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Die
Erfindung betrifft einen Reitsattel mit beweglichen Trachten, der
in der Lage ist, sich unter Vermeidung von Druckstellen jedem Pferderücken anzupassen.
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Reitsättel jeder
Art dienen dazu, einerseits dem Reiter Halt und einen bequemen Sitz
zu gewähren,
andererseits auch dem Reittier, beispielsweise einem Pferd, das
Tragen des Reitergewichts zu erleichtern, indem das Gewicht auf
eine größere Auflagefläche verteilt
wird, als dies ohne Sattel der Fall wäre. Beides setzt jedoch voraus,
daß der
Sattel sowohl dem Reiter als auch dem Pferd möglichst gut paßt.
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Paßt der Sattel
dem Pferd nicht genau, können
Druckstellen entstehen, durch die zunächst die Haut, in schwereren
Fällen
auch die Rückenmuskulatur
geschädigt
wird. Dies kann nur durch Sättel
vermieden werden, deren Trachten bzw. Polster der Form des Pferderückens genau
entsprechen und die somit den Druck des Reitergewichtes gleichmäßig verteilen.
Als ideal ist ein flexibles Trachtensystem anzusehen, das gleichzeitig
den Bewegungen der Rückenmuskulatur
im Gange folgen kann.
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Traditionell
werden Reitsättel
durch Probieren so ausgewählt,
daß die
Form der Sattelunterseite zur Form des Pferderückens paßt. Idealerweise wird für jedes
Pferd eine Maßanfertigung
gemacht. Durch erfahrene Sattler können auf diese Weise Druckstellen
vermieden werden. Es kommen Sättel
von der Stange zum Einsatz, was zunächst Kosten spart. Nachteile
dieses Verfahrens sind, daß es
sich auch bei genauer Anpassung um einen unflexiblen Sattel handelt.
Außerdem
wird für
jedes Pferd ein eigener Sattel benötigt. Verändert sich durch Wachstum oder Muskelaufbau
die Anatomie des Pferdes, ist der Sattel entsprechend zu ändern oder
zu ersetzen, was dann mit erheblichen Kosten verbunden ist.
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Um
die aufwendige individuelle Anpassung zu vermeiden und um der Anforderung
der konstanten Druckverteilung besser gerecht zu werden, wurden
Systeme entwickelt, welche die Tatsache ausnutzen, daß in Gasen
und Flüssigkeiten
stets überall konstanter
Druck herrscht. Erfindungen wie in
EP 0 764 607 A1 und
DE 40 36 907 A1 beschrieben
nutzen dies aus, indem die auf dem Rücken aufliegenden Polsterkissen
mit Gasen, Flüssigkeiten
oder gelartigen Substanzen gefüllt
werden. Vorteile der Methode sind, daß ohne großen mechanischen oder fertigungstechnischen
Aufwand eine annähernd
gleichmäßige Druckverteilung
erreicht wird. Der Sattel kann begrenzt den Bewegungen der Rückenmuskulatur
folgen. Es gibt allerdings Einschränkungen: Die Form des Sattelbaums
(bzw. die obere Kontaktfläche der
Rissen) muß im
groben bereits der Form des Pferderückens entsprechen. Größere Fehlanpassungen
können
durch dieses Prinzip nicht ausgeglichen werden. Da die Variationen
der Rückenform
in der Pferdewelt sehr groß sind,
kann diese Methode lediglich als Verbesserung der traditionellen
Methoden angesehen werden.
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Andere
Ansätze,
beschrieben in
US 4745734
A und WO 92/12094 A1,
US 3835621 A ,
DE 39 02 305 A1 oder
DE 44 14 789 A1 , verwenden
aus einem flexiblen Material bestehende Trachten, die in zwei oder
mehr Befestigungspunkten zumindest teilweise beweglich gelagert
sind. Der Grundgedanke hierbei ist, daß sich biegsame Materialien
automatisch der Form des Pferderückens
angleichen, sobald der Sattel gegurtet ist und belastet wird. Hiermit
soll erreicht werden, daß die
Paßform
für jedes
Pferd gegeben ist und somit Druckstellen vorgebeugt wird. Außerdem sollen
die flexiblen Trachten den Bewegungen des Pferderückens folgen
können.
Eine gleichmäßige Druckverteilung
bei variabler Form des Pferderückens
kann jedoch mit diesem Prinzip ebenfalls nicht erreicht werden.
Der Grund dafür
ist physikalisch darin zu sehen, daß ein Biegeträger, der
auf einer Fläche
aufliegt, sich in seiner Biegesteifigkeitsverteilung nur für eine Kontur
der Unterstützungsfläche so berechnen
läßt, daß der Druck
auf die Unterstützungsfläche überall konstant
ist. Bei bestimmten Rückenformen
funktioniert das System daher recht gut, bei anderen hingegen entstehen
trotzdem Druckstellen. Eine gewisses Mitgehen mit den Rückenbewegungen
des Pferdes ist wegen der Flexibilität der Trachten möglich.
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Es
ist daher Aufgabe der Erfindung, einen Reitsattel mit einem Trachtensystem
zu schaffen, das sich prinzipiell jeder Rückenform selbsttätig anpaßt, dabei
den Druck auf dem Pferderücken überall annähernd konstant
und somit weit unterhalb der physiologisch bedenklichen Grenzen
hält und
in der Lage ist, mit den Bewegungen des Pferderückens mitzugehen.
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Erfindungsgemäß wird diese
Aufgabe durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst.
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Die
vorliegende Erfindung stellt einen Reitsattel dar, dessen besonderer
Vorzug es ist, auf jedem Pferd verwendet werden zu können, ohne
durch Fehlanpassungen Druckstellen zu erzeugen. Solche Systeme werden
für Reiter,
deren Pferde sich noch im Wachstum befinden oder professionelle
Ausbilder, die ständig
mehrere und wechselnde Pferde im Training haben, besonders interessant
sein.
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Vorteilhafte
Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Ein
Ausführungsbeispiel
der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und wird im folgenden näher beschrieben.
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Es
zeigen
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1 eine
mögliche
Bauform der Trachten in der Draufsicht.
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2 die
Verbindung der Elemente zweier Schichten
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3 eine
schematische Darstellung der Montage der Trachten am Sattelbaum
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Gemäß 1 weisen
die Trachten 7; 8 jeweils vier Schichten auf.
Die Elemente der Schicht 1 bestehen aus kreisförmigen Platten,
während
die Elemente der Schichten 2 und 3 aus dreieckigen Platten
bestehen. Alle Elemente haben eine konstante Dicke von mehreren
Millimetern und sind aus einem Material mit ausreichender Stabilität, z. B.
Sperrholz, Kunststoff oder Metall gefertigt. Jeweils zwei Elemente
der Schicht 3 sind dann in der Schicht 4 durch
jeweils ein stabförmiges
Element verbunden. Die Elemente der vierten Schicht 4 weisen
Montagepunkte 5 auf, über
die das Trachtensystem mit dem Sattelbaum 6 am Reitsattel montiert
ist.
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2 veranschaulicht
die Lagerung und Befestigung der Elemente einer Schicht an der nächsthöheren. Bei
dieser Lagerung werden alle 3 Freiheitsgrade, in x-y-Richtung (in
Zeichnungsebene) und z-Richtung (senkrecht zur Zeichenebene) benötigt und
das Lager daher als Kugelgelenk 9 ausgeführt.
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Der
Abstand zwischen den einzelnen Schichten beträgt einige Millimeter und ist
jeweils so zu bemessen, daß die
Form der Unterstützungsfläche von
den Elementen der untersten Schicht in jedem Fall angenommen werden
kann, ohne daß durch
sie die Bauteile der nächsthöheren Schicht
berührt
werden.
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Für die Elemente
der Schicht 4 wird ein Flach- oder Rundprofil z. B. aus
Stahl verwendet, in dessen Mitte sich jeweils die Montagepunkte 5 zur Befestigung
am Sattelbaum 6 befinden (3). In den
Montagepunkten 5 werden die Freiheitsgrade in y- und z-Richtung
benötigt.
Dies kann beispielsweise durch ein drehbar gelagertes Flachscharnier
realisiert werden.
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Der
beschriebene Aufbau gewährleistet
eine homogene Druckverteilung jeweils innerhalb einer Hälfte einer
Trachte, sowohl in der vorderen als auch in der hinteren. Sind die
in den zwei Montagepunkten eingeleiteten Kräfte gleich groß, entsteht
auf der gesamten Fläche
der Trachte eine homogene Druckverteilung.
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Grundgedanke
der Funktion der Trachtenkonstruktion ist der, daß an gleich
langen Hebelarmen stets gleich große Kräfte wirken müssen, damit der
beweglich gelagerte Hebelarm in Ruhe bleibt. Sind beispielsweise
die an den Endpunkten der Elemente der Schicht 4 eingeleiteten
Kräfte
in z-Richtung nicht gleich groß,
so drehen sich die Elemente der Schicht 4 um die y-Achse
des Montagepunktes 5 so weit, bis die Summe aller Drehmomente
um diese Achse wieder gleich Null ist.
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Der
Scheibenwischer eines Autos ist ein Beispiel, für das dieser Zusammenhang ausgenutzt wird,
da der Druck auf die Gummilippe überall
annähernd
gleich sein soll. Das gleiche Prinzip gilt, auf den dreidimensionalen
Raum übertragen,
für die Dreiecke
der Schichten 2 und 3, deren Lagerung zur Befestigung
an der nächsthöheren Ebene
im Schwerpunkt der von den drei äußeren Montagepunkten
aufgespannten Fläche
erfolgt. Eine im Flächenschwerpunkt
eines Dreiecks eingeleitete Kraft verzweigt sich derart, daß der Druck
in den drei Unterstützungspunkten
gleich groß ist,
wenn diese sich in den Eckpunkten des Dreiecks befinden.
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Ist
der Druck auf die Unterstützungsfläche jeweils
innerhalb der vorderen und hinteren Hälfte einer Trachte (7; 8) überall gleich
groß,
behält
das System die aktuelle Form bei, ist die Druckverteilung inhomogen, ändert sich
die Form insoweit, daß diese Grundanforderung
wieder erfüllt
ist. Das System ist selbstanpassend, da jede praktisch vorkommende Rückenform
beim Auflegen des Sattels automatisch angenommen wird, wenn nur
die Abstände
der einzelnen Schichten, welche die zulässige Krümmung der Unterstützungsfläche begrenzen,
groß genug sind.
Ist dies nicht gewährleistet,
wird die Kräfteverteilung
im System nachteilig verändert.
Aus dem gleichen Grunde dürfen
die Trachten 7; 8, von den Montagepunkten 9 abgesehen,
den Sattelbaum nicht berühren.
Sie passen sich den Bewegungen des Pferderückens an und sind in der Lage,
auch bei ständiger
Formveränderung
den Belastungsdruck (jeweils innerhalb der Teilhälften) örtlich konstant zu halten.
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Die
Anzahl der Schichten des Gesamtsystems hängt davon ab, wie viele Elemente
für die
unterste Schicht als Druckaufnehmer vorgesehen werden. Es ist beispielsweise
denkbar, auf die in 1 dargestellte unterste Schicht 1 zu
verzichten und die Dreiecke der Schicht 2 so zu vergrößern, daß sie die gesamte
Grundfläche
abdecken. Einerseits kann auf diese Weise eine Schicht und damit
an Bauhöhe
gespart werden, was aus sattelbaulichen Gründen wünschenswert wäre, da der
Reiter möglichst
nahe am Pferd sitzen sollte. Auf der anderen Seite kann das System
die Kontur der Unterstützungsfläche nicht mehr
so fein nachbilden, da die Grundelemente größer sind. Je nach Anwendungsgebiet
muß hier
ein geeigneter Kompromiß gefunden
werden.
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Um
die Elemente der untersten Schicht 1 in ihrer Position
zu halten und ein Verrutschen zu vermeiden, wird diese Schicht 1 insgesamt
mit einem nachgiebigen Material, z. B. dünnes Leder, ummantelt. Dieser
Mantel ist für
die eigentliche Funktion des Trachtensystems jedoch ohne Belang.
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Der
Reiter kann im beschriebenen Sattel mit allen ihm zur Verfügung stehenden
Sitzhilfen einwirken. Bei einer Gewichtsverlagerung des Reiters
nach links wird die linke Trachte vermehrt belastet, nach rechts
die rechte. Neigt sich der Reiter nach vorn, werden die vorderen
Teilhälften
der Trachten einen erhöhten
Druck übertragen,
die hinteren Teilhälften einen
geringeren. Neigt sich der Reiter nach hinten, ist es umgekehrt.
Partieller Satteldruck kann dabei in jedem Fall vermieden werden.
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Durch
geeignete Wahl der Geometrien der einzelnen Bauteile können prinzipiell
auch andere Druckverteilungen als die homogene realisiert werden.
Beispielsweise kann es bei empfindlichen Pferden sinnvoll sein,
den Druck am vorderen oder hinteren Rand der Trachten abzuschwächen, um
eine Kerbwirkung der Kanten zu vermeiden. Dies kann z. B. geschehen,
indem die äußeren Kreiselemente durch
ellipsenförmig
in x-Richtung gestreckte ersetzt werden und ein "Arm" des
darüberliegenden
Dreiecks ebenfalls so gestreckt wird, daß er das ellipsenförmige Teil
in dessen Mittelpunkt belastet. Durch den verlängerten Hebelarm wird die wirkende
Kraft reduziert, als zusätzlicher
Effekt wird die wirkende Kraft auf eine größere Fläche verteilt. Beides führt zur
Abschwächung
des Drucks im Randbereich.
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Die
bisherigen Ausführungen
haben ein System beschrieben, dessen Bauteile aus mechanisch starren
Materialien bestehen. In weiteren Ausführungsformen der Erfindung
können
die Trachten durch den Einsatz von elastischen Werkstoffen zusätzlich mit
einer stoßdämpfenden
Wirkung versehen werden, ohne daß die oben beschriebenen Funktionen
beeinträchtigt
werden. Auf diese Weise werden der Rücken des Pferdes und des Reiters
geschont. Beispielsweise können
die Elemente der Schicht 4 und/oder die Elemente der Schicht 3 aus
Federstahl gefertigt werden.
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- 1,
2, 3, 4
- Schichten
des Trachtensystems
- 5
- Montagepunkt
- 6
- Sattelbaum
- 7
- rechte
Trachte
- 8
- linke
Trachte
- 9
- Kugelgelenk