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Verfahren zur Herstellung wässeriger Kautschukdispersionen. Es sind
bereits Verfahren zur Herstellung @\ ässeriger Dispersionen aus Kautschuk u. dgl.
vorgeschlagen worden, welche eine außerordentlich intensive mechanische Zerkleinerung
des Gutes in einer sogenannten Kolloidmühle verlangen. Diese Verfahren sind aber
nur für harte und mahlfähige Stoffe, wie vulkanisierten Kautschuk, brauchbar.
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Demgegenüber bewirkt das neue Verfahren die Bildung der Dispersion
grundsätzlich durch Streckung der Kautschukmasse o. dgl. unter möglichster Vermeidung
mechanischen Druckes. Die Streckung der Masse kann zwar kaum bewirkt werden, ohne
die Masse auch mechanischem Druck zu unterwerfen, dieser muß aber im Vergleich zur
Streckwirkung belanglos sein.
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Das neue Verfahren ist im Gegensatz zu dem bekannten für die Verarbeitung
von Rohkautschuk brauchbar, der sich mit Kolloidmühlen nicht dispergieren läßt.
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Es ist auch bereits bekannt, künstliche Kautschukmilch durch Emulgieren
einer Lösung von Kautschuk in Benzol oder Benzin in einer Seifenlösung herzustellen.
Bei diesem Verfahren besteht indessen der Nachteil, daß ein entflammbares Lösungsmittel
benutzt wird, zu dessen Wiedergewinnung Arbeit aufzuwenden ist, und daß, da die
Kautschukkügelchen das Lösungsmittel absorbieren, einige Sorgfalt und Zeit aufgewendet
werden muß, um die Entfernung des Lösungsmittels zu sichern, ohne erneute Koagulation
der Gummikügelchen zu bewirken. Diese Schwierigkeiten werden durch die Erfindung
überwunden, die auf der Feststellung beruht, daß die Verwendung eines Kautschuklösungsmittels
nicht nötig ist, um eine Dispersion des Rohkautschuks im Wasser zu bewirken. Das
Verfahren gemäß der Erfindung umfaßt zwei Stufen, nämlich: Einverleiben von Wasser
in die Rohkautschukmasse und anschließend Dispergieren der Masse im Wasser. Beim
Einführen des Wassers in die Kautschukmasse hängt die Technik des Verfahrens etwas
vom Charakter des Kautschuks und insbesondere von der Art seiner Gewinnung ab. Meistens
ist es zweckmäßig, dem Wasser ein Dispergierungsmittel zuzusetzen, das das Wasser
beim Eindringen in die Zwischenräume zwischen den Kügelchen unterstützt. Hierzu
kann man Leim, Albumin, Kasein, Gummiarabikum, Zucker, Glutin, Stärke, Dextrin oder
ähnliche wasserlösliche Stoffe benutzen. Diese Stoffe sind aber nicht wesentlich
für die Absorption des Wassers im Kautschuk, sie werden vielmehr nur zwecks Zeitersparnis
beim Vorbereiten des Kautschuks für die Dispersion zugesetzt. Wird genug Zeit und
Arbeit aufgewendet, so kann das Wasser für sich allein in die Kautschukmasse eingeführt
werden. In der Literatur findet sich die Beobachtung, daß roher oder koagulierter
Kautschuk 16 bis ä6 Prozent seines Gewichts an Wasser absorbiert, und daß die Nichtwasserbestandteile
des Serums willig Wasser absorbieren. Besonders reich an solchen Bestandteilen ist
der durch Trocknung, insbesondere Zerstäubungströcknung, gewonnene Kautschuk. Ein
solcher Kautschuk vermag daher eine größere Menge Wasser und rascher zu absorbieren
als Kautschuk, der durch normale Koagulation gewonnen ist. Bei Kautschuksorten,
die einen hohen Gehalt an wasserlöslichen Stoffen haben, ist es besonders unnötig,
dem Wasser irgendwelche der obenerwähnten wasserlöslichen Stoffe zuzusetzen.
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Nachdem eine hinreichende Wassermenge in den Kautschuk eingeführt
ist, wird er durch einfaches mechanisches Mischen in Wasser dispergiert, wobei so
viel Wasser zugesetzt wird, d'aß eine Paste entsteht, in der Wasser die stetige
Phase bildet. Bei Entfernung des Wassers oder bei Einwirkung eines der üblichen
Koagulierungsmittel koagulieren die dispergierten Kautschukkügelchen von neuem.
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Die Einführung des Wassers kann zunächst mittels eines gewöhnlichen
Mischwalzwerks bewirkt werden, dessen glatte Walzen mit verschiedener Geschwindigkeit
umlaufen und sich nicht berühren. Das Wasser wird zweckmäßig allmählich zur Kautschukmasse
zugesetzt. Das wasserlösliche Dispergierungsmittel kann gegebenenfalls entweder
zuvor im Wasser gelöst oder auch in trockener Form erst mit dem Kautschuk auf der
Walze vereinigt werden, worauf dann das Wasser zugesetzt wird. Nachdem der Kautschuk
etwa g bis to Prozent seines Gewichts an Wasser absorbiert hat, wird er in einen
Mischer nach Art eines Teigmischers gebracht und erneut Wasser allmählich zugesetzt,
bis sich eine Paste bildet, deren Eigenschaften denen des natürlichen Kautschukmilchsaftes
sehr ähnlich sind.
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Die Zeichnung zeigt schematisch im Schaubild einen geeigneten Mischer
bei in Kipplage befindlichem Troge. Der Trog a. hat eine
Mittelrippe
h zur Ausbildung zweier halbzylindrischer Tröge a' am Boden. In dem Troge sind zwei
Flügel c, c' gelagert, die miteinander und mit den Antriebsscheiben d durch Getriebe
c so verbunden sind, daß ihre Umdrehungsgeschwindigkeiten im Verhältnis von 2 zu
i stehen. Die Flügel bestehen j e aus einer schraubenförmigen Schiene und sind so
angeordnet, daß sie weder sich gegenseitig noch die Oberflächen der Tröge a' berühren,
so daß bei ihrer Drehung in der Gummimasse diese gestreckt, gezogen und geknetet
wird. Der langsamere Mischflügel dreht sich gewöhnlich mit 2o Umläufen j e Minute;
eine heftige mechanische Zerkleinerung der Masse, wie solche in einer Kolloidmühle
eintritt, kann daher nicht stattfinden. Die endgültige Dispersion wird am besten
erzielt, wenn man dem Wasser ein Dispergierungsmittel zusetzt, wie Saponine, Seifenrindenauszug,
Seifer. oder gewisse wasserlösliche öle. Vorzüglich bewährt hat sich die Verwendung
einer verhältnismäßig kleinen Menge von in Wasser gelöstem Seifenrindenauszug, der
langsam in die Kautschukmasse eingewalzt oder eingerührt wird. Der Kautschuk nimmt
zuerst ein etwas körniges Aussehen an, bekommt aber bei andauernder Streckung unter
der Wirkung der Mischflügel und allmählichem Wasserzusatz eine glattere Beschaffenheit,
bis er den Zustand eines glatten Kittes erreicht. Weiterer Wasserzusatz ergibt die
Bildung einer Salbe von der Konsistenz und Glätte von Butter, und schließlich bildet
sich bei fernerem Zusatz von genügend Wasser eine milchige Masse, die im wesentlichen
die physikalischen und chemischen Kennzeichen des natürlichen Milchsaftes bat.
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Will man in der ersten Verfahrensstufe dem Wasser ein Dispergierungsmittel
zusetzen, so empfiehlt es sich, solche auszusuchen, die wasserlöslich und befähigt
sind, das Wasser beim Eindringen in die Zwischenräume zwischen den Kügelchen der
Kautschukmasse zu unterstützen. Bei der zweiten Verfahrensstufe, während deren die
Kautschukkügelchen die disperse Phase der Dispersion werden, ist es erwünscht, Stoffe
zu verwenden, die nicht nur wasserlöslich, sondern auch schmierfähig sind. Gleichzeitig
ist Sorge zu tragen, daß man das Wasser nicht zu rasch einführt oder zu viel Schmierstoff
verwendet, da sonst der Kautschuk leicht verhältnismäßig große Teilchen bildet,
die sich nur schwer weiterdispergieren lassen. Oben ist zwar gesagt, daß die Vorbehandlung
des Kautschuks mittels des üblichen Kautschukwalzwerks erfolgen und die Masse dann
auf einen Mischer gebracht werden könne; man kann aber das ganze Verfahren auch
in einer einzigen Mischmaschine nach Art eines Teigmischers o.dgl. durchführen,
sofern diese stark genug ist, um solch eine zähe Kautschukmasse zu verarbeiten.
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Ausführungsbeispiel. 55o Teile koagulierten Rohkautschuks, wie smoked
sheet, werden auf ein Mischwalzwerk gebracht und gewalzt, bis der Kautschuk warm
und plastisch wird. Nach Zusatz von 27,5 Gewichtsteilen Leim wird die Mischung
weitergewalzt, bis der Leim gleichmäßig im Kautschuk verteilt ist. Ein beliebiger
handelsüblicher wasserlöslicher Leim kann hierzu verwendet werden, und zwar entweder
in trockener körniger Form oder als dicke Paste, die man erhält, wenn man den Leim
mit wenig Wasser erhitzt. Die Kautschukleimmischung wird dann in einen Mischer,
z. B. einen -zweiflügligen Teigmischer, gebracht, und es wird so viel Wasser zugesetzt,
daß der gesamte Wassergehalt der Mischung io Gewichtsprozent des Kautschuks entspricht.
Der Mischer wird dann zugedeckt und in Betrieb gesetzt, bis der Kautschuk unter
lebhafter Erwärmung alles Wasser aufgenommen hat. Hierauf wird eine Lösung von i
Teil Saponin auf 2 Teile Wasser hergestellt, von der man 82,5 Gewichtsteile nach
Erhitzung langsam zusetzt, bis die Kautschukmasse einen kittartigen Zustand erreicht.
Der Rest der -Saponinlösung wird allmählich zugesetzt und die ganze Masse zum Schluß
allmählich mit- etwa 25o Teilen heißen Wassers verdünnt. Das Mischen wird fortgesetzt,
bis das Wasser gründlich der Masse einverleibt ist, die dann eine glatte Paste bildet,
die in diesem Zustande aufbewahrt oder beliebig mit Wasser verdünnt werden kann.
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Die mikroskopische Untersuchung solcher Dispersionen zeigt, daß die
Kautschukkügelchen die gleiche Größe und das gleiche allgemeine Aussehen haben wie
Kautschukkügelchen im natürlichen Milchsaft. Auch die physikalischen Eigenschaften
der Dispersionen sind die gleichen.
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Das neue Verfahren hat sehr große Vorteile, da es unmittelbar eine
dicke, wässerige Paste von dispergiertem Kautschuk liefert, im Gegensatz zu der
natürlichen Kautschukmilch, die für die meisten Zwecke einer zuvorigen besonderen
Konzentrierung bedarf.
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Das Verfahren ist nicht auf Rohkautschuk oder bestimmte Rohkautschukmischungen
beschränkt, vielmehr kann mit dem koagulierten Kautschuk, wenn er auf der Walze
erweicht wird, regenerierter Kautschuk vereinigt werden. Es wurde festgestellt,
daß man, wenn man in der üblichen Art eine Mischung von 5o Gewichtsteilen Rohkautschuk
und 5o Gewichtsteilen Regenerat herstellt
und damit das obige Verfahren
durchführt, eine wässerige Dispersion erhält, in welcher der regenerierte Kautschuk
so vollständig wie der rohe Kautschuk dispergiert ist. Man kann auch ein richtig
behandeltes Regenerat ohne Zumischung von Rohkautschuk dispergieren. Ferner kann
man mit Rohkautschuk auf der Mischwalze Stoffe, -wie Schwefel, Vulkanisationsbeschleuniger,
organische oder anorganische Farbstoffe, organische Erweichungsstoffe -und mannigfache
andere Stoffe, vereinigen. In solchem Falle können diese Zusatzstoffe zunächst mit
dem Kautschuk in der üblichen Weise vereinigt werden, -worauf dann aus der Mischung
ii der oben für Rohkautschuk beschriebenen Weise eine Paste hergestellt wird. Statt
die Zusatzstoffe gleich zu Anfang mit dem Kautschuk zu vereinigen, kann man auch
zunächst eine wässerige Paste von dispergiertem Kautschuk herstellen und dann erst
die Zusatzstoffe zusetzen.
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Eine in der beschriebenen Weise gewonnene Paste von dispergiertem
Kautschuk mit oder ohne Zusatzstoffe kann für die verschiedensten Zwecke verwendet
werden: Zum Imprägnieren von Geweben, zur Herstellung von Kautschukpapier. als Bindemittel
bei der Herstellung von Kunstleder, als Kitt für Kautschukgegenstände, Holz u. dgl.
in Verbindung mit Füllstoffen zur Herstellung eines Fußbodenbelags u. a. m.
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An Stoffen, die dem Kautschuk vor seiner Dispersion einverleibt -werden
können, seien folgende genannt: Erdölkohlenwasserstoffe, wie Mineralöl, pflanzliche
Öle; wie Palmöl, organische oder anorganische kolloidale Pigmente, Leim, Kautschukersatzstoffe,
Farbstoffe, wie Zinkoxyd, Talk usw., Schwefel, Vulkanisationsbeschleuniger, -wie
Triphenylguanidin usw. Gewisse dieser Stoffe ändern häufig die Natur des Kautschuks
außerordentlich. Es hat sich gezeigt, daß durch Zusatz geeigneter Proteine und Harze
ein Ersatz für Guttapercha oder Balata erzeugt werden kann, der viele, wenn nicht
alle Eigenschaften dieser Naturstoffe hat.
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Das neue Dispergierv erfahren kann mit einfachen Mitteln durchgeführt
werden, und die Paste kann mit gewöhnlichen Auftragmaschinen, wie sie für Stärke
üblich sind, auf Stoffe aufgetragen werden.
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Das neue Verfahren beseitigt unter Vermeidung der mit dem Gebrauch
organischer Lösungsmittel verbundenen Unannehmlichkeiten, insbesondere der Feuersgefahr,
den kostspieligen Friktionskalander, der hohe Betriebstemperaturen erfordert, zerstörenden
Druck- auf das Gewebe ausübt und im Betriebe teuer ist. Offenbar kann man auch bei
dem neuen Verfahren eine hochwertigere Kautschukmischung als beim Friktionskalander
verwenden, da man bei ersterem nicht gezwungen ist, die -weichen, geringwertigen
Kautschuksorten, Öle u. dgl. zu verwenden, wie sie bei Herrichtung von Mischungen
für den Friktionskalander nötig sind.
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Bei der Herstellung der Paste ist weder Hitze noch Druck nötig. Die
Kautschukmasse wird zwar während ihrer anfänglichen Erweichung auf der Walze -warm,
aber nicht mehr, als dies normalerweise beim Auswalzen des Kautschuks zu Platten
auch der Fall ist.
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Bei Besprechung der Wirkung der bei der Herstellung der Dispersionen
nach dem neuen Verfahren benutzten, die Dispergierung begünstigenden Stoffe sind
diese oben als Schmierstoffe bezeichnet -worden. Diese Bezeichnung ist gewählt,
um ihre Wirkung näher zu kennzeichnen, die darin besteht, daß sie die Kügelchen
befähigen, während des Verlaufs der Dispersion übereinanderzuschlüpfen. An sich
wird die Erzeugung und Aufrechterhaltung der Dispersion durch die elektrischen Ladungen
der Teilchen des Kautschuks und der Zusatzstoffe beeinflußt. Die Bezeichnung Schmiermittel
wird trotzdem verwendet, weil einige der beobachteten Erscheinungen schwer mit den
Theorien der Elektrochemie vereinbar sind. Beispielsweise hat sich gezeigt, daß,
obwohl elektronegative-Stoffe, wie Saponine oder sonstige seifige Stoffe, den elektropositiven
Charakter gewisser Stoffe zu neutralisieren vermögen, mit elektropositiven Stoffen,
wie Zinkoxyd, Ruß, rotem Eisenoxyd usw., versetzte Kautschükmischungen.unter genau
den gleichen Bedingungen dispergiert werden können wie reiner Kautschuk.