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Verfahren zur Herstellung geformter Kunstmassen Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zur Herstellung geformter Kunstmassen aus cellulosehaltigen Abfällen.
Sie gestattet, wertlose Stoffe, wie Sägemehl, Stroh, Bagasse, auf billige und einfache
Weise in wertvolle Werkstoffe umzuwandeln und zu Kunststoffen zu gelangen, welche
ihrer Eigenschaften wegen besonders für elektrische Isolationszwecke oder für andere
Zwecke überall da Anwendung finden können, wo ein hartes und urschmelzbares Material
verlangt wird.
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Es ist bekannt, daß alle Holzarten harzige und gummiartige Stoffe
enthalten, welche sich mit wäßrigen Alkalilösungen extrahieren lassen, und es ist
bereits hiervon Gebrauch gemacht worden, indem man Holzmehl oder Sägespäne mit alkalischen
Lösungen kochte und dann die Flüssigkeit von der Cellulosemasse abpreßte. Man konnte
dann aus den abgepreßten Lösungen durch Behandlung mit verdünnten Säuren harzige
und gummiartige Stoffe gewinnen. Diese wurden in organischen Lösungsmitteln warm
gelöst oder suspendiert und die warmen Lösungen bzw. Suspensionen wieder mit dem
abgepreßten Holzmehl oder den Sägespänen vermischt und dabei rasch abgekühlt. Dabei
scheiden sich die harzartigen Stoffe an den Holzfasern wiederum ab, und man kann
die Lösungsmittel und das Wasser von der Fasermasse trennen, die dann als Preßmasse
geeignet ist.
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Dieses Verfahren hat insofern verschiedene Nachteile, als es organische
Lösungsmittel, die kostspielig und- meist brennbar sind, als Hilfsmittel voraussetzt,
außerdem ein Erwärmen und deshalb Verluste an diesen Lösungsmitteln erforderlich
macht und schließlich zu einer Verdünnung oder zu einer Mischung von Lösungsmitteln
und Wasser führt.
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Es ist ferner bereits vorgeschlagen worden, ceIluloseartige Stoffe
alkalisch zu behandeln und die alkalischen Verbindungen durch einen Waschprozeß
zu entfernen. Das so vorbereitete Material soll dann mit Kalk zusammen zu einer
gießbaren oder knetbaren Masse vermengt, geformt und schließlich getrocknet werden.
Bei diesem Verfahren gehen die als Bindemittel besonders wertvollen Bestandteile
durch den Waschprozeß verloren.
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Das neue Verfahren besteht darin, daß aas der durch alkalische Behandlung
des zerkleinerten Cellulosernaterials entstehenden Reaktionsmasse harzartige Stoffe
dadurch ausgefällt und auf der Cellulosesubstanz niedergeschlagen werden, daß die
Masse neutralisiert und dann weiter angesäuert wird. Schließlich werden die löslichen
Begleitstoffe,
nicht aber die als Bindemittel besonders wichtigen
harzartigen Körper entfernt, und-das Produkt wird dann gemeinsam mit basischen Verbindungen
zu einem harte:, unlöslichen Produkt verpreßt. Dieser Zusatz soll der Gasentwicklung
während des Formprozesses vorbeugen, so daß ein dichtes homogenes und widerstandsfähiges
Material entsteht.
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Durch die Behandlung mit Alkalien, wie Natronlauge, werden die harzartigen
Bindestoffe gelöst und die Cellulosefasern freigelegt. Wenn dieser Prozeß auch in
fast der gleichen Weise verläuft wie bei der Zellstofffabrikation, so unterscheidet
er sich davon insofern, als dort eine möglichst große Ausbeute an Zellstoff erstrebt
wird, hier dagegen die Arbeitsweise darauf gerichtet ist, möglichst viel von den
Substanzen zu erhalten, die in formbare Stoffe umzuwandeln sind. Größere Alkalimengen
und höhere Temperaturen als die in der Zellstoffabrikation üblichen werden deshalb
bevorzugt. Außer in der weitergehenden Umwandlung - der Begleitstoffe äußern sich
die abweichenden Bedingungen auch in einer teilweisen Umwandlung der Cellulose,
wodurch eine größere Plastizität des fertigen Produktes erzielt wird.
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Säuert man dann die alkalische Masse an, so werden auf dem Cellulosematerial,
um dieses herum und in inniger Mischung damit die harzartigen und die anderen Verbindungen
niedergeschlagen, die als Bindemittel im fertigen Produkt dienen. Die wasserlöslichen
Bestandteile, darunter auch die gebildeten Alkalisalze, werden ausgewaschen -und
die gereinigte Masse bei mäßiger Temperatur an der Luft getrocknet. Diese Masse
besteht dann aus Cellulosefasern und hochmolekularen organischen Verbindungen, die
hauptsächlich sauren Charakter besitzen.
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Würde man das Material in diesem Zustande hoher Temperatur und hohem
Druck aussetzen, so würde es sich unter Gasentwicklung teilweise zersetzen und nicht
in einwandfreier Weise und in kurzer Zeit zu brauchbaren Produkten führen.
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Gibt man hingegen basische Bestandteile vor dem Preßprozeß hinzu,
z. B. Calcium-, Strontium-, Barium-, Magnesium- oder Zinkhydroxyd, ferner Ammoniumhydroxyd
oder Ammoniakderivate, wie Hexamethylentetramin, so entsteht eine preßbare Masse,
die beim Formprozeß unter einer Temperatur von 150
bis 175' keine Gase entwickelt
und nach 5 bis io Minuten fest genug ist, um in noch heißem Zustande aus der Form
entfernt zu werden, ohne sich zu verziehen.
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Die Menge des basischen Zusatzes hängt von der Art des Zusatzes, des
Rohmaterials und von der vorangegangenen Behandlung ah. Gute Resultate sind mit
Zusatz von 5 bis 40 %
Calciumhydroxyd erzielt, aber auch darüber hinaus können
die Mengen gesteigert und Vorteile erreicht werden.
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Die Preßmassen können in verschiedenste Form gebracht und .durch Zugabe
von Farbstoffen oder Pigmenten in den gewünschten Farben hergestellt werden. Sie
können auch mit Füllstoffen oder Verstärkungen gemeinsam verpreßt werden, und ferner
können sie beispielsweise mit Phenolformaldehydharzen oder anderen Hunstharzen gemischt
werden, die durch Druck und Hitze hart und unschmelzbar werden.
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Als Beispiel sei die Herstellung solcher Formkörper aus Sägemehl oder
Bagasse beschrieben, obwohl in der gleichen Weise Stroh oder ein anderes Cellulosematerial
behandelt werden kann. 27o kg Sägemehl (oder Bagasse), 9o kg Natriumhydroxyd und
38o 1 Wasser werden beispielsweise in einem stählernen Autoklaven 3 bis 4 Stunden
bei etwa i i Atrn. mit Dampf behandelt, worauf die Masse aus dem Autoklaven entfernt
wird. Durch Zusatz von Schwefelsäure (etwa 16o kg Schwefelsäure in i2oo 1 Wasser)
werden aus den während. des Kochprozesses gebildeten Harzverbindungen die Harze
auf der Zellstoffsubstanz niedergeschlagen. Das Ganze wird dann abfiltriert und
so lange ausgewaschen, bis das Filtrat neutral reagiert und frei von Sulfaten ist.
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Das so vorbereitete Produkt wird an der Luft getrocknet und nach Zusatz
einer basischen Verbindung in einer geeigneten Apparatur, z. B. einer Kugelmühle,
kräftig durcheinander gemischt. Es können z. B. bei Sägemehl eine Menge von etwa
30 °/o gelöschter Kalk (bei der Verarbeitung von Bagasse vorteilhafterweise weniger,
z. B. etwa io °/o) angewandt -werden. Die Mischung wird dann in die Form gebracht
und unter Druck und Hitze gepreßt. Der Druck beträgt etwa Zoo Atm. und die Temperatur
etwa 15o bis 16o°. Unter diesen Bedingungen werden gewisse Bestandteile der Mischung
plastisch, das Material beginnt zu fließen und fügt sich der Form genau an. Gleichzeitig
findet eine chemische Umwandlung statt, so daß nach kurzer Zeit, gewöhnlich nach
ein paar Minuten, die Masse hart und unschmelzbar wird. Der Preßkörper kann ohne
Schaden aus der Form genommen werden, solange er noch heiß ist.
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Die so erhaltenen Preßkörper sind hart und fest, besitzen eine große
Isolationsfähigkeit und ein glattes Aussehen. Durch die Luftfeuchtigkeit werden
sie wenig oder gar nicht angegriffen. Die Beständigkeit gegen Feuchtigkeit kann
aber noch erhöht werden, wenn
man die Preßstücke mehrere Stunden
auf etwa 1500 erhitzt, oder auch, wenn man vor dem Pressen sehr fein mahlt, schließlich
auch dadurch, daß geringe Zusätze an Harzen hinzugefügt werden. Wünscht man das
Füllen besonders gearteter Formen durch geringere Korngröße des Pulvers zu erleichtern,
so kann man es in Form von Tabletten bringen oder in sonstiger Weise warm oder kalt
vorgeformt anwenden.