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Verfahren zur elektrolytischen Reduktion von Polyoxycarbonsäurelactonen
Die Reduktion der Lactone von Polyoxycarbonsäuren zu den entsprechenden Zuckern
mit Hilfe von Natriumamalgam ist eine bekannte präparative Methode der Zuckerchemie
(vgl. z. B. H o u b e n, »Die Methoden der organischen Chemie«, 3. Aufl., 13d.3,
S.2.10). Die technische Anwendung dieser Methode ist hingegen mit erheblichen Schwierigkeiten
verbunden, die hauptsächlich in der Darstellung und 'Manipulation von großen Mengen
Natriumamalgam liegen. Abgesehen davon, daß die Quecksilberdämpfe, die bei der Darstellung
des Amalgams aus Quecksilber und metallischem Natrium unvermeidlich auftreten, gesundheitsschädlich
sind, stellt der große Quecksilberbedarf die Wirtschaftlichkeit dieser Reduktionsmethode
in Frage. Die unbequeme Darstellung des Amalgams durch Eintragen von Natrium in
Quecksilber, wobei bekanntlich das Quecksilber durch die heftige, von Feuererscheinung
begleitete Reaktion lokal auf hohe Temperaturen erhitzt wird, kann zwar durch die
elektrochemische Amalgamerzeugung umgangen «erden, doch bleibt auch bei dieser Methode
der hohe Quecksilberbedarf bestehen.
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Es wurde nun gefunden, daß die Lactone der Polyoxycarbonsäuren an
Quecksilberkathoden reduziert werden können, wenn der Elektrolyt das Salz eines
zur Amalgambildung geeigneten Metalls enthält. In einer Elektrolyseapparatur, deren
Elektrodenrätime
zweckmäßigerweise durch ein Diaphragma, beispielsweise
aus Ton, getrennt sind, wird das Lacton in einem entsprechenden Katliolyt gelöst
und an der Quecksilberkathode reduziert. Als Elektrolyte kommen vor allem wässerige
Lösungen von Alkali- und Zinksalzen oder von Gemischen dieser Metalle in Frage.
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Beim Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung wirkt das elektrolytisch
erzeugte Natriumamalgant als Reduktionsmittel; zufolge des Verbrauches von Amalgam
bei der Reduktion bildet sich ein Nletallhydroxyd, beispielsweise bei Verwendung
von Alkaliamalgam Alkalilauge. Es ist zweckmäßig, durch fortwährende Neutralisation
der sich bildenden Lauge die Wasserstoffionenkonzentration im Kathodenraume annähernd
konstant zu halten, was z. 13. durch Zutropfen von Säure in den Kathodenraum
geschehen kann; zweckmäßigerweise wählt man hierzu die Säure, welche das gleiche
Anion wie das zur Elektrolvtherstellung \-erweiiclete Salz enthält; dadurch wird
erreicht, daß die Konzentration der Elektrolytlösung annähernd konstant bleibt und
sich das Amalgam fortlaufend regenerieren kann. Die Praxis lehrt übrigens, daß die
zur Neutralisation der Lauge notwendige Säuremenge weit unter derjenigen liegt,
die sich aus dem Stromdurchgang berechnet, so daß man annehmen muß, daß auch der
an der .Xtnalgamkathode elektrolytisch abgeschiedene MWasserstoff wenigstens teilweise
an der Reduktion des Lactons beteiligt ist.
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Mit Vorteil wird die erfindungsgemäße Reaktion noch dadurch ausgestaltet,
daß man die Reduktion in Gegenwart von Borsäure vornimmt; es zeigt sich, daß dadurch
die Ausbeuten höher und gleichmäßiger werden und ungünstige Einflüsse allfälliger
Verunreinigungen des Quecksilbers wesentlich vermindert werden können. Es empfiehlt
sich ferner, die Reaktion bei einer Temperatur zwischen io und 12° durchzuführen.
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Nach dem vorliegenden Verfahren können mit gleichmäßiger, hoher Ausbeute
beliebig große Mengen Lacton mit verhältnismäßig wenig Quecksilber reduziert werden,
da für die Bildung der Kathode eine nur wenige Millimeter dicke Quecksilberschicht
genügt. Ein weiterer Vorteil der elektrolytischen Methode besteht darin, daß man
es in der Hand hat, je nach der Wahl des Elektrolyts mit den verschiedensten Amalgamen
oder Ämalgamgemischen zu arbeiten. So gelingt beispielsweise die Reduktion der Lactone
der Polyoxycarbonsäuren an Natriumamalgam-, Kaliumamalgam- oder an gemischten Kalium-Natriumamalgam-
oder Natrium-Zinkamalgam-Kathoden. Beispiel 1 Die Elektrolyseapparatur besteht aus
einem Glasgefäß, auf dessen Boden sich die Quecksilberkathode befindet. Der Strom
wird der Kathode <.furch einen Graphitstab zugeführt, der in einem Glasrohr steckend
gegen den Katholyt isoliert ist. In dem Glasgefäß hängt eine Tonzelle, die den Anolyt
aufnimmt und deren Boden nur einige Zentinieter über die Quecksilberkathode zu liegen
kommt. Als Anode dient ein Platindrahtnetz, das den Boden der Tonzelle bedeckt.
Der Katholyt wird mit einer emaillierten Eisenschlange gekühlt. Ein wirksamer Rührer
sorgt für eine rasche Zirkulation des Katholyts zwischen dem Boden der Tonzelle
und der Quecksilberkathode.
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Man gibt iri die Tonzelle i5o/oige Schwefelsäure, in den Kathodenraum
reines Quecksilber und eine Lösung von 6oo Gewichtsteilen kristallisiertem Natriumsulfat
in 3ooo Raumteilen Wasser. Zur Erreichung einer geeigneten :@malgainkonzentration
wird zunächst die Natriumsulfatlösung für sich i Stunde mit 4o Amp. bei einer kathodischen
Stromdichte von etwa 2o Amp./dm- elektrolysiert. Nach Ablauf dieser Vorelektrolyse
fügt man zum Katholyt 3oo Gewichtsteile Ribolacton und Zoo Gewichtsteile Borsäure
und elektrolvsiert bei unveränderter Stromstärke. Die Temperatur des Katholyts soll
unter 12° liegen, zweckmäßig zwischen 5 und 12°. Die Acidität wird durch Zutropfen
von verdünnter Schwefelsäure so eingestellt, daß Kongopapier schwach sauer (blaugrau)
anzeigt. Man prüft den Ribosegehalt des Katholyts durch zeitweise Bestimmung seines
Fehling"vertes. Nach 4 bis 4'/z Stunden erreicht dieser Wert ein Maximum. In diesem
Moment wird die Elektrolyse abgebrochen. Für die anschließenden Ansätze erübrigt
# sich die Vorelektrolyse, da der Natriumgehalt des Amalgams am Ende der Elektrolyse
ausreicht. Für die Isolierung der Ribose aus dem Elektrolyt kann man beispielsweise
wie folgt vorgehen: Der Elektrolyt wird schwach lackmussauer gestellt und imVakuum
bei mäßigerTemperaturauf i2ooRaumteile eingeengt. Ein Teil der Borsäure kristallisiert
aus und wird abgenutscht. Im Filtrat fällt man das Natriumsulfat mit 2ooo Raumteilen
Sprit und nutscht. Die alkoholische Riboselösung wird auf 2ooo Raumteile eingeengt,
mit Natronlauge lackmusalkalisch und hernach mit Essigsäure wieder deutlich sauer
gestellt. Die Ribose wird aus dieser Lösung durch 12stündiges Rühren bei gewöhnlicher
Temperatur mit 25o Gewichtsteilen p-Bromphenylhydrazin als p-Bromphetivlliydrazon
ausgefällt. Man erhält etwa 385 Gewichtsteile rohes d-Ribose-p-bromphenylhydrazott,
das nach dem . Umkristallisieren aus absolutem Alkohol 36o Gewichtsteile Reinprodukt
vom Schmelzpunkt 167° liefert.
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Aus dem Ribose-p-1>romphenylhydrazon läßt sich die Ribose in bekannter
Weise (vgl. P. K a r r e r und Mitarbeiter »Helvetica Chimica Acta«, Bd. 18, 1935
S. 1445, und M. S t e i g e r »Helvetica . Chimica Acta«, Bd. i9, 1936, S. 195)
durch Spaltung mit Benzaldehyd gewinnen. Beispiel 2 In der in Beispiel i beschriebenen
Apparatur werden 3oo Gewichtsteile d-Ribonsäurelacton an einer Kaliumamalgamkathode
reduziert. Alle Versuchsbedingungen bleiben gleich, wie in Beispiel i, nur enthält
der Katholyt an Stelle von 6oo Gewichtsteilen kristallisiertem Natriumsulfat 25o
Gewichtsteile
Kaliumsulfat. Dauer der Elektrolyse, Aufarbeitung
und Ausbeute wie in Beispiel i.
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Beispiel 3 3oo Gewichtsteile d-Rilionsäurelactoti werden unter denselben
Bedingungen wie in Beispiel i an einer Kalium-Natriumamalgam-Elektrode reduziert.
An Stelle der in Beispiel i verwendeten 6oo Gewichtsteile Natriumsulfat krist. enthält
der Katholyt ein Gemisch von 3oo Gewichtsteilen Natriumsulfat krist. und 125 Gewichtsteile
Kaliumstilfat. Dauer der Elektrolyse, Aufarbeitung und Ausbeute wie in Beispiel
i. Bei spiel 300 Gewichtsteile d-Ribolacton werden unter den in Beispiel
i angegebenen Versuchsbedingungen an einer Natrium-Zinkamalgam-Katliode reduziert.
Außer den in Beispiel i verwendeten 6oo Gewichtsteilen Natriumsulfat krist. werden
hier noch 55 Gewichtsteile Zinksulfat krist. hinzugefügt. Der maximale Fehlingwert
wird schon nach 3'/z Stunden erreicht, er ist etwas niedriger als in Beispiel i,
und man erhält 1>e1 genau gleicher Aufarbeitung wie im ersten Beispiel auch entsprechend
weniger d-Ril>ose-p-l)roinl>henvlliydrazon. nämlich 2.4o Gewichtsteile. Beisliiel5
In der in Beispiel i beschriebenen Apparatur «-erden 15o Gewichtsteile d-Arabonsäurelacton
an einer Natriumamalgamelektrode reduziert. Der Katholyt besteht aus einer Lösung
von 3oo Gewichtsteilen Natriumsulfat krist. in 15oo Raumteilen @N'asser. Nlan elektrolysiert
diese Lösung zur Formierung der Amalgamkathode während i Stunde 1>e1 20 Ampere.
Kathodische Stromdichte io Amp. pro Quadratdezimeter. Nach Ablauf der Vorelektrolyse
gibt man zu der Natriumsulfatlösung i SoGewiclitsteile (1-Aral)onsäurelacton und
iooGewichtsteile Borsäure. Man elektrolysiert bei unveränderter Stromstärke während
5 Stunden. Die Temperatur des Katholyt's wird durch Kühlung auf 12' und das pH wie
in Beispiel i durch Zutropfen von Schwefelsäure konstant gehalten. Kongopapier soll
graublau anzeigen. Zur Isolierung der d-Arabinose wird der Elektrolyt im Vakuum
unter schonenden Bedingungen auf 6oo Raumteile eingeengt. Man fällt in der sc'hwac'h
kongosauren Lösung das Natriumsulfat mit iooo Raumteilen Sprit und nutscht ab. Das
Filtrat wird auf iooo Raumteile eingeengt und mit 14o Gewichtsteilen Diphenylhydrazinchlorhydrat
versetzt. Man setzt unter Rühren Natronlauge bis zur alkalischen Reaktion zu und
säuert hernach mit Essigsäure an. Schon nach kurzer Zeit fällt das d-Arabinosediphenylhydrazon
aus. Man rührt noch 12 Stunden zur Vervollständigung der Fällung und nutscht dann
ab. Man wäscht das rohe Diphenylhydrazon in der angegebenen Reihenfolge mit n-Ammoniak;
Wasser, Sprit und Benzol und trocknet bei 7o°. Man erhält 162 Gewichtsteile d-Arabinosediphenylhydrazon
vom Schmelzpunkt 2i6°, aus dem nach N e u b e r g und W oh 1 g e m u t 'h »Hoppe
Seyler's Zeitschrift für physiologische Chemie«, Bd.35, 1902, S.34 bis 36, durch
Zerlegung mit Formaldehyd oder Benzaldehyd die ' d-Arabinose gewonnen werden kann.