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Verfahren zur Herstellung eines Kautschukpulvers aus Kautschukmilch
Es
sind bereits mehrere Verfahren bekannt, gemäß welchen aus Kautschukmilch ein körniger,
krümeliger oder pulverförmiger Kautschuk hergestellt werden kann.
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Diese bekannten Verfahren kann man in vier Gruppen einteilen.
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An erster Stelle gibt es Verfahren, gemäß welchen Kautschukmilch
in einer trocknenden Atmosphäre verspritzt wird; das so zu erhaltende Kautschukpulver
klebt aber zusammen. Wenn man jedoch der zu verspritzenden Kautschukmilch bestimmte
Stoffe zusetzt, kann während der Trocknung um jedes Kautschukteilchen ein Häutchen
aus nicht klebenden Stoffen gebildet werden. Das so zu erhaltende Pulver enthält
in der Regel mindestens IO Teile Fremdstoffe auf IOO Teile Kautschuk. Im übrigen
bringen diese Verfahren bei Anwendung im technischen Betrieb große Schwierigkeiten
mit sich, so daß sie noch nicht zu technischer Entwicklung gekommen sind.
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An zweiter Stelle gibt es Verfahren, gemäß welchen Kautschukmilchtropfen
auf einer beweglichen Oberfläche aufgefangen werden, wobei jeder Tropfen einzeln
zu einem Kautschukpartikelchen getrocknet wird, welche Teilchen nach einer etwaigen
Bestäubung mit einem das Kleben des Kautschuks verhindernden Stoff von der beweglichen
Oberfläche genommen
werden. Wenn man so verfährt, erhält man Krumen
oder Körner, welche sich durch Mahlen oder Walzen nicht oder sehr schwierig weiter
zerkleinern lassen.
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An dritter Stelle gibt es Verfahren, gemäß welchen die Ausgangskautschukmilch
in ein körniges, nicht zusammenhängendes Koagulum oder Flockulat umgewandelt wird,
welches nach Absieben oder Abschleudern zu Krumen oder Körnern getrocknet wird.
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Es sind sehr verschiedenartige Verfahren zur Erlangung eines körnigen,
nicht zusammenhängenden Koagulums bekannt.
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Dies kann man dadurch erreichen, daß man der Kautschukmilch große
Mengen an bestimmten Feststoffen zusetzt und danach das Ganze koaguliert.
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Der Nachteil dieser Verfahren besteht darin, daß man Pulver erhält,
die nahezu immer nicht unbeträchtliche Mengen an Fremdstoffen enthalten, was für
mehrere Anwendungen Bedenken mit sich bringt.
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An vierter Stelle gibt es Verfahren, gemäß welchen man ein Koagulum
erhält durch Koagulierung von Kautschukmilch, dem man Natriumnitrit zugesetzt hat
(gegebenenfalls in Gegenwart von Stoffen, die den Zusammenhang des Koagulums beeinflussen).
Der so erhaltene Krümelkautschuk ist ein modifizierter Kautschuk, denn der Kautschuk
selber hat Änderungen erfahren. Dieser Krümelkautschuk hat andere Eigenschaften
als andere Pulver- oder Krüm-elkautschul:-arten. In vielen Fällen werden diese abweichenden
Eigenschaften bei Anwendung dieser Produkte Bedenken mit sich bringen.
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Schließlich ist es auch bereits bekannt, Kautschukmilch mit Vulkanisiermitteln
zu vermischen und dann zu vulkanisieren. Dabei bezweckt man, eine vulkanisierte
Kautschukmilch entweder in suspendiertem Zustande oder, nach Ausscheidung, als Koagulum
zu erhalten, welche normal wlkanisiertem. Kautschuk völlig gleich ist, d. h. also
alle Eigenschaften des vulkanisierten Produktes, wie größere- Elastizität ohne Plastizität,
größere Festigkeit, geringere Empfindlichkeit für Temperaturschwankungen usw., aufweist.
Bei diesem bekannten Verfahren wird die Vulkanisation dann auch unter den normalen
Bedingungen ausgeführt.
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Mit den bekannten Verfahren zur Erlangung eines feinverteilten Kautschuks
sind also große Bedenken verbunden: Es gibt Verfahren, die bei technischer Anwendung
bisher noch nicht uberwundene Schwierigkeiten lieferten; die anderen Verfahren führen
zu krümeligen oder körnigen Produkten, welche nicht oder sehr schwierig weiter zu
zerkleinern sind, oder zu einem feinen Pulver, das aber nahezu immer nicht unbeträchtliche
Mengen an Fremdstoffen enthält, oder zu Produkten, von denen die Eigenschaften des
Kautschuks selber erheblich anders sind als die des Rohkautschuks.
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Nach dem neuen Verfahren ist es möglich, ein Kautschukpulver zu erhalten,
das sehr wenig, höchstens 5 Olo, zugesetzte Feststoffe enthält und das sich nötigenfalls
feiner vermahlen läßt. Das so hergestellte Pulver ist gar nicht klebrig, wird von
Schimmel, Bakterien oder Feuchtigkeit nicht angegriffen und kann durch diese besonderen
Eigenschaften in Ballen verschifft werden.
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Um dieses Resultat zu erreichen, werden der Kautschukmilch Schwefel
oder ein anderes Vulkanisiermittel, z. B. Selen, Zinkoxyd, oder ein anderer Aktivator
des Vulkanisiermittels (z. B. eine andere im Kautschukmilchgemisch lösbare Zinkverbindung)
und ein oder mehrere Stabilisatoren zugesetzt, wonach man das Gemisch entweder lange
Zeit sich selbst überläßt, oder - um die Reaktion zu beschleunigen -das Gemisch
erhitzt. Während dieser Periode verfolgt man dann die sich vollziehende Reaktion,
indem man von Zeit zu Zeit kleine Probemengen des Gemisches entweder zu einem Fell
eintrocknen läßt, dessen Zugfestigkeit man bestimmt, oder diese Probemengen in bekannter
Weise, z. B. durch Säurezusatz, koagulieren läßt, wonach man den jeweiligen Zusammenhang
des Koagulums bestimmt. Man bemerkt dann überraschenderweise, daß die Zugfestigkeit
der FeUe nacheinander abnimmt, während der Zusammenhang des Koagulums ebenfalls
geringer wird. Schließlich erreicht man einen Augenblick, wo die Zugfestigkeit des
Felles nahezu Null oder wenigstens sehr gering geworden ist, während sich dann zugleich
beim zweiten Versuch ergibt, daß der Zusammenhang des Koagulums verschwunden ist.
Dies ist der Augenblick, an dem man die Reaktion beendet, um die Abscheidung des
Kautschuks aus der Flüssigkeit vorzunehmen.
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Letzteres kann dann auf verschiedene Weisen stattfinden, z. B. durch
Koagulierung mit Hilfe von Säuren oder Salzen, oder in einer anderen bekannten Weise,
worauf man das pulverförmige Koagulum abfiltriert oder abschleudert oder in anderer
Weise von der Flüssigkeit abtrennt.
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In zweiter Linie kann diese Abscheidung dadurch stattfinden, daß
man die Flüssigkeit in dünne Schichten ausgießt, das Wasser verdampfen läßt und
die so erhaltenen Felle z. B. durch Mahlen zerkleinert.
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Auch kann man den Kautschuk als trockenes Pulver abscheiden, indem
man die Flüssigkeit in einer trocknenden Atmosphäre verspritzt oder zerstäubt.
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Schließlich ist es auch möglich, das fertige Kautschukmilchgemisch
auf eine bewegliche Oberfläche tröpfeln zu lassen und darauf einzudampfen.
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Dadurch, daß man der Kautschukmilch zugleich Vulkanisationsbeschleuniger
beigibt, kann man den Prozeß beschleunigen oder bei niedriger Temperatur verlaufen
lassen.
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Je nach Bedarf können der Kautschukmilch außer den üblichen Vulkanisiermitteln
und Stabilisatoren noch Füllstoffe, Weichmachungsmittel, Antioxydationsmittel, Farbstoffe,
Riechstoffe oder Mittel zur Erhöhung oder Erniedrigung der Viskosität oder der Oberflächenspannung
einzeln oder zusammen zugesetzt werden.
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Durch Anwendung des neuen Verfahrens auf ein Zinkoxyd enthaltendes
Kautschukmilchgemisch, das zusätzlich auf I00- Teile trockenen Kautschuks wenigstens
20, vorzugsweise etwa 40 Teile Schwefel enthält, entsteht ein Pulver, welches durch
eine zusätzliche Beheizung zu einer Hartkautschukmasse vulkanisiert werden kann,
die nahezu keinen Zusammenhang aufweist und die dann auch erforderlichenfalls sehr
leicht zu sogenanntem Hartkautschukpulver zerkleinert werden kann.
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Dieses Verfahren bedeutet eine Vereinfachung gegenüber einem bisher
bekannten Verfahren zur Herstellung von Hartkautschukpulver, gemäß welchem man Kautschukmilch
mit 30 bis 100 Teilen Schwefel, gegebenenfalls unter Zusatz von Füllstoffen, 8 bis
10 Stunden lang unter Druck bei I4I,5° beheizt.
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Durch Abscheidung des Kautschuks aus dem beheizten Gemisch erhält
man Hartkautschuk, welcher nötigenfalls weiter zerkleinert werden kann. Bekanntlich
kann dieses Verfahren nicht bei niedrigerer Temperatur ausgeführt werden, so daß
die Ausführung an die Verwendung von Autoklaven gebunden ist.
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Gemäß dem neuen Verfahren kann man durch Beheizung der Kautschukmilch
unterhalb 1000 ein Pulver bekommen, wonach die Vulkanisierung zu Hartkautschuk durch
Beheizung auf etwa I40° zustande gebracht werden kann, was aber nicht in einem Autoklav
zu geschehen braucht.
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Beim neuen Verfahren genügt also eine beträchtlich einfachere Apparatur.
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Es empfiehlt sich, wenn das Kautschukpulver durch Koagulierung eines
vorbehandelten, einen Beschleuniger enthaltenden Kautschukmilchgemisches gebildet
wird, diese Koagulierung mit Salzen oder auf mechanischem Wege, z. B. durch sehr
schnelles Rühren oder Schütteln, auszuführen, um auf diese Weise den Vulkanisationsbeschleuniger
intakt zu lassen, da ein solcher Stoff in der Regel von Säure angegriffen wird.
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Beispiel I Es wurde von einer I Tag alten Hevea-Plantagenkautschukmilch
ausgegangen, der sofort nach dem Zapfen Ammoniak zugesetzt wurde. Die Analyse dieser
Kautschukmilch ergab: Trockener Kautschukgehalt ....... 35,9 °/0 Gesamtgehalt an
trockenem Stoff .. 38,8 ole Ammoniakgehalt ................ I,3 g/l Aus- dieser
Kautschukmilch wurde eine Mischung hergestellt, welche auf 100 Teile Kautschuk folgende
Zusätze enthielt: 1 Teil Zinkoxyd, 2 Teile Schwefel und I Teil Natrium-diäthyl-dithiocarbonat.
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Diese Chemikalien waren zunächst 12 Stunden lang in einer Kugelmühle
gemahlen worden, wobei auf die genannten 4 Teile des Gemisches 2 Teile einer Io°/Oìgen
Ammoniumcaseinatlösung und 6 Teile Wasser zugesetzt worden waren. Diese Chemikaliendispersioc
wurde unter gutem Rühren der Kautschukmilch zugesetzt.
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Das Kautschukmilchgemisch wurde danach während zunehmender Zeiten
auf 80° erhitzt; nach deren Ablauf wurde jeweils in einem Teil des Kautschukmilchgemisches
die Struktur des durch Zusatz von Ameisensäure erhaltenen Koagulums untersucht,
während ein anderer Teil jeweils auf waagerecht liegende Glasplatten ausgegossen
wurde. Durch Eindampfen bei normaler Tropentemperatur (26 bis 30°) bekam man auf
den Glasplatten Felle, von denen die Zugfestigkeit und die Dehnung bei Bruch sowie
die Steifheit, d. h. die zur Bewirkung einer Dehnung von 6oo 0/o nötige Kraft, bestimmt
wurden, alles in kg pro cm2 gemessen.
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Die Ergebnisse waren folgende:
Tabelle I
Gebundener |
Struktur Steifheit Dehnung Schwefel auf |
Versuch Heizdauer des Koagulums des Felles Zugfestigkeit bei
Bruch trockenen |
in 5/o Kautschuk |
berechnet in 01o |
a nicht erhitzt normal 7 25 982 0,5 |
b I Stunde normal 5 20 1090 o,6 |
c 2 Stunden normal I3 29 833 0,7 |
d 3 Stunden zusammenhängend, - 12 505 I,0 |
aber nicht elastisch |
e 4 Stunden körnig, nicht - 7 223 I,4 |
zusammenhängend |
f 5 Stunden körnig, nicht - o G I,6 |
zusammenhängend |
Aus Versuch c wird sowohl durch Eindampfen als durchKoagulierung Kautschuk erhalten,
welcher sich nicht ohen sehr großen Energieverbrauch zu einem Pulver vermahlen läßt.
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Aus Versuch d bekommt man einen Kautschuk, der sich in nassem Zustande
mit einem mäßigen Energieverbrauch zerkleinern läßt.
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Aus Versuch e bekommt man ein Pulver, indem man das körnige Koagulum
abfiltriert, trocknet und dieses trockene Pulver durch eine Kreuzschlagmühle führt.
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Die aus Versuch e durch Eindampfen erhaltenen Felle lassen sich sehr
leicht vermahlen, z. B. in einem Fleischwolf oder in einer Kreuzschlagmühle.
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Um zu beweisen, daß der aus Versuch e erhaltene Kautschuk nicht vulkanisiert
ist in der gewöhnlichen Bedeutung dieses Wortes, werden die bei diesem Versuch durch
Eindampfen erhaltenen Felle während zunehmender Zeiten auf 110 und auf I50° erhitzt.
Nach
dieser zusätzlichen Beheizung wurde erneut die Zugfestigkeit bestimmt; diese Daten
sind in folgender Tabelle 2 zusammengefaßt.
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Tabelle 2
Beheizung Dehnung |
Tempe- Dauer Steifheit Zugfestigkeit bei Bruch |
ratur in Minuten I |
1100 45 36 I78 8I3 |
1100 60 35 . I77 802 |
1100 90 39 I79 8I7 |
1100 I35 32 I92 836 |
1100 I80 35 I86 83I |
1500 5 27 213 943 |
I50° I5 I5 212 ro68 |
I50° 20 I6 206 I062 |
I50° 25 I4 I70 1073 |
Nicht erhitztes Fell.. - 7 223 |
Beispiel 2 Um zu zeigen, daß man den gewünschten Effekt auch bekommen kann, indem
man das Kautschukmilchgemisch bei gewöhnlicher Temperatur stehenläßt, können folgende
Versuche dienen, bei denen ein nahezu dem oben beschriebenen Gemisch entsprechendes
Gemisch 28 Tage lang bei Zimmertemperatur aufbewahrt wurde, wonach der spröde Zustand
des Kautschukfelles erreicht war. Die in der Zwischenzeit erhaltenen Messungen ergaben
folgende Resultate: Tabelle 3
Tage Steifheit bei | Dehnung |
bewahrt 6000/0 Dehnung Zugfestigkeit bei Bruch |
O |
I 2 3 896 |
2 4 12 984 |
3 6 20 970 |
4 8 3I 982 |
5 10 38 971 |
7 I5 4I 904 |
10 20 44 810 |
I4 21 36 723 |
2I 26 29 625 |
28 Fell ist spröde - - |
Mit den Fellen wurden noch einige Vulkanisierversuche angestellt, wonach ebenfalls
freier Schwefel bestimmt wurde.
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Diese Ergebnisse sind in untenstehender Tabelle 4 vereinigt: Tabelle
4
Alter Minuten Eigenschaften des Felles |
des Kautschuk- vulkanisiert freier Schwefel | Dehnung |
milchgemisches bei 900 im Kautschuk 0/0 Zugfestigkeit bei Bruch |
28 Tage - 0,76 spröde spröde |
28 Tage 20 Q50 93 640 |
29 Tage 45 0,35 I65 6I5 |
30 Tage 90 nicht bestimmt I52 628 |
33 Tage - o,69 |
Beispiel 3 Es wurde von einer am selben Tage gezapften Kautschukmilch ausgegangen,
deren Analyse ergab: Trockener Kautschukgehalt ....... 40,0 0!e Gesamtgehalt an
trockenem Stoff .. 42,9 °/o Ammoniakgehalt ................ 6,I gil Aus dieser Kautschukmilch
wurde eine Mischung hergestellt, welche auf 100 Teile Kautschuk folgendes enthielt:
Zinkoxyd . 2,0 Teile Schwefel ................... ... 40,0 Teile Äthylphenyl-dithiocarbaminsaures
Zink ......... o,8 Teile Die Dispersion der Chemikalien wurde in der beim Beispiel
1 beschriebenen Weise gemacht.
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Das Gemisch von Kautschukmilch und Chemikalien wurde auf 80° erwärmt,
bis in einem Versuch bei Koagulierung mit Ameisensäure ein körniges, nicht zusammenhängendes
Koagulum entstand, was nach etwa 3 Stunden der Fall war. Danach wurde die ganze
Masse des Gemisches durch Zusatz einer Lösung von Aluminiumchlorid koaguliert. Dabei
trat keine echte Koagulation ein, sondern es entstand eine hochviskose Dispersion
von flockulierten Teilchen. Da die Teilchen so klein waren, daß Abschleudern oder
Filtrieren Bedenken mit sich brachte, wurde das Gemisch unter Vakuum eingedampft.
Auf diese Weise entstand ein Pulver, welches sich leicht noch weiter vermahlen ließ.
Das trockene Pulver wurde danach ohne Anwendung von Druck durchvulkanisiert, indem
es 2 Stunden lang auf I50° erhitzt wurde, wodurch nach einiger Zerkleinerung ein
Hartkautschukpulver entstand, das gleich gesiebt wurde. Jede der Siebfraktionen
konnte sehr leicht noch weiter zerkleinert werden.
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Das nach dem neuen Verfahren zu erhaltende feine Kautschukpulver
kann vorteilhaft zum Mischen in Asphalt für Straßenzwecke verwendet werden, es liefert
einen guten Rohstoff für die Herstellung von Kautschukderivaten und kann gegebenenfalls
als Preßpulver für die Herstellung von Preß- und Formartikeln angewandt werden,
wobei das Pulver allein
oder unter Mischung mit anderen Stoffen,
z. B.
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Kunstharzen, verwendet wird.