Vorrichtung zum Richtpressen eines metallischen Flachproduktes
Gebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Richtpressen eines metallischen
Flachproduktes, ein Walzgerüst, insbesondere ein Horizontalwalzgerüst, mit dieser Vorrichtung sowie ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Walzgerüstes.
Stand der Technik
Walzgerüste, insbesondere Horizontalwalzgerüste, zum vorzugsweise horizontalen Walzen von metallischen Flachprodukten sind im Stand der Technik hinlänglich bekannt. Üblich sind beispielsweise Quarto-Gerüste mit zwei Arbeits- und zwei
Stützwalzen. Traditionell werden Walzgerüste ausschließlich zum Walzen von Stahl oder Nichteisenmetallen auf flacher Bahn genutzt.
Unabhängig davon sind Einrichtungen zum Richten, das heißt Flachrichten, von metallischen Flachprodukten, bekannt. Das Richten erfolgt typischerweise durch
Rollrichten oder durch Standpressen. Ein Beispiel für eine Portalrichtpresse findet sich z.B. auf dem Internetauftritt der Fa. Dunkes, Kirchheim unter Teck, DE,
Produktbeschreibung Portalrichtpresse. Bekannte Einrichtungen zum Richten weisen typischerweise einen oberen Pressrahmen mit einem Druckstempel und
einen unteren Pressrahmen mit einem Tisch zur Auflage des zu richtenden
Flachproduktes auf, wobei der obere Pressrahmen über dem unteren Pressrahmen angeordnet ist und beide Pressrahmen in vertikaler Richtung relativ zu einander verfahrbar sind. Der beschriebene bisherige Stand der Technik hat den Nachteil, dass für das Walzen und das Richten zwei getrennte Maschinen erforderlich sind. Damit sind ein erhöhter Platzbedarf und erhöhte Kosten verbunden.
Beschreibung der Erfindung
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zum Richtpressen eines metallischen Flachproduktes, ein Walzgerüst mit dieser Vorrichtung sowie ein
Verfahren zum Betreiben eines derartigen Walzgerüstes bereitzustellen, welche ein wirtschaftlich effizientes Richten von Flachprodukten ermöglichen.
Diese Aufgabe wird in Bezug auf die Vorrichtung durch den Gegenstand des
Anspruchs 1 gelöst. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass der obere Pressrahmen im Bereich seiner beiden Schmalseiten Tragelemente als Angriffspunkte für eine Balanciereinrichtung für die obere Arbeitswalze in einem Walzgerüst aufweist; und dass der untere Pressrahmen im Bereich seiner beiden Schmalseiten
Abstützelemente zum Abstützen an den Ständern des Walzgerüstes aufweist. Der Begriff metallisches Flachprodukt meint im Rahmen der vorliegenden
Beschreibung beispielsweise eine Metall platte oder ein Blech oder ein Metallband.
Der Begriff Balanciereinrichtung meint gegebenenfalls nicht nur eigenständige
Balancierzylinder für die Arbeitswalzen, sondern schließt auch eine Biegeeinrichtung, insbesondere Biegezylinder, die eine Balancierfunktion für die Arbeitswalzen ausführen, mit ein.
Der Begriff Tisch meint grundsätzlich eine Platte. Bei der Mulde in dem Tisch bzw. der Platte handelt es sich im einfachsten Fall um eine Aussparung.
Der Tisch mit der Mulde ist typischerweise an dem unteren Pressrahmen und der Druckstempel an dem oberen Pressrahmen angebracht; aber auch die umgekehrte Anordnung ist möglich.
Bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung, auch Richtkassette genannt, handelt es sich vorteilhafterweise um einen Einschub für ein Walzgerüst, welcher anstelle der
Arbeitswalzen in das Walzgerüst einschiebbar ist. Das Walzgerüst ist nicht nur in einem Betriebsmodus„Walzen" (mit eingebauten Arbeitswalzen), sondern alternativ auch in einem Betriebsmodus„Richtpressen" (mit anstelle der Arbeitswalzen eingebautem Einschub) betreibbar. In dem Betriebsmodus„Richtpressen" werden die in dem (Horizontal-) Walzgerüst zur Verfügung stehenden hydraulischen
Anstellzylinder für die Stützwalzen sinnvoll genutzt zum Bereitstellen großer
Richtkräfte, die eine grundlegende Verbesserung des Richtens insbesondere dicker Bleche bewirken können. Dieser Alternativbetrieb ist insbesondere für Walzgerüste vorteilhaft, die aufgrund geringer jährlich geplanter Produktionsmengen (z.B. für Sondermaterial) allein durch den Walzbetrieb keine Vollauslastung erfahren. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit bietet sich dann der alternative Richtpressbetrieb an, um Stillstandszeiten des
Walzgerüstes zu vermeiden und das Walzgerüst auf diese Weise wirtschaftlich besser auszunutzen. Die erfindungsgemäße Vorrichtung, das heißt der Einschub für ein Walzgerüst, ist deutlich billiger und platzsparender als eine eigenständige (Portal-) Richtpresse.
Gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel ist der obere Pressrahmen während des Ein- und Ausbaus der Richtkassette in das bzw. aus dem Walzgerüst über
Stützbolzen auf dem unteren Pressrahmen abgestützt. Während des
Richtpressbetriebs sind die Stützbolzen dagegen in zugeordneten Bohrungen in den gegenüberliegenden Pressrahmen eingetaucht. Auf diese Weise wird beim Richten eine unerwünschte seitliche Verschiebung des Druckstempels unterbunden. Die vertikale Positionierung von oberem und unterem Pressrahmen relativ zueinander erfolgt über diejenigen Zylinder, die im Walzbetrieb der Biegung oder Balancierung der Arbeitswalzen dienen.
An einer Schmalseite der Richtkassette, vorzugsweise an einer Schmalseite des unteren Pressrahmens, kann ein Koppelelement angebracht sein zum lösbaren Ankoppeln der Richtkassette an eine Walzenwechselvorrichtung. Mit Hilfe der
Walzenwechseleinrichtung, insbesondere einer Zug- oder Schubeinrichtung, kann die
Richtkassette vorteilhafterweise recht einfach - typischerweise auf der Bedienseite - in das Walzgerüst ein- und ausgefahren werden.
Erfindungsgemäß sind Schienen in Längsrichtung des oberen und/oder des unteren Pressrahmens verlegt und sind der Druckstempel und/oder der Tisch an den
Pressrahmen jeweils als Schlitten ausgebildet zum Verfahren auf den Schienen in Längsrichtung der Pressrahmen. Diese konstruktive Ausgestaltung ermöglicht vorteilhafterweise ein einfaches und genaues Platzieren des Druckstempels über einem zu richtenden Fehler bzw. einer Unebenheit in dem Flachprodukt.
Der obere Pressrahmen weist an einer seiner Schmalseiten eine obere
Antriebseinrichtung, vorzugsweise einen oberen Spindelantrieb auf, zum Verfahren des Schlittens in Form des Druckstempels oder des Tisches auf den Schienen des oberen Pressrahmens. Weiterhin weist der untere Pressrahmen an einer seiner Schmalseiten eine untere Antriebseinrichtung, vorzugsweise einen unteren
Spindelantrieb, auf zum Verfahren des Schlittens in Form des Tisches oder des Druckstempels auf den Schienen des unteren Pressrahmens. Vorzugsweise handelt es sich bei den Schmalseiten des Pressrahmen, wo die Antriebseinrichtungen montiert sind, um diejenigen Seiten, welche nach Einschub der Richtkassette in das Walzgerüst auf dessen Bedienseite liegen, da dort relativ einfach Energie- und Medienverbindungen umgekoppelt werden können.
Die oben genannte Aufgabe wird weiterhin durch das Walzgerüst gemäß Anspruch 6 und durch das Verfahren zum Betreiben des Walzgerüstes gemäß Anspruch 10 gelöst. Die Vorteile dieser Lösungen entsprechen im Wesentlichen den oben mit Bezug auf die erfindungsgemäße Vorrichtung genannten Vorteilen.
Eine Steuereinrichtung des Walzgerüstes ist ausgebildet, beide Betriebsmodi, das heißt, den„Walzbetrieb" und den„Richtpressbetrieb" bereitzustellen. Der Betreiber des Walzgerüstes hat die Möglichkeit, je nach Bedarf einen der beiden Betriebsmodi auszuwählen.
Vorteilhafte Ausgestaltungen des Walzgerüstes und des Verfahrens sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
Der Beschreibung sind sechs Figuren beigefügt, wobei
Fig. 1 eine perspektivische Ansicht der erfindungsgemäßen Vorrichtung bzw.
Richtkassette;
Fig. 2 die Vorrichtung in einem Längsschnitt;
Fig. 3 ein Quarto-Walzgerüst mit der eingebauten erfindungsgemäßen
Vorrichtung bei aufgefahrener oberer und unterer Stützwalze;
Fig. 4. das Walzgerüst nach Fig. 3 in einem Ausgangszustand für den
Richtpressbetrieb mit der oberen und unteren Stützwalze jeweils in einer Anschlagposition für die Pressrahmen;
Fig. 5 eine Draufsicht auf das Walzgerüst mit ausgezogener Vorrichtung und eine Walzenwechseleinrichtung; und
Fig. 6 ein Flußdiagramm zur Veranschaulichung der Schritte zur
Vorbereitung des Richtpressbetriebs zeigt.
Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die genannten Figuren in Form von Ausführungsbeispielen detailliert beschrieben. In allen Figuren sind gleiche technische Elemente mit gleichen Bezugszeichen bezeichnet.
Figur 1 zeigt eine perspektivische Ansicht der erfindungsgemäßen Vorrichtung 100, auch Richtkassette genannt, zum Richtpressen eines metallischen Flachproduktes,
z.B. eines Bleches in einem Walzgerüst. Die Vorrichtung 100 besteht aus einem oberen Pressrahmen 110 und einem unteren Pressrahmen 120. Fig. 1 zeigt die Richtkassette in ausgebautem Zustand, d.h. nicht eingebaut in ein Walzgerüst. In diesem Zustand ist der obere Pressrahmen 110 in Längsrichtung versetzt zu dem unteren Pressrahmen 120 angeordnet. Der obere Pressrahmen 1 10 stützt sich typischerweise über Stützbolzen 130 auf dem unteren Pressrahmen 120 ab. Die Stützbolzen 130 sind im Bereich der Schmalseiten der Pressrahmen 1 10, 120 angeordnet und vorzugsweise an dem oberen Pressrahmen fest montiert. Der obere Pressrahmen 1 10 hat im Bereich seiner Schmalseiten Tragelemente 1 14 ausgebildet, die bei Einbau in ein Walzgerüst als Angriffspunkte für eine
Balanciereinrichtung, beispielsweise Balancierzylinder für die obere Arbeitswalze in dem Walzgerüst dienen. Ähnlich hat der untere Pressrahmen 120 im Bereich seiner Schmalseiten Abstützelemente 124 ausgebildet, die bei Einbau in das Walzgerüst zum Abstützen an den Ständern des Walzgerüstes dienen. Genauer gesagt, handelt es sich bei den Abstützelementen 124 um Gleitelemente oder Rollen, welche beim Einbau der Richtkassette in das Walzgerüst und beim Ausbau der Richtkassette aus dem Walzgerüst auf den ohnehin in dem Walzgerüst vorhandenen Schienen 370 für den Ein- und Ausbau der Arbeitswalzen gleiten bzw. rollen; siehe auch Fig. 3.
Für den Einbau in ein Walzgerüst entspricht die Längserstreckung des oberen und unteren Pressrahmens zumindest näherungsweise der Breite des Walzgerüstes von der Antriebs- zur Bedienseite. Weiterhin ist in Fig. 1 ein Koppelelement 140 an einer Stirnseite der Vorrichtung 100 zu erkennen zum lösbaren Ankoppeln der Vorrichtung bzw. Richtkassette an eine Zug- oder Schubeinrichtung 400. Die Zug- oder Schubeinrichtung 400 dient dazu, die Richtkassette 100 mit dem oberen und unteren Pressrahmen aus dem Gerüstbereich heraus bzw. in den Gerüstbereich hinein zu bewegen. Bei der Zug- oder
Schubeinrichtung handelt es sich vorzugsweise um eine (Walzen-)
Wechselvorrichtung, insbesondere um eine Walzenwechsellokomotive, siehe Fig. 5.
Figur 2 zeigt einen Längsschnitt durch die erfindungsgemäße Vorrichtung 100. Auch Fig. 2 zeigt die Richtkassette in ausgebautem Zustand mit versetzt angeordnetem oberen und unteren Pressrahmen, wie oben in Bezug auf Fig.1 beschrieben. An dem oberen Pressrahmen 1 10 sind vorzugsweise an seiner dem unteren Pressrahmen zugewandten Seite Schienen 150-1 in Längsrichtung des oberen Pressrahmens verlegt. Auf den Schienen 150-1 ist ein Druckstempel 1 12, der als Schlitten
ausgebildet ist, verfahrbar angeordnet. An dem unteren Pressrahmen 120 sind vorzugsweise an dessen dem oberen Pressrahmen zugewandten Oberseite ebenfalls Schienen 150-2 in Längsrichtung des unteren Pressrahmens angeordnet. Auf den Schienen 150-2 ist ein als Schlitten ausgebildeter Tisch 122 zum Auflegen des zu richtenden Flachproduktes verfahrbar angeordnet; siehe die horizontalen Pfeile in Fig. 2. Der Tisch weist, wie in Fig. 1 zu erkennen ist, eine Mulde 123 auf, als Raum in welchen das Material des Flachproduktes während des Richtvorganges
hineingedrückt bzw. überstreckt werden kann.
An einer seiner Stirnweiten weist der obere Pressrahmen 1 10 eine obere
Antriebseinrichtung 210 auf zum Verfahren des als Schlitten ausgebildeten
Druckstempels 112 auf den Schienen 150-1 des oberen Pressrahmens.
Vorzugsweise an der gleichen Stirnseite weist auch der untere Pressrahmen 120 eine untere Antriebseinrichtung 220 auf zum Verfahren des als Schlitten ausgebildeten Tisches 122. Die Antriebseinrichtungen 210, 220 sind vorzugsweise an denjenigen Stirnseiten der Pressrahmen 1 10, 120 angebracht, die bei Einbau der Vorrichtung 100 in ein Walzgerüst auf der Bedienseite des Walzgerüstes liegen. Mit Hilfe der
Antriebseinrichtungen 210, 220, die vorzugsweise jeweils als Spindelantriebe ausgebildet sind, können dann der Tisch 122 und der Druckstempel 112,
vorzugsweise unabhängig voneinander, entlang der Schienen 150-1 , 150-2 jeweils geeignet positioniert werden. Geeignet positionieren heißt insbesondere, dass der Tisch 122 und der Druckstempel 112 relativ zueinander so verfahren werden, dass der Druckstempel 112 genau im Bereich der zu richtenden Unebenheit in dem
Flachprodukt positioniert wird.
Fig. 3 zeigt das erfindungsgemäße Walzgerüst 300, hier beispielhaft ein Quarto- Walzgerüst mit zwei Stützwalzen 310, 320 und normalerweise auch zwei
Arbeitswalzen, die allerdings in Fig.3 nicht gezeigt, weil ausgebaut sind. Die obere Stützwalze 310 und die untere Stützwalze 320 sind beide aufgefahren. Anstelle der Arbeitswalzen ist die erfindungsgemäße Vorrichtung 100, das heißt die Richtkassette in das Walzgerüst 300 eingebaut. Zu erkennen ist, dass sich der untere Pressrahmen 120 mit seinen Abstützelementen 124 auf den Schienen 370 für den Wechsel der Arbeitswalzen abstützt. Weiterhin ist zu erkennen, dass der obere Pressrahmen 1 10 über seine Tragelemente 114 lösbar an eine Balanciereinrichtung 330 angekoppelt ist bzw. von dieser in vertikaler Richtung abgestützt wird. Die Balanciereinrichtung 330 dient normalerweise, wenn das Walzgerüst in einem Betriebsmodus„Walzen" betrieben wird, zum Balancieren, das heißt zum Kompensieren der Gewichtskraft der oberen Arbeitswalze. Fig. 3 zeigt das Walzgerüst 300 mit der eingebauten
Richtkassette umgerüstet für einen erfindungsgemäßen Betriebsmodus
„Richtpressen". In diesem Fall dient die Balanciereinrichtung, wie gesagt, zum Tragen, das heißt zum Kompensieren der Gewichtskraft des oberen Pressrahmens 110. In Fig. 3 hat die aufgefahrene obere Stützwalze 310 zunächst noch keinen Kontakt zu dem oberen Pressrahmen 1 10 und hat die untere Stützwalze 320 zunächst noch keinen Kontakt zu dem unteren Pressrahmen 120; insofern zeigt Fig. 3 das
Walzgerüst in einem Vorbereitungszustand für den Richtpressbetrieb.
Fig. 4 zeigt das erfindungsgemäße Walzgerüst 300 ebenfalls mit eingebauter
Richtkassette 100. Im Unterschied zu Fig. 3 ist aber hier die untere Stützwalze 320 mit Hilfe einer Vertikal-Anstelleinrichtung 340 von unten gegen den unteren
Pressrahmen 120 angestellt. Auf diese Weise wird der untere Pressrahmen 120 zumindest ein wenig von den Schienen 370 für den Arbeitswalzenwechsel abgehoben und gegen im Richtpressbetrieb auftretende in vertikaler Richtung wirkende
Richtkräfte abgestützt. Gleichzeit ist zu erkennen, dass die obere Stützwalze 310 mit Hilfe der mechanischen Anstellung 360 in einer vorgegebenen Anschlagsposition für den oberen Pressrahmen 1 10 platziert ist. Außerdem ist der obere Pressrahmen 1 10 mit Hilfe der Balanciereinrichtung 330 kraftschlüssig und spielfrei gegen die obere Stützwalze 310 in der Anschlagsposition angestellt. Der beschriebene Zustand, wie er
in Fig. 4 dargestellt ist, zeigt das Walzgerüst in einem Ausgangszustand für den Richtbetrieb. Zwischen dem Druckstempel 112 und dem Tisch 122 ist ein Freiraum zu erkennen, in welchen das zu richtende Flachprodukt eingefahren werden kann. Auf Fig. 5 wurde oben in Verbindung mit Fig. 1 bereits Bezug benommen.
Nachfolgend wird das Verfahren zum Betreiben des Walzgerüstes 300 in dem erfindungsgemäßen Betriebsmodus„Richtpressen" näher beschrieben. Dabei ist zunächst nochmals wichtig festzustellen, das der Betriebsmodus„Richtpressen" von dem Betreiber des Walzgerüstes alternativ zu einem Betriebsmodus„Walzen" frei wählbarer ist. Weil der Betriebsmodus„Walzen" hinlänglich bekannt ist, wird darauf in der vorliegenden Beschreibung nicht näher eingegangen.
In Vorbereitung für den Einbau der Richtkassette 100 in das Walzgerüst werden zunächst die obere und die untere Stützwalze aufgefahren und die Arbeitswalzen über die Schienen 370 aus dem Walzgerüst ausgefahren. Die Richtkassette befindet sich zunächst noch außerhalb des Walzgerüstes. Der obere Pressrahmen 1 10 stützt sich dann typischerweise über die Stützbolzen 130 - in Längsrichtung versetzt und zur Antriebsseite des Walzgerüstes vorstehend - auf dem unteren Pressrahmen 120 ab, wie in den Figuren 1 und 2 gezeigt. Der Einbau der Richtkassette 100 in das
Walzgerüst umfasst dann folgende Schritte :
- Einfahren der Richtkassette mit Hilfe der Zug- oder Schubeinrichtung 400 auf den Schienen 370 für einen Arbeitswalzenwechsel in das Walzgerüst, bis der obere Pressrahmen 1 10 von innen an den antriebsseitigen Ständer des Walzgerüstes anschlägt;
- Schließen der oberen Arbeitswalzenverriegelung;
- Hochfahren der Balanciereinrichtung 330 zum Abstützen des oberen Pressrahmens 1 10 an dessen Tragelementen 1 14;
- Weiteres Einfahren der Richtkassette mit Hilfe der Wechseleinrichtung in das
Walzgerüst, bis auch der untere Pressrahmen 120 mit seinen Abstützelementen 124 von innen an den antriebsseitigen Ständer des Walzgerüstes anschlägt; und
- Schließen der unteren Arbeitswalzenverriegelung.
Dabei wird dann der untere Pressrahmen 120 relativ zu dem - durch den
antriebsseitigen Walzständer - in seiner Horizontalbewegung blockierten oberen Pressrahmen 1 10 verschoben. Der obere und untere Pressrahmen stehen dann nicht mehr versetzt, sondern symmetrisch einander gegenüber. Dabei werden gleichzeitig auch die Stützbolzen 130 in eine Gegenüberstellung zu komplementären Bohrungen in dem gegenüberliegenden Pressrahmen verschoben. In der Gegenüberstellung zu den Bohrungen haben die Stützbolzen keine Stützfunktion mehr für den oberen Pressrahmen; die Stützfunktion wird stattdessen von der Balanciereinrichtung für die Arbeitswalzen übernommen.
Nach dem Einbau der Richtkassette in das Walzgerüst werden das Walzgerüst und die Richtkassette in einen Ausgangszustand für den„Richtbetrieb" gefahren, wie er in Fig. 4 gezeigt ist. Dazu werden folgende Schritte ausgeführt:
Herunterfahren der oberen Stützwalze 310 in eine obere Anschlagposition für den oberen Pressrahmen 1 10;
Anstellen des oberen Pressrahmens 1 10 gegen die obere Anschlagposition mit Hilfe der Balancierzylinder 330;
Hochfahren der unteren Stützwalze 320 in eine untere Anschlagposition für den unteren Pressrahmen und dabei Anheben des unteren Pressrahmens 120 in spielfreiem Kontakt zu der unteren Stützwalze in die untere Anschlagsposition, in welcher der untere Pressrahmen 120 keinen Kontakt mehr mit den Schienen 370 für den Wechsel der Arbeitswalzen hat.
In dem Ausgangszustand für den„Richtbetrieb" verbleibt zwischen dem Druckstempel 1 12 und dem Tisch 122 noch ein Freiraum, in welchen das zu richtende Flachprodukt eingefahren werden kann, wie oben unter Bezugnahme auf Fig. 4 beschrieben wurde. Der eigentliche Betriebsmodus„Richtpressen" weist - ausgehend von dem
Ausgangszustand des Walzgerüstes für den Richtpressbetrieb - folgende Schritte auf:
- Einfahren des Flachproduktes in das Walzgerüst in den Freiraum zwischen dem
Druckstempel 1 12 und dem Tisch 122 ;
Positionieren des zu richtenden Flachproduktes in Relation zu dem Tisch des unteren Pressrahmens 120 so, dass sich eine herauszudrückende Unebenheit nach oben zu dem oberen Pressrahmen 110 hin erhebt und sich zwischen den beiden Pressrahmen befindet;
- Positionieren des Tisches 122 mit dem Flachprodukt und/oder des Druckstempels 1 12 durch Querverfahren des Druckstempels oder des Tisches so, dass der
Druckstempel 1 12 über der Unebenheit steht; und
- Richten des Flachproduktes durch Anheben der unteren Stützwalze mit dem darauf abgestützten unteren Pressrahmen 120 mit Hilfe der vorzugsweise hydraulischen
Vertikal-Anstelleinrichtung für die untere Stützwalze 320 zum Andrücken des auf dem Tisch des unteren Pressrahmens aufliegenden Flachproduktes von unten gegen den Druckstempel 112 an dem oberen Pressrahmen zum Herausdrücken der Unebenheit aus dem Flachprodukt.
Das besagte Richten des Flachproduktes durch Drücken des Flachproduktes von unten wird gewählt, wenn die hydraulische Vertikal-Anstelleinrichtung unten im Walzgerüst vorhanden ist zum Drücken der unteren Stützwalze 320 nach oben.
Generell kann die Position von Druckstempel und Mulde im Vergleich zum
Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 1 bis 4 vertauscht werden, sodass sich in diesem Fall die herauszudrückende Unebenheit nach unten hin erstreckt. In diesem Fall drückt der Stempel von unten gegen den oben liegenden Tisch mit der Mulde.
Vor Beginn des Richtpressbetriebs kann ein Richtplan zum Richtpressen des
Flachproduktes erstellt werden unter Berücksichtigung von Daten zu dem
Flachprodukt, wie Materialgüte, Dicke und Breite, unter Berücksichtigung von
Informationen zu der Unebenheit, wie Lage des Fehlers, Größe / Tiefe und Art des Fehlers, sowie optional auch unter Einbeziehung eines Prozessmodells. Die zu richtende Unebenheit in dem Flachprodukt kann z.B. mit Hilfe eines Scanners in Form von Bildern automatisch erfasst werden. Die Informationen über die
Unebenheit können dann durch Auswerten der Bilder des Scanners vorzugsweise
zumindest teilweise automatisch ermittelt werden.
Zur Gewährleistung eines guten Richtergebnisses kann die jeweils aktuelle Position des Flachproduktes regelmäßig überwacht und im Falle einer festgestellten
Abweichung von einer jeweiligen Sollposition korrigiert werden.
Nach Durchführung des Richtbetriebs kann das Ergebnis des Richtpressvorganges überwacht und mit einem vorgegebenen Soll-Ergebnis verglichen werden. Das heißt, es kann überprüft werden, inwieweit die ursprüngliche Unebenheit in dem
Flachprodukt nun bereits beseitigt ist. Bei einer festgestellten unzureichenden Qualität des Richtergebnisses, d.h. einer noch unzureichenden Beseitigung der Unebenheit kann das Richten wiederholt werden.
Nach Beendigung des Richtbetriebs, d.h. nach dem Herausdrücken der Unebenheit, werden die beiden Stützwalzen 310, 320 sowie der obere und der untere
Pressrahmen wieder aufgefahren. Für den Ausbau der Richtkassette aus dem
Walzgerüst werden die oben für den Einbau der Richtkassette in das Walzgerüst beschriebenen Schritte in umgekehrter Reihenfolge ausgeführt. Sämtliche Schritte des Verfahrens können manuell durchgeführt bzw. gesteuert werden. Vorzugsweise werden sie jedoch zumindest teilweise automatisch
ausgeführt.
Bezugszeichenliste
100 Vorrichtung
1 10 oberer Pressrahmen
1 12 Druckstempel
1 14 Tragelemente des oberen Pressrahmens
120 unterer Pressrahmen
122 Tisch
123 Mulde
124 Abstützelement des unteren Pressrahmens
130 Stützbolzen
140 Koppelement
150-1 Schienen am oberen Pressrahmen
150-2 Schienen am unteren Pressrahmen
210 obere Antriebseinrichtung
220 untere Antriebseinrichtung
300 Walzgerüst
310 obere Stützwalze
320 untere Stützwalze
330 Balanciereinrichtung
340 Vertikal-Anstelleinrichtung für untere Stützwalze
350 Ständer des Walzgerüstes
360 Vertikal-Anstellung für obere Stützwalze
370 Schienen für Arbeitswalzenwechsel im Walzgerüst
400 Zug- oder Schubeinrichtung bzw. Walzenwechsellokomotive