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Verfahren zur Erhöhung der Dehnbarkeit von Streckkunstseidenfäden
aus Celluloseabkömmlingen Streckkunstseidenfäden werden in der Hauptsache nach dem
Naßspinnverfahren hergestellt. Bei -den üblichen Naßspinnverfahren sind die verschiedenen
Veränderlichen, wie Konzentration in der Spinnlösung, Konzentration im Fällbade,
Abzugsgeschwindigkeit oder Temperatur, bft so eng miteinander verknüpft, daß es
nicht leicht und bei manchen Verfahren sogar völlig ausgeschlossen ist, den Verstreckungsgrad
willkürlich wesentlich zu verändern. Dies ist insbesondere bei den bekannten Verfahren
zur Herstellung von "#-cetatstreckkunstseidenfäden der Fall. Die Unmöglichkeit,
den Verstreckungsgrad beliebig zu gestalten, macht es gleichzeitig unmöglich, Streeklmnstsei@denfäden
von beliebiger Dehnbarkeit herzustellen. Man ist an die den Verfahren eigentümliche
Dehnbarkeit der S treckkunstseidenfäd'en mehr oder weniger gebunden. Für gewisse
Verwendungszwecke der Streckkunstseidenfäden ist nun eine nicht zu niedere Dehnbarkeit
(Bruchdehnung) erwünscht. Ihre Verbesserung ist auch dann zu begrüßen, wenn sie
von einer mäßigen Festigkeitsabnahme der Streckkunstseide begleitet ist.
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Es ist bekannt, die Dehnbarkeit der Streckkunstseidenfäden nach ihrer
Herstellung beispielsweise durch Behandeln mit Quellungsmitteln zu erhöhen. Die
Quellungsmittel können einheitliche Flüssigkeiten oder Flüssigkeitsgemische sein;
ihre Anwendung erfolgt. bei einigen Verfahren bei. niederen, bei anderen Verfahren
bei hohen Temperaturen.
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Die bisher bekannten Verfahren haben jedoch meistens zwei Nachteile,
die sie in vielen Fällen unausführbar machen. Einmal ist die Streckkunstseide nach
dem Quellen und Trocknen spröde und hart; sie schrumpft
nicht nur,
sondern es treten oft auch Verklebungen und Verformungen beim Behandeln auf. Weiterhin
läßt sich die Wirkung der Ouellungsmittel schwer abmessen; sie ist in hohem Maße
abhängig von der Zusammensetzung der Quellungsbäder, der Tauchdauer und der Temperatur,
so daß man bei zeitlich aufeinanderfolgenden Versuchen durch geringe unwillkürliche
Abänderungen der Versuchsbedingungen Erzeugnisse, von uneinheitlichem Verhalten
erzielt.
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Ferner wurde bereits vorgeschlagen, Acetatstreckkunstseidcnfäden einer
teilweisen oder vollständigen Vcrseifung zu unterwerfen, um unter anderem auch die
Dehnbarkeit zu erhöhen. Die auf diese Weise erzielten Erfolge sind jedoch nicht
zufriedenstellend.
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Es wurde nun gefunden, daß sich die genannten Nachteile der bekannten
Verfahren vermeiden lassen, wenn man durch die Ouellbehandlung nur einen kleinen,
chemisch besonders gearteten Anteil der Streckkunstseide beeinflußt.
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Das vorliegende Verfahren hat nicht das Ziel, Effektfäden oder -gewebe
herzustellen, wie dies bei der bekannten Anwendung von Gespinsten aus Celluloseacetat
mit Zusätzen von Polyvinylverbindungen oder anderen hochpolymeren hydrophilen Verbindungen
und nachträglicher Schrumpfbehandlung der Zusätze der Fall ist, erfindungsgemäß
sollen vielmehr Fäden von normalem Aussehen hergestellt werden.
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Das neue Verfahren unterscheidet sich auch grundsätzlich von dem bekannten
Verfahren, nach dem Acetatkunstseide mit einem Zusatz von Nitromonornethylcellulose
gesponnen, denitriert, mit Acetatkunstseidenfäden ohne Zusatz verzwirnt und alsdann
in einem anorganische Mittel enthaltenden Schrumpfungsbade behandelt wird, das den
denitrierten Kunstseidenanteil stärker schrumpfen läßt als den reinen Acetatkunstseidenanteil
des zusammengezwirnten Fadens. Nach diesem bekannten Verfahren entsteht ein Effektfaden,
der an seiner Oberfläche die reinen Acetylcellulosefasern und im Innern die Fasern
aus Acetylcellulose mit dem Monomethylcellulosezusatz enthält.
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Dieerfindungsgemäß anzuwendenden Streckkunstseidenfäden müssen aus
mindestens zwei voneinander verschiedenen Celluloseabkömmlingen bestehen, die sich
jedoch gleichzeitig aus der gleichen Lösung und mit derselben Düse zu Kunstseide
verarbeiten lassen. Diese Streckkunstseidenfäden werden nun mit einer Flüssigkeit
oder einem Flüssigkeitsgemisch oder deren Dämpfen behandelt, die für die in geringerer
Menge, d. h. bis höchstens 3oo'o, vorhandene Komponente ein Lösungs- oder buellungsmittel,
für .die in größerer Menge vorhandene Komponente der Streckkunstseide dagegen wed
erLösungs- noch ausgesprochene Ouellungsmittel sind. Derartige Lösungs-oder Ouellungsmittel
sind beispielsweise Aceton, Äthylalkohol oder Chloroform. Die Wirkung dieser Flüssigkeiten
oder Dämpfe auf die Streckkunstseide ist also durch den Anteil der mengenmäßig gerichteten
Komponenten in der Ware im wesentlichen begrenzt. Infolgedessen haben Tauchdauer
oder Quellungsdauer, Temperatur oder ähnliche Bedingungen nur untergeordnetem Einfluß
auf das Ergebnis; ein Hartwerden oder Verkleben der Fäden kann bei richtiger Wahl
der beiden Streckkunstsei,denkomponenten nicht eintreten.
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Das vorliegende Verfahren ist nicht auf die Verwendung von bestimmten
Ausgangsstoffen beschränkt; es stellt an -die Rohstoffe nur folgende Anforderungen:
i. Beide Ausgangsstoffe müssen für sich allein in geeigneten Lösungsmitteln oder
als geeignete Abkömmlinge verspinnhar sein.
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z. Beide Ausgangsstoffe müssen ein gemeinsames Lösungsmittel haben,
aus dem sie gemeinsam versponnen werden können oder, falls ohne Lösungsmittel aus
dem Schmelzfluß versponnen werden soll, eine verspinnbare Mischschmelze ergeben.
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3. Bezüglich der Löslichkeit muß eine Flüssigkeit (Flüssigkeitsgemisch)
vorhanden sein, das nur für die eine Komponente, nicht aber auch oder nur in geringem
Maße für die andere Komponente Lösungs- oder Quellungsmittel ist.
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Es ist nicht erforderlich, daß die beiden Komponenten schon vor oder
bei dem Verspinnen chemisch voneinander verschieden waren. Beispielsweise kann durch
nachträgliches teilweises Entacetylicren oder Denitrieren oder durch nachträgliches
Acetylieren oder Nitrieren der Streckkunstseide die chemische Verschiedenartigkeit
auch erst an der gesponnenen Kunstseide herbeigeführt oder verstärkt werden, da
ja bekanntlich die Verseifung der Celluloseesterfä.den einerseits und die Veresterung
der Cellulosefasern andererseits heterogen verlaufen.
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Beispiel i Ein Gemisch aus 9o Gewichtsteilen Celluloseacetat und io
Gewichtsteilen Acetobutyrat wird mit Aceton in eine Spinnlösung übergeführt. Nach
dem Naßspinnverfahren werden Streckkunstseidenfäden hergestellt. Diese werden durch
2ostündiges Behandeln mit konzentrierter Ammoniaklösung einer Desacetylierung unterworfen,
die bei Celluloseacetat zu einem praktisch völligen Verlust der Acetylgruppen führt.
Das Celluloseacetobutyrat bleibt hingegen ;nahezu unangegriffen.
Die
so erhaltenen Streckkunstseidenfäden werden alsdann 1o Minuten lang in Aceton getaucht
und getrocknet. Das Aceton wirkt auf das Celluloseacetobutyrat als Quellungsmittel,
nicht jedoch auf den Bestandteil aus umgefällter Cellulose. Die Dehnbarkeit der
Streckkunstsei-denfäden wird durch diese Behandlung wesentlich erhöht, "vne sich
aus folgender Gegenüberstellung ergibt:
Vor der Nach der |
Behandlung Behandlung |
mit Aceton mit-Aceton |
Bruchdehnung 8,20/, 9,4% |
Reißfestigkeit 2,25 g[den er 2,39 g[denier. |
Beispiel e Acetatstreckkunstseidenfäden werden nur so lange einer @desacetylierenden
Behandlung unterworfen, daß noch etwa 1o bis 2o01, der Acetyl.gruppen erhalten bleiben,
was einem Gehalt von etwa 15 bis
3004 Celluloseacetat im Faden entspricht.
Erreicht wird dies beispielsweise durch 8- bis 15 stündiges Tauchen der Acetatstreckkunstseidenfäden
in konzentrierte Ammoniaklösung. Durch nachträgliches, wenige Minuten dauerndes
Behandeln mit Aceton, das auf die noch acetylgruppenhaltigen Celluloseanteile quellend
wirkt, wird eine deutliche Erhöhung der Dehnbarkeit erreicht. Im folgenden seien
die mechanischen Eigenschaften für eine 15 Stunden lang mit konzentrierter Ammoniaklösung
behandelte Ware angegeben:
Werden Acetatstrecldiunstseidenfäden der gleichen Art 24 Stunden lang mit konzentrierter
Ammoniaklösung behandelt, also praktisch völlig desacetyliert, so kann durch eine
nachträgliche Acetonbehandlung keine weitere Erhöhung der Dehnbarkeit mehr erreicht
werden, wie die folgenden Werte zeigen:
Vor der Nach der |
Behandlung - Behandlung |
mit"Aceton mit Aceton |
Bruchdehnung 4,3'/o 4,5% |
Reißfestigkeit 3,20 g/denier 3,48 g/d enier. |
Beispiel 3 Aus einem Gemisch aus 95 Gewichtsteilen Celluloseacetat und 5 Gewichtsteilen
Äthylcellulose werden-Streckkunstseidenfäden hergestellt. Diese Streckkunstseide
wird einige Minuten lang in Äthylalkohol getaucht. Die Erhöhung ihrer Dehnbarkeit
zeigen folgende Werte:
Vor der Nach der |
Behandlung Behandlung |
mit Äthyl- mit Äthyl- |
alkohol alkohol |
Bruchdehnung 5,0 0/, 6,5 % |
Reißfestigkeit 2,4 g/denier 1,9 g[denier. |
Beispiel 4 Aus einem Gemisch aus 95 Gewichtsteilen Gelluloseacetat und 5 Gewichtsteilen
Benzylcellulose werden Streckkunstseidenfäden hergestellt. Die fertige Streckkunstseide
wird einige Minuten lang in ein Gemisch aus 65 Teilen Chloroform und 35 Teilen Tetrachlorkohlenstoff
getaucht. Die Erhöhung ihrer Dehnbarkeit zeigen folgende Werte:
Vor der Nach-der |
Behandlung Behandlung |
mit Chloroform- mit Chloroform- |
Tetrachlor- Tetrachlor- |
kohlenstoff kohlenstoff |
Bruchdehnung 5,o0/, 7,20/, |
Reißfestigkeit 2,3 g/denier 2,o g/denier. |