-
Antriebsvorrichtung für Handwebstühle Die Erfindung betrifft eine
Antriebsvorrichtung für Handwebstühle, bei denen die Schaft- und Ladenbewegung durch
eine motorisch angetriebene, ständig umlaufende Antriebswelle unter Zuhilfenahme
von Kupplungen erfolgt. Derartige Webstühle sind bekannt, bei denen die Regelung
der Laden- und Geschirrbewegung durch einen Elektromagneten, welcher mittels zweier
Stromkreise abwechselnd geschaltet wird, erfolgt. Sie besitzen jedoch keine Einrichtung,
bei welcher die von einer an sich bekannten Kraftquelle für die Schaft- und Ladenbewegung
herrührende Kraft vom Weber hinsichtlich des Zeitpunktes, der Geschwindigkeit und
des Krafteinsatzes beeinflußt wird und die Steuerung der Schäfte und der Weblade
unabhängig voneinander vorgenommen wird.
-
Demgegenüber ist bei Handwebstühlen der oben bezeichneten Art erfindungsgemäß
die Anordnung so getroffen, daß die Schaft- und Ladenbewegung hinsichtlich Zeitpunkt.
Geschwindigkeit und Krafteinsatz mittels Bowdenzüge o. dgl., die einerseits an Kupplungen
und andererseits an den zugehörigen Maschinenteilen angeordnet sind, unabhängig
voneinander durch den Weber steuerbar ist, indem er an dem anzutreibenden Maschinenteil
dessen Bewegung mitmacht und hierbei über Zwischenhebel den zugehörigen Bowdenzug
betätigt. Die Antriebswelle trägt vorzugsweise unrunde Scheiben mit zwischengeschalteten
Kupplungen, welche bei Entkupplung in ihre Anfangstellung zurückkehren.
-
Die Zeichnung zeigt in Fig. i den' Gegenstand der Erfindung in einem
Ausführungsbeispiel für eine Schaftmaschine. In Fig. a ist eine Einzelheit dazu
dargestellt.
-
Etwa unter dem Sitz des Webers am Handwebstuhl ist waagerecht die
als Trommel (mit einem Durchmesser von etwa io cm) ausgebildete Antriebswelle i
gelagert, auf welcher zwei Kurvenscheiben, 2 und 3, angebracht sind: die eine, z,
für die Ladenbewegung und die
andere, 3, für die Bewegung der Schäfte,
die hier über eine Schaftmaschine, daher mit einem einzigen Tritt gesteuert werden.
Selbstverständlich lassen sich für Trittwebstühle auch zwei und mehr Kurvenscheiben
anbringen. Diese Kurvenscheiben entsprechen etwa halbierten Trittexzentern mechanischer
Webstühle. Der Verlauf der Kurven wird den besonderen Anforderungen des Webstuhls
angepaßt (schnelle oder langsame Bewegung, Schaft- und Ladenstillstand, doppelter
Ladenanschlag o. dgl.).
-
Die Kurvenscheiben 2 und 3 können auf der Antriebstrommel i durch
Anziehen einer Kupplung so festgestellt werden, daß sie in allen Abstufungen zwischen
leichtem Schleifen und fast starrer Verbindung mitgenommen werden und hierdurch
die Umdrehung der Antriebstrommel auf den von ihnen zu bewegenden Teil des Webstuhls
übertragen.
-
Eine Kurvenscheibe mit als Bandbremse ausgebildeter Kupplung ist in
Fig.2 dargestellt.
-
Das Betätigen der Kupplungen erfolgt durch Bowdenzüge, deren Hülle
an dem zu bewegenden Webstuhlteil (Lade oder Tritt) befestigt ist, während das Seil
von einem Steuerhebel 8 bzw. einem Steuertritt 9, die vom Weber betätigt werden,
angezogen und wieder nachgelassen wird. Nach Fig. i sind die Bowdenzüge 4. und 5
mit ihren Hüllen bei 6 gegen die Weblade, bei 7 gegen den Schafttritt 13 abgestützt.
Der Steuerhebel 8 und der Steuertritt 9 sind über Zwischenhebel io, 1o" bzw. i i
so mit dem Ende des Bowdenseiles der Bowdenzüge .1 bzw. 5 verbunden, daß sie nur
einen kleinen Teil des Weges zu beschreiben haben, den der ihnen zugeordnete Webstuhlteil
ausführt.
-
Werden die Kurvenscheiben :2 und 3 von der Antriebstrommel i mitgenommen,
so bewegt die Scheibe -2 über den Winkelhebel 12 und über die Zugstange 1-2a die
Weblade nach vorn. Hört der Eingriff der Kupplung auf, so gleitet die Kurvenscheibe
2 in die Ausgangstellung zurück, und die Weblade wird durch hier nicht gezeichnete
Federn oder Gewichte in ihre Ausgangstellung zurückgeholt. Die Kurvenscheibe 3 betätigt
den Schafttritt 13, der die Schaftmaschine aushebt. Die Rückführung erfolgt, wie
beim gewöhnlichen Handwebstuhl, durch den Zug der Schaftfedern i.1.
-
Bei Trittwebstühlen erfolgt das Rückführen der Schafttritte und damit
der Kurvenscheiben durch den Zug des Gegentrittes; auch kann bei ganz schweren Webladen
das Rückführen derselben durch eine zweite Kurvenscheibe 2 erfolgen, die über einen
gegengleich arbeitenden Winkelhebel 12 an der Zugstange 12, angreift, wobei die
zweite Kurvenscheibe :2 durch einen am anderen Ende des Zwischenhebels ioa angebrachten
Bowdenzug betätigt wird.
-
Die Vorrichtung arbeitet folgendermaßen: Betätigt der Weber einen
seiner Steuerhebel, so schließt sich die Kupplung der betreffenden Kurvenscheibe
und beginnt den ihr zugehörigen Teil des Webstuhls mitzunehmen. Bei der Vorwärtsbewegung
des betreffenden Webstuhlteiles verschwindet nun das durch die Betätigung des Steuermittels
ein Stück aus der Hülle herausgezogene Bowdenseil wieder in derselben, wodurch die
Kupplung gelöst wird. Dadurch geht der soeben nach vorwärts bewegte Webstuhlteil
wieder so weit zurück, bis das Bowdenseil wieder genug Spannung hat, um die Kupplung
so weit zum Schluß zu bringen, daß sie schleifend der Gegenkraft am Webstuhlteil.
das Gleichgewicht hält.
-
Will der Weber die Weiterbewegung des betreffenden Webstuhlteils bewirken,
so muß er dieser mit der Bewegung des Steuermittels immer um so viel vorauseilen,
daß die Spannung des Bowdenseiles bzw. der Schluß der Kupplung zum Durchziehen ausreicht.
-
Da nun ein auftretender größerer Widerstand (Zunahme der Kettfadenspannung
bei weiterer Öffnung des Faches oder Störungen, wie größere Webnester, Einschlagen
des Webschützen o. dgl.) auch einen entsprechend festeren Schluß der Kupplung verlangt,
so muß der Weber im gleichen Maß in der Steuerbewegung mehr Kraft anwenden, um den
dem Schließen der Kupplungsfedern entgegenwirkenden Widerstand zu überwinden. Er
spürt also (wie sich bei Versuchen ergeben hat, sogar besser, weil feinfühliger)
ebenso, als ob er unmittelbar, d. h. ohne Zwischenschalten des Steuermittels und
der Kupplungen, den Webstuhl bedienen würde, jede Schwankung des Widerstandes bei
der Arbeit. Darauf aber, in der Erhaltung des feinen Gefühls bei der Arbeit, beruht
der Vorsprung, den der Handwebstuhl gegenüber dem rnechanischen Webstuhl hat.
-
Die Steuerbewegung des Steuertrittes 9 und des Steuerhebels 8 sind
erstens auf einen viel kürzeren Weg beschränkt als die Bewegungen der betätigten
Webstuhlteil.e und erfordern zweitens nicht mehr Kraft als die üherwindung des Widerstandes
der Kupplungsfeder und der inneren Reibung des Bowdenzuges. In der Verminderung
der vom Weber geleisteten Arbeit hinsichtlich der Kraft und des Weges liegt der
Vorteil dieser Vorrichtung.
-
Es ist noch klarzulegen, wie das Heißlaufen der Kupplungen vermieden
wird, wenn diese rutschend den von ihnen angetriebenen Webstuhlteil an einer Stelle
ihres Weges im Stillstand halten müssen.
Eine solche Stelle ist
eigentlich nur der Totpunkt der Schaftbewegung, an dem der Stillstand zum Erzielen
eines guten Schützendurchgangs solange wie möglich ausgedehnt wird.
-
Die Kurve der Kurvenscheibe 3 geht an der Stelle der größten Fachöffnung
in einen Kreisbogen um ihren Drehpunkt über, so daß die von ihr hervorgebrachte
Bewegung des Schafttrittes 13 sich gegen das Ende immer mehr verlangsamt. Zugleich
nimmt aber auch die von dem Schafttritt auf die Kurvenscheibe 3 ausgeübte Kraft,
die bestrebt ist, diese zur Ausgangstellung zurückzudrehen, immer mehr an Wirkung
ab, bis sie bei Erreichen des kreisbogenförmigen Teiles der Kurvenscheibe 3 gleich
Null wird, also nicht mehr imstande ist, letztere zurückzubewegen.
-
Entsprechend der Abnahme dieser rückdrehend wirkenden Kraft genügt
auch ein immer geringer werdender Schluß der Kupplung, um die Kurvenscheibe 3 mitzunehmen.
-
Der Punkt, an dem die Summe des Widerstandes, den die Spannung der
Kettenfäden (bzw. hier zusammen mit der der Schaftfedern) leistet und der Kraftkomponente
desselben, die an 'der Kurvenscheibe eine rückwärtsdrehende Wirkung ausübt, am größten
ist, liegt im Teil der stärksten Steigung der Kurve, etwa bei 15. An dieser Stelle
benötigt die Kupplung den stärksten Schluß, somit also auch am Bowdenzug den längsten
Auszug. Nachher sinken diese Größen wieder unter das Maximum.
-
Wird nun der Auszug des Bow denseils durch einen Anschlag 16 so begrenzt,
daß dieses Maximum an der richtigen Stelle des Weges der Kurvenscheibe 3 wirksam
wird und nachher dadurch absinkt, daß der Schafttritt 13 den Steuertritt
9 sozusagen überholt, so lockert sich der Schluß der Kupplung, ohne jedoch dadurch
das Durchziehen der Bewegung zu hemmen.
-
Durch geeignete Formgebung der Kurvenscheibe, Einregeln der Hebellängen
der Hebel 9 und i i und des Abstandes der Befestigung des Bowdenzuges vom Drehpunkt
des Tritthebels i i l.äßt sich erreichen, daß die Kupplung kurz vor Erreichen des
kreisbogenförmigen Abschnitts durch die am Schafttritt 13 angebrachte Rolle gerade
nur noch so leicht schleift, daß ihre Kraft den Schafttritt 13 am Punkt des größten
Ausschlages stillhält. Wird dann die Kupplung durch Entlastung des Steuertritts
9 völlig gelöst, so beginnt die Rückbewegung. Das bei dieser Anordnung nötige leichte
Schleifen der Kupplung ist praktisch bedeutungslos, da es immer nur auf kürzeste
Zeit geschieht und die Möglichkeiten der Kühlung der Antriebstrommel i (große Oberfläche,
Ausbildung hohl) sehr gut sind. Abgenutzte Bremsbänder können leicht ersetzt werden.
-
Auch die Bewegung des Ladenschlages wird durch einen nicht gezeichneten
Anschlag begrenzt, der so angebracht ist, daß er die Kupplung ganz kurz vor dem
Punkt löst, an dem die Weblade die Anschlagstelle im Gewebe erreicht, so daß sie
nur mit ihrer eigenen Wucht dort anschlägt. Dies geschieht, um Beschädigungen des
Gewebes und zu große Stöße im Antrieb zu vermeiden.
-
Die beschriebene Einrichtung hat außerdem den Vorteil; dafä ein die
Maschine bedienender Arbeiter die ganze Bewegung des betreffenden Maschinenteils
mit seinem Steuerhebel, wenn auch im verkleinerten Maßstab und ohne Kraftaufwand,
mitmachen muß, so daß er in jedem Punkt des Bewegungsablaufes über den zu überwindenden
Widerstand genau im Bilde ist, und daß der Webstuhl nur weiterläuft, wenn er seine
Bewegung fortsetzt.