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Verfahren zum Verestern von Cellulosefasern oder Gebilden aus Cellulose
unter Erhaltung ihrer Struktur Es ist von Cross und B e v a n (Researches I 1895-190o,
S. 40) angegeben worden, daß beim Sieden von Cellulose in Gegenwart von .entwässertem
Natriumaeetat mit Essigsäureanhydrid, unter Erhaltung der Faserstruktur, anscheinend
ein Cellulosemonoacetat entsteht. Die Acetylierung in Gegenwart von Natriumacetat
geht aber nur sehr schwer vor sich.
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Es wurde nun die überraschende Beobachtung gemacht, daß, wenn man
nicht in Gegenwart von Natriumacetat, sondern in Gegenwart von Kaliumacetat oder
,eines andern Kaliumsalzes einer schwachen Säure verestert, die Reaktion außerordentlich
begünstigt wird, indem, ohne vorherige überführung in Alkalicellulose .oder Anwendung
von sauren Katalysatoren, mit Essigsäureanhydrid oder andern Fettsäureanhydriden
leicht nicht nur Monoacidylcellulosen, sondern auch Diacidylcellulosen und noch
weitgehender veresterte Cellulosen erhalten werden. Dia Veresterung findet schon
in kurzer Zeit und bei Anwendung von mäßiger Erwärmung statt. Besonders günstige
Resultate erhält man, wenn man die Cellulose mit dem Kaliumsalz imprägniert, hierauf
trocknet und dann verestert, wobei es sich in gewissen Fällen empfehlen kann, die
Cellulose vor dem Imprägnieren durch eine geeignete Behandlung (z. B. mit Lauge,
Säure oder einer konzentrierten Salzlösung) aufzuquellen. Das ausgewaschene Material
wird in diesem Falle, noch feucht, in gequollenem Zustande mit der Kaliumsalzlösung
imprägniert und erst dann getrocknet. ' Da in Abwesenheit von sauren Katalysatoren
und überhaupt von die Cellulose hydrolysierenden Substanzen verestert wird, werden
in allen Fällen nach dem vorliegenden Verfahren Ester der unabgebauten Gellulose
erhalten, was ihre Unlöslichkeit in organischen Lösungsmitteln auch bei weitgehender
Veresterung bedingt. Auch eine Reihe später aufgezählter günstiger Eigenschaften
der nach dem vorliegenden Verfahren aus Cellulosekunstseide hergestellten Esterseiden
ist auf diesen Umstand zurückzuführen.
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Man kann durch Verestern nach dem vorliegenden Verfahren die färberischen
Eigenschaften der Cellulosefaser weitgehend verändern,
so dar) sie
z. B. substantive Farbstoffe vollkommen reserviert. Aber ganz besonders -wertvoll
ist die Anwendung des Verfahrens zur Verbesserung der Eigenschaften von Materialien,
die aus regenerierter Cellulose, wie z. B. Cellulosektinstseide, bestehen. Durch
Einführen von i bis 2 Acidylgruppen lz.B. Acetylgruppenl pro COHio0:,-Einheit in
eine Cellulosektinstseide werden derselben nicht nur die färberischen Eigenschaften
von Esterseiden in vollem Maße erteilt, sondern auch die günstigeren mechanischen
Eig°nschaften derselben, insbesondere deren hohe Naßfestigkeit, zu eigen gemacht.
Das erhaltene Material kann durch Wahl der Herstellungsbedingungen oder durch nachträgliche
Behandlung, sowohl vollständig mattes, voluminöses, mehr oder -weniger wollähnliches,
wie auch hochglänzendes, glattes Aussehen erhalten. Auch alle erdenklichen Zwischenstufen
zwischen diesen beiden Extremen können leicht erzielt werdm. So kann z. B. die vollständige
oder teilweis° Wiederherstellung des Glanzes einer bei der Veresterung matt gewordenen
Kunstseide durch Behandlung mit Quellungsmitteln, wie organische Säuren, Salzlösungen,
organische Lösungsmittel, leicht erreicht @vz#rdeil. Im Gegensatz zur Acetatseide
ist das neu,- Material in organischen Lösungsmitteln unlöslich, besitzt eine weitaus
höhere I'igel,:chtheit und -wird beim Kochen mit Wasser nicht matt. Dank diesen
Eigenschaften kann es in Mischgeweben zur Herstellung der mannigfaltigsten Effekte
Verwendung finden.
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Die Veresterung von Cellulos°kunstseide nach dem vorliegenden Verfahren
kann selbstverständlich auch als Zwischenoperation bei der Herstellung oder Verarb°itung
derselben eingeschaltet -werden. So kann z. B. die Behandlung von Viscosekunstseide
vor oder nach dem Entschwefeln, vor oder nach dem Bleichen vorgenommen werden. Es
können nicht nur Kunstseide aus regenerierter Cellulose, sondern auch in Form von
Bändchen, Filmen, Strängen, Spinnkuchen, auf Spulen oder in beliebiger anderer Form
vorliegendes, auch bereits zu Geflechten, Litzen, Geweben, Gewirken u. dgl. verarbeitetes
C--llulosematerial nach vorliegendem Verfahren verestert werden. Beispiel i i oo
Teile Baumwollgarn werden in i ooo 'feile einer 5oo'oigen Kaliumacetatlösung eingelegt,
nach i/., Stunde herausgenommen, geschleudert und im Trockenschranke verhängt, bis
sich das Material. vollständig trocken anfühlt. Das getrocknete Garn wird in 2ooo
Teile Essigsäureaiiliydrid, dem noch etwas Kaliumacetat zugesotzt werd2ii kann,
gegebeIl und i bis i Stunde bei 125 bis 135 erhitzt. Die Flüssigkeit
wird abgelassen und regeneriert, das noch anhaftende Essigsäureanhydrid im Vakuum
entfernt, das Garn gewaschen, gegebenenfalls geseift und getrocknet. Das erhaltene
Material hat annäli#-rnd die Zusammensetzung eines C, llulosemonoacetates. Es besitzt
eine ausgesprochene Affinität zti Acetats(,idef:irl)stoflcii. Substantive Farbstoffe
werden vollkommen rcs@rviert.
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Beispiel 2 too Teile Baumwolle werden in iooo Teile einer 25o,oigen
Kalilauge bei gewöhnlicher Temperatur eingelegt, nach i Stunde herausgenommen, möglichst
weitgehend durch Schleudern oder Pressen von der anhaftenden Lauge befreit und bis
zur völligen Laugenfreiheit mit kaltem Wasser ausgewaschen. Das gewaschene Material
wird geschleudert und ohne zu trocknen in iooo Teile einer gesättigten Lösung von
Kaliumacetat eingelegt. Nacn i Stunde -wird das Material herausgenommen, geschleudert
und im Trockenschrank bei etwa o bis So getrocknet. Das getrocknete Material wird
in 2ooo Teile Essig -säureanhydrid eingelegt und i Stunde auf ioo bis t05'
erwärmt. Die Flüssigkeit wird noch heiß abgelassen und der Cberschuß des Anhydrids
regeneriert. Das Cellulos-ematerial, gegebenenfalls nach Absaugen im Vakuum der
noch anhaftende ii Flüssigkeit, wird mit Wasser gewaschen und getrocknet. Man erhält
i 5o bis 16o Teile eines Esters, der mehr als zwei Acetylgruppen pro C6Hio05-Einheit
enthält, die ursprüngliche Faserstruktur vollkommen erhalten hat und in organischen
Lösungsmitteln unlöslich ist. Das so erhaltene Produkt ist als Ausgangsmaterial
zur Herstellung 'weiterer Umwandlungsprodukte der Cellulose besonders geeignet.
Ähnliche Resultate erhält man, wenn man die Cellulose mit Salpetersäure oder Rhodancalcium
aufquillt. -Beispiel 3 i oo Teile Viscosekunstseide oder Kupferseide werden in iooo
Teile einer öo%igen Kaliumacetatlösung bei Zimmertemperatur eingelegt. Nach i Stunde
wird das Garn herausgenommen, durch Zentrifugieren von der überschüssigen Flüssigkeit
befreit und im Trockenschrank verhängt, bis es sich vollständig trocken anfühlt.
Das getrocknete Garn wird in 2ooo Teile einer Lösung, bestehend aus q. Volumteilen
Benzol und i Volumteil Essigsäureanhydrid, eingelegt, die Lösung zum Sieden erhitzt
und i Stunde lang bei Siedetemperatur erhalten. Anstatt Benzol kann mit gleichem
Erfolge auch ein anderes Lösungsmittel, wie z. B. Toluol, Yylol, Tetra= chlorkohlenstaff
u. a. in., verwendet werden,
vorausgesetzt, daß bei gleicher Temperatur
gearbeitet wird. Nach Verlauf i Stunde wird die Reaktionsflüssigkeit :erkalten gelassen
und der Strang herausgenommen. Die .noch anhaftende Flüssigkeit wird durch Abschleudern
und heißes Waschen entfernt. Es werden auf diese Weise etwa 135 Teile eines teilweise
acetylierten Materials erhalten, dessen Acetylgehalt etwa l1/2 Acetylgruppen pro
C6111005-Einheit entspricht. Trotz des niedrigeren Acetylgehaltes im Vergleich mit
der Acetatseide zeigt das behandelte Material die färberischen Eigenschaften der
letzteren. Substantive Farbstoffe werden reserviert, Acetatseidefarbstoffe färben
das Material gleich intensiv oder sogar intensiver als wie Acetatseide an. Die Trockenfestigkeit
des erhaltenen Materials ist entsprechend der Titerzunallme angewachsen, während
die Naßfestigkeit in bedeutend höherem Grade gestiegen ist. Das äußere Aussehen
deg Materials ist mehr oder weniger verändert. Es nimmt stark an Volumen zu, ohne
daß sich die Stränge in nennenswerter Weise verkürzen. Der Glanz ist je nach dem
verwendeten Material mehr oder weniger matt geworden.
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Beispiel. q.
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ioo Teile Viscosekunstseide werden in iooo Teile einer 5o%igen Pottaschclösung
eingelegt, nach i Stunde herausgenommen, geschleudert, getrocknet und weiter genau
so wie in Beispiel.3 behandelt, mit dem einzigen Unterschiede, daß die Acetyl.ierung
mit einer siedenden Lösung von Essigsäureanhydrid in Toluol anstatt in Benzol vorgenommen
wird. Es wird ein ähnliches Material wie nach Beispiel 3 erhalten.
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Beispiel 5 iooTeile Viscosekunstseide werden ohne jede Vorbehandlung
in eine Mischung, bestehend aus 5oo Teilen Essigsäureanhydrid, 7o Teilen Kaliumacetat
und 17oo Teilen Xylol, reingelegt und i Stunde zum Sieden erhitzt. Das Kunstseidematerial
wird herausgenommen, im Vakuum von der noch anhaftenden Flüssigkeit befreit, gewaschen
und getrocknet. Es werden etwa 14o Te:leeiner äcetylierten Kunstseide erhalten,
deren Eigenschaften denen des nach Beispiel 3 erhaltenen Materials ähnlich sind.
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Beim Ersetzen des Kaliumacetates durch eine äquivalente' Menge eines
andern Kaliumsalzes einer schwächen Säure, z. B. Kaliumpalmitat, wird ein ähnliches
Resultat erzielt. Beispiel 6 ioo Teile Viscosekunstseide werden in iooo Teile ,einer
6ooioigenKaliumacetatlösung bei Zimmertemperatur eingelegt. Nach i Stunde wird das
Garn herausgenommen, durch Zentrifugieren von der überschüssigen Flüssig12eit befreit
und im Trockenschrank verhängt, bis es sich vollständig trocken anfühlt. Das getrocknete
Garn wird in eine Lösung von 5oo Teilen Buttersäureanhydrid in 2oooTeilen Xylol
eingelegt, die Lösung zum Sieden erhitzt und i Stünde lang bei Siedetemperatur gehalten.
Die Kunstseide wird dann herausgenommen, geschleudert, gewaschen, geseift, gespült
und getrocknet. Es werden etwa 165 Teile einer Esterseide erhalten, die ähnliche,Eigenschaften
aufweist, wie die nach Beispi.e13 :erhaltene aoetylierte Viscose.
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Bei allen diesen Beispielen kann auch von gefärbtem Material ausgegangen
werden. Freispiel 7 Kunstseide aus regenerierter Gellulose wird in Form von Spinnkuchen
mit einer q.oafoigen Kaliumacetatlösung imprägniert, das Material abgeschleudert
und in einem Trockenschrank bei etwa 70° getrocknet. Nach dem Trocknen werden die
Spinnkuchen in einem Acetylierungsgefäß, das aus einem gegenüber Eisessig und Essigsäurearlhydrid
widerstandsfähigen Material, z. B. Aluminium, besteht, auf drehbaren Stäben verteilt.
Die Behandlung der Kuchen mit der Acetylierungsflüssigkeit geschieht nach dem an
sich in der Kunstseidenindustrie bekannten Beriesel.ungssystem,indem Essigsäureanhydrid,
das sich in einem heizbaren Vorratsbehälter befindet, mittels einer Pumpe und einer
geeign°ten Vorrichtung, z. B. fein gelochter Verteilungsbhche, in Form eines Regens
über das Kunstseidematerial.lierunterrieselt. Die Temperatur des Essigsäureanhydrids
wird während der Behandlung bis auf etwa 9o° gesteigert. Die Behandlungsdauer beträgt
i bis 2 Stunden. Während der Veresterungsoperation werden die Stäbe von Zeit zu
Zeit gedreht. Nach Beendigung des Acetylierens wird die Berieselung abgestellt.
Nachdem das Essigsäureanhydrid abgetropft und abgeflossen ist, wird in den unteren,
heizbaren Teil des Acetylierungsgefäß.es Methylacetat eingebracht und zum Sieden
erhitzt. Die aufsteigenden Dämpfe bestreichen die Kunstseidenkuchen, werden durch
besondere Rohre oberhalb der Verteilungsbleche geführt und dann durch -einen Rückflußkühler
kondensiert. Das Kondensat sammelt sich in einer Kippvorrichtung, aus welcher es
sich periodisch automatisch auf die Verteilungsbleche ausgießt und die Spinnkuchen
berieselt. Auf diese Weise wird das dem Kuchen anhaftende Acetylierungsgemisch extrahiert.
Nach erfolgter Extraktion wird die Extraktionsflüssigkeit abgelassen und regeneriert.
Das den Kuchen anhaftende Methylacetat wird mit Hilfe .eines warmen Luftstromes
von
den Spinnkuchen entfernt und durch geeignete Maßnahmen wiedergewonnen. Die erhaltene
acetylierte Kuchenseide kann direkt, oder nachdem sie noch mit Wasser gespült, geölt,
geschlichtet oder sonstwie behandelt worden ist, zur Verarbeitung gelangen. Beispiel.
8 Rohweißes oder mit einem geeigneten Farbstoff gefärbtes Viscosegewebe wird mit
einer 50%igen wässerigen Kaliumacetatlösung geklotzt, getrocknet und während 15
bis 30 Minuten der Wirkung einer 9o bis ioo° heißen 2o- bis 3oo(oigen Lösung
von Essigsäureanhydrid in Chlorbenzol, Perchloräthylen oder einem anderen geeigneten
Lösungsmittel unterworfen. Nach erfolgter Acetylierung wird die Ware mit reinem
Lösungsmittel gespült und unter Rückgewinnung des Dampfes desselben getrocknet.
Zum Schluß wird noch mit Wasser gewaschen und gegebenenfalls geseift.
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Man .erhält unter 3o bis 35orlo Gewichtszunahme ein nunmehr aus Esterkunstseide
bestehendes Gewebe. Gegenüber dem unbehandelten Gewebe besitzt es ein bedeutend
dichteres Gefüge, milderen Glanz, wärmeren und seidenähnlicheren Griff und die bemerkenswerte
Eigenschaft, nicht oder auf jeden Fall auffallend wenig zu knittern.
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Ähnliche Resultate erhält man auch, wenn man an Stelle von Viscosegeweben
solche aus anderen Cellulosekunstseiden oder auch aus nativen Cellulosefasern, in
diesem Fall nach erfolgter Vorquellung, bestehende Gewebe verwendet.
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Beispiel 9 Eine verdickte Lösung von Kaliumacetat wird auf ein Kunstseidengewebe
aus regenerierter Cellulose aufgedruckt. Die Druckfarbe kann z. B. folgende Zusammensetzung
haben:
60o Teile Kaliumacetat, |
q.o - Tragant, |
36o - Wasser. |
Der bedruckte Stoff wird getrocknet und in das Acidylierungsbad gegeben. Zur Acetylierung
kann z. B. eine 1,-`2stündige Behandlung auf dem Wasserbade mit einer 2oo;oigen
Lösung von Essigsäureanhydrid in Toluol dienen. Nach der Acetylierung wird das Material
sofort mit heißem Wasser gewaschen und getrocknet. Die Veresterung findet nur an
den bedruckten Stellen des Gewebes statt, und diese treten nach dem Auswaschen als
matte Muster hervor. Die bedruckten Stellen zeigen die färberischen Eigenschaften
der Acetatkunstseide.