Verfahren zur Herstellung eines Zelluloseesters. Bei der Herstellung der Acetylzellulose wird meistens so verfahren, dass die Acety- lierung in ,Gegenwart eines sauren Kataly- sators, welcher die Zellulosesubstanz mehr oder weniger hydrolysiert, durchgeführt wird.
Dieses Verfahren hat den Nachteil, zu End produkten zu führen, in welchen der Zellu- losekompleg stets mehr oder weniger abge baut ist, was von schädigendem Einfluss auf die Qualität der daraus hergestellten Form- linge, z. B. Gespinste, ist. Ferner verläuft die Acetylierung in Gegenwart von sauren Katalysatoren derart, dass es nicht möglich ist, vor der Triacetylierung einheitliche Zwi schenstufen zu isolieren.
Die Acetylierung der Zellulose ohne An wendung von sauren Katalysatoren, z. B. die Acetylierung von Alkalizellulose oder der Zellulose in Gegenwart von tertiären Basen mit Essigsäureanhydrid, führt dagegen zu Acetylierungsprodukten, welche gegenüber denjenigen; welche mit Hilfe von sauren. Katalysatoren hergestellt worden' sind,- den Nachteil haben, unlöslich in den Solventien zu sein, welche zum Beispiel beim Verspin nen nötig sind.
Es wurde nun gefunden, dass es gelingt, einen Zelluloseester herzustellen, welcher die Vorteile der Löslichkeit der auf rein saurem Wege hergestellten Produkte mit der Festig keit und den sonstigen guten Eigenschaften der mit Hilfe von basischen Mitteln herge stellten Produkte in sich vereinigt, wenn man zunächst Zellulose als solche oder durch Vorbehandeln mit basischen Mitteln in reak tionsfähigen Zustand übergeführt - also in Abwesenheit von sauren Katalysatoren mit Essigsäureanhydrid mehr oder weniger weitgehend voracetyliert und hierauf durch Behandlung mit Ameisensäure in Gegenwart von sauren Katalysatoren in löslichen Zu stand überführt.
- Es hat sich nämlich überraschenderweise gezeigt, dass bei der partiellen Acetylierung mit Hilfe von basischen Stoffen nicht eine oberflächliche, sondern bereits eine homogen durchgreifende Veresterung stattgefunden hat (wovon man sich anhand von gefärbten Quer schnitten überzeugen kann).
<I>Beispiel 1:</I> 100 gr Zellulose in Form von Baum wolle, Baumwollinters oder dergleichen wer den durch Einlegen in einen. Überschuss 25 %iger Kalilauge während 1 Stunde bei Zimmertemperatur gequollen, herausgenom men, abgeschleudert und das Alkali auf dem Zellulosematerial durch Zugabe der berech neten Menge Essigsäure neutralisiert. Dabei soll das entstandene Salz aus der Faser nicht ausgewaschen werden.
Hierauf wird das Zellulosematerial, nachdem es bei etwa 70 bis 90 0 getrocknet wurde, in etwa 1000 Teile Essigsäureanhydrid eingelegt und wäh rend 2 Stunden bei 100 0 acetyliert. Das Acetylieren kann auch mit einer Lösung von Essigsäureanhydrid in einem indifferenten Lösungsmittel, z. B. in Toluol oder mit dampf- förmigem Essigsäureanhydrid, vorgenommen werden.
Nach dem Acetylieren wird das Essigsäureanhydrid abgelassen und kann nach Abtrennen des beim Erkalten auskristalli sierenden Salzes zu einem neuen Ansatz be nützt werden. Das acetylierte Material wird, nach eventuellem Befreien des noch anhaf tenden Essigsäureanhydrids, mit Wasser ge waschen und getrocknet. Man erhält ein Material, das die ursprüngliche Faserform vollständig beibehalten hat, in den üblichen organischen Lösungsmitteln für Acetylzellu- lose unlöslich ist und etwas mehr als 2 Ace- tylgruppen pro C6Hio0s-Einheit besitzt.
150 Teile des acetylierten Materials wer- den mit 1000 Teilen 98 bis 100 %iger Amei- sensäure, enthaltend 20 gr Salzsäure im Liter, übergossen und unter zeitweiligem Rühren bei Zimmertemperatur stehen ge lassen, bis eine vollkommen klare, viskose, gut fadenziehende Lösung entstanden ist, was etwa nach 8-10 Stunden der Fall ist.
Man kann nun den Zelluloseester zum Bei spiel durch Eingiessen in Wasser ausfällen, wobei er in krümmeliger Form ausgeschieden wird. Man kann auch, eventuell nach Neu- tralisation der Salzsäure, durch Zugabe der berechneten Menge Natriumformiat direkt einen Film herstellen, indem man die Lösung in dünner Schicht ausbreitet und mit Wasser fällt.
Das auf diese Weise erhaltene Material stellt einen Formyl-Acetyl-Zellulosemisch- ester dar mit annähernd 3 Acylgruppen pro CfiHi00b-EiIthelt. Es löst sich leicht in Amei sensäure, weniger gut in Pyridin und Aceton. In Chloroform ist es unlöslich.
Beispiel <I>2</I> Gebleichte Baumwolle wird bei Zimmer- temperatur in 15 %ige Natronlauge während zwei Stunden eingelegt, abgepresst und im Trockenschrank verhängt. Nach dem Trock nen wird in Essigsäureanhydrid eingelegt und eine Stunde auf 95 bis 100 0 erwärmt. Die noch heisse Flüssigkeit wird durch Ab giessen wieder gewonnen, der Rest des Essig- säureanbydrids abgesaugt und das Zellulose material mit Wasser gewaschen und getrock net.
Auf die beschriebene Weise wird ein voracetyliertes Material erhalten, das etwa 11/2 Acetylgruppen pro Celli00f-Einheit ent hält und in keinem organischen Lösungs mittel löslich ist.
Die partiell acetylierte Zellulose wird hierauf formyliert. Der For- mylierungsansatz besteht zum Beispiel aus 100 Teilen 98 bis 100 %iger Ameisensäure, welcher 10 % Chlorzink zugesetzt worden sind.
In diese Lösung wird soviel voracety- liertes Material eingetragen, als 100 Teilen Zellulose entspricht. Die Formylierung geht schon bei Zimmertemperatur und ohne An wendung eines weiteren Katalysators vor sich, was durchaus bemerkenswert ist, da gewöhnliche Zellulose durch Ameisensäure und Chlorzink nicht weitgehend formyliert wird. Nach etwa 10 Tagen ist eine voll kommen klare, stark viskose Lösung ent standen. Wird diese Lösung mit Eiswasser ausgefällt, so erhält man ein schneeweisses Produkt, dessen Zusammensetzung der eines Triesters nahe kommt.
Der Mischester ist nicht nur in den bekannten Lösungsmitteln für Zelluloseameisensäureester, wie Ameisen säure, Pyridin, Chlorhydrin, Lösungen von" Phenolen und dergleichen, sondern auch in Nitrobenzol, Anilin, wässerigem Aceton und in heisser Essigsäure löslich. In Tetrachlor- äthan und Chloroform ist er unlöslich. Die Lösung in Pyridin zum Beispiel ist sehr vis kos und man erhält daraus, durch Verdun sten des Lösungsmittels, einen vollkommen klaren, festen und beständigen Film.