Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffes. Den Gegenstand der Erfindung bildet ein Verfahren zur Herstellung eines Kunst stoffes, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass man Thioharnstoff und Formaldehyd und Kasein und Formaldehyd in Mischung in der Wärme kondensiert bis zur Bildung eines Gemisches durch Erhitzen härtbarer Kondensationsprodukte, und dass man diese Kondensationsprodukte durch Einwirkung von Hitze in den unlöslichen und unschmelz- baren Zustand überführt. Die Kondensation kann mit oder ohne Anwendung von Kon densationsmitteln vorgenommen werden.
Versucht man, einen Eiweissstoff, ins besondere Kasein, in eine konzentrierte Lö sung überzuführen, beispielsweise durch Ver rühren von einem Gewichtsteil Kasein mit zwei Gewichtsteilen 14 % iger Natronlauge, so erhält man einen zähen Teig. Behandelt man diesen zähen Teig mit Formaldehyd, so koaguliert er augenblicklich zu einer schwer weiter verarbeitbaren Masse.
Es wurde nun die überraschende Beobach- tung gemacht, dass der zähe Teig durch die Zu gabe von Thioharnstoff verflüssigt wird; er geht sofort nach dem Einrühren dieses Stof fes in eine wasserdünne Flüssigkeit über Das so hergestellte Sol hat unerwarteteres eise die technisch überaus wertvolle Eigenschaft, beim Zusammentreffen mit Formaldehyd in der Hitze nicht zu koagulieren, sondern durch Kondensation mit dem Aldehyd ein Xiisch- kolloid zu bilden.
Dieses Mischkolloid, welches überaus leicht entsteht, kann technisch in mannig facher Weise nutzbar gemacht werden. Insbesondere eignet es sich einerseits für die Herstellung -von Pressmassen, welche durch scheinende bis weisse, lichtbeständige, über aus hochwertige Presslinge liefern, anderseits für die Erzeugung von plastischen Massen im engeren Sinn (geformte Kunststoffe, zum Beispiel Platten oder Stäbe). Bei Durchfüh rung des Verfahrens kann man das Kasein dem Reaktionsansatz zugleich mit den an dern Ausgangsstoffen zusetzen oder während der Kondensation der Amidkomponente mit dem Formaldehyd in das Reaktionsgemisch eintragen.
Unerlässliche Bedingung für die Erzielung des angegebenen Effektes ist, dass das Kasein nöeh mit dem Formaldehyd zur Einwirkung gelangt und auf diese Weise ein Mischkolloid gebildet werden kann.
Das Kondensationsprodukt wird zweck mässig getrocknet und vermahlen. Es stellt dann ein weisses Pulver dar, das unter der vereinten oder getrennten Einwirkung von Hitze und Druck zu vollkommen lichtbestän digen, durchscheinenden bis weissen Press- körpern aller Art verpresst werden kann.
Solche Presslinge können als Ersatz von Milchglas, Porzellan usw., auf dem Gebiete der Galanterie- und Schmuckwaren und auf ähnlichen Gebieten, sowie als elektrotech nisches Isolationsmaterial in der weitest gehenden Weise Anwendung finden, ohne dass durch diese Aufzählung die vielseitige Verwendungsmöglichkeit erschöpft wäre, Die viskositätsvermindernde Wirkung des Thioharnstoffes auf Kasein ist auch bei der Erzeugung des Kondensationsproduktes in Form von Platten oder Stäben von Vorteil.
Die Herstellung der bekannten Kunst stoffe aus Eiweissstoffen, insbesondere Ka sein, geht in-der Weise vor sich, dass aus dem verwendeten Eiweissstoff ein Teig ge bildet wird, welcher zu Platten oder Stäben vorgeformt, hierauf der Einwirkung von Formaldehyd unjte(rworfen und schliesslich getrocknet wird. So gewonnene Kunststoffe besitzen eine Reihe von Fehlern, unter denen die Schwierigkeit der Erzeugung dickerer Stücke, die Wasserempfindlichkeit, die schlechte Wärmebeständigkeit, die geringen elektrischen Festigkeiten vor allem störend sind.
Diese Nachteile können gemäss dem Verfahren der Erfindung vermieden werden, indem man zum Beispiel Thioharnstoff und eine trockene, Formaldehyd abgebende Sub stanz (wie Trioxymethylen) vermischt und unter Anwendung von Druck und Hitze, mit oder ohne Zugabe eines Kontaktmittels, zur wechselseitigen Einwirkung bringt. Hieran wird zweckmässig ein Trockenprozess ange schlossen.
<I>Aus f</I> ülarZCiegs <I>Beispiele</I> 1. 100 Gewichtsteile Kasein werden mit etwa 120 Gewichtsteilen Wasser verrührt, wobei ein körniger Brei entsteht. Hierauf setzt man<B>100</B> Gewichtsteile Thioharnstoff zu und erwärmt die Mischung gelinde. Dieser Thioharnstoffanteil hat zunächst nur den Zweck, die Masse zu verflüssigen, indem der körnige Kaseinbrei in eine fast wasserdünne Lösung übergeht, sowie der Thioharnstoff gelöst ist.
Die so hergestellte Kasein-Thioharnstoff- lösung wird nun in eine kochende Lösung von 100 Gewichtsteilen Thioharnstoff und 20,0 Gewichtsteilen Formaldehyd eingetragen und so lange erhitzt, bis sich ein härtbares Mischkolloid gebildet hat.
Zur weiteren Verarbeitung des Reaktions produktes können zwei verschiedene Wege eingeschlagen werden. Man setzt entweder die Erwärmung so lange fort, bis sich beim Erkalten ein hydrophobes Kondensations produkt .ausscheidet, was durch geeignete Einstellung der Wasserstoffionenkonzentra- tion befördert werden kann. Das so gewonnene harzige Mischkolloid wird hernach als solches durch Trocknen und Mahlen in ein Press- pulver übergeführt, und zwar vorzugsweise unter Zumischung von geeigneten Faser stoffen.
In anderer Weise kommt man zu einem solchen Press'pulver, indem man das harzige Mischkolloid in Lösung belässt und mit dieser Lösung Faserstoffe tränkt, um sie hernach zu trocknen und zu vermahlen. In beiden Fällen ergibt sich ein Presspulver, das durch Anwendung von Hitze und allen falls von Druck in den unlöslichen und un- schmelzbaren Zustand übergeführt wird. Es lässt sich beispielsweise in der Heisspresse zu Pressgegenständen der mannigfaltigsten Art verformen.
Das Verhältnis des Kaseins zum Thio- harnstoff einerseits und zum Formaldehyd anderseits kann in mannigfaltiger Weise verändert werden. 2. Zur Herstellung des Kondensations produktes als Formling, zum Beispiel von Platten oder Stäben, wird Thioharnstoff gemeinsam mit Kasein und Paraformal- dehyd innig verknetet, wobei die Mengen verhältnisse in weiten Grenzen schwanken können. Die so hergestellte Masse wird als dann, zum Beispiel in der Heisspresse, zu Platten oder Stäben verformt.
Durch die Einwirkung von Hitze und Druck in der Heisspresse erfolgt die Kondensation des Reaktionsgemisches und die Überführung in den unlöslichen und unschmelzbaren End zustand. Nach der Formgebung wird die Ware getrocknet und kann nun vielartig ver wendet werden. An Stelle von Paraform- aldehyd können auch andere Formaldehyd abspaltende Substanzen verwendet werden.
Sowohl die eingangs erwähnten Press- -pulver, sowie auch die vorstehend beschrie benen Formlinge können durch mechanische Einverleibung von Füll- und 7usatzstoffen aller Art in ihrem Aussehen und ihren Eigen schaften verschiedenartig beeinflusst werden. So können diese Produkte beispielsweise dank ihrer absoluten Lichtbeständigkeit mit organischen und anorganischen Farbstoffen in allen. Farbtönen gefärbt werden.
So wohl die aus den Presspulvern hergestellten Presslinge, als auch die plastischen Massen besitzen an sich schon sehr hohe mechanische Festigkeiten. Werden ihnen ausserdem noch faserige Stoffe anorganischer oder organi scher Natur in verarbeiteter oder unver arbeiteter Form. - also in Form von Papier, Geweben, Fasern, Flocken und dergleichen mechanisch einverleibt, so erhält man tech nische Werkstoffe mit guten mechanischen Festigkeiten.