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Verfahren zur Verwertung von Tabakabfällen Die bekannten Verfahren
zur Verwertung von Tabakabfällen bestehen darin, daß man aus den Abfällen entweder
Nikotin gewinnt oder Tabakextrakt herstellt. In beiden Fällen verbleibt ein Abfall,
der bisher wertlos und dessen Beseitigung unter Umständen noch mit Kosten verbunden
war.
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Das vorliegende Verfahren gestattet, aus diesem Abfall ein wertvolles
Produkt herzustellen, das sehr bemerkenswerte Eigenschaften besitzt und mit dessen
Hilfe man in der Lage ist,- die Gewinnung der flüchtigen Stoffe aus dem Tabak besonders
günstig zu gestalten. Das -Verfahren besteht darin, daß man die Abfälle, welche
zweckmäßig vorher alkalisch gemacht worden sind, zunächst durch Wasserdampfdestillation
vom Nikotin befreit. Durch Verkohlen der zurückbleibenden Masse bei einer Temperatur
von goo ° C erhält man eine Masse, die nach dem Waschen ein vorzügliches Adsorptionsmittel
darstellt. Insbesondere ist dieses Adsorptionsmittel zur Gewinnung von Nikotin und
Tabakölen geeignet, wie unten näher ausgeführt werden wird. Die Adsorptionsmasse
besteht aus etwa 8o0/0 Kohlenstoff und 2o00 fein verteilter kolloider Kieselsäure.
Sie vermag 3 bis- 50/0 ihres Gewichtes an Nikotin zurückzuhalten. Die mit Nikotin
angereicherte Masse wird mittels eines leicht flüchtigen Lösungsmittels extrahiert,
wodurch man eine Lösung der zurückgehaltenen Stoffe gewinnt. Wenn man darauf das
Lösungsmittel abdestilhert, kann man hoch konzentrierte Nikotinlösungen herstellen.
Die Adsorptionsmasse eignet sich nicht nur zur Darstellung von Nikotin und Tabakölen,
sondern auch zur Adsorption von Farbstoffen oder Gasen und steht, was diese Eigenschaften
anbelangt, den bekanntesten Handelsmarken von Adsorptionsmitteln nicht nach. Zur
Herstellung der Adsorptionsmasse wird im einzelnen so verfahren, daß man aus einer
entsprechenden Menge Tabak, dem man alkalische Reaktion erteilt hat, durch Wasserdampfdestillation
die flüchtigen Basen abtreibt. Sobald das Material nikotinfrei ist, wird die Destillation
unterbrochen und der Rückstand unter Luftabschluß verkohlt. Das Produkt behandelt
man zuerst mit Wasser und dann mit heißer 25°/o technischer arsenfreier Salzsäure.
Man wäscht hierauf so lange mit Wasser, bis das Waschwasser keine Reaktion mehr
auf Calcium, Eisen und Chlorion gibt.
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Die so erhaltene Masse besteht je nach Tabakart, aus der sie gewonnen
wurde, aus xo bis 2o0/0 kolloider Kieselsäure und 8o bis go0/0 aktiver.Kohle. Sie
wird grob zerkleinert und in ein engmaschiges Sieb gefüllt. Dieses Sieb wird nun
dazu verwendet, um aus den Dämpfen von der Destillation einer neuen Menge Tabak
das Nikotin und die Tabaköle zu gewinnen. Man versetzt den Tabak vor der Behandlung
mit Wasserdampf mit einem Zehntel seines Gewichtes an 2o0/0igem rohem Kaliumcarbonat.
Bei der darauffolgenden Wasserdampfdestillation wird nicht nur das Nikotin, sondern
auch das Ammoniak aus dem Tabak abdestilliert. Die Adsorptionsmasse hat nun die
Eigenschaft, das Ammoniak nicht zurückzuhalten,
dagegen aber das
Nikotin und Tabaköle aufzunehmen. Man setzt die Destillation so lange fort, bis
das Kondenswasser hinter der Adsorptionsmasse Nikotinreaktion gibt. Hierauf wird
ein Sieb mit neuer Kohle vorgeschaltet und die Destillation der Tabakmasse bis zur
Erschöpfung fortgesetzt. Wenn man auf diese Art vorgeht, gelingt es, bei geeigneter
Apparatur mit der zehnfachen Gewichtsmenge an Wasser-mindestens 951)/o des vorhandenen
Nikotins in der Adsorptionsmasse festzuhalten. Die Siebe mit der Adsorptionsmasse
werden nach beendeter Destillation mit Petroläther oder Äther extrahiert.
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Nach dem Abdestillieren des Äthers erhält man Nikotinlösungen von
ungefähr 50°!1) Gehalt, die nur Spuren von Ammoniak aufweisen, da dieser Stoff von
der Adsorptionsmasse nicht zurückgehalten wird. Ein weiterer Vorteil der Methode
besteht darin, daß die ätherischen Ole des Tabaks gewonnen werden. Das Produkt kann
gegebenenfalls in bekannter Weise durch fraktionierte Destillation auf go bis 951)/oiges
Nikotin aufgearbeitet werden. Die 5o1)/1)ige Lösung, welche die Tabaköle enthält,
ist, was ihre insekticide Kraft anbelangt, einer Nikotinlösung von gleichem Gehalt
überlegen und besitzt einen angenehmen Geruch.
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Die durch Extraktion wiederbelebte Masse kann unbegrenzt lange verwendet
werden. Sie ist nicht nur für den beschriebenen Zweckgeeignet, sondern kann auch
zur Entfärbung und zur Adsorption von Gasen verwendet werden.
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Die Adsorptionskraft wird mittels Chlor, Methylenblau und Sublimat
geprüft, wobei man zweckmäßig nach D. A. B. 6 vorgeht. 0,i7 g der trockenen Masse
entfärben beim Schütteln in einer Minute 20 ccm 0,15°/o Methylenblaulösung vollständig;
die Masse adsorbiert ein Viertel ihres Gewichtes an Chlor und i g davon nimmt aus
wäßriger Lösung 0,05 Sublimat auf.
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Das neue Verfahren hat viele Vorteile. Es gestattet, den bisher völlig
wertlosen Abfall in ein hochwertiges Produkt umzuwandeln, das insbesondere geeignet
ist, Nikotin bei sehr geringem Wärmebedarf vollständig zu gewinnen. Der Verbrauch
an Chemikalien ist gering, da das Kaliumcarbonat nicht nur wiedergewonnen wird,
sondern stets ein wenn auch geringfügiger Überschuß aus der Pflanze sich ergibt,
während von dem Extraktionsmittel nur der unvermeidliche Schwund verlorengeht. Das
Verfahren kann leicht im Dauerbetrieb durchgeführt werden, wenn man zwei Abfallbehälter
und eine entsprechende Anzahl Siebröhren für die Adsorptionsmasse verwendet. Die
Produkte fallen in sehr guter Beschaffenheit an. Insbesondere muß hervorgehoben
werden, daß bei dem vorliegenden Verfahren die Duftstoffe des Tabaks im Extrakt
unverändert erhalten bleiben. Der 5oo,/oige Extrakt ist daher wegen seines guten
Geruches ganz besonders zur Schädlingsbekämpfung geeignet.
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Es ist zwar bekannt, daß man aus pflanzlichen Stoffen Adsorptionskohle
herstellen kann; im vorliegenden Falle handelt es sich aber um ein Adsorptionsmittel,
das aus 8o1),/1) Kohlenstoff und aus 2o0/, kolloider Kieselsäure besteht. Letztere
ist jedoch nicht als eine zufällige Verunreinigung zu betrachten, sondern ist für
das Gelingen des Verfahrens wesentlich. Denn nur ihre Anwesenheit sichert die große
Adsorptionskraft der :Tasse und verhindert eine Oxydation des Nikotins, die bei
Anwesenheit von hochaktiver Kohle bei der notwendigen hohen Temperatur eintreten
würde. Außerdem gewährleistet nur die kieselsäurehaltige Kohle eine auswählende
Adsorption des Nikotins bzw. die Trennung des Nikotins vom Ammoniak.
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Wenn auch aktive Kohle und Kieselsäure -wiewohl getrennt - schon früher
in der Fach-und Patentliteratur zur Nikotinadsorption empfohlen wurden, so benutzte
man doch diese Eigenschaft entweder nur zur Wertbestimmung von Adsorptionskohle
oder zur Entgiftung von Tabakrauch.
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Hiervon unterscheidet sich das Verfahren vorliegender Erfindung in
folgenden Punkten: i. Es dient der Aufgabe, das Nikotin festzuhalten, um es nachher
durch Extraktion des Adsorptionsmittels möglichst rein zu gewinnen. Die bekannten
Verfahren befassen sich damit, Nikotin, Ammoniak und Pyridin z. B. aus Tabakrauch
zu entfernen, ohne sich weiter um das Schicksal dieser Körper zu kümmern.
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Die bekannten Verfahren benutzen einen Luftstrom von Verbrennungsgasen,
der eine Temperatur von etwa 40' C aufweist. Das vorliegende Verfahren arbeitet
mit einem Nikotinwasserdampfgemisch von etwa ioo ° C. Die Adsorption von Nikotin
für technische Zwecke bei so hoher Temperatur bildet eine völlige Neuerung. Diese
hohe Temperatur ist aber für die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens wesentlich, weil
man nach dem neuen Verfahren konzentrierte Nikotinlösungen erhalten kann, was bisher
nicht möglich war.
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3. Durch das neue Verfahren werden in einem einzigen Arbeitsgang ammoniakfreie
Nikotinlösungen erhalten, eine Tatsache, die von früheren Autoren weder angestrebt
noch erreicht wurde.