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Verfahren zur Herstellung von Carbonsäuren aus Olefinen und Kohlenoxyd
Es
ist bereits seit längerer Zeit bekannt, Fettsäuren durch Hochdrucksynthese aus Olefinen,
Kohlenoxyd und Wasser in Gegenwart von zahlreichen Katalysatoren herzustellen. Zahlreiche
Patente wurden auf verschiedene Ausführungsformen dieses Verfahrens erteilt. Eine
zusammenfassende Würdigung des Verfahrens erfolgte in R. F. Goldsteins Monographie
>The Petroleum Chemicals Industry«, New York und London, 1950, insbesondere auf
S. 187.
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Trotz der zahlreichen Patente hat diese Synthese keinen Eingang in
die Praxis gefunden, obwohl sie die einfachste Möglichkeit zur Synthese von Fettsäuren
wäre. Die Gründe hierfür dürften einerseits in der stark korrodierenden Wirkung
der vorgeschlagenen sauren Katalysatoren bei den erforderlichen hohen Druck- und
Temperaturbedingungen sowie in diesen Bedingungen selbst liegen.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß die Synthese von Carbonsäuren
bei wesentlich milderen und dadurch für die Praxis geeigneteren Bedingungen durchgeführt
werden kann, wenn man die Olefine und das Kohlenoxyd zunächst ohne Zusatz von Wasser
und in Gegenwart von mindestens go0/dger Schwefelsäure, wasserfreiem Fluorwasserstoff
allein oder unter Zusatz von Bortrifluorid als Katalysator in flüssiger Phase umsetzt
und erst das Umsetzungsprodukt in Wasser aufnimmt und in bekannter Weise aufarbeitet.
Die Umsetzung verlangt
zu ihrer Durchführung I Mol Wasser auf I
Mol Olefin und I Mol Kohlenoxyd. Es ist daher erstaunlich, daß die Reaktion in Gegenwart
von ausgeprägt dehydratisierend wirkenden Katalysatoren besonders gut verläuft,
wenn zunächst entweder überhaupt kein Wasser oder gerade nur so viel Wasser zugegen
ist, wie' den stöchiometrischen Verhältnissen entspricht. Dies läßt sich vielleicht
derart erklären, daß sich zunächst gemischte anorganisch-organische Anhydride, z.
B.
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Säurefluoride, oder gemischte Anhydride der Carbonsäuren und der Schwefelsäure
bilden, deren Bildung bevorzugt verläuft. Diese Anhydride ergeben bei der Aufnahme
des Reaktionsproduktes in Wasser die gewünschten Carbonsäuren.
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Die erfindungsgemäße Umsetzung hat einen breiten Verwendungsbereich.
So können aliphatische Olefine, wie Äthylen, Propylen, Butylen, Isobutylen, oder
auch höhere Olefine, wie Nonen, Hexadecen und deren Gemische, z. B. die olefinreichen
Produkte der Fischer-Tropsch-Mitteldrucksynthese an Eisenkatalysatoren, als Ausgangsstoffe
verwendet werden. Die Reaktion ist aber auch auf cyclische Olefine, z. B.
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Cyclohexen, anwendbar, desgleichen auf Diolefine, z. B. Butadien und
4-Vinylcyclohexen-I, sowie andere olefinische Verbindungen, wie ungesättigte Carbonsäuren,
z. B. Ölsäure.
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Es ist wichtig, daß die Umsetzung derart durchgeführt wird, daß die
Olefine in Gegenwart von Kohlenoxyd auf den Katalysator treffen. Zweckmäßig werden
die Olefine erst zugesetzt, wenn der Katalysator und der Katalysatorraum mit Kohlenoxyd
gesättigt ist. Werden in den Katalysator, z. B. in konzentrierte Schwefelsäure,
zuerst Olefine eingeleitet, so verläuft die Umsetzung mit wesentlich schlechterer
Ausbeute an den gewünschten Säuren.
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Als Katalysatoren werden wasserfreier Fluorwasserstoff, gegebenenfalls
unter Zusatz von Bortrifluorid, und konzentrierte Schwefelsäure verwendet. Man kann
hierbei Ioo°/Oige Schwefelsäure anwenden, also zunächst völlig wasserfrei arbeiten,
was sehr überraschend ist. Sofern wasserhaltige Schwefelsätre zur Anwendung gelangt,
muß sie mindestens 90010, vorzugsweise sogar 960/,, stark sein. Dies ist erstaunlich,
da man bei dem bekannten Verfahren trotz Verwendung von Wasser als Reaktionskomponente
als zweckmäßig angesehen hat, mit 70 bis 800/,iger Schwefelsäure zu arbeiten.
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Die erfindungsgemäße Umsetzung kann bereits bei gewöhnlicher Temperatur
und gewöhnlichem Druck durchgeführt werden. In manchen Fällen ist sogar Kühlung
bis auf o" und darunter zweckmäßig. In anderen Fällen ist Erwärmen vorteilhaft,
doch brauchen im Gegensatz zu dem bekannten Verfahren, bei dem Temperaturen von
etwa 300 bis 4000 angewandt werden, Temperaturen von 1000 nicht überschritten zu
werden. Nicht anders verhält es sich mit dem Druck. Es ist vielfach vorteilhaft,
unter erhöhtem Druck zu arbeiten. Dieser Druck braucht aber niemals 100 at zu überschreiten.
Die günstigsten Ergebnisse werden bei 20 bis 50 at erzielt.
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Das erhaltene Reaktionsprodukt wird in Wasser aufgenommen, wobei
die gebildete Carbonsäure obenauf schwimmt und vielfach ohne weiteres abgetrennt
werden kann. In anderen Fällen ist es zweckmäßig, die Carbonsäure aus ihrem Gemisch
mit Wasser und anderen Reaktionsprodukten durch Wasserdampfdestillation oder Extraktion
abzutrennen.
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Betrachtet man die Umsetzung an Hand einer Formelgleichung, so kann
sie formal als Addition von aus Kohlenoxyd und Wasser gebildeter Ameisensäure an
Olefin angesehen werden. Dementsprechend müßte es möglich sein, die Reaktion statt
mit Kohlenoxyd und Wasser mit Ameisensäure durchzuführen. Versuche haben gezeigt,
daß dies auch möglich ist. Nach einer Abänderung des erfindungsgemäßen Verfahrens
können die Olefine direkt in ein Gemisch aus Ameisensäure und konzentrierter Schwefelsäure
oder Fluorwasserstoff eingeleitet werden, wobei Carbonsäuren erhalten werden.
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Beispiel I 36 g gasförmiges Propylen, gemischt mit überschüssigem
Kohlenoxyd, wurden bei 20° und Normaldruck in Io6 cm3 = 2 Mol 9501,ige Schwefelsäure
im Verlauf von 7 Stunden eingeleitet. Der Versuch wurde in einem Glaskolben mit
Intensivrührung durchgeführt. Aus dem mit Eiswasser verdünnten Reaktionsprodukt
wurden 5 g Säuren, im wesentlichen Isobuttersäure, neben 10 g anderen neutralen
Produkten erhalten.
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Beispiel 2 Um den Einfluß des Druckes zu studieren, wurden 120 bis
I30 g Propylen (etwa 3 Mol) in einen 2-1-V4 A-Extra-Autoklav mit magnetischer Rührung
eingeleitet, in dem 500 cm3 950l0ige Schwefelsäure (9,5 Mol) vorgelegt waren und
der unter einem bestimmten Kohlenoxyddruck gehalten wurde. Das Propylen wurde in
kleinen Portionen mit einer Einspritzpumpe eingepreßt. Die Temperatur betrug 20
bis 30°, die Versuchsdauer etwa 1 Stunde. Die erhaltenen Ergebnisse, in Abhängigkeit
von dem Kohlenoxyddruck, gehen aus folgender Tabelle hervor: Kohlenoxyddruck Erhaltene
Isobuttersäure at Mol -20 bis 25 I,0 40 bis -50 I,5 I000 I,3 Diese Ergebnisse zeigen,
daß eine Erhöhung des Druckes über 50 at eher eine geringe Verschlechterung der
Ausbeute an Isobuttersäure zur Folge hat.
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Um den Einfluß der Konzentration der Schwefelsäure zu prüfen, wurde
der Versuch bei 50 at mit 85- und 9obiger Schwefelsäure einerseits und mit roo0/0iger
Schwefelsäure andererseits wiederholt. Die Ergebnisse dieser Versuche mit verschiedenen
Schwefelsäure-Konzentrationen gehen aus folgender Tabelle hervor: Schwefelsäurekonz.
Erhaltene Isobuttersäure Olo Mol 85 0,I 90 0,45 95 I,5 I00 I,3
Diese
Versuche zeigen, daß schon eine Senkung der Schwefelsäure-Konzentration auf 900/0
eine erhebliche Verschlechterung der Ausbeute bedingt, während die Erhöhung der
Konzentration bis zur Wasserfreiheit mit keiner wesentlichen Verschlechterung der
Ausbeute verbunden ist.
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Ein weiterer Versuch ergab, daß durch Anwendung besonders niedriger
Temperaturen während der Propylenzugabe sich eine Steigerung der Ausbeute an Fettsäure
erzielen läßt. Es wurden auf 10 Mol 9701,ige Schwefelsäure brei 250 und 50 at Kohlenoxyddruck
2 Mol Propylen zugepreßt und anschließend im Laufe von 20 Stunden die Temperatur
bis auf 150 gesteigert.
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Es wurden 1,8 Mol Isobuttersäure, d. h. wo01, der Theorie erhalten.
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Die Aufarbeitung der verschiedenen bei der Umsetzung des Propylens
mit Kohlenoxyd anfallenden Reaktionsprodukte geschah in der Weise, daß zunächst
mit Eiswasser so weit verdünnt wurde, daß noch eine etwa 400/,ige Schwefelsäure
vorlag. Die sich dabei als leichtere Schicht abscheidenden organischen Verbindungen
wurden abgetrennt und die verdünnte Schwefelsäure zur Gewinnung der in ihr gelösten
restlichen Fettsäuremengen nochmals mit n-Hexan extrahiert. Aus dem mit n-Hexan
verdünnten Rohprodukt wurden dann die Fettsäuren mit 5 n-Kalilauge ausgezogen und
durch Ansäuern der Salzlösung wieder abgeschieden. Bei der Fraktionierung wurde
als Hauptbestandteil Isobuttersäure (Kp20 = 65,5°, »20= I,3932) erhalten.
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Beispiel 3 In einem eisernen, mit Silberblech ausgekleideten Autoklav
von 400 cm3 Rauminhalt wurden 20 g Fluorwasserstoff vorgelegt und Kohlenoxyd bis
zu einem -Druck von 25 at aufgepreßt. Im Laufe von 4 Stunden wurden 28 g (o,5 Mol)
Isobutylen in kleinen Portionen eingepreßt. Die Versuchstemperatur betrug 20 bis
30°, der Druck 25 bis 35 at. Das Reaktionsprodukt wurde mit Eiswasser versetzt und
durch Zugabe von Natronlauge alkalisch gemacht. Durch Extraktion mit Äther wurden
die neutralen Bestandteile entfernt und die gebildeten Carbonsäuren durch Ansäuern
mit Schwefelsäure wieder ausgefällt und abgetrennt. Man erhielt I8 g eines Fettsäuregemisches,
davon 13 g Trimethylessigsäure (Kp20 = 76,5°, F. = 35,5°) und 5 g höhere Carbonsäuren
neben I3 g eines Neutralöls.
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Beispiel 4 In einen 2-l-V4A-Extra-Autoklav mit magnetischer Rührung,
in dem 500 cm3 950/obige Schwefelsäure (g Mol) vorgelegt waren und in dem ein Kohlenoxyddruck
von 20 at aufrechterhalten wurde, wurden 110 g (2 Mol) Isobutylen eingeführt. Die
Versuchstemperatur betrug 5 bis 100, die Versuchsdauer 6l/2 Stunden. Bei der Aufarbeitung,
wie im Beispiel 2 beschrieben, wurden o,8 Mol Säuren, im wesentlichen Trimethylessigsäure,
erhalten. Daneben erhielt man 12 g Neutralöl.
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Beispiel 5 In einen mit Silberblech ausgekleideten 400 cm3-Eisenautoklav,
in dem 85 g (4,2 Mol) Fluorwasserstoffsäure und 21 g (0,3 Mol) Bortrifluorid vorgelegt
waren und ein Kohlenoxyddruck von 30 at herrschte, wurden nach und nach 40 g (1,4
Mol) Äthylen eingepreßt. Die Versuchstemperatur betrug 20 bis 300, der Druck 30
bis 60 at, die Versuchsdauer 5 Stunden.
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Bei der entsprechend Beispiel 3 durchgeführten Aufarbeitung erhielt
man 22 g Propionsäure (Kp760 = I4I°, nD° = I,3867) neben 20 g Äthylfluorid und 14
g neutralen Verbindungen.
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Beispiel 6 In einen o,5-l-Schüttelautoklav- aus V4A-Extra-Stahl,
in dem 200 cm3 9501,ige Schwefelsäure vorgelegt waren und in dem ein Kohlenoxyddruck
von 40 at herrschte, wurden 50 g 2-Äthylhexen-I und 40 g n-Hexan als Verdünnungsmittel
eingeführt. Die Versuchstemperatur betrug 20°, der Druck 40 at, die Versuchsdauer
4 Stunden.
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Nach dem Zersetzen des Reaktionsproduktes mit Wasser wurden die obenauf
schwimmende organische Schicht abgetrennt und die gebildeten Carbonsäuren (43 g)
über die Alkalisalze gewonnen. Es handelte sich hauptsächlich um die a-Methyl-a-äthyl-Capronsäure
(Kpl7= = I33°, und = 1,4348).
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Beispiel 7 In einen 2-l-V4A-Extra-Autoklav mit magnetischer Rührung,
in dem 500 cm3 950/obige Schwefelsäure vorgelegt waren und ein Kohlenoxyddruck von
20 at herrschte, wurden 500g g eines Olefin-Paraffin-Gemisches mit 430/0 Olefingehalt
eingeführt. Dieses Gemisch stellte eine Cg-Fraktion aus dem Produkt einer Fischer-Tropsch-Synthese
an Eisenkatalysatoren bei Mitteldruck dar. Die Versuchstemperatur betrug 20 bis
250, der Druck I8 bis 23 at, die Versuchsdauer I0 Stunden. Nach der üblichen Aufarbeitung,
wie im Beispiel 2 beschrieben, wurden 100 g eines Carbonsäuregemisches, das zu 90%,
aus C1O-Säuren bestand, neben 354 g Neutralöl erhalten.
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Beispiel 8 In einen o,5-l-Schüttelautoklav aus V4A-Extra-Stahl, in
dem 200 cm3 95 O/,ige Schwefelsäure vorgelegt waren und ein Kohlenoxyddruck von
35 at herrschte, wurden 47 g Cyclohexen und 50cm3 n-Hexan zur Verdünnung eingeführt.
Die Versuchstemperatur betrug 20 bis 25°, der Druck 30 bis 35 at, die V ersuchsdauer
5 Stunden. Aus dem Reaktionsprodukt wurden nach der üblichen Aufarbeitung I6 g Carbonsäuren
erhalten, die ein Gemisch aus Cyclohexancarbonsäure (Kp19 = 129,50, F. = 30°) und
Methylcyclopen'cancarbonsäure (Kpl9 = I2I bis I22, n2D0 = I,4530) darstellten.
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Beispiel g a) In einen 5 1 fassenden V4A-Extra-Autoklav mit magnetischer
Rührung, in dem 2 1 97,50'0ige Schwefelsäure vorgelegt waren und ein Kohlenoxyddruck
von 50 at aufrechterhalten wurde, wurden I400 g eines Olefin-Paraffin-Gemisches
mit 52010Olefinen, imwesentlichen Penten-2, eingeführt. Dieses Gemisch stellte eine
C5-Fraktion aus dem Produkt der Fischer-Tropsch-Synthese an Eisenkatalysatoren bei
Mittel-
druck dar. Die Versuchstemperatur betrug 8°, die Versuchsdauer
20 Stunden. Von dem erhaltenen Reaktionsprodukt wurde die obenauf schwimmende Pentanschicht
abgetrennt und das restliche Reaktionsprodukt mit Eiswasser zersetzt, so daß noch
eine 4obige schwefelsaure Lösung vorlag. Die sich dabei abscheidenden Carbonsäuren
wurden abgetrennt und über die Alkalisalze von als Nebenprodukt entstandenem Neutralöl
(IOOg) befreit. Es wurden 635 g eines Carbonsäuregemisches erhalten, das zu 840/0
aus C6-Säuren bestand. b) In einem weiteren Versuch wurde reines Penten-I, verdünnt
mit n-Pentan im Verhältnis I: I, umgesetzt.
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Dabei wurden 10 Mol 97,50/0ige Schwefelsäure auf 1 Mol Penten-I angewandt
und die Temperatur auf -100 bis 30 gehalten, während der Kohlenoxyddruck wieder
50 at betrug. Die Aufarbeitung wie im Versuch ga ergab eine Ausbeute an Fettsäuren
entsprechend 940/0 der Theorie, bezogen auf das eingesetzte Penten-I. Durch Feinfraktionierung
und Aufnahme der Infrarotspektren wurden 970/0 als ein Gemisch folgender isomerer
Capronsäuren erkannt: Dimethyläthylessigsäure, Diäthylessigsäure und Methyl-n-propylessigsäure.
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Beispiel 10 68 g (I,2 Mol) Isobutylen wurden in ein Gemisch aus 48
cm3 (I Mol) 9701,iger Ameisensäure und 106 cm8 (2 Mol) 950/dger Schwefelsäure eingeleitet.
Die Reaktion wurde in einem Glaskolben mit intensiver Rührung bei 20° und Normaldruck
4urehgeführt.
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Nach 4 Stunden wurde das Reaktionsprodukt autgearbeitet und 34 g Carbonsäuren,
vorwiegend Trimethylessigsäure, und 48 g Neutralsubstanz isoliert.