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Verfahren zur Herstellung von Effektfäden Es sind verschiedene Verfahren
bekannt, durch Veresterung der Cellulose Effektfäden herzustellen, welche keine
Aufnahmefähigkeit für substantive Farbstoffe mehr besitzen. Zur Veresterung sind
z. B. aromatisch-e Carbon-oder Sulfonsäurechloride verwendet worden. Man alkalisiert
die Cellulose zuerst und führt die Veresterung durch Behandeln der Alkalicellulose
mit der Lösung eines Säurechlorids in einem indifferenten Lösungsmittel durch. Das
Verfahren ist, weil es zwei Stufen durchlaufen muß, umständlich und erfordert der
organischen Lösungsmittel wegen eine komplizierte Apparatur.
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Diese Nachteile werden bei solchen Verfahren vermieden, die Essigsäureanhydrid
zur Verest#erung verwenden, wobei man in einer Operation die Cellulose ohne Strukturveränderung
in ihre Mono- und Diacetylester überführen kann.
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So wird in dem Patent 224 330 ein Verfahren beschrieben, nach
welchem Cellulose mit einem Acetylierungsgemisch aus Essigsäureanhydrid, Essigsäure
und einem salzartigen Kondensationsmittel getränkt, bis zu einer bestimmten Gewichtszunahme
ausgepreßt und hierauf durch schwaches Erwärmen in einem geschlossenen Raum acetyliert
wird. Dieses Verfahren erfordert eine komplizierte Apparatur und liefert außerdem
ungleichmäßig acetylierte Fasern, die beim Färben mit direkten Baumwollfarbstoffen
aneinzelnen Stellen ungefärbt bleiben, an anderen jedoch kräftig angefärbt werden,
weil das Acetylierungsgemisch entweder schon beim Auspressen oder während der Acetylierung
ün Thermostaten ungleichmäßig verteilt bleibt. Düshalb hat das Verfahren auch keine
allgemeine Verwendung finden können (vgl. Gutachten im Journ. of the Soc. of Dyers
and Colorists 23, 250 [19071 und deutsche Patentschrift 347130).
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Das Verfahren der Patentschrift 347 130e nach dem die Cellulose mit
einem Katalysator imprägniert und die partielle Veresterung im Dampf des unter vermindertem
Druck siedenden Essigsäureanhydrids ausgeführt wird. erfordert ebenfalls eine komplizierte
Apparatur, weil verhindert werden muß, daß der Katalysator durch das siedende Essigsäureanhydrid
an einzelnen Stellen extrahiert, an anderen dagegen angereichert wird.
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Andere Verfahren führen die Acetyllerung im Acetylierungsgemisch selbst
durch, verwenden aber schwach wirkende Katalysatoren bei entsprechend erhöhter Temperatur,
z. B. Natriumacetat bei i4o' (Cross and Bevan, Researches on Cellulose 1895 bis
1900, 2. Aufl., S. 4o) oder die Schwermetallsalze organischer Säuren, wie
Zinkacetat, bei 70
bis 75' (Patent 38o994) oder arbeiten überhaupt
ohne Katalysatoren (Cross and Bevan, Researches on Cellulose igoo bis igo5, S.ii
und deutsche Patentschrift 38o994).
Die Ace-tylierung erfolgt bei
diesen Verfahren trotz der hohen Reaktionstemperaturen nur sehr langsam, und eine
Faserschädigung ist dabei nicht zu vermeiden.
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Endlich werden nach dem Verfahren der Patentschrift 184 2o i in Eisessig,
Chloroform, Anilin o. dgl. lösliche Celluloseacetatc dargestellt, wobei deren Auflösung
im Ac#etylierungsgemisch durch Zusatz indifferenter organischer Mittel, wie B#enzol,
Äther, Essigester usw., verhindert wird. Der Zusatz derartiger Mittel kompliziert
aber die technische Durchführung der Acetylierung.
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Das Gemeinsame der geschilderten Acetylierunggsverfahren besteht also
darin, daß die Auflösung des entstehenden Esters irn Acetylierungsgemisch zu verhindern
gesucht wird, entweder dadurch, daß die Acetylierung außerhalb des Ac-etylierungsgemisches
durch-,geführt wird (Patent 224330 und 347130)
oder durch die Verwendung schwach
wirkender Katalysatoren (Cross and Bevan und deutsche Patentschrift 380 994)
oder durch Zusatz indifferenter, die Auflösung verhindernder Verdünnungsmittel (Patent
184201), weil bisher die Anschauung herrschte, daß die direkte Darstellung der Mono-
und Dia.cetylcellulose durch Einlegen der Cellulose. in ein Acetylierungsgemisch
mit den zur Herstellung von Cellulosetriaoetat gebräuchlichen Katalysatoren überhaupt
nicht durchführbar sei (vgl. Hottenroth, Die Kunstseide, 1926, S. 354).
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Man stellte sich den Reaktionsverlauf nämlich folgendermaßen vor-.
Beim Einlegen der Cellulosie in ein Acetylierungsgernisch wird zunächst nur die
äußerste Schicht angegriffen und vollständig, d.h. bis zum Cellulos,etriacetat,
verest#ert, während die inneren Faser-! teile noch unangegriffen bleiben; nach der
Quellung und Auflösung des vollständig ver-. esterten Mantels wird eine neue Schicht
unangegriffener Cellulose freigelegt, an der sich der gleiche Vorgang wiederholt,
bis schließlich die g2n e Faser aufgelöst (vgl. Patent 139 669, Zeile 40
bis 46; Schwalbe, Zeitschrift für angewandte Chemie 24, I25# [igiij, C16ment-Rivi#re,
Mati#res plastiques 1924, S.215) oder doch zum mindesten so stark aufgequollen
ist, daß die ursprüngliche Festigkeit und Elastizität nicht mehr erhalten sind (vgl.
C16ment-Rivi#re, a. a. 0. Seite 236).
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Nun konnte die überraschende Feststellung gemacht werden, daß diese
Vorstellung des Acetylierungsvorganges unrichtig ist, denn es wurde beobachtet,
daß Cellulose durcl-i Einlegen in ein Acetylierungsgemisch aus Essigsäureanhydrid,
Essigsäure und einem der üb-
lichen, bisher zur Herstellung von Cellulosetria.cetat
dienenden Katalysatoren ohne Celluloseverlust und unter--ErhaItung der ursprünglichen
Form, Festigkeit und Elastizität in Cellulosemono- und -diacetat übergefÜhrt werden
kann.
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Da die zuerst entstehenden niedrigen Acetylierungsstufen der Cellulose
im Acetylierung.sgernisch. unlöslich sind, sind alle Vorsichtsmaßregeln zur Verhinderung
der Auflösung nicht nur überflüssig, sondern insofern schädlich, als sie den Acetylierungsvorgang
unnötig verzögern.
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Auf Grund dieser Erkenntnis gestaltet sich die Durchführung des neuen
Verfahrens sehr einfach- Cellulose in irgendeiner Form (loses Material, Garn, Gewebe,
getrocknet, feucht, roh, gebleicht, gefärbt usw.) wird bei Zimmerternperatur in
einem Acetylierungsgemisch aus Essigsäureanhydlid, Essigsäure und einer geeignet-en
Menge eines der üblichen Katalysatoren nur so lange belassen, bis die gewünschte
Mono- oder Diacety1stufe erreicht ist. Hierauf nimmt man das in der Struktur unveränderte
Material aus der Flüssigkeit, entfernt das anhaftende Acetylierungsgemisch durch
Auspressen, Auswringen oder Abschleudern möglichst vollständig und wäscht aus. Das
Acetylierungsgeinisch ist nach Ersatz des verbrauchten E.ssigsäureanliydrids und
des Katalysators wieder gebrauchsfertig.
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Zur Beschleunigung der Acetylierung lassen sich alle Katalysatoren,
die bisher. zur Herstellung von Cellulosetriacetat vorgeschlagen wurden, verwenden,
allerdings mit der Einschränkung, daß die Menge der sehr stark wirkenden Katalysatoren
im Interesse der Gleichmäßigkeit der Acetylierung verringert werden muß.
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Die technischen Vorteile des neuen Acetylierungsverfahrens gegenüber
den bisher bekannten sind so beträchtlich, daß die Durchführung des Prozesses außerordentlich
vereinfacht wird.
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Man erhält vollständig gleichmäßige Cellulosemono- und -diacetate,
welche die Form, Festigkeit und Elastizität des Ausgangsmaterials besitzen und substantive
Farbstoffe vollständig reservieren. Der Beweis der Gleichmäßigkeit wurde durch die
mikroskopische Betrachtung der mit einem basischen Farbstoff angefärbten Faserquerschnitte
verbracht, welche vollständig ungleichmäßig durch-efärbt erschienen.
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Das Verfahren ermöglicht die Durchführung der Reaktion bei Zimmertemperatur,
während a-Ue bisherigen bei erhöhter Temperatur arbeiten.
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Die benötigte Apparatur besteht aus einem geschlossenen
Gefäß, in dem sich das Acetylierungsgernisch befindet, einer Vorrichtung
zum Entfernen der anhaftenden Flüssigkeit und einem Waschtrog. Diese große Einfachheit
der Apparatur muß als wichtiger technischer
Fortschritt gegenüber
den bisherigen Verfahren bezeichnet werden, denn bei der außerordentlichen Aktivität
der Acetyli-erungsgemische ist man in der Wahl der Konstruktionsmaterialien sehr
beschränkt.
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Ge,genüber den mit Hilfe von Carbon- und Sulfonsäurechloriden arbeitenden
Veresterungsverfahren hat das beanspruchte Acetylierungsverfahren den Vorteil, daß
die Alkalisierung wegfällt und daß es die Herst-ellung von Effektfäden mit günstigeren
Eigenschaften zu einem billigeren Preis gestattet.
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Die folgenden Beispiele sollen die Durchführung des neuen Verfahrens
erläutern, ohne es irgendwie einzuschränken: B e i s p i e 1 1
: i kg lose Baumwolle wird in ein Acetylierungsgemisch aus
3 kg Essigsäureanhydrid, 5 kg Eisessig und 2,5 g Schwefelsäure,
das sich in einem verschließbaren Gefäß aus säurefestem Steinzeug befindet, eingelegt,
so daß die Fasern ganz von der Flüssigkeit bedeckt sind. Bei einer Temperatur von
15' kontrolliert man nach zwei Ta-en durch eine Färbeprobe, ob die Acetylierung
so weit fortgeschritten ist, daß substantive Farbstoffe vollständig reserviert werden.
Ist dies der Fall -, so nimmt man das in der Struktur vollständig unveränderte Material
aus dem Acetylierungsgemisch, preßt die anhaftende Flüssigkeit zwischen Quetschwalzen
möglichst vollständig ah und wäscht aus.
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Statt der geringen Menge Schwefelsäure können entsprechend gewählte
Mengen anderer Katalysatoren benutzt werden, z. B. solche, deren katalytische Wirkung
ebenfalls auf ihrem Säurecharakter beruht, wie Halogenwasserstoffsäuren, Salpetersäure,
Phosphorsäure, Sulfoessigsäure, Halogenfettsäuren, aromatische Sulfo- oder Sulfinsäuren,
saure oder neutrale Ester starker Säuren, Säurechloride, saure Salze, Salze stark-er
Säuren mit schwachen Basen oder auch Neutralsalze, deren Ionen stark hydralisiert
sind usw., überhaupt alle bisher zur Darstellung von Triacetat vorgeschlagenen Katalysatoren,
mit Ausnahme der für die Herstellung von Mono-und Diacetyleellulose bereits verwendeten
SchwermetaJ1salze organischer Säuren sowie des Natriumacetats.
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Beispiel 2: 1 kg gebleichtes Baumwollgarn wird durch 2ostündiges
Einlegen in ein --5#' warmes Acetyllerungsgemisch aus 4 kg EssigsäuTeanhydrid,
4 kg Eisessig Lind o,Sk- Zinliieblorid in das Cellulosemonoacetat üb#ergeführt,
das anhaftendeAcetylierungsgemisch möglichst vollständig abgeschleudert und das
Garn ausgewaschen. Nach dem Trocknen erhält man 1,2 kg eines äußerlich unveränderten
Garnes, das sich aber mit substantiven Farbstoffen nicht mehr anfärben läßt.