Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffes. Den Gegenstand der Erfindung bildet ein Verfahren zur Herstellung eines Kunst stoffes, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass man Harnstoff und Formaldehyd und Kasein und Formaldehyd in Mischung in der Wärme kondensiert bis zur Bildung eines Gemisches durch Erhitzung härtbarer Kon densationsprodukte, und dass man diese Kon densationsprodukte durch Einwirkung von Hitze in den unlöslichen und unschmelzbaren Zustand überführt. Die Kondensation kann mit oder ohne An\iendung von Kondensa tionsmitteln vorgenommen werden.
Versucht man einen Eiweissstoff, ins besondere Kasein, in eine konzentrierte Lö sung überzuführen, beispielsweise durch Ver rühren von einem Gewichtsteil Kasein mit zwei Gewichtsteilen 10%iger Natronlauge; so erhält man einen zähen Teil. Behandelt man diesen zähen Teig mit Formaldehyd so koaguliert er augenblicklich zu einer schwer weiter verarbeitbaren Masse.
Es wurde nun die überraschende Beobach- tung gemacht, dass der zähe Teig durch die Zugabe von Harnstoff verflüssigt wird; 'er geht sofort nach dem Einrühren dieses Stoffes in eine wasserdünne Flüssigkeit über. Das so hergestellte Sol hat unerwarteter weise die technisch überaus wertvolle Eigen schaft, beim Zusammentreffen mit Formal dehyd in der Hitze nicht zu koagulieren. sondern durch Kondensation mit dem Al dehyd ein Mischkolloid zu bilden.
Dieses Mischkolloid, welches überaus leicht entsteht, kann technisch in mannig facher Weise nutzbar gemacht werden. Ins besondere eignet es sich einerseits für die Herstellung von Pressmassen, welche durch scheinende bis weisse lichtbeständige, über aus hochwertige Presslinge liefern, anderseits für die Erzeugung von plastischen Nassen im engeren Sinne (geformte Kunststoffe, zum Beispiel Platten oder Stäbe). Bei Durchführung des Verfahrens kann man das Kasein dem Reaktionsansatz zugleich mit den andern Ausgangsstoffen zusetzen oder während der Kondensation der Amidkom- ponente mit dem Formaldehyd in das Re aktionsgemisch eintragen.
Unerlässliche Be dingung für die Erzielung des angegebenen Effektes ist, dass das Kasein noch mit dem Formaldehyd zur Einwirkung gelangt und auf diese Weise ein Mischkolloid ge bildet werden kann.
Das Kondensationsprodukt wird zweck mässig getrocknet und vermahlen. Es stellt dann ein weisses Pulver dar, das unter der vereinten oder getrennten Einwirkung von Hitze und Druck zu vollkommen lichtbestän digen, durchscheinenden bis weissen Press- körpern aller Art verpresst werden kann.
Solche Presslinge können als Ersatz von Milchglas, Porzellan usw., auf dem Gebiete der Galanterie- und Schmuckwaren und auf ähnlichen Gebieten, sowie als elektrotech nisches Isolationsmaterial in der weitest gehenden Weise Anwendung finden, ohne dass durch diese Aufzählung die vielseitige Verwendungsmöglichkeit erschöpft wäre.
Die viskositätsvermindernde Wirkung des Harnstoffes auf Kasein ist auch bei der Er zeugung des Kondensationsproduktes in Form von Platten oder Stäben von Vorteil.
Die Herstellung der bekannten Kunst stoffe aus Eiweissstoffen, insbesondere Ka sein, geht in der Weise vor sich, dass aus dem verwendeten Eiweissstoff ein Teig ge bildet wird, welcher zu Platten oder Stäben vorgeformt, hierauf der Einwirkung von Formaldehyd unterworfen und schliesslich getrocknet wird. So gewonnene Kunststoffe besitzen eine Reihe von Fehlern, unter denen die Schwierigkeit der Erzeugung dickerer Stücke, die Wasserempfindlichkeit, die schlechte Wärmebeständigkeit, die geringen elektrischen Festigkeiten vor allem störend sind.
Diese Nachteile können gemäss dem Ver fahren der Erfindung vermieden werden, in dem man zum Beispiel Harnstoff, Kasein und eine trockene, Formaldehyd abgebende Substanz (wie Trioxymethylen) vermischt und unter Anwendung von Druck und Hitze, mit oder ohne Zugabe eines Kontaktmittels, zur wechselseitigen Einwirkung bringt. Hieran wird zweckmässig ein Trockenprozess angeschlossen.
<I>Ausführungsbeispiele:</I> 1. 100 Gewichtsteile Kasein werden mit etwa 120 Gewichtsteilen Wasser verrührt, wobei ein körniger Brei entsteht. Hierauf setzt man 80 Gewichtsteile Harnstoff zu. Dieser Harnstoffanteil hat zunächst nur den Zweck, die Masse zu verflüssigen, indem der körnige Kaseinbrei in eine fast wasserdünne Lösung übergeht, sowie der Harnstoff gelöst ist. Infolge der leichten Löslichkeit des Harnstoffes erfolgt die Verflüssigung schon in der Kälte. Sie kann durch gelindes Er wärmen unterstützt werden.
Die so hergestellte Kasein-Harnstofflösung wird nun in eine kochende Lösung von 80 Gewichtsteilen Harnstoff und 200 Ge wichtsteilen Formaldehyd eingetragen und so lange erhitzt, bis. .sich ein härtbares Misch kolloid gebildet hat.
Zur weiteren Verarbeitung des Reaktions produktes können zwei verschiedene Wege eingeschlagen werden. Man setzt entweder die Erwärmung so lange fort, bis sich beim Erkalten ein hydrophobes Kondensations produkt ausscheidet, was durch geeignete Einstellung der Wa.sserstoffionenkonzentra- tion befördert werden kann. Das so gewon nene harzige Mischkolloid wird hernach als solches durch Trocknen und Mahlen in ein Presspulver übergeführt, und zwar vorzugs weise unter Zumischung von geeigneten Fa serstoffen.
In anderer Weise kommt man zu einem solchen Presspulver, indem man das harzige Mischkolloid in Lösung belässt und mit dieser Lösung Faserstoffe tränkt, um sie hernach zu trocknen und zu vermahlen. In beiden Fällen ergibt sich ein Presspulver, das durch Anwendung von Hitze und allenfalls von Druck in den unlöslichen und unschmelz- baren Zustand übergeführt wird. Es lässt sich beispielsweise in der Heisspresse zu Press- gegenständen der mannigfaltigsten Art ver formen.
Das Verhältnis des Kaseins zum Harn stoff einerseits und zum Formaldehyd ander seits kann in mannigfaltiger Weise verändert werden. n 2. Zur Herstellung des Kondensations produktes als Formling, zum Beispiel von Platten oder Stäben, wird Harnstoff gemein sam mit Kasein und Paraformaldehyd innig verknetet, wobei die Mengenverhältnisse in weiten Grenzen schwanken können. Die so hergestellte Masse wird alsdann, zum Bei spiel in der Heisspresse, zu Platten oder Stä ben verformt. Durch die Einwirkung von Hitze und Druck in der Heisspresse erfolgt die Kondensation des Reaktionsgemisches und die Überführung in den unlöslichen und unschmelzbaren Endzustand. Nach der Form gebung wird die Ware getrocknet und kann nun vielartig verwendet werden.
An Stelle von Paraformaldehyd können auch andere formaldehydabspaltende Substanzen Verwen dung finden.
Sowohl die eingangs erwähnten Presspul- ver, sowie auch die vorstehend beschriebenen Formlinge können durch mechanische Ein verleibung von Füll- und Zusatzstoffen aller Art in ihrem Aussehen und ihren Eigen schaften verschiedenartig beeinflusst werden. So können diese Produkte beispielsweise dank ihrer absoluten Lichtbeständigkeit mit or ganischen und anorganischen Farbstoffen in allen Farbtönen gefärbt werden.
Sowohl die aus den Presspulvern hergestellten Presslinge, als auch die plastischen Massen besitzen an sich schon sehr hohe mechanische Festig- keiten. Werden ihnen ausserdem noch faserige Stoffe organischer oder anorganischer Na tur in verarbeiteter oder unverarbeiteter Form - also in Form von Papier, Geweben, Fasern, Flocken 'und dergleichen - mecha nisch einverleibt, so erhält man technische Werkstoffe mit guten mechanischen Festig keiten.