskeln überdeckt sind.
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Dieser Rückentragebereich darf naturgemäß nur mit einem bestimmten maximalen Druck pro Flächeneinheit belastet werden. Es ist offensichtlich, dass es besonders günstig ist, wenn der durch das Gewicht des Reiters entstehende Druck möglichst gleichmäßig, insbesondere ohne Druckspitzen, auf den Rückentragebereich verteilt wird. Druckspitzen sind für das Pferd unangenehm und führen, insbesondere bei fortdauernder Wiederholung, zu Verletzungen des Pferdes.
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Pferde haben, auch durch ihre unterschiedliche Körpergröße bedingt, sehr unterschiedliche Rückenformen. Sie benötigen deshalb individuell angepasste Sättel. Durch sich entwickelnde Muskulatur ändert sich die Form des Rückens im Laufe der Zeit noch zusätzlich. Des weiteren ändert ein Pferd, während es geritten wird, d. h. während es sich bewegt, die Form seines Rückentragebereichs. Diese Formänderung während der Bewegung soll genauer erörtert werden.
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Die Hauptursache für diese Formänderungen ist die Bewegung des Skeletts, das in diesem Bereich aus dem Brustkorb besteht. Der Brustkorb besteht aus 19 Rippenpaaren mit ihren zugehörigen Wirbeln. Die Formänderung eines einzelnen Rippenpaares mit dem zugehörigen Wirbel in sich selbst ist vernachlässigbar, insbesondere bei den Rippenpaaren, die einen geschlossenen Ring bilden. Anders sieht es mit der Form aus, die die Gesamtheit der Rippenpaare zueinander bilden. Die Wirbelsäule kann ihre Länge nicht ändern, sie kann sich aber verbiegen und verdrehen.
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Eine vertikale Biegung (1), d. h. eine Biegung um die horizontale Querachse, entsteht, wenn das Pferd seinen Kopf hebt oder senkt 50 (Neigen bzw. Nicken): das Pferd wölbt dabei seinen Rücken mehr oder weniger auf 51. Eine horizontale Biegung (2), d. h. eine Biegung um eine vertikale Achse, entsteht, wenn das Pferd auf einer Kurve geht 52 (Schwenken bzw. Gieren): das vordere Beinpaar ist in eine andere Richtung gestellt wie das hintere Beinpaar, dazwischen beschreibt die Wirbelsäule einen Bogen 53.
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Da die Rippenpaare jeweils fest mit ihrem Wirbel verbunden sind, folgen sie der Bewegung ihres zugehörigen Wirbels und bewirken so eine Formänderung des Rückens. Wenn man die ersten beiden Formänderungen (Neigen und Schwenken) des Pferderückens auf einen Zylinder übertragen würde, so würde aus dem Zylinder ein Torus. Ein Aspekt der Formänderung durch Schwenken soll noch besonders hervorgehoben werden: Bedingt durch die Geometrie kommen bei einer horizontalen Biegung der Wirbelsäule auf der inneren Seite die Rippen enger zusammen, die Rückenfläche verkürzt sich. Auf der gegenüber liegenden Seite ist der Effekt entgegengesetzt, dort kommt es zu einer Verlängerung der Rückenfläche.
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Zusätzlich kann sich die Wirbelsäule um die Längsachse verdrehen bzw. tordieren (Verwinden bzw. Rollen) (3). Durch die Lage der Wirbelsäule relativ zu den Rippen bedingt, entsteht eine Form, die einer Helix bzw. einem Korkenzieher oder einer Wendel ähnelt 54.
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Eine weitere Ursache für die Formänderung des Rückentragebereichs während der Bewegung ist die Kontraktion der Muskeln, hier sind insbesondere der breite Rückenmuskel und der Halsteil des Trapezmuskels hervorzuheben. Verstärkt werden die beschriebenen Formänderungen noch durch die Bewegung des Schulterblatts. Dieses wirkt, auch wenn es nicht vom Sattel bedeckt wird, indirekt auf den Bereich des Rückentragebereichs, da es bei Bewegung Körpergewebe aus dem Rückentragebereich heraus zieht, oder in diesen hinein schiebt.
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Ein weitere Ursache für Probleme ist die Bewegung der Hautoberfläche. Bewegt ein Pferd seine Gliedmaßen, so wird naturgemäß Haut und Gewebe am Hauptkörper bzw. am Rumpf gezogen und geschoben. Bewegt sich die Hautoberfläche, so versucht sie naturgemäß alles, was auf ihr liegt, mitzunehmen. So wird im Rückentragebereich auch versucht, auf ihr liegende Bestandteile des Sattels ”mitzunehmen”. Da der Sattel aber kompakt an einem Stück hängt, wird die Bewegung der Haut behindert. Die Haut reibt infolgedessen am Sattel oder der Sattelunterlage und kann dadurch an den entsprechenden Stellen die Haare verlieren oder im Extremfall sogar wund werden.
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Diese verschiedenen Ursachen überlagern sich, sodass sie in der Gesamtheit eine erhebliche Belastung für das Pferd bilden und damit auch häufig zu Krankheiten führen. Neben äußerlichen Erkrankungen sind dies auch innerliche, beispielsweise Muskelschwund.
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Im folgenden soll der extreme Fall betrachtet werden, dass ein Sattel homogen aus einem einzigen steifen Material hergestellt ist und mit dem Gewicht eines Reiters belastet wird. Ist dieser Sattel optimal an die Form des Rückentragebereichs angepasst, so ist die Druckverteilung, solange das Pferd diese Form ganz genau beibehält, optimal. Es ist nun offensichtlich, dass das Einnehmen aller anderen Rückenformen, also wenn sich das Pferd bewegt, sofort zu Abweichungen von der optimalen Druckverteilung führt. Das bedeutet, dass es zu Druckerhöhungen in bestimmten Bereichen kommt. Zu einer direkten Druckerhöhung kommt es, wenn sich Bereiche des Rückens auf den Sattel zu bewegen. Der Druck wird dann genau an diesen Stellen höher. Zu einer indirekten Druckerhöhung kommt es, wenn sich Bereiche des Rückens von dem Sattel weg bewegen. Die sich vom Sattel weg bewegenden Bereiche des Rückens nehmen keine Last mehr auf, das auf den Sattel wirkende Gewicht muss auf den restlichen Bereich des Rückentragebereichs, der noch in Kontakt mit dem Sattel verblieben ist, verteilt werden. Dadurch erhöht sich zwangsläufig in diesem verbleibenden Bereich der Druck pro Flächeneinheit.
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Im Allgemeinen werden Sättel deshalb aus mindestens zwei Hauptmaterialen hergestellt: einem steifen Material für den Sattelbaum und einem weichen, federnden Material für die Polsterung zwischen Sattelbaum und Pferderücken. Der steife Sattelbaum korrespondiert dabei im optimalen Fall mit der Rückenausgangsform. Durch die Polsterung wird dann das Einnehmen aller anderen Rückenformen mehr oder weniger gut ermöglicht, d. h. die extremen Effekte der Druckerhöhung beim o. a. Beispiel des Sattels aus homogen steifem Material werden mehr oder weniger stark abgemildert. Das bedeutet aber trotzdem, dass das Pferd bei Bewegung dauernd gegen mehr oder weniger starke Druckerhöhungen anarbeiten muss, da die Polsterung erst dann nachgibt, wenn die auf sie wirkende Kraft erhöht wird.
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Diese zwangsläufigen Nachteile eines starren Sattelbaums lassen sich durch eine Erhöhung der Schichtdicke des Polsters reduzieren. Dem steht aber entgegen, dass dies den Reiter noch weiter weg vom Pferd bringt, was sich ungünstig auf die Sitzqualität, speziell in der Bewegung, auswirkt.
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Stand der Technik
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Ein konventioneller Sattelbaum besteht üblicherweise aus zwei mehr oder weniger parallelen und mehr oder weniger breiten Streifen (auch Trachten oder Bars genannt) aus stabilem und steifem Material, die auf beiden Seiten der Wirbelsäule den Rückentragebereich abdecken. Vorn und hinten sind diese Streifen jeweils mit einem Steg fest verbunden. Diese Verbindungsstege sind so bogenförmig ausgebildet, dass die darunter liegende Wirbelsäule nicht berührt wird.
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Der vordere Bereich wird Vorderzwiesel genannt und enthält häufig ein sogenanntes Kopfeisen zur Verstärkung. Der hintere Bereich wird mit Hinterzwiesel (auch Efter) bezeichnet. Der Bereich zwischen den Trachten wird Wirbelsäulenkanal genannt, und bildet einen Hohlraum über der Wirbelsäule. Es ist auch möglich, dass die Trachten des Sattelbaums nicht nur vorne und hinten, sondern durchgehend verbunden sind. Der Sattelbaum kann aus einem Stück gefertigt, oder aus mehreren Teilen und verschiedenen Materialien zusammengesetzt sein. Außerdem können die verschiedenen Bereiche in der Gesamtheit so gestaltet sein, dass sie von der Form her nahtlos ineinander übergehen. Bei den englischen Sätteln beispielsweise bilden Trachtenbereich und Efter zusammen einen harmonisch geschwungenen Bogen in Form eines großen U. Zum Reiter hin befindet sich der Sitz, der sein auf ihm lastendes Gewicht direkt auf die Trachtenbereiche und/oder die Verbindungsstege ableitet. Beim vollständigen Sattel ist dann der Sattelbaum zum Rückentragebereich des Pferdes hin immer mehr oder weniger gepolstert, wobei diese Polsterung dann nicht immer vollständig mit dem Sattel selbst verbunden sein muss, sondern z. B. auch in Form einer Sattelunterlage zwischen Sattel und Pferd gelegt werden kann.
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Selbst bei optimaler Passform eines so aufgebauten Sattels muss das Pferd in der Bewegung immer zusätzliche Kräfte und damit Arbeit aufwenden, um das Polster entsprechend seiner sich dynamisch ändernden Rückenform zu verformen. Je nach den Dimensionen und physikalischen Eigenschaften sind die notwendigen Kräfte dafür mehr oder weniger hoch. Das Freilegen von Bereichen des Rückentragebereichs, um die dynamische Formänderung des Rückentragebereichs zu erleichtern, hat die ungünstige Auswirkung, dass andere Bereiche des Rückentragebereichs dafür umso mehr belastet werden.
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Ein Teil der Erfindungen zielt lediglich darauf ab, einen zum Rückentragebereich passenden Sattelbaum zu erhalten, indem ein statischer Zustand des Rückentragebereichs erfasst wird. Bei
DE000010162424 wird von einem vorhandenen steifen Sattelbaum ausgegangen, dessen Trachten auf der dem Pferderücken zugewandten Fläche mit einer ausreichend dicken Schicht belegt ist, die durch eine spezielle Maßnahme zum Erweichen bzw. Nachgeben gebracht wird. Nachdem sich diese Schicht an die Rückenform angepasst hat, wird sie anschließend wieder zum Erstarren gebracht. Das Ergebnis ist eine an den Rückentragebereich angepasste Oberfläche der Trachten.
DE000019805802A1 beschreibt ein ähnliches Verfahren, nur dass hier der Verfestigungsvorgang nicht reversierbar ist.
DE 10 2004 001 620 A1 beschreibt ein Verfahren, mit dem der Rückentragebereich mit Hilfe eines Messgitters erfasst, und, nach einer optionalen Formoptimierung, in die Herstellung eines dazu passenden Sattelbaums mündet. All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass ihnen im Ergebnis die Nachteile eines starren Sattelbaums anhaften, die durch eine Polsterung nur teilweise gemildert werden können.
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Weitere Ansätze zielen darauf ab, Verstellmöglichkeiten an einem Sattelbaum anzubringen, die es ermöglichen, den Sattelbaum an unterschiedliche Rückenformen anzupassen. Hier ist zu unterscheiden, ob diese Verstellung statisch oder dynamisch erfolgt.
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Bei den statischen Verstellmöglichkeiten, wie in
CA000002624098C ,
DE000000017061A ,
DE000000051316A ,
DE000000084008A ,
DE000000098253A ,
DE000000138524A ,
DE000000166580A ,
DE000000237869A ,
DE000000269815A ,
DE000000682847A ,
DE000000682895A ,
DE000002923002A1 ,
DE000003902305C2 und
GB000191418567A beschrieben, erhält man nach dem Anpassungsvorgang als Ergebnis wieder eine in sich starre Struktur des Sattelbaums, die folglich auch die bereits beschriebenen Nachteile aufweist.
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In der ebenso langen Tradition der Sattelbaumsysteme mit dynamischer Verstellmöglichkeit, die in
AT000000004466B ,
AT000000083107B ,
DE000000052084A ,
DE000000052329A ,
DE000000059292A ,
DE000000059292A ,
DE000000117436A ,
DE000000146784A ,
DE000000477195A ,
DE000002520720A1 ,
EP000000566608B1 ,
EP000000720586B1 ,
EP000001291316A2 ,
FR000000037919E ,
GB000000842693A ,
GB000190925340A ,
US000004745734A ,
US000005343674A ,
US000005435116A und
WO002011101102A1 beschrieben werden, liegt eine Struktur zugrunde, die, neben der grundsätzlichen Möglichkeit, sich an einen individuellen Rückentragebereich anzupassen, auch mehr oder weniger in der Lage ist, sich dem in der Bewegung verformenden Rückentragebereich anzupassen. Vom Prinzip her sind es immer zwei Trachten, die vorn (am Vorderzwiesel) und hinten (am Hinterzwiesel) über flexible Verbindungselemente, z. B. Kugelgelenke, mit Verbindungsstegen oder anderen Bauteilen miteinander verbunden sind. Bei
DE000000031451A sind es drei derartige Verbindungselemente pro Seite, bei
DE000000161756A ist die Verbindung am Hinterzwiesel fest.
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Das zu tragende Gewicht wird bei diesen Systemen von den Verbindungsstegen über die Verbindungselemente auf die Trachten eingeleitet. Durch die Flexibilität der Verbindungselemente können sich die Trachten passend zum Rückentragebereich ausrichten. Die restliche Anpassung an den Rückentragebereich erfolgt häufig durch eine eigene Flexibilität der Trachten selbst. Die gewünschte gleichmäßige Belastung des Rückentragebereichs ist mit diesem Prinzip der punktuellen Einleitung der Gewichtskraft nur bedingt erreichbar, da eine Trachte die über sie eingeleitete Kraft in der Regel nicht auf alle Formen eines Rückentragebereichs gleichmäßig verteilen kann. Physikalisch betrachtet ist eine Trachte ein Biegeträger, der bei einer gleichmäßigen, flächenhaften Belastung eine ganz bestimmte Form einnimmt. Alle anderen Formen weichen von dieser idealen Verteilung mehr oder weniger ab und bewirken eine ungleichmäßige Kräfteverteilung. Dies trifft auch zu, wenn eine Trachte, wie in
DE000000002375A ,
DE000000031451A ,
DE000000073370A ,
DE000000134531A oder
GB000191110421A in sich selbst aus einer flexiblen Struktur besteht. Damit kann eine ungleichmäßige Verteilung der Traglast und das Auftreten von zusätzlichen Kräften bei der dynamischen Verformung des Rückentragebereichs nur teilweise verhindert werden. Grundsätzlich ist auch festzustellen, dass bei allen Systemen, bei denen das Reitergewicht über vier fest in einem Rechteck oder einem Trapez angeordnete Punkte geleitet wird, das Verwinden des Rückentragebereichs
54 prinzipiell nicht unterstützt wird. Eine Längenänderung des Rückentragebereichs wird ebenfalls nicht unterstützt.
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Die Nachteile eines in sich starren Sattelbaums oder auch von einzelnen Bauteilen eines Sattelbaums kann auch abgemildert werden, indem man durch Gestalts- und Materialoptimierung eine gezielte Flexibilität ermöglicht. Bei
DE000000050434A bestehen die Trachten aus einer elastischen Struktur, die sich beim Anziehen des Sattelgurts an den Rückentragebereich anlegt. Bei
DE000002737438A1 und
DE000069915136T2 wird, um die Nachgiebigkeit des elastischen Materials zu unterstützen, die vordere bzw. hintere Verbindung weggelassen.
DE000000316260A lässt die hintere Verbindung zwar nicht weg, gestaltet sie aber flexibel. Die verbleibende Verbindung ist dabei starr mit den Trachten verbunden.
DE000010306226B4 und
EP000001336589B1 dagegen beschreiben Sattelbaumstrukturen, die aus einem mehr oder weniger in sich steifen vorderen und hinteren Bereich bestehen, und dann mit elastischen Elementen in Längsrichtung verbunden sind. In
DE000000151584A wird dagegen eine Struktur beschrieben, in der die beiden Trachten über mehrere in Querrichtung über der Wirbelsäule liegende flexible Blattfedern verbunden sind. Auch bei all diesen Strukturen muss das Pferd bei Bewegung grundsätzlich Verformungsarbeit an Bauteilen verrichten. Ebenso ist eine Längenänderung nicht oder höchstens bedingt möglich.
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Grundsätzlich ist festzustellen, dass Elemente, insbesondere im Funktionsbereich der Trachten, punktuell eingeleitete Kräfte nur verteilen können, wenn sie in sich eine ausreichende Steifheit besitzen. Diese Steifheit wirkt aber gleichzeitig einer dynamischen Formanpassung entgegen. Sind solche Kräfte bei einer Formanpassung nicht oder nur unwesentlich vorhanden, so können solche Elemente zwangsläufig auch keine Kräfte in der notwendigen Qualität verteilen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass diese Elemente, die die Trachten bilden, in ihrer unbelasteten Ausgangsform häufig als ebene, dünne Platten dargestellt werden. Sie lassen sich dann relativ leicht verformen, können aber dafür nur bedingt Kräfte verteilen.
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Ein weiterer Ansatz zielt auf die Verbesserung der Eigenschaften der Polsterung zwischen Sattelbaum und Rückentragebereich. Der Idealfall wäre, wenn der gesamte Abstand zwischen Sattelbaum und Rückentragebereich für Formänderungen des Rückentragebereichs zur Verfügung stünde, und wenn das diesen Zwischenraum füllende Material zudem in der Lage wäre, sich zu verformen, ohne dass zusätzliche Kräfte einwirken müssen. Luftgefüllte Kissen können solche Eigenschaften haben.
DE000000000591A ,
DE000000151609A ,
DE000000175960A ,
DE000001685215B und
DE000004036907A1 beschreiben Systeme, die dieses Grundprinzip anwenden. Vom Gefühl des Reiters her wird das Sitzen auf einem Luftkissen als schwammig und deshalb dem Reitgefühl abträglich empfunden. Deshalb werden diese Luftkissen z. B. unterteilt, oder mit einer Füllung und sonstigen Elementen versehen, die den Sattel stabilisieren sollen. Prinzipiell besteht die Gefahr, dass ein Luftkissen undicht wird, und dies unbemerkt bleibt. Je nach Ausführung, z. B. geteilte Kissen, werden Formänderungen des Rückentragebereichs nur unvollständig unterstützt.
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In der Sattelbaumstruktur von
DE000000723068A befindet sich als zentrales Element über der Wirbelsäule eine schmale Blattfeder, die über die gesamte Länge des Sattels reicht. Durch die Struktur, die die Form des Buchstaben Y mit dem breiten Teil am Hinterzwiesel bildet, und diverse flexible Verbindungen wird bewirkt, dass der Vorderzwiesel relativ zu Hinterzwiesel und Sitzbereich um die Längsachse rotieren kann. Bei Formänderungen im Bereich des Widerristes wird dadurch das Auftreten von zusätzlichen Kräften reduziert. Die Einleitung der sonstigen Gewichtskräfte erfolgt letzten Endes aber auf die Trachtenplatten mit den bereits beschriebenen Nachteilen, die flexible Trachten haben, da sie Kräfte nur mit mangelhafter Qualität verteilen können. Eine Formänderung beim Neigen
50,
51 wird nicht unterstützt. Das gleiche Prinzip des Y-förmigen Bereichs in der Hauptachse der Sattelbaumstruktur über der Wirbelsäule, das dem Vorderzwiesel ermöglicht, um die Längsachse zu rotieren, wird auch bei
EP000002013136B1 eingesetzt. Um angepasste Sättel konfigurieren zu können, ist es um die Festlegung einer Baugruppenstruktur, ähnlich dem Deutschen Militärsattel (Armeesattel
25) und
AT000000004466B , ergänzt.
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DE 10 2004 022 048 A1 beschreibt eine Sattelbaumstruktur, die aus drei Schichten aufgebaut ist, wobei die unterste Schicht auf jeder Seite aus einer durchgehenden dünnen Trachtenplatte besteht. Die beiden darüber liegenden Schichten sind quer zur Längsrichtung in einen jeweils vorderen und hinteren Bereich geteilt. Die Position der Teilung ist in Längsrichtung versetzt. Die obere Schicht bildet den Sitzbereich. Der hintere Teil des Sitzbereichs greift mit Laschen in den vorderen Teil. Damit wird eine kugelgelenkartige Beweglichkeit ermöglicht. Die beiden Teile der mittleren Schicht stützen die obere Schicht mit einer Reihe von flexiblen Laschen, die jeweils zur Seite nach außen zeigen und nach außen gewölbt sind, auf der unteren Schicht ab. Dadurch werden die Trachtenplatten an eine Rückenform angepasst. Die gesamte Struktur ist durch die Querteilungen in den beiden oberen Schichten verformbar. Allerdings müssen dabei auch immer einzelne Bauteile, insbesondere in der unteren Schicht, verformt werden. Dadurch ist keine kräftefreie Verformung möglich. Durch die kugelgelenkartige Verbindung in der obersten Schicht ist naturgemäß auch die Verteilung der Gewichtskraft auf die unteren Schichten beeinträchtigt. Eine Längenänderung ist ebenfalls nicht möglich.
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WO002008030103A1 setzt das gleiche Prinzip des in der Mittelachse der Sattelbaumstruktur liegenden Gelenks ein, hier allerdings mit zwei Gelenken hintereinander. Die Sattelbaumstruktur besteht aus zwei Schichten. Die obere Schicht wird von einem einzigen Element, der Sitzschale, gebildet. Die untere Schicht besteht aus drei schmetterlingsartigen Teilen, die in Längsrichtung, mit den Flügeln nach außen, hintereinander angeordnet sind. Dazwischen, über der Wirbelsäule, befinden sich die zwei Gelenke mit nur vertikaler Drehachse, die die drei Teile miteinander verbinden. Durch diese Gelenke kann die gesamte Struktur um eine vertikale Achse gebogen werden. Die seitlichen Flügel des mittleren Teils greifen weit auf das vordere und das hintere Teil über und leiten dadurch Gewichtskräfte auf diese ein. Dadurch wird die Biegung um die vertikale Achse allerdings wieder erschwert. Da die Gelenke nur eine vertikale Drehachse haben, wird eine Biegung um eine horizontale, quer liegende, Achse, die beim Neigen
50,
51 auftritt, prinzipiell nicht unterstützt. Es ist zwar eine Längenänderung möglich, allerdings nicht ohne die Verformung von Einzelteilen und damit nicht ohne die Aufwendung von zusätzlichen Kräften.
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Beim in
DE000019740199B4 beschriebenen System wird zunächst jede Trachte für sich allein genommen aus einem eigenständigen, mehrschichtigen System mit durch Gelenke verbundenen Elementen aufgebaut. Eine dynamische Verformung eines Gesamtsystems ist möglich, allerdings nur in bestimmten Grenzen. Systembedingt wird insbesondere eine Verwindung des Rückentragebereichs um die Längsachse
54 nicht unterstützt, da dies eine unsymmetrische Verformung bezüglich der Hauptachsen ist. Eine Längenänderung ist ebenfalls nicht möglich. Durch die hohe Anzahl der Bauteile ist der Einsatz in der Praxis zudem problematisch.
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Beim in
EP000002660189A beschriebenen System besteht der Bereich am Vorderzwiesel aus zwei getrennten, L-förmigen Elementen mit je zwei Scharnieren. Durch die Scharniere kann sich dieser Bereich des Sattelbaums den Formen und Formänderungen im Bereich des Widerristes anpassen. Systembedingt ist damit aber die Weiterleitung bzw. Verteilung der Gewichtskräfte nur bedingt möglich.
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Zusammenfassend ist festzustellen, dass es an den bisher bekannten Sattelbäumen häufig geometrisch lokale Bereiche gibt, die in der Lage sind, bestimmte Anforderungen an einen idealen Sattelbaum zu erfüllen. Auch wenn dadurch Verbesserungen gegenüber den konventionellen Sattelbäumen erkennbar sind, die Gesamtheit der Anforderungen wird aber immer nur mit mehr oder weniger großen Abstrichen erfüllt.
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Aufgabenstellung
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Es ist Aufgabe der Erfindung, einen Sattelbaum zu erschaffen, der in der Lage ist, die durch ein Gewicht bewirkte Belastung optimal und ohne das Auftreten von zusätzlichen Kräften auf den Rückentragebereich eines Pferdes zu verteilen. Wesentlich dabei ist, dass diese optimale Verteilung nicht nur für irgendeinen statischen Zustand, sondern durchweg für jeden Bewegungszustand des Pferdes gegeben ist. D. h., dass auch in der Bewegung, neben den durch das zu tragende Gewicht hervorgerufenen Druckkräften, zu keinem Zeitpunkt zusätzliche Kräfte auftreten sollen.
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Bewegt sich ein Pferd, so ändert sich die Form seines Rückentragebereichs. Der darauf liegende Sattel muss sich dann zwangsläufig dieser sich dynamisch verändernden Form anpassen. Üblicherweise sind bei dieser Formanpassung des Sattels immer Verformungen von Polstern (im physikalischen Sinn Federn) und von Trachten und Platten aus steifem Material (im physikalischen Sinn Biege- und Torsionsbalken) beteiligt. Dafür muss das Pferd zusätzliche Kräfte und damit Arbeit aufbringen. Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, einen Sattelbaum zu schaffen, der diese dynamische Anpassung an die Formänderung des Rückentragebereichs leistet, ohne dass solche zusätzlichen Kräfte auftreten und damit zusätzliche Arbeit aufgewendet werden muss, und dabei trotzdem die optimale Druckverteilung beibehält. Praktisch bedeutet dies, dass in den einzelnen Bauteilen eines Sattels keinerlei zusätzliche Kompression, Biegung oder Torsion auftreten darf. Es ist offensichtlich, dass ein einteiliger Sattelbaum dies auf jeden Fall nicht leisten kann. Auch ein Sattelbaum, der an Stellen, wo eigentlich Kräfte oder Momente weitergeleitet oder übertragen werden müssten, dort stattdessen nachgiebige Gelenke hat, kann dies nicht.
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Ein solcher Sattelbaum muss also um eine horizontal quer liegende 51, um eine vertikale 53, und eine horizontal längs liegende Achse 54 kräftefrei verformbar sein. Weiter sollen die im Rückentragebereich auftretenden Längenänderungen ebenfalls berücksichtigt werden, sodass Reibbewegungen zwischen Sattel und Hautoberfläche minimiert werden. Zu guter Letzt ist es notwendig, dass ein solches System praxisgerecht, d. h. einfach aufgebaut und wartungsarm ist. In einem Sattel kann nicht eine beliebig hohe Anzahl von Einzelteilen verbaut werden. Das ganze System darf auch, vom Platzbedarf her, den Reiter nicht zu weit vom Pferd wegbringen. Je mehr der Sattel es erlaubt, nahe am Pferd zu sitzen, desto besser.
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Naturgemäß könnte ein solches System vom Prinzip her auch in der Lage sein, sich in gewissem Maße an verschiedene Formen von Rückentragebereichen anzupassen. Flexibilität in der Form bedingt aber immer Abstriche bei der Nähe des Reiters zum Pferd. Bei einem mit einem solchen Sattelbaum ausgestatteten Sattel müsste Polsterung nur verwendet werden, um lokale Unebenheiten des Rückentragebereichs, z. B. durch die Rippen bedingt, auszugleichen. Bei der Dimensionierung des Polsterschichtdicke ist es allerdings aus Sicherheitsgründen angebracht, nicht an die untere Grenze zu gehen, sondern eine ausreichende Zugabe als Sicherheit vorzusehen.
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Ausführungsbeispiel
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, dass die Trachten quer zur Längsrichtung 20 in mehrere Segmente, sogenannte Trachtensegmente 1, aufgeteilt werden (4). Es ist mindestens eine Aufteilung in zwei, bevorzugt aber drei bis sechs, Segmente vorgesehen. Diese Aufteilung der Trachten muss nicht unbedingt im genau rechten Winkel zur Längsrichtung und auf einer geraden Linie erfolgen, sie muss aber komplett durch die Trachte hindurchgehen. Ein solches einzelnes, schalenförmiges Trachtensegment 1 bildet dann jeweils mit dem entsprechenden Trachtensegment 1' auf der gegenüber liegenden Seite der Wirbelsäule ein zur Längsrichtung symmetrisches Trachtensegmentpaar.
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Die Trachtensegmente sind an den jeweiligen Bereich des Rückentragebereichs, den sie abdecken, angepasst, und haben deshalb eine leicht gewölbte Form. Sie sind in sich steif oder nur sehr wenig nachgiebig und idealerweise möglichst dünnschalig. Die Struktur, die die Gesamtheit der Trachtensegmente auf jeder Seite bilden, folgt in etwa der Struktur des Brustkorbs mit seinen Rippen, wobei ein Trachtensegment in der Regel mehrere Rippen überdeckt.
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Die Trachtensegmente haben zueinander einen geringfügigen Abstand oder sie überlappen sich geringfügig. Dadurch können die Trachtensegmente einer Verkürzung oder Verlängerung des Rückentragebereichs folgen. Bei einem Abstand muss dieser mindestens so groß sein, dass bei einer maximalen Verkürzung des Rückentragebereichs die Kanten der Trachtensegmente nicht aneinander stoßen. Unterhalb dieser Lücke kann eine folienartige Gleitfläche platziert werden 13 (7). Umgekehrt muss bei einer Überdeckung diese mindestens so groß sein, dass sie bei maximaler Dehnung bzw. Verlängerung des Rückentragebereichs erhalten bleibt.
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Über den Trachtensegmenten befindet sich eine Struktur, die die Aufgabe hat, das Gewicht des Reiters auf die Trachtensegmente zu verteilen. Diese Struktur besteht aus gelenkig gelagerten Brücken, die zum einen mit den Trachtensegmenten, und zum anderen untereinander verbunden sind. Die Brücken kann man als eine Art Waagebalken betrachten. Sie sind so gestaltet und in der Struktur angeordnet, dass sie jeweils an den Enden gelenkige Kontaktstellen nach unten, und etwa in der Mitte eine gelenkige Kontaktstelle nach oben haben. Für ihre durch die Gelenke ermöglichte Beweglichkeit benötigen sie ausreichend Raum. Im Folgenden wird diese Struktur im Detail beschrieben.
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Die beiden Teile eines Trachtensegmentpaares werden über eine quer über die Längsachse bzw. Wirbelsäule reichende Brücke, Trachtensegmentbrücke 2 genannt, miteinander verbunden. Die Trachtensegmentbrücke kann fest 5 oder gelenkig 2 mit den beiden Trachtensegmenten verbunden sein. Ein Trachtensegmentpaar und die zugehörige Trachtensegmentbrücke bilden zusammen ein Sattelbaumsegment 3. Wird nun in die Mitte der Trachtensegmentbrücke bzw. des Sattelbaumsegments, direkt über der Wirbelsäule, eine Gewichtskraft eingeleitet, so verteilt sich diese auf die beiden Trachtensegmente links und rechts der Wirbelsäule.
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Dass eine Trachtensegmentbrücke mit ihren zugehörigen Trachtensegmenten ein einziges Teil 5 bildet, bietet sich besonders im hinteren Bereich des Rückentragebereichs, dessen Form hauptsächlich durch die Rippenpaare beeinflusst wird, an. Für den Fall, dass die Trachtensegmentbrücke mit den zugehörigen Trachtensegmenten gelenkig verbunden ist, liegt das Gelenk etwa in der Mitte 14 (6), also nahe dem oder im Flächenschwerpunkt, der Trachtensegmente. Die Trachtensegmentbrücken sind immer so gestaltet, dass sie ausreichend Abstand zur Wirbelsäule haben und diesen auch bei Belastung gewährleisten. Alle Trachtensegmentbrücken zusammen bilden die sogenannte Wirbelsäulenfreiheit bzw. den Wirbelsäulenkanal.
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Hier soll ausdrücklich hervorgehoben werden, dass das Sattelbaumsegment 3 bzw. Trachtensegment 1 und dessen Beweglichkeit zu seinen unmittelbar benachbarten Segmenten der zentrale Bestandteil der Erfindung ist. Diese Beweglichkeit bezüglich des Winkels und des Abstands muss immer so ausreichend gewährleistet sein, dass die den Rückentragebereich berührenden Flächen der Trachtensegmente 1 den Bewegungen des Bereichs, den sie bedecken, ausreichend folgen können. Praktisch bedeutet dies auch, dass benachbarte Kanten der Trachtensegmente in allen Verformungszuständen des Rückens keinen zu großen Höhenversatz aufweisen dürfen. Dies ist insbesondere beim Einsatz von einstückigen Sattelbaumsegmenten zu beachten. Dadurch ist auch ihre Länge in Längsrichtung beschränkt.
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Die einzelnen Sattelbaumsegmente 3 sind wiederum untereinander gelenkig durch Brücken, deren Wirklinien in Längsrichtung über der Wirbelsäule liegen, verbunden. Sie werden im folgenden Längsbrücken genannt 4 (4). Im einfachsten Fall sind zwei direkt hintereinander liegende Sattelbaumsegmente mit einer Längsbrücke 4 verbunden, und zwar indem die Brücke mit ihren Enden jeweils in der Mitte der Trachtensegmentbrücke aufliegt. Die von oben kommende Gewichtskraft wird etwa in der Mitte der Längsbrücke 15 eingeleitet (5), und verteilt sich dann auf die beiden Gelenkstellen 16 nach unten.
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In der obersten Schicht eines Sattels liegt der Sitzbereich. Bei den in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen besteht dieser aus einer Sitzschale 41 mit zwei Gelenkstellen, sodass er gleichzeitig als Längsbrücke mit zwei gelenkigen Kontaktstellen nach unten dienen kann, und zwar als oberste, abschließende Längsbrücke der Sattelbaumstruktur. Diese beiden Gelenke der obersten Längsbrücke bzw. Sitzschale sind in den Zeichnungen jeweils mit zwei Kreisen 15 gekennzeichnet (5). Der Sitzbereich bzw. die Sitzschale, die in den Zeichnungen als strichlierte Linie angedeutet sind, können durchaus mit anderen Bauteilen des Sattels Kontakt haben, z. B. um ein seitliches Abkippen zu verhindern, die wesentlichen, durch das Reitergewicht hervorgerufenen, Gewichtskräfte werden aber über die beiden durch Kreise markierten Kontaktstellen 15 gelenkig in die Sattelbaumstruktur nach unten geleitet.
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Es werden nun auf die Trachtensegmentbrücken so viele Schichten von Längsbrücken in geeigneter Weise aufeinander geschichtet, bis die zwei Kontaktstellen 15 für die oberste Längsbrücke übrig bleiben. Im einfachsten Fall werden immer zwei direkt hintereinander liegende Brücken durch eine darüber liegende Brücke verbunden. Dabei werden die Brücken so gestaltet und platziert, dass die gewünschte Verteilung der Gewichtskräfte unter Beibehaltung der notwendigen gelenkigen Beweglichkeit erreicht wird. Dabei kann möglicherweise auch eine ungleichmäßige Belastung gewünscht sein.
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Die Brücken in der Sattelbaumstruktur arbeiten ähnlich dem bei konventionellen Autoscheibenwischern bekannten Prinzip, bei dem die auf die Mitte des Scheibenwischers aufgebrachte Kraft gleichmäßig auf die Gummilippe verteilt wird. An den in der Mitte beweglich gelagerten Waagebalken bewirken die an den Enden des Balkens angreifenden Kräfte solange eine Rotationsbewegung, bis der Balken in Ruhe, d. h. im Gleichgewicht ist. Ein solches Waagebalkensystem kann auch bei dem Dekorations- bzw. Kunstobjekt Mobile beobachtet werden, wobei in unserem System die Wirklinien der Brücken bzw. Waagebalken oberhalb der Schicht der Sattelbaumsegmente aber alle auf der Symmetrielinie, direkt über der Wirbelsäule des Pferdes, verlaufen.
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Durch die Aufteilung der Trachten in Trachtensegmente und die auf ihnen aufgebaute Struktur von gelenkig verbundenen Trachtensegment- und Längsbrücken wird erreicht, dass eine einmal gegebene Verteilung der Gewichtskraft auf den Rückentragebereich auch beibehalten wird, wenn dieser seine Form ändert. Durch die spezielle Gestaltung und die daraus resultierenden Eigenschaften der Struktur werden alle Arten von Formänderungen vollständig unterstützt. Eine Verformung von Polstern und einzelnen Bauteilen, die im Zusammenhang mit der Verteilung des Reitergewichts stehen, tritt nicht auf. Dadurch entstehen auch nirgends höhere Druckkräfte.
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Die Gelenkverbindungen in der Struktur werden so gewählt, dass sie mindestens die notwendigen Freiheitsgrade erfüllen. Überflüssige Freiheitsgrade sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Im Prinzip können konventionelle Gelenke aus dem mechanischen Bereich eingesetzt werden. Zur Vereinfachung ist aber auch vorgesehen, die Gelenkverbindungen durch Aufeinanderfügen entsprechender Formbereiche zu bilden. Dabei sind rotatorische und translatorische Freiheitsgrade und Kombinationen von diesen notwendig. Ein Kugelgelenk wird durch zwei Segmente von Kugelflächen gebildet 34 (10), wobei eine Seite des Gelenks aus einer Mulde mit der Kugelinnenfläche besteht. Ein reines Drehgelenk kann durch einen Zylinderstummel in einer runden Mulde mit ebenem Boden 33 (11) erstellt werden. Den gleichen Freiheitsgrad, aber mit anderer Bewegungsachse, erhält man mit einem Zylinder, der längs in einer an den Enden geschlossenen Rinne 35 (12) liegt. Ist die Rinne an den Enden offen, so erhält man ein Drehschubgelenk 36 (13). Wird die zylindrische Form zu einem Torus gebogen, der dann dem Abschnitt einer runden Scheibe mit vollständig gerundeten Kanten entspricht, so wird dieses Gelenk noch um eine Drehachse erweitert 37 (14). Wird der Torus zu den Enden hin verjüngt 38 (15), oder gar durch eine Kugel ersetzt, so erhält man ein Kugelschubgelenk. Der Funktionsbereich von auf solche Art realisierten Gelenken ist naturgemäß beschränkt, für die Einsatzzwecke in der Sattelbaumstruktur aber geeignet und ausreichend.
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Um die Anzahl der Bauteile zu reduzieren und die Struktur zu vereinfachen, können mehrere Elemente zu einem einzigen Teil zusammengefasst werden. Ein einteiliges Sattelbaumsegment 5 kann noch um die entsprechende Längsbrücke 6 erweitert werden. Eine Trachtensegmentbrücke kann auch allein mit der zugehörigen Längsbrücke zu einem einzigen Teil kombiniert werden 7. Unter Beibehaltung der Funktion bzw. der funktionalen Kontaktbereiche kann ein solches Teil u. a. dann die Form eines großen T7, Y8, V oder W9 einnehmen. Ein solches aus Zusammenfassung entstandenes Teil kann auch als oberstes Element der Sattelbaumstruktur fungieren und auch in die Sitzschale 10 integriert sein (8). In einem solchen Fall hat das oberste Element der Sattelbaumstruktur dann drei gelenkige Kontaktstellen.
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Weitere Zusammenfassungen bzw. Vereinfachungen sind selbstverständlich möglich. Hauptgesichtspunkt dabei ist immer, dass die funktionale Eigenschaft der Gesamtstruktur des Sattelbaums nicht oder nicht in einem unzulässigen Maße beeinträchtigt wird. Das bedeutet insbesondere, dass die Beweglichkeit der Trachtensegmente nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden darf. Werden Elemente zusammengefasst, so sind an den verbliebenen Kontaktstellen in der Regel mehr Freiheitsgrade notwendig. In der Sattelbaumstruktur in 4 sind nur Rotationsgelenke notwendig. Die Gelenkstellen der Struktur in 6 dagegen benötigen teilweise noch Translationsfreiheitsgrade. In der Regel ist die Zuordnung dieser zusätzlich notwendigen Freiheitsgrade zu einem bestimmten Gelenk nicht zwingend.
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Beim Aufbau der Sattelbaumstruktur können die Brücken auch direkte Nachbarn überspringen 11 (7). Außerdem kann eine Brücke auch zwischen verschiedenen Schichten Verbindungen herstellen. Eine solche schichtübergreifende Verbindung kann insbesondere dann notwendig sein, wenn eine ungerade Zahl von Trachtensegmenten gegeben ist (8). Die Gestaltung einer Brücke selbst unterliegt nur der Beschränkung, dass sie die funktionalen Kontaktbereiche für die gelenkigen Verbindungen bereitstellen muss. Ansonsten muss sie diese Kontaktbereiche nicht auf dem kürzesten Weg überbrücken, sondern kann andere Wege nehmen, um beispielsweise anderen Bauteilen der Sattelbaumstruktur Platz zu machen.
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Die Trachtensegmente bzw. die Sattelbaumsegmente können innerhalb einer Sattelbaumstruktur unterschiedlich große Bereiche abdecken, auch in Längsrichtung 12 (8). Dies kann man vom Verformungsgrad des zugehörigen Rückentragebereichs abhängig machen. Weiter hinten im Rückentragebereich ist die Verformung möglicherweise geringer bzw. unkritischer, deshalb können die Sattelbaumsegmente dort einen längeren Bereich abdecken. Dabei ist aber, insbesondere bei einstückigen Sattelbaumsegmenten 5, zu gewährleisten, dass die Torsion bzw. Verwindung 54 des Rückentragebereichs ausreichend unterstützt wird.
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Bei einer Erweiterung des Prinzips der mittigen Längsbrücken können zwei in Längsrichtung hintereinander liegende Trachtensegmente direkt mit einer Brücke verbunden werden, wobei aber eine der Gelenkstellen zu den Trachtensegmenten einen translatorischen Freiheitsgrad in Längsrichtung haben muss. Zur Vereinfachung kann eines der Segmente einen fingerartigen Ausleger 31 (9) haben, dessen Ende mit einem Drehschubgelenk auf der Flächenmitte des Nachbarn aufliegt. Die gelenkigen Kontaktstellen der Querbrücke 32 befinden dann etwa im Bereich des Übergangs zwischen den Trachtensegmenten.
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Als Werkstoff für die Elemente der Sattelbaumstruktur bieten sich mit Kohle- oder Glasfaser verstärkte Kunststoffe (CFK, GFK) an, da diese einen dünnen Aufbau der Struktur ermöglichen. Dies ist insbesondere für den Fall von sich überdeckenden Trachtensegmenten günstig. Im Bereich der Überdeckung können die Ränder rampen- oder stufenartig gestaltet werden, sodass keine Höhenunterschiede entstehen. Es sind aber auch andere Werkstoffe denkbar, insbesondere als Ergänzung, z. B. für die gelenkigen Kontaktbereiche. Dort können in die Bauteile Einsätze aus speziell reibungsarmem Material, z. B. auch Spezialkunststoff, integriert werden, um Reibung und Verschleiß zu minimieren.
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Damit die Verkürzung bzw. Verlängerung der Trachten während der Bewegung des Pferdes nicht zu einer Faltenbildung von Haut oder Stoff führt, ist unterhalb der Sattelbaumsegmente eine von vorn bis hinten durchgehende Schicht aus einem flexiblen, dehnbaren Material, z. B. Webpelz, vorgesehen. Diese wird in entsprechend gedehntem Zustand montiert, sodass bei maximaler Verkürzung einer Trachte, z. B. beim Schwenken 52, die Dehnung gerade aufgehoben wird. Die bereits beschriebenen folienartigen Gleitflächen 13 können mit in diese Dehnschicht integriert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Trachtensegment (1' benachbartes Trachtensegment)
- 2
- Trachtensegmentbrücke
- 3
- Sattelbaumsegment (ein- oder mehrteilig)
- 4
- Längsbrücke
- 5
- Sattelbaumsegment aus einem Stück
- 6
- Sattelbaumsegment und Längsbrücke aus einem Stück
- 7
- Trachtensegment- und Längsbrücke aus einem Stück, T-Form
- 8
- Trachtensegment- und Längsbrücke aus einem Stück, Y-Form
- 9
- Trachtensegment- und Längsbrücke aus einem Stück, W-Form
- 10
- Trachtensegment- und Längsbrücke aus einem Stück, in die Sitzschale integriert mit drei gelenkigen Kontaktbereichen
- 11
- Trachtensegment- und Längsbrücke aus einem Stück, segmentübergreifend
- 12
- Trachten-, bzw. Sattelbaumsegmente unterschiedlicher Länge
- 13
- folienartige Streifen unterhalb der Lücke zwischen zwei Trachtensegmenten
- 14
- gelenkig ausgeführter Kontaktbereich auf einem Trachtensegment, der mittig auf diesem bzw. in oder nahe seinem Flächenschwerpunkt platziert ist
- 15
- die, in der Regel zwei, gelenkigen Kontaktstellen der obersten, abschließenden Schicht der Sattelbaumstruktur, mit einem Kreis (O) gekennzeichnet (In den Ausführungsbeispielen ist die oberste Schicht in der Regel in die durch die strichlierte Linie 41 angedeutete Sitzschale integriert, und deshalb nicht extra dargestellt.)
- 16
- gelenkige Kontaktstellen in der Sattelbaumstruktur unterhalb der Kontaktstellen der obersten Schicht, mit einem schrägen Kreuz (X) gekennzeichnet
- 17
- geringe Überlappung von Trachtensegmenten
- 20
- Bewegungsrichtung des Pferdes bzw. in Richtung des Kopfes zeigende Längsachse des Pferdes
- 31
- Trachtensegment mit einem Finger in Richtung des benachbarten Trachtensegments
- 32
- Kontaktstelle der Trachtensegmentbrücke
- 33
- Schnitt durch ein reines Rotationsgelenk mit Rotationsachse lotrecht zum Rückentragebereich
- 34
- Ansicht und Schnitte durch ein Kugelgelenk
- 35
- Schnitte durch ein reines Rotationsgelenk mit Rotationsachse längs zum Rückentragebereich
- 36
- Schnitte durch ein kombiniertes Rotations- und Translationsgelenk mit Achse längs zum Rückentragebereich
- 37
- Schnitte durch ein kombiniertes Rotations- und Translationsgelenk mit Achsen längs und quer zum Rückentragebereich
- 38
- Schnitte durch ein kombiniertes Kugel- und Translationsgelenk mit Achse längs zum Rückentragebereich
- 41
- Andeutung der Kontur des Sitzbereichs bzw. der Sitzschale, die das in sie integrierte oberste Längsbrückenelement der Sattelbaumstruktur enthält
- 50
- Neigen
- 51
- Verformung des Pferderückens beim Neigen des Kopfes
- 52
- Schwenken
- 53
- Verformungen und Längenänderungen des Pferderückens beim Bewegen auf einem Bogen bzw. Schwenken
- 54
- Verwinden
- 55
- Rückentragebereich
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Liste der Ansichten
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1 Pferd in Seitenansicht mit Neigungsbewegung und Verformung des Rückens 51
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2 Pferd in Draufsicht mit Schwenkbewegung und Verformung bzw. Biegung des Rückentragebereichs 55
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3 Pferd in Draufsicht mit Verwinden bzw. Torsion 54 des Rückens und des Rückentragebereichs
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4 Trachtensegmentsattelbaum mit vier Trachtensegmenten und mit einer Brückenstruktur ohne Zusammenfassung
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5 Optimierung der Sattelbaumstruktur durch Zusammenfassung von Elementen: Trachtensegmente mit Trachtensegmentbrücke 5, Trachtensegmente mit Trachtensegmentbrücke und Längsbrücke 6
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6 Geringfügige Überlappung der Trachtensegmente 17 und Optimierung der Sattelbaumstruktur durch Zusammenfassung von Elementen: Trachtensegmentbrücke und Längsbrücke 7, 8
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7 Unterlegen der Lücken zwischen Trachtensegmenten mit dünnen Platten bzw. Folien 13 und nachbarschaftsübergreifende Brücken 11
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8 In die Sitzschale integriertes oberstes Längsbrückenelement 10 mit integrierter Trachtensegmentbrücke und deshalb drei gelenkigen Kontaktstellen, und Trachtensegmente mit unterschiedlicher Länge 12 (verdeckte Kanten strichliert)
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9 Direkte Verbindung von in Längsrichtung benachbarten Trachtensegmenten mittels eines Fingers mit Drehschubgelenk 31
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10 Schnitte durch ein Kugelgelenk: eine Halbkugel ruht in einer gewölbten Mulde
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11 Schnitte durch ein Drehgelenk mit einer Drehachse senkrecht zum Rückentragebereich
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12 Schnitte durch ein Drehgelenk mit einer Drehachse parallel zum Rückentragebereich
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13 Schnitte durch ein Drehschubgelenk: ein halber Zylinder ruht in einer an den Enden offenen Rinne mit zylindrischem Grund
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14 Schnitte durch ein Drehschubgelenk mit zwei Drehachsen
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15 Schnitte durch ein Kugelschubgelenk
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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