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Mittel zur gleichzeitigen Körperreinigung und Desinfektion Gegenstand
der Erfindung bilden neuartige und i)esonders vorteilhafte Mittel zur gleichzeitigen
Körperreinigung und Desinfektion.
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Unter den als Reinigungsmittel vorgeschlagenen oberflächenaktiven
Stoffen unterscheidet man je nach der Natur der elektrischen Ladung oder der Abwesenheit
von ionogenen Gruppen solche von anionischem, kationischem, amphoterem und nichtionogenem
Charakter. Von diesen Stoffen finden die anionischen und die nichtionogenen für
Textilreinigungszwecke, aber auch als Körperreinigungsmittel eine weitgehende Verwendung,
während die kationaktiven Stoffe sich für diese Zwecke als ungeeignet erwiesen haben.
Amphotere Stoffe sind ebenfalls als Textilwaschmittel vorgeschlagen worden, ferner
finden sie als Zusätze zu Seifen und- zu kosmetischen Mitteln Verwendung. . Von
den genannten vier Arten der oberflächenaktiven Stoffe besitzen die anionischen
eine geringe, für die Praxis jedoch nicht ausreichende bakterizide Wirkung. Den
nichtionogenen Stoffen fehlt eine abtötende Wirkung auf Bakterien ganz. Bei den
kationaktiven Stoffen ist die Desinfektionswirkung dagegen sehr groß, so daß die
praktische Bedeutung dieser Stoffe in erster Linie auf dem Desinfektionsmittelgebiet
liegt. Über die Wirkung amphoterer oberflächenaktiver Stoffe auf Bakterien war bisher
nur wenig bekannt.
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Bei der praktischen Ausführung der Desinfektion, z. B. der Händedesinfektion,
ist es von maßgeblicher Bedeutung, daß die Desinfektion durch gute Reinigung der
Haut von anhaftenden Keimen unterstützt wird. Es ist deshalb in der chirurgischen
Praxis erforderlich, daß der Händedesinfektion mit kationaktiven
Mitteln,
z. B. quaternären Ammoniumverbindungen, eine Reinigung mit anionaktiven Mitteln,
die bisher allein für eine gründliche Reinigung in Frage kamen, vorausgeht. Diese
Methode, zu der die ungenügende Reinigungswirkung der kationaktiven 'Mittel zwingt,
hat einerseits den Nachteil, daß zwei verschiedene Mittel zeitlich hintereinander
angewandt werden müssen, andererseits birgt sie insofern eine schwerwiegende Fehlerquelle,
als die bakterizide Wirkung der kationaktiven Mittel durch anionaktive Mittel aufgehoben
wird. Von dem ersten Behandlungsprozeß, der Reinigung, zurückbleibende Seife macht
den zweiten Behandlungsprozeß, die Desinfektion, mit der quaternären Ammoniumverbindung,
illusorisch.
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Dieser bedenkliche Fehler der quaternären Ammoniumverbindungen, der
schon bald nach Entdeckung ihrer bakteriziden Wirkung erkannt wurde, hat zu vielen
Versuchen geführt, die Waschwirkung kationaktiver Mittel zu verbessern; so- werden
z. B. Mischungen von quaternären Ammoniumverbindungen mit Salzen höhenmolekularer
Amine empfohlen, ferner werden alkyherte Polyalkylenpolyamine als gute Wasch- und
Desinfektionsmittel beschrieben. Eine zufriedenstellende Lösung dieses Problems
wurde aber bisher nicht erzielt.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß einen wesentlichen
Fortschritt auf diesem Gebiet solche Mittel zur gleichzeitigen Körperreinigung und
Desinfektion bedeuten, die aus einer wä.ßrigen Aufbereitung von Salzen beliebiger
anorganischer oder organischer Säuren mit solchen amphoteren Verbindungen bestehen,
welche der allgemeinen Formel R,-NH-R2-COOH entsprechen, in der Ri eine gegebenenfalls
durch NH, CONH unterbrochene höhenmolekulare Kohlenwasserstoffkette und R2 ein Brückenglied
von rein aliphatischer, gemischt aliphatisch=aromatischer oder rein aromatischer
Natur ist.
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Im Rahmen dieser als Mittel zur gleichzeitigen Körperreinigung und
Desinfektion vorgeschlagenen amphoteren Stoffe sind solche von besonderem Wert,
welche der allgemeinen Formel R,CO - NH - (C2H,NH)n - R2 - COOH entsprechen, in
der R1 eine Kohlenwasserstoffkette von etwa 12 bis 18 C-Atomen, n = z, 2 oder 3
und R2 = CH, oder C,H4 ist.
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Ferner haben sich Verbindungen der allgemeinen Formel R, , NH . (C2H4NH)n
- R2 - C00 H, in der R,, eine Kohlenwasserstoffkette von etwa 12 bis 18 C-Atomen,
n = i, z oder 3, R2 = CH, C6H4, C,H30H oder CH2 # C6H30H ist, als besonders
geeignet für die gleichzeitige Körperreinigung und Desinfektion erwiesen.
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Der Umstand, daß die Verwendung amphoterer Stoffe zur Textilreinigung
bekannt ist, läßt keinerlei Rückschlüsse darauf zu, wie sie sich nun etwa als Körperreinigungsmittel
und damit gegenüber der menschlichen Haut verhalten bzw. für solche Zwecke geeignet
sind. Es ist nicht statthaft, die günstige Wirkung von oberflächenaktiven Stoffen,
die diese bei der Textilbehandlung zeigen, nun etwa auch in dem gleichen Sinne bezüglich
einer Reinigung der menschlichen Haut erwarten zu wollen, da für die Textilbehandlung
ganz andere Erfordernisse gegeben sind, als für die Körperreinigung. Während" es
sich bei der Textilreinigung um eine restlose Entfernung aller Schinutz- und Fetteilchen
handelt, die gegebenenfalls noch durch eine starke mechanische Bearbeitung unterstützt
wird, ist bei der Hautreinigung eine schonende Behandlung geboten und eine allzustarke
Entfettung der Haut sowie eine Aufquellung derselben zu vermeiden. Die natürlichen
Abwehrfunktionen der Haut, wie der Säuremantel, der die Ansiedlung von Bakterien
und deren Eindringen in die Poren verhindert, der Hauttalg, der für die Geschmeidigkeit
und Glätte der Haut verantwortlich ist, und die Hornsubstanz der oberen Hautschüppchen,
die einen Schutz gegen mechanische Behandlung darstellt, müssen ungeschädigt bleiben,
zumal sonst nachteilige Wirkungen auf den Gesamtorganismus hervorgerufen werden
können. So hat sich z. B. herausgestellt, daß die für die Textilwäsche sehr geeigneten
Schwefelsäureester höherer Fettalkohole als Hautreinigungsmittel nicht verwendbar
sind, da sie eine sehr starke Aufrauhung und Rißbildung in der Haut verursachen
und dadurch erst recht die Ansammlung von Schmutz und diesen stets begleitenden
Bakterien begünstigen.
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Demzufolge ist der Bereich der für Körperreinigungszwecke in Betracht
kommenden Stoffe sehr begrenzt und haben bisher praktisch nur die normalen Seifen,
trotz ihrer bekannten Mängel (Kalkseifenbildung, alkalische Reaktion usw.) bei der
Hautreinigung bzw. Körperpflege Anwendung gefunden, während alle übrigen für solche
Zwecke in Vorschlag gebrachten synthetischen, in der Textilindustrie gebräuchlichen
Mittel sich für die Hautreinigung bzw. Körperpflege nicht durchgesetzt haben, sondern
stets nur als diesbezügliche Behelfs- und Ersatzstoffe empfunden wurden.
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Im Gegensatz zu dieser vorerwähnten, bisher als allgemeingültig anerkannten
Regel wurde nun die überraschende Feststellung gemacht, daß die gemäß der vorliegenden
Erfindung herausgestellte Gruppe amphoterer Verbindungen dieserhalb eine ausgesprochene
Sonderstellung einnimmt, indem diese im Gegensatz zu den sonstigen als Textilwaschmittel
vorgeschlagenen und verwendeten oberflächenaktiven Stoffen, und insbesondere gerade
zu den als solche am besten geeigneten Stoffen für die Verwendung als Körperreinigungsmittel
nicht nur gut geeignet, sondern hierfür sogar allen bisher bekannten und verwendeten
Reinigungsmitteln überlegen ist.
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Da die erfindungsgemäßen amphoteren Stoffe auf den pn-Wert der Haut
eingestellt werden können, vermeiden sie eine Quellung der Haut, wie sie z. B. bei
Benutzung der stets alkalisch reagierenden normalen Seife auftritt. Sie verändert
auf Grund dessen die normale saure Reaktion der Haut nicht. Außerdem führen sie
auch bei Dauerbenutzung nicht zur Aufrauhung der Haut, weil sie auf Grund ihres
amphoteren Charakters das Dissoziationsgleichgewicht des gleichartig aufgebauten
Hauteiweißes nicht stören, wie das z. B. bei Fettalkoholsulfonaten der Fall ist.
Was
die erfindungsgemäß herausgestellten amphoteren Stoffe vor allen Dingen auszeichnet,
ist ihr überragendes Schmutztragevermögen.
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Das Schmutztragevermögen der erfindungsgemäß herausgestellten amphoteren
Stoffe ist demjenigen der beiden anderen ionogenen Gruppen oberflächenaktiver Stoffe
deutlich überlegen, wie deren Bestimmung nach einer Methode von E. M. C. Liesegang
(>Fette und Seifen", i9.fo, Bd. 47, S. 458) zeigt. Diese Methode erlaubt einen exakten
Vergleich verschiedener Stoffe. Man erhält nach ihr eine Zahl, die um so niedriger
ist, je besser das Schmutztragevermögen der untersuchten Substanz ist. So wurden
für im chemischen Aufbau vergleichbare Stoffe folgende Zahlen erhalten:
Schmutztragevermögen |
der io°/oigen Lösung |
nach Liesegang |
Kationische oberflächenaktive Stoffe .... 2o bis 25 |
Anionische oberflächenaktive Stoffe .... 15 bis 3o |
Amphotere oberflächenaktive Stoffe der |
erfindungsgemäßen Art . . . . . . . . . . . . . . io bis 15 |
Gerade das Schmutztragevermögen ist für ein Körperreinigungsmittel von ausschlaggebender
Bedeutung. Körperreinigungsmittel mit schlechtem Schmutztragevermögenkönnen zwar
Schmutzteilchen von der Haut abheben, lassen sie aber beim Verdünnen mit Wasser,
wie es beim Abspülen geschieht, leicht wieder fallen. Sind die schlechten Schmutzträger
gute Netzmittel, wie z. B. bei Sulfonaten der Fall ist, so wird der Schmutz nicht
wirklich von der Haut weggetragen, sondern in die benetzten feinen Hautrisse und
Haaraustrittsöffnungen hineingespült, lagert sich dort ab und ist nun schwer, meist
nur durch mechanische Bearbeitung mit der Bürste, zu entfernen.
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Der Umstand, daß amphotere oberflächenaktive Stoffe als Seifenzusatz
zur Verhinderung der Kalkseifenbindung und als Zusatz zu kosmetischen Mitteln wie
Zahnpasten, Hautcremes u. dgl. vorgeschlagen worden sind, gestattet nicht den Rückschluß,
daß die gemäß der vorliegenden Erfindung herausgestellten Stoffe als solche vorzügliche
Reinigungsmittel für die menschliche Haut sind. Die Verarbeitung der erfindungsgemäß
herausgestellten Verbindungen mit Seifen- oder Fettstoffen ist sogar unerwünscht,
da ihre wichtigste Eigenschaft, nämlich die hervorragende Desinfektionswirkung,
durch Zusätze dieser Art beeinträchtigt wird. Was die Desinfektionskraft .der amphoteren
Mittel der erfindungsgemäß herausgestellten Art betrifft, so vermögen sie auch bei
hohen Verdünnungsgraden Bakterien in kurzer Zeit abzutöten. Die kationischen oberflächenaktiven
Stoffe besitzen zwar auch, wie erwähnt, hohe antibakterielle Wirksamkeit. Sie sind
aber nicht nur durch ihr geringeres Ni'asch- und Schmutztragevermögen den erfindungsgemäß
herausgestellten Mitteln unterlegen, sondern auch dadurch, daß sie bei Gegenwart
von Eiweiß sehr stark in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden. Demgegenüber verlieren
die Stoffe der erfindungsgemäß herausgestellten Art selbst in so starken Eiweißlösungen
wie Blutserum nur wenig an Wirkung, was auf ihre Verwandtschaft mit dem amphoteren
Charakter der Proteine zurückzuführen ist. Schon äußerlich ist der Unterschied dadurch
zu erkennen, daß kationaktive Mittel, z. B. die quaternären Ammoniumverbindungen,
mit Eiweißlösungen Fällungen ergeben und praktisch als Eiweißfällungsmittel verwandt
werden, während solche Fällungen bei Mischung von Eiweißlösungen mit Lösungen von
amphoteren Verbindungen der erfindungsgemäß herausgestellten Art nicht eintreten.
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Diese Verträglichkeit mit Eiweiß steht in ursächlichem Zusammenhang
mit der nachweisbar guten Verträglichkeit der erfindungsgemäß herausgestellten Verbindungen
auf der menschlichen Haut. Bei Durchführung von Hauttesten zeigen diese Verbindungen
eine nahezu völlige Reizlosigkeit, während quaternäre Ammoniumverbindungen, alkylierte
Polyalkylenpolyamine, überhaupt alle kationaktiven Mittel, die keine amphoteren
Eigenschaften besitzen, leicht zu Hautrötungen und Quaddelbildung führen.
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Auf Grund dieser oben angeführten Eigenschaften stellen die erfindungsgemäß
vorgeschlagenen amphoteren Stoffe bisher unübertroffene, allgemein anwendbare Mittel
zur gleichzeitigen Körperreinigung und Desinfektion auch für den täglichen Gebrauch
dar und sind besonders wertvoll für Personen, die beruflich einer Infektionsgefahr
und starken Beschmutzungen ausgesetzt sind.
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Als Beispiel für Verbindungen der erfindungsgemäß zu verwendenden
Art seien im einzelnen die folgenden genannt: i. Das Hydrochlorid eines der folgenden
Formel entsprechenden Säureamids des Triäthylentetramins mit Kokosfettsäure, in
das der Essigsäurerest eingeführt ist R-CO-NH-C2H4-NH-C.H4-NH-C@H4-NH-CH2-COOH.
2. Das Hydrochlorid einer Alkylaminoäthylessigsäure, die der folgenden Formel entspricht,
in der der Alkylrest etwa 12 bis 16 Kohlenstoffatome enthält: R-NH-C.H4-NH-CH.COOH.
3. Das Laktat einer Aminosäure, die der folgenden Formel entspricht C12H25-NH-C2H4-NH-C2H4-NH-CH2-COOH.
q.. Das Hydrochlorid einer Aminophenylessigsäure, die der folgenden Formel entspricht:
C"H23-NH-C,H4-NH-C2H4-NH-CH-(C6H.)-COOH. , 5. Das Acetat einer Aminobenzoesäure,
die der folgenden Formel entspricht C14H29 -NH-C.H4-NH-C@H4-NH-CEH4-COOH.
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6. Das Hydrochlorid einer Salicylsäureverbindung, die der folgenden
Formel entspricht: C1cH33-NH-C2H4-NH--C@H4-NH-CH2-C,H3(OH) -COOH.