-
Verfahren zur Herstellung plastischer massen aus Eiweißstoffen Bei
der Behandlung von Eiweißstoffen, wie Casein, Blut, Darmschleim u. dgl., mit Formaldehyd
besteht ein wesentlicher LTbelstand darin, daß dem Formaldehydzusatz schnell eine
Grenze gesetzt ist, weil die Eiweißstoffe bei dieser Behandlung aus der Lösung ausfallen.
Bringt man andererseits einen Caseinkuchen in ein Formalinbad, so muß die Behandlung
sehr lange Zeit fortgesetzt werden, damit der Formaldehyd die ganze Masse durchdringt
und so ein gleichmäßig durchgehärtetes Produkt erhalten wird.
-
Es hat sich nun gezeigt, daß die angefÜhrten Übelstände sich vermeiden
lassen, wenn man den Eiweißstoff, z. B. Casein, zunächst in Alkali, z. B. Natronlauge
oder Ammoniak, löst und dann die Lösung bei Gegenwart solcher Mengen von Ammoniak
mit Formaldehyd oder diesen abspaltenden Stoffen behandelt, daß durch den Aldehydzusatz
keine Fällung bewirkt wird. Man erlangt so die Möglichkeit, beliebig große Formaldehydmengen
hinzuzusetzen und in ganz kurzer Zeit durch Erhitzen oder Zusatz von Fällungsmitteln
fertig durchbehandelte Produkte zu gewinnen. Die so herstellbaren Produkte zeichnen
sich durch vorzügliche mechanische, chemische und elektrische Eigenschaften aus
und stehen in ihren Eigenschaften. den in der oben angedeuteten Weise durch langdauernde
Formaldehydbehandlung von Caseinkuchen erhaltenen Massen in keiner Weise nach. Vor
diesen besitzen sie noch den besonderen Vorzug, daß man auf dem angegebenen Wege
Platten, Stäbe und sonstige Formstücke beliebiger Dicke herstellen kann, was bei
dem bekannten Verfahren deswegen nicht möglich ist, weil bei zu großer Dicke der
Caseinkuchen der Formaldehyd diese nicht vollkommen durchdringen kann und dann das
Produkt nicht vollkommen durchgehärtet ist.
-
Man hat zwar bereits vorgeschlagen, auf in Ammoniak gelöstes Casein
Formaldehyd im Gemisch mit Salzsäure einwirken zu lassen. Dabei tritt aber infolge
der Neutralisierung des Ammoniaks durch die Salzsäure eine sofortige Ausfällung
des Caseins ein; der Formaldehyd wirkt daher im wesentlichen nicht auf das gelöste,
sondern auf das wieder ausgefällte Casein, und die Härtung ist sehr unvollkommen,
wie an der Löslichkeit des erhaltenen Produktes ohne weiteres zu erkennen ist.
-
Ganz besonders wertvolle Produkte lassen sich erhalten, wenn man dem
Casein vor oder bei der Behandlung mit dem Aldehyd noch Phenol oder dessen Homologe,
wie Kresole, hinzusetzt. Die so erhaltenen. Massen sind vor der Härtung in Spiritus
löslich. Vor den ohne Mitverwendung von Casein aus Phenolen und Aldehyden herstellbaren
Kunstharzen besitzen die nach dem vorliegenden Verfahren herstellbaren den Vorteil,
daß die gehärteten Produkte sich im Gegensatz zu den gehärteten Kunstharzen durch
Drehen und Fräsen bearbeiten lassen, ganz wie die
ohne Phenolzusätze
in der bekannten Weise aus Casein hergestellten Kunsthornmassen. Vor diesen aber
und auch vor den nach dem vorliegenden Verfahren ohne Zusatz von Phenolen o. dgl.
hergestellten Produkten besitzen die mit solchem Zusatz gewonnenen den Vorteil besondrer
Formbeständigkeit und sind daher für elektrotechnische Zwecke besonders geeignet.
Je nach der Menge des Phenolzusatzes und der Menge des gegebenenfalls benutzten
Spirituszusatzes kann man auf diese Weise weichere oder härtere Produkte erhalten.
-
Sowohl beim Arbeiten ohne wie beim Arbeiten mit einem Zusatz von Phenolen
kann man der Mischung auch Naturharze, Terpentinöl, Holz- oder Leinöl bzw. deren
Firnisse oder Kohlenwasserstoffe sowie Gemische dieser Stoffe zusetzen. Die Massen
können auch in Verbindung mit Faserstoffen, insbesondere Papier und Gewebe, zu Platten,
Rohren und Formstücken verarbeitet werden. Ferner kann man Füllstoffe organischer
oder anorganischer Herkunft, wie Kaolin, Holzmehl u. dgl., sowie auch Farbstoffe
zusetzen.
-
Gießt man die mit Aldehyd und Ammoniak versetzte Eiweißmasse bzw.
-lösung in entsprechende Formen und nimmt in diesen die Ausscheidung der plastischen
Masse durch Erhitzen oder Ausfällung vor, so kann man unmittelbar Formstücke beliebiger
Art und Größe, wie Stäbe, Röhren, Platten o. dgl., herstellen. Man kann aber auch
in der Weise verfahren, daß man zunächst die mit oder ohne Füllstoffe durch Erhitzen
oder Fällung hergestellten festen Massen zerkleinert und alsdann verpreßt.
-
Zwecks Gewinnung formbeständiger Massen kann man die unter Zusatz
von Phenolen zunächst erhaltenen Produkte in einem zweiten Prozeß in Formen beliebiger
Art und Größe gießen und in diesen so lange, gegebenenfalls unter Druck, erhitzen,
bis eine praktisch unschmelzbare Masse der gewünschten Form und Größe entstanden
ist, wie z. B. Stäbe, Röhren, Platten u. dgl.
-
Als Aldehyd kommen für das vorliegende Verfahren in erster Linie Formaldehyd
und diesen abspaltende Stoffe, so auch Hexamethylentetramin, in Betracht. Aber auch
andere Aldehyde, wie Acetaldehyd, und andere Aldehyd abspaltende Körper können Verwendung
finden. Als Phenole kommen außer dem Phenol selbst dessen höhere Homologe, insbesondere
Kresole, Yylenole u. dgl., einzeln oder in Mischung in Betracht. Ausführungsbeispiele
i. ioog Casein werden mit Spiritus durchfeuchtet, mit 5oo ccm Wasser gemischt und
in Alkali, wie Natronlauge oder Ammoniak, gelöst. Der Lösung werden 5o g Paraformaldehyd,
das mit Wasser unter Zusatz von 5o ccm Ammoniak angerührt ist, allmählich zugegeben.
Bei Beginn des Zusatzes verdickt sich die Masse zunächst in der bei dem bekannten
Verfahren üblichen Weise; beim weiteren Zusatz des ammoniakalischen Aldehyds aber
verschwindet diese Verdickun#g wieder. Nach beendigter Zugabe wird das Ganze erwärmt
und eingedickt, in die Form von Stäben oder Platten gegossen und getrocknet.
-
Statt die Ausscheidung durch Erhitzen vorzunehmen, kann man die gebildete
Lösung auch mit einer Säure, wie z. B. Salzsäure, fällen. Man erhält dann ein flockiges
Produkt, das getrocknet und gemahlen werden kann, worauf man es als Heißpreßmasse
zu Formstücken beliebiger Art verarbeiten kann.
-
Der Lösung können vor der Ausfällung bzw. Erhitzung auch noch besonders
härtende und gegen Wasser unempfindliche Stoffe zugesetzt werden, wie Naturharze,
Terpentinöl, Holzöl, Leinöl u. dgl. Durch diese Zusätze wird eine Verdickung bewirkt
und der Trocknungsprozeß beschleunigt.
-
ioo g Casein werden in der bei Beispiel i angegebenen Weise mit Spiritus
durchfeuchtet, mit 500 ccm Wasser versetzt und in Allkali gelöst. Nach eingetretener
Lösung setzt man 5o g Kresol hinzu, fällt mit einer Säure und befreit das Fällungsprodukt
möglichst vom Wasser. Zu der ausgepreßten Masse gibt man weitere Sog Kresol, iog
Natriumhydroxyd in Wasser gelöst und 5o g Spiritus. Ist die Masse gelöst, so setzt
man 20 ccm Ammoniak und 40 g Paraformaldehyd hinzu, erwärmt bis zur Klärung und
füllt die Lösung in Formen, in denen die Masse dann zum Erhärten gebracht wird.
Die Trocknung erfolgt bei mäßiger Wärme.
-
Die durch den Kresolzusatz bedingte Löslichkeit der Caseinmasse in
Spiritus ist deshalb noch von besonderer Bedeutung, weil es so gelingt, durch Zwischenfällung
des mit dem Kresol o. d_gl. versetzten Caseins vor der Zugabe des Aldehyds und Wiederauflösen
der Masse in Spiritus das Wasser vollkommen zu entfernen, dessen Austreibung sonst
viel schwerer möglich ist.
-
3. Man verfährt zunächst wie in Beispiel e und fügt der vor der Behandlung
mit dem Aldehyd mit Säuren gefällten Caseinmasse 250g Kresol, 200g Spiritus
und io g Natriumhydroxyd zu, bringt die Masse unter Erwärmen in Lösung, fügt, falls
die Masse dann noch trübe ist, weiter Spiritus bis zur Klärung zu und versetzt die
Lösung alsdann mit 20 ccm Ammoniak und i oo g Paraformaldehyd. Man erwärmt dann
bis zum Eintritt der Reaktion und zur Harzbildung, füllt in Formen, und zwar je
nach der angewandten
Temperatur in offene Formen oder unter Druck
und läßt die Masse in diesen Formen härten.
-
ioo g Casein werden mit 5o ccm Wasser und i o g Natriumhydroxyd in
Lösung gebracht. Nach erfolgter Lösung setzt man 200g Kresol hinzu, verdunstet das
Wasser nach Möglichkeit, fügt Spiritus bis zur Klärung hinzu und hierauf
20g Ammoniak und log Paraformaldehyd. Die Weiterbehandlung erfolgt dann wie
bei Beispie13, wobei die Erhitzung der Masse in den Formen zwecks Erhärtung je nach
dem Grade der Erwärmung oder der Arbeitsdauer mit oder ohne Anwendung von Druck
vorgenommen werden kann.
-
5. i oo g Blut werden mit 5 g Natronlauge versetzt und dazu 5 g Paraformaldehyd
mit 2o ccm Wasser und io ccm Ammoniak gegeben. Dann wird mit Säure, wie z. B. Salzsäure,
gefällt. Das Füllungsprodukt wird getrocknet und gepreßt.
-
6. ioo g Blut werden mit 5 g Natronlauge versetzt, und es werden dann
i o g Kresol hinzugefügt. Hierauf erfolgt die Behandlung mit Paraformaldehyd und
Ammoniak sowie die Ausfällung mit Säure und die Weiterbehandlung, wie bei Beispiel
i angegeben. Die so hergestellten Massen sind in Spiritus löslich und können daher
auch in Form ihrer spirituosen Lösungen Anwendung finden.
-
Die Herstellung der plastischen Massen aus Darmschleim erfolgt in
ganz der gleichen Weise wie diejenige aus Blut.