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Verfahren zur Herstellung von Oxalsäure durch Oxydation von Lignin,
Zellstoffablaugen oder ähnlichen Abfallerzeugnissen mit Salpetersäure Bei der Oxydation
von Lignin oder Zellstoftablaugen mit Salpetersäure oder nitrosen Gasen zur Gewinnung
von Oxalsäure besteht bekanntlich die Schwierigkeit, daß diese Säure, zumal bei
höheren Temperaturen, leicht zu Kohlendioxyd weiteroxydiert wird und so zum Teil
verlorengeht, während andererseits bei niedrigeren Temperaturen der Abbau des Lignins
zu langsam erfolgt oder unvollständig bleibt. Einen Fortschritt -bedeutete die Anwendung
verhältnismäßig verdünnter Salpetersäure bei Gegenwart von Katalysatoren, wodurch
bei mäßigen Temperaturen von nicht über 70° wohl der Ligninabbau, die Oxydation
der Oxalsäure aber offenbar noch nicht wesentlich beschleunigt wird (Heuser, Roesch
und Gunke-1,-Cellulosechemie, wissenschaftliche Beiblätter zu der Zeitschrift »Der
Papierfabrikant«, Jahrgang z, Seite 17; Patentschrift 393 55I. französische
Patentschrift 792 7z2). Das vorliegende Verfahren überwindet die erwähnten
Schwierigkeiten auf anderem Wege. Danach wird die Oxydation bei Gegenwart eines
löslichen Kupfersalzes, wie Kupfernitrat, -sulfat oder -acetat, ausgeführt, wodurch
die Oxalsäure sofort nach ihrem Entstehen in Form des in Wasser- und Salpetersäure
kaum löslichen Kupferoxalates ausgefällt und somit vor weiterer Oxydation geschützt
wird.
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Das neue Verfahren bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber den bekannten
Verfahren, bei denen die Oxalsäure in freiem Zustande durch Kristallisation abgeschieden
wird. Dank der äußerst geringen Löslichkeit des Kupferoxalates in Wasser und Salpetersäure
verschiedener Konzentration und Temperatur, einer unter organischen Salzen seltenen
Eigenschaft, gelingt es, die Oxalsäure in dieser Form in großer Reinheit und bestmöglicher
Ausbeute zu gewinnen. Die Abscheidung aus
dem Umsetzungsgemisch
erfolgt fast vollständig, während beim Auskristallisieren freier Oxalsäure immer
ein gewisser Anteil gelöst bleibt und in den nachfolgenden Ansatz mitgeschleppt
werden muß, wenn man nicht vorzieht, die Salpetersäure unter vermindertem Druck
einzuengen, um die Kristallisation des Restes zu veranlassen, der dann ein weniger
reines Erzeugnis darstellt.
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Weiter entfällt beim neuen Verfahren die Notwendigkeit. bestimmte
Salpetersäurekonzentrationen, Temperaturen und Zeiten einzuhalten, sowie genau bestimmte
Mengen von Katalysatoren zuzusetzen. Das Arbeiten wird dadurch einfacher, und man
hat in jeder Beziehung mehr Spielraum.
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Während endlich bei den bekannten Verfahren das Umsetzungsgemisch
zwecks Abscheidung der freien Oxalsäure immer für längere Zeit abgekühlt werden
muß, kann beim vorliegenden Verfahren das Kup f.er oxalat, das sich am Boden des
Gefäßes gut absetzt; in der Hitze ausgetragen werden, was ein weitgehend ununterbrochenes
Arbeiten gestattet, etwa in der Weise, daß man dazwischen auch von Zeit zu Zeit
Ligninstoff und Salpetersäure oder anstatt der Salpetersäure nitrose Gasc und Sauerstoff
zuführt und den Kupfergehalt ergänzt. Andererseits kann aber auch durch fortgesetzte
Zuführung der Ausgangsstoffe eine größere Anreicherung von unlöslichem Kupferoxalat
im Umsetzungsgemisch herbeigeführt werden, um die Aufarbeitung des Ansatzes im ganzen
lohnender zu gestalten, was beim Arbeiten auf freie Oxalsäure nach den bekannten
Verfahren zum mindesten nicht in dem gleichen Maße möglich ist.
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Das bei der Oxydation von Lignin und Zellstoffablaugen nach dem vorliegenden
Verfahren gewonnene Kupferoxalat wird nach bekannten Arbeitsweisen auf freie Oxalsäune
verarbeitet, beispielsweise auf dem Wege über Natriumoxalat, das man durch Zerlegung
mit verdünnter kalter Natronlauge neben Kupferhydroxyd erhält. Das Kupferhydroxyd
wird wieder in der für die Oxydation bestimmten Salpetersäure zu Nitrat gelöst.
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Bei der Einwirkung von Salpetersäure auf Lignin oder verholzte Pflanzenfasern
treten bekanntlich neben Oxalsäure auch NitrophenolkÖrper auf. Das vorliegende Verfahren
gestattet, diese gegen Salpetersäure verhältnismäßig widerstandsfähigen Körper entweder
als solche zu gewinnen oder sie, zusammen mit etwa in den Umsetzungsgemischen verbleibenden
anderen schwer oxydierbaren Ligninabbaustoffen, weiter zu Oxalsäure zu oxydieren,
wodurch die Ausbeute an Oxalsäure erhöht wird.
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Die Gewinnung der Nitrophenole gestaltet sich besonders einfach, weil
das vorliegende Verfahren an sich eine quantitative ,Abtrennung der Oxalsäure darstellt
und somit die Nitrophenole nach Abfiltrieren des Kupfer. oxalates direkt oxalsäurefrei
gewonnen werden können. Das salpetersaure Filtrat vom Kupferoxalat dampft man. zweckmäßig
unter vermindertem Druck, zur Trockne ein, wobei die 1`Titrophenole als zähe, orangegelbe
Masse hinterbleiben. Von gegebenenfalls anwesendem Kupfernitrat reinigt man sie
am besten durch Auflösen in Wasser und Ausziehen der Lösung mit Äther oder anderen
geeigneten organischen Lösungsmitteln.
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Die Aufarbeitung des Umsetzungsgemisches in der beschriebenen Weise
erfolgt vorteilhaft nach vorausgehender Anreicherung der Nitrophenole durch öfterc
Zugabe von Ligninstoff, Salpetersäure und Kupfersalz oder -hydroxyd, wobei auch
gleichzeitig eine größere Menge von Kupferoxalat in ein und demselben Ansatz gewonnen
wird.
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Verzichtet man auf die Gewinnung der Nitrophenole, so werden sie durch
wesentlich längere Fortsetzung des Erhitzers über den Zeitpunkt hinaus. zu dem die
Gasentwicklung im Umsetzungsgemisch fast aufgehört hat, oder auch durch Steigerung
der Temperatur oder durch beide Maßnahmen zugleich weiter zu Oxalsäure oxydiert.
Auch dies erfolgt zweckmäßig mit angereicherten Oxydationsgemischen, wobei man das
ausgeschiedene Kupferoxalat vorher abfiltrieren oder auch darin belassen kann. Im
ersteren Falle läßt sich der Fortgang der Oxydation an der neuerlichen Abscheidung
von Kupferoxalat verfolgen.
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Für die Weiterverarbeitung der Nitrophenole und anderen schwer oxydierbaren
Ligninreste auf Oxalsäure ist das vorliegende Verfahren besonders geeignet; denn
die erforderliche stärkere Oxydation, der die freie Oxalsäure nicht standhalten
würde, macht ihre Festlegung als unlösliches Kupfersalz um so notwendiger.
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Beispiel t 5o Gewichtsteile Lignin (z. B. Rückstand der Holzverzuckerung
nach dem Verfahren von B e r g i u s oder S c h o l 1 e r , entharzt) werden unter
Rühren in das Gemisch von q.oo Raumteilen Salpetersäure (d : 1,q.) und too Gewichtsteilen
Kupfernitrat eingetragen, wobei man die von selbst einsetzende exotherme Umsetzung
durch Wasserkühlung mäßigt. Hierauf erhitzt man so lange auf Wasserbadtemperatur,
bis die Entwicklung von Stickstoffoxyden und Kohlendioxyd ihr Ende erreicht hat,
was bei der gegebenen Temperatur etwa 16 Stunden in Anspruch nimmt. Man erhält schließlich
eine blaugrüne Lösung, aus der sich am Boden des
Gefäßes hellblaues
Kupferoxalat absetzt. Das Salz wird abgesaugt oder abzentrifugier t und mit sehr
verdünnter Salpetersäure gewaschen. Die Ausbeute betrug beispielsweise 46,9 Gewichtsteile.
Der Gehalt dieses Erzeugnisses an Oxalsäure, wasserfrei gerechnet, wurde durch Titration
mit n;!io-Kaliumpermanganatlösung zu 50,960%o gefunden. Daraus berechnet sich die
Ausbeute an reiner Oxalsäure (wässerfrei) zu 53,q.0;). bezogen auf angewandten Ausgangsstoff,
oder zu 58,80;o, berechnet auf den Wasser- und aschefreien Ausgangsstoff.
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Zur Gewinnung der Nitrophenole wird die vorn Kupferoxalat abgetrennte
salpetersaure Lösung unter vermindertem Druck abgedampft, der Rückstand in Wasser
gelöst, die Lösung nötigenfalls filtriert und nun mit Äther extrahiert. Nach Abdampfen
des Äthers hinterblieben bei obigem Ansatz 4,05 Gewichtsteile \itrophenolc als gelbe
Masse, entsprechend einer Ausbeute von 8,10!o, bezogen auf w-asser- und aschefreies
Lignin. Beispiel 2 5o Gewichtsteile Zellpech in trockener Form aus vergorener richtensulfitcclluloseablauge
werden wie in Beispiel i mit q.00 Raumteilen Salpetersäure (d : l,q @ und ,^. 5
Gewichtsteilen Kupfernitrat zur Umsetzung gebracht und dann 30 his q.o Stunden
auf dein Wasserbade erhitzt. Nach dieser Zeit ist auch der größte Teil der zwischendurch
entstandenen Nitrophenole zu Oxalsäure oxydiert. Das entstandene Kupferoxalat wird
abfltiert oder abzentrifugiert und nötigenfalls von beigemengtem Calciumsulfat abgetrennt,
z. ß. durch Aufschlämmen in Wasser oder Waschen mit verdünnter Salpetersäure. Die
Ausbeute beträgt 33 bis 34 Gewichtsteile Kupferoxalat, auf Grund der Titration
mit n; i o-Kaliumpermanganatlösung entsprechend etwa 48 % wasserfreier 0xalsäure
bezogen auf Wasser- und aschefreien Ausgangsstoff.
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Geht man von nicht zur Trockne eingedampftem, sondern nur eingedicktem
Zellpech aus, so ist unter Berücksichtigung des erhöhten Wassergehaltes des Ausgangsstoffes
eine geringere Menge entsprechend stärkerer Salpetersäure zur Oxydation anzuwenden.