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Verfahren zur Herstellung von Divinylsulfid und dessen Homologen Das
Divinylsulfid wurde bisher nur als Präparat, und zwar aus dem umständlich herzustellenden
ß-ß'-Dichlordiäthylsulfid (s. Journal of the chemical Society of London, 121 [19221,
S. 2137 bis 2139) oder aus dem entsprechenden ß-ß'-Dihromdiäthylsulfid erhalten.
In technischem Maßstabe wurde aber das Div inylsulfid aus diesen Verbindungen nicht
erzeugt, da die Herstellungskosten zu hoch sind.
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Ausgehend von Kohlenwasserstoffen, besonders solchen ungesättigter
Natur, und Schwefelwasserstoff oder Schwefelabkömmlingen wurde schon eine Reihe
von Thioverbindungen hergestellt, es gelang aber bisher nicht, Divinylsulfid daraus
zu isolieren. Selbst bei dem Versuch, Acetylen und Schwefelwasserstoff umzusetzen,
wobei erwartungsgemäß nach der Gleichung 2HC=CH+H2S=S(CH=CH2)2 Divinylsulfid entstehen
sollte, gelingt es nicht, diese Verbindung zu erhalten, wenn man auch unter den
verschiedensten Bedingungen arbeitet und die verschiedensten Katalysatoren anwendet.
Es entsteht wohl ein Gemisch von Schwefelverbindungen der verschiedensten Zusammensetzung,
jedoch kein Divinylsulfid.
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Bei einem anderen Versuch, bei dem man gasförmigen oder flüssigen
Schwefelwasserstoff auf Calciumcarbid einwirken ließ, ging das dabei entstandene
Acetylen in geringer Menge in eine ölige
Masse über, deren Identifizierung
jedoch nicht möglich war (Zeitschrift für angewandte Chemie 41 [19z8], S. 28o).
Auch bei der Behandlung von Calciumcarbid mit überschüssigem Schwefel konnte nur
die Bildung von Schwefelkohlenstoff beobachtet werden (Zeitschrift für angewandte
Chemie 41 [19z8], S. 722).
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Es ist zwar bekannt, Calciumcarbid mit Schwefel umzusetzen oder schwefelhaltige
Calciumverbindungen, beispielsweise Gips, zu Calciumcarbid zu reduzieren, doch handelt
es sich hierbei um die Herstellung von Calciumcarbid-Calciumsulfid- bzw. Calciumcyanamid
- Calciumsulfid - Gemischen ohne deren Weiterverarbeitung auf Divinylsulfid.
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Es wurde überraschenderweise gefunden, daß durch Einwirkung von Schwefel
oder Schwefelverbindungen auf Carbid, z. B. durch Verschmelzen von Schwefel mit
Calciumcarbid, gegebenenfalls bei erhöhter Temperatur, ein Erzeugnis gebildet wird,
das bei der nachfolgenden Einwirkung von Wasser unter geeigneten Bedingungen ganz
erhebliche Mengen von reinem Divinylsulfid liefert. Die Zersetzung muß zu diesem
Zweck so vorgenommen werden, daß das gebildete Divinylsulfid durch einen Gas- oder
Dampfstrom der schädlichen Einwirkung der feuchten Zersetzungserzeugnisse sofort
entzogen wird. Dies wird dadurch erreicht, daß nur so viel Wasser zu dem Schmelzerzeugnis
gegeben wird, daß die bei der Zersetzung auftretende Reaktionswärme den Wasserüberschuß
sofort verdampft und der dabei gebildete Wasserdampf das entstandene Divinylsulfid
möglichst schnell aus dem Reaktionsraum verdrängt. Man kann aber auch durch die
Anwendung eines Stromes von inertem Gas oder durch das gegebenenfalls bei der Zersetzung
des Umsetzungserzeugnisses entstandene Gas, z. B. Acetylen, das gebildete Divinylsulfid
der schädlichen Einwirkung im Umsetzungsraum entziehen. Verwendet man an Stelle
von flüssigem Wasser für die Zersetzung des Carbidgemisches Wasserdampf, so kann
dieselbe Wirleung durch Anwendung eines entsprechenden Wasserdampfüberschusses erreicht
werden. Das gebildete Divinylsulfid kann ferner auch durch Zusatz von leicht verdampfbaren,
inerten organischen Flüssigkeiten, die durch die Umsetzungswärme in Dampf übergeführt
werden, möglichst schnell aus dem Reaktionsraum verdrängt werden. Die angegebenen
Maßnahmen können auch ganz oder - teilweise kombiniert zur Anwendung kommen.
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Überraschenderweise erhält man bereits durch Beimischung von Sulfiden,
z. B. (Aluminiumsulfid, zu Carbiden, z. $. Calciumcarbid, und nachfolgender Zersetzung
unter den vorgenannten Bedingungen ein ölhaltiges Acetylen, aus dem das Divinylsulfid
durch Kondensation, durch Adsorption mit Aktivkohle oder anderen geeigneten Maßnahmen
leicht abgetrennt werden kann.
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Da das gewöhnliche Handelscalciumcarbid im allgemeinen aus Rohstoffen
hergestellt wird, die mehr oder weniger große Mengen an Schwefelverbindungen enthalten,
mußte man erwarten, daß bei der Vergasung dieses Carbids auch entsprechende Mengen
an Divinylsulfid gebildet werden, wenn man das Carbid unter den vorgenannten Bedingungen
zersetzt. Wie ein Versuch ergab, ist dies tatsächlich der Fall, und es gelingt,
aus :dem durch Vergasung dieses Carbids unter den besonderen Bedingungen erhaltenen
Acetylen etwa die Hälfte des im Carbid enthaltenen Schwefels in Form von Divinylsulfid
zu erhalten. Dabei sei aber bemerkt, daß bei Nichteinhaltung der genannten Zersetzungbedingungen,
z. B. beim Einwerfen von Carbid in einen großen Wasserüberschuß, wie es in den sogenannten
Naßvergasern geschieht, keine nachweisbaren Mengen von Divinylsulfid gebildet werden.
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Im übrigen ist es nicht notwendig, den für die Umsetzung nötigen Schwefel
oder die Schwefelverbindungen nachträglich dem vorgebildeten Carbid zuzumischen,
sondern es können schon bei der Herstellung des Carbids Schwefelverbindungen, z.
B. Gips od. dgl., zugesetzt werden.
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Werden an Stelle von Schwefel bzw. Schwefelverbindungen Selen oder
Tellur bzw. deren Verbindungen angewendet, so werden die entsprechenden Divinyl-Selen-
bzw, Divünyl-Tellur-Abkömmlinge erhalten.
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In ähnlicher Weise lassen sich auch andere Homologe des Divinylsulfids
erhalten, z. B. Diallylensulfid. Wird nämlich Magnesiumcarbid M92 C3 mit Schwefel
oder Schwefelverbindungen, gegebenenfalls bei erhöhter Temperatur, behandelt und
das dabei erhaltene Umsetzungserzeugnis in der beschriebenen Weise zersetzt, so
erhält man Diallylensulfid. Beispiel s Gemahlenes Calciumcarbid wird mit 2o% Schwefel
vermischt und in einem Eisengefäß erhitzt. Schon- unterhalb Rotglut setzt eine exotherme
Reaktion ein, wodurch die Temperatur der Reaktionsmischung bis auf etwa 16oo° ansteigt.
Das so erhaltene Umsetzungsgemisch wird fortlaufend im Gegenstrom zu Wasserdampf
geführt und die Temperatur auf 11o bis 13o° gehalten. Nach Abscheiden des Wasserdampfes
wird ein fast reines, ganz schwach gefärbtes Divinylsulfid in einem nachgeschalteten
eisgekühlten Schlangenkühler unmittelbar in flüssiger Form erhalten. Beispiel e
Technisches Calciümcarbid mit :27o l Acetylen wurde mit io% Schwefel im Lichtbogenofen
zusammengeschmolzen. Das Umsetzungsgemisch gibt bei der Zersetzung mit einem Gemisch
von Wasser-und Benzindämpfen 35 g Divinylsulfid je Kilogramm Carbid neben etwa 200
1 Acetylen, entsprechend einer Ausbeute von 26%.
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Beispiel 3 Nimmt man an Stelle von Schwefel als Schmelzzusatz zum
Carbid io% Calciumsulfid, so werden
neben Acetylen mehr als 5o '/o
des umgesetzten Acetylens als Divinylsulfid erhalten.
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Beispiel q.
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i5oo g eines feingepulverten innigen Gemisches aus 5 Teilen technischem
Calciumcarbid und i Teil Aluminiumsulfid werden in einem Gefäß durch gleichmäßiges
Aufdüsen von Wasser so zersetzt, daß der Inhalt praktisch trocken bleibt. Das entwickelte
Gas, etwa zao 1, wird erst durch einen Kondensator geleitet, in dem sich ein Gemisch
von Wasser und Öl niederschlägt, und das vom Wasserdampf befreite Gas kann durch
Aktivkohle geleitet werden. Aus dem Ölanteil des Kondensats kann reines Divinylsulfid
gewonnen werden.