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Verfahren zur Herstellung verbesserter Celluloseacetatseide Bekanntlich
besteht einer der Mängel von Kunstseide darin, daß ihre Festigkeit bei der Benetzung
außerordentlich stark abnimmt. Auch von der Acetatseide, die zwar weniger quillt
als andere Kunstseidesorten, verlieren die heute in den Handel kommenden Marken
.4o bis 5o°/, an Festigkeit, wenn sie benetzt werden.
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Laut vorliegender Erfindung wird nun das Verhältnis zwischen Wasserfestigkeit
und Trokkenfestigkeit verbessert, indem man fertige Acetatseide, sei es in Form
von Fäden, Geweben, gewirkten Waren o. dgl., nachträglich mit Säurechloriden in
Gegenwart organischer Basen behandelt. Durch dieses Verfahren werden die in der
Seide noch vorhandenen freien Hydroxylgruppen völlig oder teilweise mit weiteren
Säureradikalen besetzt, womit eine Verbesserung der Wasserfestigkeit Hand in Hand
geht.
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Als Säurechloride kann n@an anorganische und organische Körper wählen,
beispielsweise: Phosphoroxychlorid, Phosphortrichlorid, das als das Säurechlorid
der phosphorigen Säure aufgefaßt werden kann, Acetylchlorid, Palmitylchlorid, Stearylchlorid,
Benzoylchlorid u. dgl. ; auch Sulfochloride kommen in Frage, wie Phosphorsulfochlorid,
Toluolsulfochlorid u. dgl.
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Als Basen kann man zur Einleitung der chemischen Reaktion jede beliebige
wählen, die in ähnlichen Prozessen üblichen Körper, wie Pyridinbasen und Anilin,
haben jedoch einen sehr erheblichen Fehler. Sie bilden mit den Säurechloriden Doppelverbindungen,
die unlöslich ausfallen und sich an dem Faden festsetzen, und wenn sie auch durch
Zerstörung mit Alkoholen, Wasser u. dgl. entfernt werden können, eine Schädigung
des Fadens hinterlassen. Die gelegentlich aufgestellte Behauptung, daß Chlorbenzol
die Pyridin-Acetylchlorid-Doppelverbindung in erheblichem Maße auflöst, trifft nicht
zu, zum mindesten nicht in dem Umfang, als daß man mit Chlorbenzol als Lösungsmittel
für das genannte Gemisch eine einwandfreie Behandlung der Fäden durchführen könnte.
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Es hat sich überraschenderweise gezeigt, daß gemischte Aralkylamine,
wie beispielsweise Dimethylanilin, Diäthylanilin, Dimethyltoluidine u. dgl., nicht
die Eigenschaft haben, schwer lösliche Doppelverbindungen mit Säurechloriden zu
bilden. Man kann also derartige Amine im Gemisch mit den genannten Säurechloriden
auf Acetatseide einwirken lassen, um die eingangs beschriebene Reaktion durchzuführen.
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Weiterhin hat sich überraschenderweise gezeigt, daß man bei Verwendung
von Acetylchlorid auch Chinolin und seine Derivate als Base verwenden kann. Diese
Körper erzeugen mit Acetylchlorid im Gegensatz zu Pyridin und Anilin keine unlösliche
Doppelverbindung.
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V orteilhafterweise benutzt man dabei ein Verdünnungsmittel, das die
Acetatseide nicht löst, beispielsweise Benzol, Toluol, Benzin u. dgl. ; besonders
vorteilhaft ist es, Benzinsorten zu wählen, die über ioo ° sieden.
Das
Säurechlorid wählt man unter allen Umständen in großem. Überschuß, beispielsweise
wendet man es ohne Verdünnungsmittel in einer derartigen- Menge an, daß die zu behandelnde
Seide vollkommen damit getränkt ist; verdünnt man das Reaktionsgemisch, so kann
man beispielsweise 7501, Säurechlorid und 250/, Verdünnungsmittel wählen;
man kann das Verhältnis auch umkehren. Wählt man weniger Säurechlorid und mehr Verdünnungsmittel,
so läßt sich die Reaktion auch durchführen, dauert aber entsprechend länger.
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Man kann die Reaktion bei gewöhnlicher Temperatur durchführen, indem
man die Seide längere Zeit, beispielsweise 3 bis 24 Stunden, behandelt; man kann
auch höhere Temperaturen anwenden, vorteilhafterweise jedoch nicht solche über 8o'
C. Man kann nach beendeter Reaktion die flüchtigen Anteile des Reaktionsgemisches
durch Abdestillation evtl. unter Vakuum entfernen. Man kann auch den größten Teil
der Reaktion unter Abdestillieren vornehmen, indem man die zu behandelnde Seide
in ein entsprechendes Bad taucht und sofort mit dem Destillieren beginnt. Die Destillation
richtet man dann vorteilhaft so ein, daß das gesamte Säurechlorid zu dem Zeitpunkt
abdestilliert ist, in dem man die Reaktion abzubrechen wünscht.
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Die Menge der Base wählt man unter allen Umständen so groß, daß zum
mindesten die gesamte Salzsäure, die in dem Prozeß - entstehen kann, gebunden wird.
Die maximal überhaupt mögliche Salzsäurebildung hängt davon ab, wieviel freie Hydroxylgruppen
das verwendete Celluloseacetat noch aufweist. Erfahrungsgemäß werden aber nicht
in allen Fällen sämtliche Hydroxylgruppen gebunden; beispielsweise gelingt es bei
Behandlung mit Phosphortrichlorid nicht, mehr als etwa 4% P205 in das Acetat einzuführen.
Dementsprechend ist die benutzte Basenmenge zu bemessen. Andererseits ist zu beachten,
daß auch das in der Seide noch vorhandene Wasser zur Bildung von Säuren führt, die
man zweckmäßigerweise durch die Base abstumpft. Um den Wassergehalt der Seide zu
verringern, ist es zweckmäßig, sie nach dem üblichen Trocknen einem Destillationsprozeß
mit einer über ioo' siedenden Flüssigkeit, beispielsweise Schwerbenzin, zu unterwerfen,
wobei die letzten Spuren von Wasser verschwinden.
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Bei Anwendung mancher Säurechloride, beispielsweise Phosphortrichlorid,
kristallisieren die bei der Reaktion gebildeten Salze des Amins aus, und der Strang
oder das Gewebe ist unmittelbar nach Beendigung der Reaktion hart und brüchig. Wenn
sich auch diese Kristalle durch den Waschprozeß, dem man das Material auf jeden
Fall unterwirft, wie beispielsweise mit Benzin, Benzol, Methanol und beim nachträglichen
Seifen, auflösen und das Material dadurch wieder weich wird, so trägt es doch durch
die Ausscheidung der Kristalle unter Umständen eine dauernde Schädigung davon. Man
verhindert deshalb vorteilhafterweise das Auskristallisieren dadurch, daß man dem
Reaktionsgemisch hochmolekulare Substanzen, wie z. B. Harz, Standöl, Paraffinöl
u. dgl., zusetzt; dann unterbleibt das Auskristallisieren von Salzen vollständig
oder erfolgt in einer derartigen Weise, daß das Material nicht davon angegriffen
wird.
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Nach der beschriebenen chemischen Behandlung wird das Material in
der Art, wie schon angegeben, gewaschen und ist für weitere Behandlung reif. Beispiel
i ioo kg aufgespulte Acetatseide werden in einem geeigneten Apparat nüt einem Gemisch
von 75% Phosphortrichlorid und 25% Benzin, dem man 25 kg Dimethylanilin und io kg
Paraffinöl zugesetzt hat, getränkt. Die Flüssigkeit wird unter vermindertem Druck
bei 45' derart abdestilliert, daß die Destillation nach 4 Stunden beendet ist. Das
Material wird darauf nacheinander mit Benzin, Methanol und Seifenwasser gewaschen.
Beispiel 2 ioo kg Gewebe aus Acetatseide werden mit einem Gemisch, das aus 6o %
Phosphortrichlorid, 40% Benzin besteht, dem man 30 kg Diäthylanilin und 8 kg Paraffinöl
zugesetzt hat, getränkt. Das Ganze bleibt 2o Stunden bei etwa 2o' C sich selbst
überlassen, darauf wird das Gewebe entsprechend Beispiel i von dem Reaktionsgemisch
befreit.
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Beispiel 3 ioo kg aus Celluloseacetat bestehende Kunstseide wird mit
einem Gemisch von 75 % Acetylchlorid und ioo kg Benzin getränkt, dem man 2o kg Dimethylanilin
und io kg Paraffinöl zugesetzt hat, und 24 Stunden bei etwa 2o' C sich selbst überlassen.
Darauf wird das Material, wie beschrieben, gewaschen. Es enthält jetzt mindestens
6o0/,'Essigsäure und ist in Aceton, Chloroform und anderen organischen Lösungsmitteln
unlöslich. Beispiel 4 ioo kg aus Acetylcellulose bestehende Kunstseide werden mit
einer Lösung von 8o kg Stearyl-oder Palmitylchlorid getränkt, der man 3o kg Diäthylanilin
und 6 kg Paraffinöl zugesetzt hat; das Lösungsmittel wird zum größten Teil abdestilliert
und das Material 8 Stunden lang bei 40' mit der Reaktionsmasse behandelt. Darauf
wird in der beschriebenen Weise gewaschen.
Beispiel 5 ioo kg aus
Acetylcellulose bestehende Wirkware werden in Zoo kg eines Gemisches von ioo kg
Laurylchlorid, go kg Diäthylanilin und io kg Paraffinöl getränkt und mit diesem
Gemisch 8 Stunden lang bei 5o' in einer geeigneten Zentrifuge nach Art der Nitrierzentrifuge
behandelt. Nach Schluß dieser Behandlung wird das Gut so weit wie möglich abgeschleudert
und dann mit Benzin ausgewaschen.
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. Beispiel 6 ioo kg bedruckten Gewebes aus Acetatseide werden in Zoo
kg eines Gemisches von iio kg Stearylchlorid und go kg Dimethylanilin getränkt und
mit diesem Gemisch 8 Stunden lang bei 65' in einer Zentrifuge behandelt.
Nach Schluß dieser Behandlung wird das Gut so weit wie möglich abgeschleudert, zunächst
mit Benzin und dann zwecks Auflösung der ausgeschiedenen Kristalle von Dimethylanilinchlorhydrat
in Methanol ausgewaschen.
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Die nach einem der in den Beispielen beschriebenen Verfahren behandelte
Acetylcellulose weist ein erheblich günstigeres Verhältnis zwischen Naß- und Trockenfestigkeit
auf. Man kann das am besten feststellen, wenn man lose Fäden von Acetylcellulose
in der beschriebenen Weise behandelt und dann die Trocken-und Naßfestigkeit dieser
Fäden in der üblichen Weise mißt. Wenn beispielsweise Fäden von 12o den. ohne Behandlung
eine durchschnittliche Trockenfestigkeit von 125g und eine durchschnittliche Naßfestigkeit
von 75g aufweisen, so ist nach der Behandlung die Trockenfestigkeit auf etwa
i28 g gestiegen, die Naßfestigkeit dagegen auf etwa 95 g.
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Man kann je nach der Natur der zu behandelnden Ware, beispielsweise
nach der Stärke der Fäden, der Art des Gewebes u. dgl., die Behandlung in weiten
Grenzen variieren, wenn man nur die charakteristischen, in der Beschreibung gegebenen
Schritte ausführt. Man kann auch verschiedene Säurechloride miteinander mischen,
man kann auch Gewebe, die nur teilweise aus Acetylcellulose bestehen, in der beschriebenen
Weise behandeln, wobei man dann den Zusatz der reagierenden Substanzen mit Berücksichtigung
der in der Ware enthaltenen Acetylcellulose berechnet. Es ist bekannt, Acetatseide
mit wässeriger oder alkoholischer Natronlauge zu tränken, den Überschuß der Lauge
zu entfernen, wobei das Material in der Regel getrocknet wird, und es dann mit Säurechloriden,
insbesondere auch mit Phosphoroxychlorid, zu behandeln. Bei diesem Verfahren tritt
an der Oberfläche des behandelten Materials eine sehr kräftige Phosphorylierung
ein, die die färberischen Eigenschaften des Materials verändert. Dieses Ziel ist
der Hauptzweck des Verfahrens, das aber im übrigen zwei Nachteile hat i. Der Verbrauch
an Oxychlorid ist außerordentlich stark, weil nicht nur so viel davon davon verlorengeht,
als von der Faser aufgenommen wird, sondern sich ein viel größerer Teil mit dem
Alkali und den Resten des Lösungsmittels umsetzt.
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2. Es tritt naturgemäß bei der außerordentlich hohen Alkaliempfindlichkeit
der Acetatseide eine Verschlechterung ihrer Eigenschaften ein, die man hätte in
Kauf nehmen müssen, um den Farbeffekt zu erzeugen.
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Die vorliegende Erfindung bezweckt nicht die Veränderung des färberischen
Effektes, sondern die Verbesserung der Wasserfestigkeit der Seide. Dazu bedurfte
es aber weiterer und anderer Maßnahmen. Diese Maßnahmen beruhen nun einerseits auf
der Erkenntnis, daß die Nebenbestandteile der natürlichen Faser, die man auf dem
in der vorliegenden Beschreibung -dargelegten Wege in die Acetatseide wieder einführt,
in sehr kleinen Mengen bereits eine außerordentlich hohe Wirksamkeit aufweisen,
und daß diese kleinen Mengen unter Anwendung sehr milder Mittel, insbesondere unter
Ausschluß der schädlichen und teuren Alkahsierung, mit überraschender Leichtigkeit
von der Faser chemisch gebunden werden.