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Verfahren zur Gewinnung vegetabilischer Gerbstoffe Die Erfindung bezieht
sich auf ein Verfahren zur Gewinnung vegetabilischer Gerbstoffe durch Extraktion
von gerbstoffhaltigem Gut, wie z. B. Rinde bzw. die Hölzer von Fichte, Eiche, Kastanie,
Quebracho usw.
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Nach einem bekannten Verfahren wird das Gut im Gegenstrom in einer
Mehrkörperauslaugebatterie durch z. B. aus der Zellstoffabrikation stammende Sulfitablauge
mit Trockensubstanz unter i0 % extrahiert, und zwar wird die Sulfitablauge mit Temperaturen
unter ioo°, vorzugsweise 8o bis 9o°, in den zuvor schon am stärksten ausgelaugten
Extrakteur der Reihe bei Atmosphärendruck eingeführt. Die vom letzten Extrakteur
der Reihe gewonnene Brühe wird durch Eindampfen, nötigenfalls nach Reinigung, zu
einem flüssigen oder auch trockenen festen Extrakt eingedickt.
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Die verwendete Sttlfitablauge enthält in der Regel bei der Zuführung
schon 2 bis 3 % Gerbstoff, so daß das auszulaugende Gut nie unter diese Konzentration
extrahiert werden kann bzw. das Konzentrationsgefälle in der ganzen Reihe ungünstig
gering ist. Das Arbeiten unter roo° bei Atmosphärendruck begrenzt die Extraktionsgeschwindigkeit
und die Ausbeute. Ferner enthält das Produkt des bekannten Verfahrens einen hohen
Anteil von Ligningerbstoffeti, vermutlich in Form von aus dem Gerbstoff des extrahierten
Gutes und der Ligninsulfosäure der Sulfitablauge kombinierten Gerbstoffmolekülen,
deren Gerbwirkung im Vergleich zu durch Extraktion mit Sulfiten gewonnenen Gerbstoffen
durch das Lignin mindestens beeinträchtigt ist.
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_Andererseits ist die bekannte Extraktion lediglich mit Sulfiten aus
Fichtenrinde u. (1-l. im Vergleich zur Verwendung von Sttlfital)lattge weniger
wirtschaftlich.
Demgegenüber liegt der Erfindung ebenso wie dem eingangs genannten Verfahren die
Aufgabe zugrunde, sich den Vorteil der Verwendung der praktisch in unbeschränkten
Mengen billig zur Verfügung stehenden Sulfitablauge nutzbar zu machen. Neben der
erhöhten Wirtschaftlichkeit liegt der Vorzug der Verwendung der Sulfitablauge darin,
daß bei der Extraktion nicht nur eine Vermehrung des gerbenden Anteils der Ligninsulfosäure
um den Betrag des extrahierten Gerbstoffes stattfindet, sondern daß die Gesamtgerbstoffmenge
über die Summe dieser Anteile (vermutlich auf Grund der eingangs genannten Bildung
kombinierter Gerbstoffmoleküle) hinauswächst und daß phlobaphenartige Bestandteile
des Extraktionsgutes in lösliche Form mit gerbenden Eigenschaften übergeführt werden,
wodurch zugleich die gerbenden Eigenschaften des Extraktes verbessert werden. Übrigens
hat man die Extraktion mit scharfer Sulfitierung auch deshalb gescheut, weil diese
Arbeitsweise die Anlage angreift und ihre Lebensdauer herabsetzt.
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Die Erfindung behebt nun die geschilderten Nachteile der bekannten
Extraktion mit Sulfitablauge, insbesondere hinsichtlich der Ausbeute, und macht
sich zugleich die Vorteile der Extraktion mit Sulfiten zunutze, ohne deren Nachteile
in Kauf zu nehmen. Dies gelingt gemäß der Erfindung dadurch, daß die Extraktion
des gerbstoffhaltigen Gutes zunächst mindestens in einem Extrakteur einer Mehrkörperbatterie,
der schon ausgelaugtes Gut aus einer früheren Auslaugereihe enthält, oder in mehreren
solchen Extrakteuren mit sulfit- oder bisulfithaltigem Wasser begonnen und erst
in dem oder den sich anschließenden Extrakteur(en) mit weniger ausgelaugtem bzw.
frischem Gut durch Zuführung von zweckmäßig verdünnter Sulfitablauge fortgesetzt
wird. Die etwa notwendige Reinigung und sonstige Weiterverarbeitung zu einem flüssigen
oder trockenen festen Extrakt erfolgt in an sich bekannter Weise durch Eindicken
bzw. Eindampfen.
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Überraschenderweise erbringt das Verfahren gemäß der Erfindung gegenüber
der normalen sulfitierenden Extraktion mit Bisulfit oder Sulfit eine Mehrausbeute
von 1,5 bis 3% qualitativ hochwertigem Gerbstoff, wobei der additiv hinzukommende
Gerbstoffgehalt der Sulfitablauge schon abgerechnet ist, und eine beträchtliche
Ersparnis an Sulfit. Da man das Verfahren nach der Erfindung zweckmäßig so leiten
kann, daß durch entsprechende Einstellung der Konzentration des sulfit- oder bisulfithaltigen
Wassers und bzw. oder der zugeführten Sulfitablauge und bzw. oder der Reihenfolge
der Extraktionsgrade der Extrakteure in jedem Extrakteur ein optimales Konzentrationsgefälle
des Gerbstoffgehaltes auftritt, werden selbstverständlich auch wesentlich höhere
Ausbeuten an Gerbstoff als bei dem eingangs genanntenVerfahren mitVerwendung von
ausschließlich Sulfitablauge erzielt. Im Prinzip kann das Konzentrationsgefälle
nach der Erfindung bis gegen Null konvergierend eingestellt werden. Die bei der
sulfitierenden Extraktion oder bei der Extraktion mit ausschließlich Sulfitablauge
unter Verwendung von Temperaturen von über ioo° befürchtete Bildung von höheren
Kondensationen der Sulfit-Cellulose-Ablauge tritt nicht ein.
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Dies gilt auch, wenn man vorzugsweise gemäß der Erfindung die Extraktion
mit sulfit- oder bisulfithaltigem Wasser in dem oder den ersten, und zwar geschlossenen
Extrakteur(en) mit Temperaturen über ioo°, vorteilhaft i io bis i20°, und bzw. oder
entsprechend erhöhtem Druck durchführt. Ferner kann mit gleichem Vorteil auch die
Extraktion in dem oder den zusätzlich mit Sulfitablauge gespeisten, und zwar geschlossenen
Extrakteur(en) bei erhöhter Temperatur, gegebenenfalls noch über ioo°, und unter
erhöhtem Druck durchgeführt werden. Insgesamt empfiehlt es sich bei dem Verfahren
nach der Erfindung, die Temperaturen so einzustellen, daß die Brühe den letzten
Extrakteur einer Reihe, der vorzugsweise mit frischem gerbstoffhaltigem Gut, z.
B. Rinde, gefüllt ist, mit einer Temperatur von etwa 9o° verläßt.
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Zweckmäßig wird bei dem Verfahren nach der Erfindung Sulfitablauge,
die zuvor nach dem Sodaverfahren gereinigt oder anderweitig von Calcium befreit
ist und deren Trockenrückstand vorzugsweise höchstens zwischen 8 bis 12 % beträgt,
verwendet.
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Bei der bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens nach der Erfindung
wird o,1 bis 0,2 % Bisulfit (vorzugsweise ?\Tatriumbisulfit) enthaltendes Wasser
verwendet. Als .Ausgangsprodukt dient am besten gerbstoffhaltiges Gut, wie z. B.
Fichten-, Eichen-, Quebracho- oder Kastanienholz oder -rinde.
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Zweckmäßig enthält bei dieser Ausführungsform der vorletzte Extrakteur
der Reihe eine Füllung mit frischem, unausgelaugtem Gut, während der letzte dieser
Reihe nicht angeschlossen ist und frisch gefüllt wird. Weiter empfiehlt es sich,
den ersten Extrakteur einer Reihe nach weitestmöglichem Auslaugen, vorzugsweise
nach etwa 3 Stunden, abzuschalten, zu entleeren und neu zu füllen und den zuvor
frisch gefüllten am Ende der neuen Reihe anzuschließen. Dabei wird zweckmäßig das
Auslaugwasser aus dem abgeschalteten Extrakteur in den Vorratsbehälter für frisches
sulfit- oder bisulfithaltiges Wasser abgepreßt und mit diesem zusammen für die neue
Reihe wiederverwendet. Ausführungsbeispiel 500 kg geschnittene Fichtenrinde
werden in den jeweils frisch zu füllenden Extrakteur einer aus acht geschlossenen
Kupferextrakteuren bestehenden Mehrkörperbatterie eingefüllt. Sieben Extrakteure
der Batterie werden hintereinandergeschaltet, während jeweils der achte abgeschaltet
ist und frisch gefüllt wird. Jeder Extrakteur faßt 2 cbm.
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In den Extrakteur, der aus einer früheren Auslaugereihe das am stärksten
ausgelaugte Gut enthält, wird kontinuierlich Bisulfit, vorzugsweise Natriumbisulfit,
enthaltendes Wasser in solcher Lösung eingeführt, daß die Konzentration o,1 bis
o,2 % ist. Die Einführung dieses Extraktionsmittels und die Überleitung zu den angeschlossenen
Extrakteuren
erfolgt unter L?berdruck mittels Pumpen oder durch Druckluft. Die Temperatur des
eingeführten Auslaugwassers "wird auf iio bis 12o° eingestellt.
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Nach Anreicherung an Gerbstoff fließt das Auslaugwasser in kontinuierlichem
Fluß (d. h. im Gegenstrom der Brühe zum Gerbstoffgehalt der Rinden) zum nächsten
Extrakteur, der das am zweitstärksten ausgelaugte Gut aus der früheren Reihe enthält.
Vor dem drittletzten Apparat der auf diese Weise kontinuierlich anschließend durchströmten
Extrakteure «erden, je nach der Größe der Anlage z. B. im Laufe voü 3 Stunden, 200
bis 250 kg entkalkte Sulfitablauge mit einem Trockenrückstand von 8 bis 12
% in die L berflußleitung des Extrakteurs eingepreßt, dessen Temperatur sich auf
etwa 1000 einstellt. An dieser Stelle vertritt nun die Sulfitablauge das sonst üblicherweise
verwendete Natriumbisulfit; sie wirkt dabei sowohl durch ihre freie schweflige Säure
sulfitierend als auch als Netzmittel, das eine peptisierende Wirkung auf die Gerbstoffe
und Phlobaphene ausübt. Die an dieser Stelle etwa 2 % Gerbstoff enthaltende und
dann mit Sulfitablatige versetzte Brühe muß noch drei Extrakteure durchlaufen, wobei
die Sulfitablauge adsorptiv, vor allem von Calciumsulfat, gereinigt wird. Hierdurch
wird eine Verunreinigung der angeschlossenen Verdampferanlage durch Gips vermieden.
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Man läßt die :@uslauginittel in der genannten Reihenfolge bzw. in
dieser Auslaugreihe etwa 3 Stunden einwirken. Die freie und freigemachte schweflige
Säure der Sulfitablauge greift schon durch ihre differenzierte Konzentration viel
milder an als Natriumsulfitlösting. Diese Verfahrensweise schont also die Anlage.
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Man regelt die Temperatur so, daß die Brühe den Extrakteur, der mit
frischer Rinde gefüllt und angeschlossen war, d. 1i. den letzten der Reihe, mit
etwa 9o0 verläßt.
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Hiernach wird (las ain meisten ausgelaugte Gut des ersten Extrakteurs
ausgestoßen, nachdem die in ihm befindliche Brühe in den Vorratsbehälter für das
Auslaugwasser abgepreßt worden ist. Dann wird der inzwischen neu gefüllte Extrakteur
angeschlossen und eine neue Auslaugreihe mit dem zweiten Kessel der vorigen Reihe,
der jetzt der am stärksten ausgelaugte ist, begonnen und übereinstimmend durchgeführt.
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Die erhaltene Brühe wird auf 25 % Gerbstoffgelialt eingedampft. Es
ergibt sich der gewünschte PH-Wert von 4,2 bis 4,5, und die Analyse nach dem üblichen
Filterverfahren zeigt folgende Zusammensetzunz:
Unlösliches ....... i, i % |
Gerbstoffe ........ 25,1% |
Nichtgerbstoffe . . . 13,00/0 |
Verhältniszahl .... 54,2 0/0 |
Anteilzahl ....... 6,4,8% |
Die Mehrausbeute gegenüber der normalen sulfitierenden Extraktion mit Bisulfit und
Sulfit beträgt 1,5 bis 3 0/0.
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Mit dem gewonnenen Extrakt lassen sich Gerbungen aller Art, z. B.
sowohl bei Sohlledern als auch bei Brandsohlen, durchführen und ergeben gute Leder
mit vollkommen normalen Analysen.