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Verfahren zur Herstellung neuartiger Cellulosederivate Wie bekannt,
ist es bisher nicht gelungen, Ester der Cellulosexanthogensäure herzustellen.
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Erfinder hat die überraschende Beobachtung gemacht, daß solche Ester
entstehen, wenn man Ester anorganischer Säuren auf (_'ellulosexanthogensäuren bzw.
Cellulosexanthogenate bei schwach alkalischer, neutraler oder saurer Reaktion einwirken
läßt.
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Als Ausgangsstoffe kommen für das vorliegende Verfahren alle nach
irgendeiner bekannten Methode mit beliebigen, gangbaren Mengenverhältnissen von
Alkalilauge und Schwefelkohlenstoff hergestellten Cellulosexanthogensäuren bzw.
Cellulosexanthogetiate i Viskose) in Betracht. Für die Herstellung solcher Viskosen
kann gebleichte oder ungebleichte Cellulose als solche in jeder Form, in der sie
sich im Handel darbietet, oder Umwandlungsprodukte der Cellulose, wie Cellulosehydrate
oder Hvdrocellulosen oder Oxvcelluiosen, oder selbst Cellulosederivate verwendet
werden, die noch eine ihre iYberfiihrung in den Thionthiolkohlensäureester gestattende
freie Hydroxylgruppe enthalten.
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Die Cellulosexanthogensäuren bzw. Kanthogenate werden entweder als
solche, d. h. in Form ihrer Alkaliverbindung, aber ohne wesentlichen Alkaliüberschuß,
z. B. eine mittels einer schwachen Säure neutral oder sauer gemachte rohe oder gereinigte
Viskose, oder in Form ihrer Verbindung mit einem anderen Metall, z. B. Zink, zur
Reaktion ge= bracht. Bei Verwendung von Rohviskose geht man entweder von dem Einwirkungsprodukt
von Schwefelkohlenstoff auf Alkalicellulose vor dessen Auflösung oder von einer
konzentrierten oder verdünnten Viskoselösung aus, die ganz wenig alkalisch oder
neutral oder sauer sein soll. Will man eine gereinigte Cellulosexantliogensäure
bzw. ein Salz einer solchen dem vorliegenden Verfahren unterziehen, dann kann man
sich jeder bekannten Reinigungsmethode bedienen. Beispielsweise sollen Salz- oder
Alkoholfällung mit oder ohne vorherige Neutralisierung bzw. Ansäuerung mit einer
schwachen Säure und nachheriges Auswaschen mit Salzlösung oder verdünntem Alkohol,
Kohlensäurefällung und nachheriges Auswaschen, Behandlung mit schwefliger Säure
oder Bisulfit, Dialyse o. dgl., genannt werden. Überall, wo es der Sinn zuläßt,
sollen die in der Beschreibung und den Patentansprüchen gebrauchten Ausdrücke »Viskose«,
»Cellulosexanthogensäure«, »Cellulosexanthogenat«, die in diesem und dem vorhergehenden
Absatz genannten Formen der Cellulosexanthogensäuren bzw. Cellulosexanthogenate
(Viskose) umfassen.
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Ist die Viskose, sei es infolge Verwendung sehr geringerAlkaliüberschüsse
bei ihrer Darstellung, sei es, weil sie vorher gereinigt
wurde,
von-vornherein nur ganz wenig alkalisch oder neutral, dann ist eine Abstumpfung
des Alkalis vor dem Zusammenbringen mit einem Ester einer anorganischen Säure nicht
unbedingt notwendig.
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Die Reaktion zwischen der Cellulosexanthogensäure bzw. dem Cellulosexanthogenat
und dem Ester einer anorganischen Säure findet in der Regel ohne äußere Wärmezufuhr
statt. Sie kann aber auch, wenn gewünscht, durch Erwärmen unterstützt bzw. beschleunigt
werden.
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Die Entstehung der neuen Celluloseverbindungen gibt sich durch Ausfallen
des Endproduktes der Reaktion kund. Diese Ausscheidung pflegt, wenn man von konzentrierten
Viskosen ausgeht und wenig rührt, in Formeiner .Gallerte zu erfolgen. Sind die Reaktionsgemische
verdünnt und wird gerührt, dann fallen die neuen Cellulosederivate in Form feiner
oder derber Niederschläge aus.
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Die Isolierung der Endprodukte der Reaktion geschieht z. B. in der
Weise, daß man die Niederschläge oder die Gallerten durch Filtrieren, Kolieren,
Zentrifugieren o. dgl. von der Mutterlauge trennt. Liegt eine Gallerte oder eine
klumpige Ausscheidung vor, dann empfiehlt es sich, sie vor dem Waschprozeß
CenHion-1 05n - 1) ' 0 ' C S . S . Na -j- J . C2H5 - (C6nHion
-1 Osn - 1) ' 0 # C S . S . CZH, -j-- Na J |
Cellulosexanthogensaures'Natrium Jodäthyl Aethylester der Cellulosexaiithogensäure |
Die nach dem vorliegenden Verfahren herstellbaren neuen Cellulosederivate sind zum
Teil für selbständige Verwendung, z. B. für die Darstellung von Kunststoffen, wie
Kunstfäden, Filme, Platten, Bänder, plastische Massen, Schichten und Überzüge jeder
Art, zum Teil als Ausgangsstoffe für die Darstellung anderer Celluloseverbindungen
bzw. Cellulosederivate gedacht.
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Die nach dem vorliegenden Verfahren herstellbaren Cellulosexanthogensäureester
unterscheiden sich von den bekannten Cellulosexanthogenfettsäuren (vgl. die Patentschrift
q.4.8 984) durch ihre chemische Zusammensetzung einerseits und durch ihre Unfähigkeit,
Salze zu bilden, anderseits. Aber auch die Löslichkeitsverhältisse der nach dem
vorliegenden Verfahren herstellbaren Ceilulosexanthogensäureester sind von denjenigen
der Cellulosexanthogenfettsäuren verschieden. Während sich manche Cellulosexanthogenfettsäuren
bzw. ihre Salze schon in Wasser allein lösen und während sich z. B. viele Cellulosexanthogenfettsäuren
in ganz verdünnten Lösungen von Ammoniak und von organischen Basen (z. B. Anilin
o. dgl.) lösen, sind die meisten der nach dem vorliegenden Verfahren dargestellten
Cellulosexanthogensäurezu zerkleinern. Dem Waschen mit Wasser kann eine Waschung
finit Alkohol oder mit Alkohol und dann Äther oder Benzol o. dgl. folgen. Der ausgewaschene
Körper wird dann entweder im nassen Zustande (gegebenenfalls nach vorheriger Befreiung
von der Hauptmenge der anhaftenden Waschflüssigkeit durch Abpressen oder Absaugen
oder Abschleudern) verwendet oder getrocknet.
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Ihrer Bildungsweise und ihrem chemischen Verhalten gemäß sind die
den Gegenstand der Erfindung bildenden neuen Celluloseverbindungen höchstwahrscheinlich
Ester der Cellulosexanthogensäure vom Typus: (C6nH11in -i 05n - i) ' 0 ' C S ' S
# R In der vorstehenden Formel bedeutet R das Alkoholradikal, -welches in die Cellulosexanthogensäure
eingetreten ist. Dieses Radikal kann eine Alkyl- oder Oxyalkyl- oder eine Aryl-
oder Oxy aryl- oder eine Aralkyl-oder Oxyarallylgruppe sein.
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Die zur Bildung der -neuen Celluloseverbindung führende Reaktion kann
für den einfachsten Typus durch folgende Gleichung veranschaulicht werden, für welche
als Beispiel cellulosexanthogensaures Natrium und Äthyljodid gewählt sind: ester
weder in Wasser noch in ganz verdünnten Ammoniaklösungen, noch in ganz verdfnnten
Lösungen organischer Basen löslich. Dazu gesellt sich, daß, während die Cellulosexantliogenfettsäuren
in konzentrierten organischen Basen (z. B. in ;o- bis zoo°/oigem Pyridin) unlöslich
sind, sich die meisten der nach dein vorliegenden Verfahren hergestellten Cellulosexanthogensäureester
in ;o- bis ioo°joigem Pyridin glatt lösen. Solche Lösungen lassen sich zu klaren,
durchsichtigen Produkten, wie Filmen, Fäden, plastischen Massen, Überzügen jeder
Art, Appreturen, Schichten u. dgl. eintrocknen. Diese Rückstände sind biegsam und
zeichnen sich durch eine Widerstandsfähigkeit gegen Wasser aus, welche in der Regel
größer ist als diejenige der durch Eintrocknen der Cellulosexantliogenfettsäurelösungen
in Wasser oder verdünntem Ammoniak oder verdünntem Anilin erzielbaren.
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Beispiel i iooo Gewichtsteile Rohviskose (dargestellt z. B. durch
Tränken von ioo Gewichtsteilen Sulfitcellulose in Blättern oder Vliesen mit iooo
bis zooo Gewichtsteilen i8 °1oiger Natronlauge von 15-bis 18° C, 3- bis 24stündiges
Stehenlassen
bei Zimmertemperatur, Abpressen auf 3oo bis 35o Gewichtsteile, Zerfasern, gegebenenfalls
6- bis 72stündiges Reifen bei Zimmertemperatur, mehrstündige Behandlung mit 5o bis
6o. Gewichtsteilen Schwefelkohlenstoff und Lösung in so viel Wasser, daß das Gesamtgewicht
der Lösung iooo Gewichtsteile beträgt), entsprechend ioo Gewichtsteilen Ausgangscellulose,
werden im frischen Zustande oder nach kürzerem oder längerem Stehen (z. B. 6stündigem
bis 3tägigem Stehen) mit g ooo bis io ooo Gewichtsteilen Wasser verdünnt und dann
mit verdünnter (z. B. 5- bis io°/'oiger) Essigsäure unter Rühren bis zur schwach
alkalischen oder neutralen oder sauren Reaktion versetzt. Sobald der während der
Neutralisation frei werdende Schwefelwasserstoff ganz oder zum großen Teil entwichen
ist, wird die in der Farbe hell gewordene Viskose mit ioo Gewichtsteilen Diäthvlsulfat
versetzt und kräftig gerührt. Nach etwa i Stunde verdickt sich die Masse gelatinösschleimig,verflüssigt
sich aber bald wieder unter Abscheidung eines feinflockigen Niederschlages. Dieser
Niederschlag wird entweder sofort nach seiner Entstehung oder, nachdem das Reaktionsgemisch
einige Stunden oder Tage sich selbst überlassen blieb, durch Kolieren, Zentrifugieren,
Filtrieren, Abnutschen, Abdekantier en o. dgl. von der Mutterlauge getrennt, mit
Wasser ausgewaschen und, gegebenenfalls nach Entwässerung mit Alkohol und Erschöpfung
mit Äther, im Vakuum oder Luft getrocknet. Das fertige Produkt stellt insbesondere
nach dein Zerkleinern ein weißes Pulver dar.
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Es löst sich in verdünnter Alkalilauge (z. B. 8- bis io°/oiger Natronlauge)
und auch
Berechnet für Gefunden |
C1,; H1909 # 0 . CS # S # C.H. ; - Cl; H2, S.Oio |
C 42,05 41,87 |
H 5,6o 5179 |
S I4,95 14,48 |
Beispiel 3 Arbeitsweise wie im Beispiel 2 mit der Abänderung, daß an Stelle des
Jodäthyls 7o bis i ?o Gewichtsteile Bromäthyl verwendet werden.
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Das Endprodukt zeigt ähnliche Eigenschaften.
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Beispie14 Arbeitsweise wie in den vorangegangenen Beispielen, jedoch
mit dem Unterschied, daß an Stelle der dort verwendeten Ester anorganischer Säuren
q.o bis ioo Gewichtsteile Diniethylsulfat verwendet werden. in manchen organischen
Lösungsmitteln (z. B. einer wässerigen Pyridinlösung, z. B. von 70 bis So°/@).
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Beispiel e iooo Gewichtsteile io°/,iger (auf Ausgangscellulose gerechnet)
Viskose, dargestellt z. B. wie im Beispiel i, werden mit 5 ooo bis io ooo Gewichtsteilen
Wasser verdünnt und mit einer schwachen Säure (z. B. io°/oiger Essigsäure) ganz
schwäch alkalisch oder neutral oder sauer gemacht. Dann werden zu der entfärbten
Viskose ioo bis 170 Gewichtsteile Jodäthyl unter Rühren zugesetzt und die
Masse auch nach dem Zusatz kräftig gerührt. Je nach der Verdünnung der Viskose verdickt
sich die Reaktionsmasse schleimig-gelatinös früher oder später, um sich dann wieder
zu verflüssigen. Gleichzeitig mit der Verflüssigung fällt das Produkt der Reaktion
in feinen oder derben Flocken bzw. Klumpen aus.
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Isolierung des Endproduktes wie im vorangehenden Beispiel.
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Der Äthylester der Cellulosexanthogensäure ist insbesondere nach dem
Zerkleinern eine weiße, pulvrige oder flockige Substanz, die sich in verdünnter
Alkalilauge (z. B. io°/oiger Natronlauge) insbesondere nach längerem Quellen zu
einer klaren Viskoselösung löst. Die Lösung läßt sich durch Formen und Koagulieren
mittels geeigneter Fällbäder (z. B. einer verdünnten Säure oder einer Salzlösung,
kurzum irgendeines aus der Viskosetechnik bekannten Fällbades) auf durchsichtige,
glänzende, biegsame Kunststoffe, wie Filme, Kunstfäden, insbesondere Kunstseide,
plastische Massen, Schichten und Überzüge jeder Art u. dgl., verarbeiten. Beispie15
Arbeitsweise wie in den vorangegangener Beispielen, jedoch mit dem Unterschied,
daß an ,Stelle der dort verwendeten Alkylierungsmittel ioo bis i5o Gewichtsteile
Methyljodid verwendet werden.
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Die Eigenschaften des Endproduktes sind den bisher beschriebenen ähnlich.
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In den vorstehenden Beispielen kann man auch von gereinigter, z. B.
durch Kochsalz gefällter, mit Kochsalzlösung ausgewaschener und wiedergelöster Viskose
ausgehen. In einem solchen Falle ist eine Neutralisation der Viskose insbesondere
dann nicht notwendig,
wenn der Niederschlag der gereini;;-ten Viskose
alkalifrei oder alkaliarm gewaschen wurde.
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In allen vorhergehenden Beispielen können auch Viskosen verwendet
werden, die sich im Preßgrade der Natroncellulose und der Schwefelkohlenstoffmenge
von der im Beispiele r verwendeten unterscheiden. So kann z. B. die Natroncellulose
nur auf Zoo Gewichtsteile abgepreßt und mit nur 2o bis 25 Gewichtsteilen Schwefelkohlenstoff
sulfidiert werden.
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Aus der österreichischen Patentschrift 78:217 ist die Herstellung
von Alkyläthern der Cellulose durch Behandlung von Cellnlosexanthat mit anorganischen
Estern in Gegenwart von Alkali bekannt. Bei diesem Verfahren erfolgt die Ätherifizierung
der Cellulose unter gleichzeitiger Abspaltung der C S S-Gruppe des Cellulosexanthates
bzw. der Cellulosexanthogensäure. Im Gegensatze hierzu beruht das vorliegende Verfahren
auf der ganz neuen und vom Inhalte der österreichischen Patentschrift 7$
217 gänzlich unabhängigen Erkenntnis, daß man Cellulosexanthogensäureester
-erzielt, wenn man auf Cellulosexanthate Alkylierungsmittel in gänzlicher Abwesenheit
oder in Anwesenheit von überaus geringen Mengen Alkali einwirken läßt.