-
Verfahren zur Gewinnung von Aeridin Die Gewinnung des Acridins aus
dem Steinkohlenteer, in welchem es in nur .geringen Mengen vorkommt, stößt technisch
auf sehr erhebliche Schwierigkeiten, die- bisher noch nicht in völlig befriedigender
Weise überwunden werden konnten.
-
Das von G r a e b e und C a r o (Annalen der Chemie, 158, S.265) beschriebene
Verfahren (Extraktion der Acridinbasen aus rohem Anthracen mittels verdünnter Schwefelsäure,
Fällung des Extrakts mit chromsaurem Kali, Reinigung des äusgefällten Acridinchromats
durch Umkristallisation, Fällung der Base mit Ammoniak und Umkristallisieren aus
heißem Wasser) eignet sich wegen seiner Umständlichkeit und Kostspieligkeit sowie
wegen der schlechten Ausbeuten nicht für die technische Gewinnung des Acridins und
ist deshalb auch nicht in größerem Maßstabe praktisch verwendet worden.
-
Ferner ist ein Verfahren zur Ausscheidung von Acridin oder Acridinderivaten
mit freier Mesostellung aus Gemischen mit anderen Stoffen, wie Teerölen, hochsiedenden
Basen u. dgl., bekanntgeworden, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß man die
betreffenden Stoffgemische mit Alkalibisulfitlösung oder zunächst mit schwefliger
Säure und sodami mit neutralen Sulfiten in wässeriger Lösung behandelt. Die wässerige
Schicht bzw. das ausgeschiedene kristallinische Produkt wird in üblicher Weise abgetrennt,
mit heißem Wasser gelöst, wenn nötig durch Erwärmen auf annähernd 8o° etwa gelöste
Sulfite anderer Basen zersetzt und das Acridin nach Trennung von dem Ungelösten
durch Alkalien gefällt (Patentschrift ,140 771).
-
Dieses auch in technischem Maßstabe benutzte Verfahren ist recht umständlich
und zeitraubend, und die hierbei aufzuwendenden Kosten an Chemikalien und Arbeitszeit
belasten es sehr erheblich.
-
Es wurde nun gefunden, daß das Acridin sich gegenüber dem Gemisch
der mit ihm
zusammen in den betreffenden Teerfraktionen gewöhnlich
vorkommenden Basen durch eine besonders hohe Affinität zu Schwefelsäure auszeichnet.
Diese hohe Affinität zu Schwefelsäure kann in folgender Weise für die Gewinnung
von Acridin bzw. von an Acridin angereicherten Basengemischen benutzt werden.
-
Liegt als Ausgangsmaterial für die Acridingewinnun.g das Rohbasengemisch
aus denjenigen Steinkohlenteerfraktionen vor, in denen das. Auftreten von Acridin
mit Rücksicht auf ihre Siedelage zu erwarten ist, so kann dieses Rohbasengemisch
in folgender Weise gemäß der Erfindung aufgearbeitet werden: Man behandelt das Rohbasengemisch,
zweckmäßig nach Verdünnung mit einem indifferenten organischen Lösungsmittel, mit
einer zur vollständigen Bindung der gesamten Basen unzureichenden Menge an verdünnter
Schwefelsäure. Die Menge der verwendeten Schwefelsäure wird hierbei zweckmäßig so
gewählt, daß sie auf jeden Fall zur völligen Bindung der im Rohbasengemisch vorhandenen
Menge an Acridin ausreicht oder etwas größer als die hierzu theoretisch notwendige
Menge ist. Infolge der erwähnten großen Affinität des Acridins zu Schwefelsäure
erhält man auf diese Weise eine schwefelsaure Lösung, die vorwiegend Acridin enthält
und aus der z. B. auf dem üblichen Wege der Alkalisierung das Acridin hzw. ein an
Acridin stark angereichertes Basengemisch ,gewonnen werden kann.
-
Man kann das ursprünglich vorliegende acridinhaltige Rohbasengemisch
aber auch in der Weise gemäß der Erfindung auf Acridin verarbeiten, daß man die
gesamten Basen durch Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure in .eine schwefelsaure
Basenlösung verwandelt und diese Lösung dann nach und nach durch Zufügen von Alkali
stufenweise zersetzt. - Infolge seiner großen Affinität zur Schwefelsäure bleibt
das Acridin bis zuletzt in der schwefelsauren Lösung, während die Begleitbasen schon
vorher im Laufe der stufenweise erfolgenden Alkalisierung ausfallen. Der zuletzt
ausfallende Basenanteil enthält dann das Acridin bzw. ein an Acridin stark angereichertes
Basengemisch.
-
Geht man nicht vom Rohbasengemisch aus, sondern von den entsprechenden
acridinhaltigen Steinkohlenteerfraktionen, so kann von der dem vorliegenden Verfahren
zugrunde liegenden Erkenntnis erfindungsgemäß in der Weise Gebrauch gemacht werden,
daß man diese . Fraktionen mit einer zur Gewinnung der gesamten in ihnen enthaltenen
Rohbasen unzureichenden Menge verdünnter Schwefelsäure behandelt. Man erhält auf
diese Weise ebenfalls einen schwefelsauren Rohbaseneztrakt, der je nach der Menge
der verwendeten Schwefelsäure in der Hauptsache das Acridin enthält bzw. an Acridin
stark :angereichert ist. Man kann aber auch hier, wie bereits vorstehend beschrieben,
die gesamten Basen durch Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure in eine schwefelsaure
Basenlösung verwandeln und diese Lösendurch allmählich erfolgendes Zusetzen von
Ammoniak oder Alkalien stufenweise zersetzen.
-
Die Aufarbeitung derartiger an Acridin angereicherter Basengemische,
beispielsweise auf dem Wege der fraktionierten Destillation, führt zu wesentlich
günstigeren Ausbeuten an Acridin, als es bei der entsprechenden Aufarbeitung der
verhältnismäßig acridinarmen Gesamtbasen erreicht werden kann.
-
Weiterhin wurde gefunden, daß nicht nur das Acridin eine besonders
hohe Affinität zu Schwefelsäure besitzt, sondern daß. seine sämtlichen Begleitstoffe
und die sonstigen Umsetzungsprodukte mit Schwefelsäure im Gegensatz zum Acridinsulfat
selbst sich dadurch auszeichnen, daß sie in Alkohol leicht löslich sind. Dieser
beiden besonderen Eigenschaften kann man sich erfindungsgemäß in Kombination für
ein besonders vorteilhaftes Verfahren zur Gewinnung des Acridins aus Rohbasengemischen
bedienen.
-
Man behandelt acridinhaltige, selbst sehr acridinarme Rohbasengemische,
zweckmäßig nach Verdünnung mit Benzol oder einem anderen in der Kälte nicht sulfurierbaren
organischen Lösungsmittel, bei gewöhnlicher Temperatur mit konzentrierter Schwefelsäure
in einer Menge, die zur Bindung der Gesamtbasen nicht ausreicht und zweckmäßig die
zur Bindung des im Rohbasengemisch enthaltenen Acridins theoretisch erforderliche
Menge etwas übersteigt. Das sich hierbei ausscheidende dunkelfarbige, flüssige oder
auch feste Umsetzungsprodukt wird mit Alkohol, z. B. mit Brennspiritus, behandelt.
Hierbei gehen die harzartigen, dunkelfarbigen Beimengungen sowie die Sulfate der
anderen Basen oder vom Reaktionsprodukt eingeschlossene Anteile dieser Basen zum
größten Teil in Lösung, während das Acridinsulfat selbst in Alkohol unlöslich bzw.
schwer löslich ist und in Gestalt einer gelbgrünen, amorphkristallinen Masse zurückbleibt.
-
Man kann diese fraktionierte Abtrennung des Acridins aus dem Gemisch
der Rohbasen mit Hilfe von Schwefelsäure auch in der Weise ausführen, daß man das
Rohbasengemisch,gegebenenfalls nach einer einmaligen Umdestillation, zunächst in
Alkohol löst und die alkoholische Lösung mit einer zur Bindung der gesamten Basen
unzureichenden, aber zur Bindung des gesamten Acridins zweckmäßig
mehr
als zureichenden Menge konzentrierter Schwefelsäure bei gewöhnlicher Temperatur
behandelt. Es tritt hierbei sofort oder nach einiger Zeit Ausfällung von festem
Acridinsulfat ein, dessen Aufarbeitung zu Acridin auf einfachste Weise durchgeführt
werden kann. Führt man die Umsetzung bei selbst bis zur Siedetemperatur des Alkohols
(Sprit) erhöhter Temperatur durch, so läßt sich das sich ausscheidende Acridinsulfat
besonders leicht filtrieren.
-
Eine besonders vorteilhafte Ausführungsform des Verfahrens besteht
darin, daß man zunächst durch Behandlung von Rohbasen mit wässeriger Schwefelsäure
ein an Acridin stark angereichertes Produkt gewinnt und dieses dann weiterhin mit
konzentrierter Schwefelsäure behandelt.
-
Bei der Ausführung der vorstehend beschriebenen Verfahren muß beachtet
werden, daß diejenigen acridinhaltigen Rohbasengemische, deren Siedebereich beträchtlich
höher reicht, als den Siedegrenzen des Acridins selbst entspricht, Stoffe enthalten
können, deren Affinität zu Schwefelsäure derjenigen des Acridins gleichkommt bzw.
sie unter Umständen sogar übertrifft. Derartige Stoffe werden zweckmäßig entweder
aus dem Rohbasengemisch durch Destillation entfernt, oder es ist eine entsprechend
größere Menge an Schwefelsäure bei der fraktionierten Abtrennung des Acridins anzuwenden.
Da diese Begleitstoffe des Acridins und ebenso ihre Schwefelsäureumsetzungsprodukte
sich außerdem sehr leicht in Alkohol lösen, können sie ohne Schwierigkeit durch
Behandlung des ausgefällten Acridinsulfats mit Alkohol von diesem abgetrennt werden.
-
Der bei dem Verfahren benutzte Alkohol, vorzugsweise Brennspiritus,
kann in einfacher Weise wiedergewonnen werden.
-
Beispiel i 150g acridinhaltige Rohbasen aus Steinkohlenteer werden
in i oo ccm Benzol gelöst. Die benzolische Lösung wurde mit so viel 2oo/oiger wässeriger
Schwefelsäure geschüttelt, daß etwa die Hälfte der vorhandenen Basen an diese gebunden
war. Der von der Schwefelsäure aufgenommene Basenanteil wurde abgetrennt und mit
Alkali aus der schwefelsauren Lösung ausgefällt. Sowohl der mit w=ässeriger Schwefelsäure
extrahierte Rasenanteil wie auch der restliche Basenanteil wurden in der il/2fachen
Menge Alkohol gelöst und bei gewöhnlicher Temperatur mit 2o @'o konzentrierter Schwefelsäure
behandelt und das durch diese Behandlung abgeschiedene Acridinsulfat mit wenig Alkohol
nachgewaschen. Es wurden so aus dem mit verdünnter Schwefelsäure extrahierten Basenanteil
13,3 Gewichtsprozent Acridinsulfat abgeschieden, während die Restbasen nur noch
6,7 Gewichtsprozent Acridinsulfat ergaben.
-
Beispiel 2 Ein acridinreiches Rohbasengemisch vom Siedebereich 2¢o
bis 35o° würde redestilliert und aus seiner Kernfraktion das Acridin durch freiwillige
Kristallisation abgeschieden. Der nicht kristallisierte Anteil der Kernfraktion
wurde mit den Vor- und Nachläufen wieder vereinigt: Es ergab sich hierbei ein Basengemisch,
welches noch einen Gehalt von 12, i R'o Acridin aufwies. 2ooo g dieses acridinhaltigen
Basengemisches -wurden in i,5 1 Brennspiritus gelöst und bei gewöhnlicher Temperatur
mit 400 g konzentrierter Schwefelsäure unter Umrühren versetzt. Nach Abkühlen des
sich erwärmenden Gemisches wurde der Niederschlag abgetrennt, in Wasser gelöst und-
mit Alkali ausgefällt. Das Ausgefällte würde in Benzol aufgenommen und aus der Lösung
das Benzol abdestilliert. Der Rückstand wurde hydraulisch abgepreßt. Ausbeute i
i, i q.a% technisch reines Acridin. Da das Ausgangsmaterial 12,1% Acridin enthalten
hatte, betrug die Ausbeute somit 92,3°`0-Die Behandlung mit Benzol kann auch unterbleiben;
man kann an Stelle dessen das aus der wässerigen Lösung mit Alkali ausgefällte feste
Rohacridin durch- Filtration von der Mutterlauge abtrennen oder die Trennung bei
go bis ioo° vornehmen; hierbei wird die Acridinschicht in geschmolzenem Zustande
abgeschieden und dann zur Erstarrung --e-
bracht.
-
Beispiel 3 -Eine durch Redestillation von Rohbasen erhaltene Basenfraktion
vom spez. Gewicht i,i5o, welche zwischen 33o und 355° siedete und so arm an Acridin
war, daß durch freiwillige Kristallisation keine Acridinabscheidung erreicht werden
konnte, wurde folgendermaßen behandelt: i ooo g der Fraktion wurden in iooog Sprit
gelöst; zu der Lösung wurden allmählich unter Umrühren 40b9 konzentrierte Schwefelsäure
zugesetzt. Nach 12stündigem Stehen wurde der abgeschiedene feste Bodensatz von der
Lösung getrennt, mit wenig Sprit abgedeckt und getrocknet. Zur weiteren Reinigung
wurde die Masv-e in Wasser gelöst, die Base finit Ammoniak gefällt, das Ausgefällte
in Benzol aufgenommen und die benzolische Lösung nach Abtrennung von der wässerigen
Lösung durch Abdestillieren vom Benzol befreit. Der Rückstand war Rohacridin in
einer Ausbeute von 1 4., o °/o der Ausgangsfraktion.
Beispiel 4
Eine durch Redestillation von Rohbasen erhaltene Bastenfraktion, welche zwischen
300 bis. 345° siedete und einen Gehalt von i4,6% Acridin besaß, wurde folgendermaßen
behandelt: Zoo g der Fraktion wurden in 6oo g 2oo,loiger wässeriger Schwefelsäure
gelöst und die Lösung durch Extraktion mit Benzol von Neutralbestandteilen befreit.
Anschließend wurde die schwefelsaure Basenlösung mit i 5o ccm wässerigem 25 %igem
Ammoniak versetzt. Die hierdurch abgeschiedenen Basen wurden mit Benzol extrahiert.
Nach Abdestillieren des Benzols aus der Extraktlösu:ng verblieben 56g ölige Basen,
die einen Gehalt von nur 3,90b Acridin aufwiesen.
-
Die restliche schwefelsaure Acridinlösung wurde nun durch weiteren
Zusatz von 6o ccm wässeriger 250biger Ammoniaklösung vollkommen ausgefällt. Die
abgeschiedenen Basen wurden mit Benzol aufgenommen. Nach Abdestillieren dieses Lösungsmittels
hinterblieb:en 117 g ölige Basen, die einen Gehalt von 24,2% Acridin besaßen,
also stark an Acridin gegenüber dem Ausgangsmaterial angereichert waren.