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Drehgestellantrieb von Schienenfahrzeugen Die Erfindung betrifft einen
Drehgestellantrieb von Schienenfahrzeugen, bei dem von einer am Rahmen des Fahrzeugs
(Hauptrahmen) gelagerten Kraftmaschine aus über ein den größten Teil der Übersetzung
bewirkendes, gleichfalls am Hauptrahmen gelagertes Übertragungsgetriebe (Hauptgetriebe)
mittels Kardanwellen, deren eines Gelenk mit einem am Hauptrahmen und deren anderes
Gelenk mit einem am Drehgestell gelagerten Wellenstummel verbunden ist, zwei Radsätze
eines Drehgestells angetrieben werden. Insbesondere ist an einen Drehgestellantrieb
von dieselhydraulischen Lokomotiven gedacht; es können aber auch andere Kraftmaschinen
(z. B. Dampfturbinen oder -rnotoren) in Betracht kommen. Schienenfahrzeuge mit Triebdrehgestellen
haben die günstige Eigenschaft, daß im allgemeinen hinsichtlich des Bogenlaufs keine
Schwierigkeiten zu erwarten und auch bei hohen Fahrgeschwindigkeiten gute Laufeigenschaften
vorhanden sind. Die gute Kurvenläufigkeit spielt vor allem bei Schmalspur eine große
Rolle.
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Bei Triebwagen mit Triebdrehgestellen sitzen gewöhnlich in der einen
Hälfte des Triebdrehgestells der Motor, z. B. der Dieselmotor, in der anderen das
den größten Teil der Übersetzung bewirkende Übertragungsgetriebe (Hauptgetriebe).
Dieses ist meistens als Strömungsgetriebe ausgebildet. dein je ein mechanisches
Getriebe vor- und nachgeschaltet
sind. Vom Hauptgetriebe werden
die Radsätze in Gruppen- oder Einzelantrieb über längs laufende Kardanwellen mit
zwei Gelenken angetrieben.
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Bei Lokomotiven mit Triebdrehgestellen finden mit Rücksicht auf den
Bogenlauf oder die Größe der Motorleistung Hauptgetriebe und Motor oft nicht mehr
zusammen im Triebdrehgestell Raum. Wenigstens eins von beiden muß im Rahmen des
Fahrzeugs (Hauptrahmen) gelagert werden. Bei elektrischer Kraftübertragung ist es
verhältnismäßig einfach, die Kraft mittels elektrischer Leitungen vom Hauptrahmen
auf die Radsätze des Triebgestells zu übertragen. Anders verhält es sich jedoch,
wenn eine Kraftübertragung durch mechanische oder Strömungsgetriebe verlangt wird.
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Bei einem bekannten Drehgestellantrieb der eingangs beschriebenen
Art, der für Motortriebwagen bestimmt ist, werden die Kardanwellen für beide Radsätze
unmittelbar von einer einzigen Ausgangswelle des Strömungsgetriebes, das zwischen
den beiden Drehgestellradsätzen am Hauptrahmen angeordnet ist, angetrieben. Die
beiden Radsätze sind dabei über ihre Kardanwellen mechanisch miteinander verbunden,
was bekanntlich, z. B. wegen der bei ungleichen Laufkreisdurchmessern der beiden
Radsätze auftretenden Verspannung, nachteilig ist. Ein weiterer Nachteil dieser
und ähnlicher Antriebe besteht darin, daß der Radstand verhältnismäßig groß gewählt
werden muß, und zwar mit Rücksicht darauf, daß die Kardanwellen, deren Länge kleiner
als der halbe Radstand ist, nicht nur lotrechte Bewegungen infolge der Fahrgestellfederung,
sondern auch waagerechte Bewegungen infolge der Auslenkung des Drehgestells bei
Kurvenfahrt ausgleichen müssen. Ein großer Radstand des Drehgestells bedingt aber
wieder eine verringerte Kurvenbeweglichkeit des Fahrzeugs.
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Den zuletzt geschilderten Nachteil weist auch eine andere bekannte
Anordnung auf, bei der zwei Radsätze eines Drehgestells von zwei im Hauptrahmen
nebeneinandergelagerten Elektromotoren unabhängig voneinander über je eine Kardanwelle
angetrieben werden. Hierbei sind im Drehgestell außerdem Zwischengetriebe vorgesehen,
die den Raum zwischen den Radsätzen in Längs- und Querrichtung ausfüllen und daher
sowohl den Spielraum und die Zugänglichkeit dieser Teile behindern als auch die
Abmessungen und das Gewicht des Drehgestells vergrößern.
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Bei den beschriebenen bekannten Drehgestellantrieben tritt noch eine
weitere Schwierigkeit auf: Da in allen diesen Fällen die vom Hauptrahmen in das
Drehgestell führenden Kardanwellen in ihrer ganzen Länge in Fahrtrichtung entweder
vor oder hinter dem Drehzapfen des Drehgestells verlaufen, werden sie bei Kurvenfahrt
in entgegengesetztem Sinn abgebeugt wie die zugehörigen im Drehgestell gelagerten
Wellenstummel, wodurch an den beiden Gelenken der Kardanwelle ungleiche Beugungswinkel
entstehen. Dies bedingt eine besonders für die Achsgetriebe der Radsätze schädliche
Ungleichförmigkeit in der Übertragung der Drehbewegung, da die letztere nach den
bei Kardanantrieben gültigen Regeln nur dann gleichförmig bleibt, wenn die Beugungswinkel
an beiden Gelenken der Kardanwelle untereinander gleich sind.
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Es ist nun bekannt und leicht einzusehen, daß die letztgenannte Bedingung
bei einer Kardanwelle dann erfüllt ist, wenn deren Achse bei Geradeausfahrt die
Achse des Drehzapfens schneidet und deren Gelenke von der Achse des Drehzapfens
gleich weit entfernt sind. Die hierbei erforderliche gegenseitige Durchdringung
von Kardanwelle und Drehzapfen führt jedoch zu erheblichen Schwierigkeiten hinsichtlich
Gestaltung und Zusammenbau, besonders dann, wenn wie im vorliegenden Fall zwei Kardanwellen
mit den genannten Merkmalen vom Hauptrahmen in das Drehgestell geführt werden sollen.
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Hier setzt die Erfindung ein, Sie beruht auf der Erkenntnis, daß auch
eine bei Geradeausfahrt mit beliebigem Abstand am Drehzapfen des Drehgestells vorbeiführende
Kardanwelle bei jeder beliebigenLage des Drehgestells untereinander gleiche Beugungswinkel
an ihren beiden Gelenken aufweist und daher eine gleichförmige Übertragung der Winkelgeschwindigkeit
gewährleistet, wenn nur diese beiden Gelenke von der Achse des Drehzapfens gleich
weit entfernt sind.
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Von dieser Erkenntnis ausgehend, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen,
daß bei einem Drehgestellantrieb der eingangs beschriebenen Art von den beiden am
Hauptrahmen vorgesehenen Lagerstellen für die Wellenstummel zum Anschluß an die
KarcTanwellen die eine vor und die andere auf der anderen Seite hinter dem Drehzapfen
des Drehgestells angeordnet ist und daß die beiden Gelenke jeder der beiden nunmehr
seitlich am Drehzapfen des Drehgestells vorbeiführenden Kardanwellen gleich weit
vom Drehzapfen entfernt sind.
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Damit ist ein Drehgestellantrieb von Schienenfahrzeugen geschaffen,
mit dem bei geringem baulichemAufwand eineverhältnismäßig großeLeistung vom Hauptrahmen
auf zwei unabhängig voneinander angetriebene Radsätze eines Drehgestells übertragen
werden kann, und zwar mit einer derartigen Anordnung der kraftübertragenden Teile
(Kardanwellen, Zahnräder od. dgl.), daß diese auch bei schmalen und kurzen Drehgestellen
sowie bei kurzem Abstand mehrerer Drehgestelle voneinander den erforderlichen Spielraum
beim Kurvenlauf. Durchfedern usw. besitzen und dabei außerdem stets eine gleichförmige
Übertragung der Drehbewegung gewährleisten.
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Es ist zwar bekannt, die beiden Radsätze eines Drehgestells unabhängig
voneinander über zwei in entgegengesetzten Richtungen und an verschiedenen Seiten
des Drehzapfens vorbeiführende Kardanwellen anzutreiben. Hierbei liegen aber sämtliche
Antriebsteile, auch Motor und Hauptgetriebe, im Drehgestellrahmen, so daß die Kardanwellen
nicht vom Hauptrahmen in das Drehgestell führen und daher bei Kurvenfahrt auch keine
seitlichen Abbeugungen erfahren.
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Die Aufgabe, bei Kurvenfahrt die Beugungswinkel an den Gelenken untereinander
gleichzuhalten
und damit eine gleichförmige Übertragung der Drehbewegung
zu bewahren, tritt hier also überhaupt nicht auf.
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Die geschilderten und weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich
aus der Zeichnung, in der drei Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt sind,
sowie aus der zugehörigen Erläuterung und den Patentansprüchen. Im einzelnen zeigt
Fig. z die linke Hälfte einer Drehgestell-Diesellokomotive nach dem ersten Beispiel,
Fig. 2 einen Schnitt nach der Linie II-II in Fig. i, Fig.3 den zugehörigen Grundriß
unter Weglassung des Motors, Fig.4 ein Schaubild, das die Lagenänderung der Kardanwelle
des Triebgestells bei Kurvenfahrt stark übertrieben verdeutlicht, Fig. 5 eine der
Fig. i entsprechende Teildarstellung des zweiten Beispiels in kleinerem Maßstab,
Fig. 6 eine ebenfalls Fig. i entsprechende Darstellung des dritten Beispiels in
noch kleinerem Maßstab.
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Beim ersten Beispiel (Fig. i bis 4) ruht der Fahrzeugrahmen i (Hauptrahmen)
auf zwei Drehgestellen 2 mit je zwei einzeln getriebenen Radsätzen 3, 4.. Auf dem
Hauptrahmen i ist der in Fahrzeuglängsrichtung aufgestellte Dieselmotor 5 im Raum
oberhalb des Drehzapfens 6 des Triebdrehgestells gelagert. Oberhalb des in Fig.
i und 3 rechten Radsatzes 3 ist das den größten Teil der Übersetzung bewirkendeübertragungsgetriebe
7 (Hauptgetriebe) angeordnet, das gleichfalls am Hauptrahmen i gelagert ist. Das
Hauptgetriebe 7 besteht aus zwei gleichen, nebeneinander angeordneten Vorschaltgetrieben
8, zwei Strömungsgetrieben 9 und einem mechanischen Nachschaltgetriebe io. Jedes
Vorschaltgetriebe 8 wird durch zwei Zahnräder i i, 12 gebildet, von denen das eine,
i i, am freien Ende einer Verlängerung 13 der Motorwelle sitzt. Das Nachschaltgetriebe
io hat Zahnräder 14, die es ermöglichen, daß jedes Strömungsgetriebe g je einen
Radsatz 3, 4 einzeln antreibt und bei Fahrtrichtungsumkehr den getriebenen Radsatz
4, 3 wechselt. Die Radsätze 3,4 sind im Drehgestellrahmen 2 nach oben und unten
federnd nachgiebig gelagert und können zusammen mit ihm um den Drehzapfen 6 ausschwenken.
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Das in Fig. 3 obere Strömungsgetriebe g treibt den von ihm abgewandten
Radsatz 4, während das untere Strömungsgetriebe g den zugewandten Radsatz 3 treibt.
Zu diesem Zwecke geht vom Nachschaltgetriebe io je eine Getriebewelle 15, 16 aus.
Die Welle 15 treibt mittels eines am Hauptgetriebe 7 gelagerten Zwischengetriebes
17 den Radsatz 4 über eine in der Fahrzeuglängsrichtung verlaufende, mit zwei Gelenken
versehene Kardanwelle 18 und ein auf der Achswelle des Radsatzes 4 angeordnetes
Kegelradgetriebe ig (Achsgetriebe) an. I)ie andere Welle 16 überträgt ihre Drehung
zunächst über eine Verlängerungswelle 20 und Kupplungen 21 auf das am anderen Drehgestellendevorgesehenezweite
Zwischengetriebe 22, das gleichfalls am Hauptrahmen i gelagert ist. Vom Zwischengetriebe
22 führt umgekehrt wie vom Zwischengetriebe 17 eine Kardan= welle 23 zu einem auf
der Achswelle des Radsatzes 3 gelagerten Kegelradgetriebe2¢ (Achsgetriebe). Die
Längskardanwellen 18 und 23 gehen beim Beispiel mit Abstand am Drehgestellzapfen
6 vorbei, ihre Gelenke sind gleich weit von ihm entfernt. Der erwähnte Abstand soll
bei der Konstruktion möglichst klein sein. Die Achsgetriebe i9 und 24 sind in je
einer Drehmomentstütze 25, 26 gehalten, die mit dem Drehgestell 2 in der mittleren
Querebene 27 des Drehgestellzapfens 6 durch Gelenke 28, 29 verbunden sind.
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Die Lage der Teile bei der Kurvenfahrt ist strichpunktiert in Fig.
3 angegeben. Man erkennt, daß der Dieselmotors, das Hauptgetriebe 7, die
Zwischengetriebe 17 und 22 und die Welle 2o ihre Lage unverändert beibehalten. Dagegen
schwenken die Radsätze 3, .4 mit den Achsgetrieben 19, 24 um den Drehzapfen 6. Von
den Kardanwellen 18, 23 behalten die am Zwischengetriebe 17, 22 angreifenden Gelenke
ihre Lage bei, während die am anderen Wellenende vorgesehenen Gelenke mit ausschwenken.
Die Lagenänderung der Kardanwelle i8 ist stark übertrieben in Fig.4 herausgezeichnet.
Man erkennt aus ihr, daß die Kardanwelle 18 gegenüber dein Wellenstummel, der zum
Zwischengetriebe 17 führt, um den Winkel a ausgeschwenkt ist. Dabei hat sich der
zum Achsgetriebe ig führende Wellenstummel gegenüber der Kardanwelle 18 um den gleichen
Winkel a gedreht, weil die Mittelsenkrechte 30 auf der Kardanwelle 18 durch die
geometrische Achse des Drehzapfens 6 hindurchgeht. Unter dieser Voraussetzung wird
die durch die Kardanwelle 18 verursachte Ungleichförmigkeit der Drehbewegung wieder
rückgängig gemacht. Für die Kardanwelle 23 gilt das Gesagte sinngemäß.
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Das zweite Beispiel von Fig. 5 unterscheidet sich vom ersten lediglich
dadurch, daß die Teile des Hauptgetriebes 7 in der umgekehrten Reihenfolge angeordnet
sind. Über der rechten Achse 3 liegen jetzt die mechanischen Vorschaltgetriebe 8,
an die in Richtung vom Dieselmotor 5 weg die Strömungsgetriebe g und das mechanische
Nachschaltgetriebe io anschließen. Diese Anordnung ermöglicht es, daß das Drehgestell
besonders kurz baut. Die aus dem Nachschaltgetriebe io herausragende Welle i5 ist
lediglich bis zu dem an der bisherigen Stelle innerhalb der Radsätze 3, 4 angeordneten
Zwischengetriebe 17 zu verlängern, während die von der anderen Getriebewelle 16
zu dem am entgegengesetzten Drehgestellende angeordneten (nicht dargestellten) Zwischengetriebe
22 führende Verlängerungswelle 20 um das gleiche Stück länger auszuführen ist. Die
Verlängerungen sind vorteilhaft als Drehstäbe ausgebildet, um jede Ungleichförmigkeit
der Drehbewegung auszuschließen.
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Das dritte Beispiel von Fig.6 knüpft wieder an das erste an; es unterscheidet
sich von diesem lediglich dadurch, daß die Zwischengetriebe 17 und 22 nicht durch
untereinander angeordnete Stirnräder. sondern durch schwach geneigte Kegelradpaare
31
und 32 gebildet werden. Die zu den Achsgetrieben ig und 24 führenden Wellenstummel
der Kardanwellen
18 und 23 verlaufen dann in Richtung der Schräge
der Achse des geneigten Kegelrades 34 32. Dadurch wird es ermöglicht, daß das Zwischengetriebe
17 für den linken Radsatz 4 und das Achsgetriebe 24 des rechten Radsatzes 3 so zueinander
angeordnet werden können, daß beide Getriebe i7 und 24 trotz eines kurzen Drehgestells
2 jederzeit allseitig frei aneinander vorbeigehen. Diese Möglichkeit ist für Schmalspur
mit schmalen Triebgestellen besonders wichtig.
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Das dritte Beispiel kann ohne weiteres so geändert werden, daß das
Hauptgetriebe 7 im Raum der Drehgestellmitte, der Motor 5 im Raum des Drehgestellendes
liegen.
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Die in Fig. i bis 6 dargestellten Triebgestelle brauchen nicht die
linke Hälfte des Fahrzeugs zu bilden, sondern können auch umgekehrt als rechte Hälfte
ausgebildet werden, so daß die Hauptgetriebe 7 statt in der Fahrzeugmitte an den
Fahrzeugenden liegen. Statt des Dieselmotors@.5 kann jede andere Art von Kraftmaschinen
vorgesehen sein. Auch das Strömungsgetriebe 9 ist nicht erforderlich. Es könnte
auch ein mechanisches Ausgleichsgetriebe vorgesehen sein, das den unabhängigen Antrieb
der beiden Achsen 3, 4 gestattet. Ebenso könnte das Vorschaltgetriebe 8 und das
Nachschaltgetriebe io in anderer Weise als dargestellt ausgebildet sein. Notwendig
ist lediglich, daß aus dem Hauptgetriebe zwei Abtriebswellen 15, 16
heraustreten, die den unabhängigen Antrieb der beiden Achsen gewährleisten.