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Verfahren zur Herstellung halogenhaltiger Stoffe Es wurde gefunden,
daß man zu wertvollen neuen halogenhaltigen Verbindungen gelangt, wenn man höhere
gesättigte und ungesättigte Fettsäuren und Oxyfettsäuren mit derartigen Mengen Chlor
behandelt, daß im Falle der Verwendung von ungesättigten Fettsäuren außer Besetzung
der doppelten und dreifachen Bindungen mit Halogen noch mindestens ein, im Falle
der Verwendung von gesättigten Fettsäuren mindestens zwei Wasserstoffatome durch
Halogen ersetzt werden. Je nach der Menge des eingeführten Halogens lassen sich
aus gleichen Ausgangsstoffen verschiedene Produkte erhalten, die in gleicher Weise
für Umwandlungen in wertvolle neue Stoffe verwendbar sind.
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Die Chlorierung erfolgt zweckmäßig (was bereits in: der Literatur
für die Halogenierung von Fettsäuren empfohlen worden ist) in Gegenwart von Lösungsmitteln,
wie Tetrachlorkohlenstoff und,ähnlichen, wobei je nach dem angewandten Lösungsmittel
verschiedene Reaktionsprodukte entstehen können.
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Das vorliegende Verfahren unterscheidet sich nicht in der Arbeitsweise
von den in, der Literatur beschriebenen Verfahren der Halogenierung von Fettsäuren,
wobei zu bemerken ist, daß ein Zusatz von Katalysatoren (vgl. z. B. den Zusatz von
Schwefel bei der Herstellung von Monochloressigsäure) bei dem vorliegenden Verfahren
nicht erforderlich ist. Der grundsätzliche Unterschied liegt aber darin, daß im
Falle der Verwendung von ungesättigten Fettsäuren die Halogenierung so weit getrieben
wird, daß nicht nur eine Absättigiuig der mehrfachen Bindungen, sondern auch die
Substitution wenigstens .eines Wasserstoffatoms durch Halogen erfolgt und daß im
Falle der Verwendung gesättigter Ausgangskörper im Gegensatz zu den in der Literatur
beschriebenen Verfahren (vgl. Beilst ein, 4. Aufl., B.2, S.363, letzter Absatz,
und S. 653, letzter Absatz) nicht eine vorhergehende Herstellung des Säurechlorids
erforderlich ist.
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Bei Verwendung von ungesättigten Fettsäuren als Ausgangsmaterial ist
also nach vorliegendem- Verfahren die in der Literatur beschriebene Einwirkung von
Halogen in Mengen, die den zur Absättigung der vorkommenden doppelten und dreifachen
Bindungen erforderlichen @entsprechen, ausdrücklich ausgeschlossen.
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Der technische Wert des vorliegenden Verfahrens besteht darin, daß.
im Gegensatz zu den Anlagerungsprodukten, wie Dichlorölsäure
(Patentschrift
2o8 699), die vorliegendenReaktionsprodukte leichter zu Austauschreaktionen befähigt
sind, die zudem in manchen Fällen einen andersartigen Verlauf nehmen. Diese überraschende
Tatsache ist anscheinend darauf zurückzuführen, daß die durch Substitution von Wasserstoffatomen
der Kohlenstoffkette ins Fettsäuremolekül eingeführten Halogenatome, die bei vorliegenden
Reaktionsprodukten in jedem Fall vorhanden sind, beweglicher sind als die durch
Sättigung der ungesättigten Bindungen gebundenen.
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Die neuen halogenhaltigen Verbindungen stellen wertvolle Ausgangsprodukte
zur Herstellung von Stoffen dar, die für die verschiedensten Zweige der Technik,
z. B. als Färbereihilfsprodukte, Verwendung finden können, da sich die Halo;genatorne
ganz ioder teilweise gegen hydroxyl-, schwefel-,oder stickstoffhaltige Gruppen austauschen
oder unter Bildung neuer Doppelbindungen aus dem Molekül entfernen lassen.
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Beispiel i ° In ioo kg Rizinusölsäure wird bei 4o bis 50° Chlor unter
Rühren (eingeleitet, bis die Zunahme 36 kg beträgt. Die Aufnahme des Chlors erfolgt
dabei unter starker Salzsäureentwicklung. Man erhält ,ein fast farbloses, stark
viskoses, klebriges Reaktionsprodukt. Entsprechend der aufgenommenen Menge Chlor
enthält es 3 Atome Chlor auf i Rizinusölsäuremolekül, Es wird zweckmäßig von noch
darin gelöster Salzsäure befreit und kann zu den verschiedensten Umwandlungsreaktionen
verwandt werden.
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Beispilel 2 In ioo kg Rizinusölsäur.e wird bei 4o bis 8o° unter Rühren
Chlor eingeleitet, bis die Gewichtszunahme 72 kg beträgt. Das Reaktionsprodukt wird
einige Zeit im Vakuum bei :etwa 5o° von noch gelöstem Chlorwasserstoffgas befreit.
Es stellt seine reine farblose, bei gewöhnlicher Temperatur zähe, stark klebende
Masse dar, die 6 Atome Chlor im Molekül des Ausgangsproduktes enthält. In verdünnter
Lauge ist die Verbindung löslich. Das Produkt kann mannigfaltigen Umwand-Iungen
unterworfen werden, z. B. in wertvolle Fä.rbereihilfsprodukte übergeführt werden.
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Beispi@el_3 ioo kg Rizinusölsäure werden in 200 kg Tetrachlorkohlenstoff
gelöst. Blei 4o bis 5o° wird unter Rühren und Rückflußkühlung Chlor ,eingeleitet,
bis die Gewichtszunahme 185 kg beträgt, wobei Chlorwasserstof, iri Strömen entweicht.
Nach Beendigung der Chlorierung wird der Tetrachlorkohlenstoff im Vakuum abdestilliert.
Man terhält etwa 27o kg einer bräunlichen, bei gewöhnlicher Temperatur spröden;
.glänzenden, bei etwas höherer Temperatur plastischen Masse von kolophoniumartigeri
Eigenschaften. In verdünnter Lauge ist sie .größtenteils löslich.. Wie sich aus
der Gewichtszunahme ergibt, .enthält das Produkt 16 Atome Chlor - im Molekül Rizinusölsäure.
Bleispiel 4 In eine Lösung von 5o kg Rizinusölsäure in ioo kg Tetracblorkohlenstof
wird unter Rühren und Rückflußkühlung bei 45° Chlor leingeleitet, bis die Gewichtszunahme
49 kg beträgt. Darauf wird die erhaltene dicke Masse durch Vakuumdestillation vom
Tetraclil.orkohlenstoi befreit, und man erhält 98 kg eines Produktes, das 7 Atome
Chlor im Molekül gebunden enthält.
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Beispitel 5 In ioo kg Ölsäure wird biei 3o bis 40° Chlor eingeleitet.
Nacheiner Gewichtszunahme von 36 kg erhält man lein dünnes Öl, das etwa 3 Atome
Chlor im öls,äutemolekül enthält. Die Eigenschaften, des Öls sind von denen. des
chlorierten Rizinusöls (Beispiel i) verschieden. Durch: ,geeignete Umwandlungen
des Produktes können ebenfalls technisch wertvolle Stoffe ,gewonnen werden.
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B,eispi,el 6 In :eine Lösung von 5o kg Ö1s,äure in i oo kg Tetrachlorkohlenstoff
wird unter RückflußkÜhlimg bei 4o bis 5o° Chloreingeleitet, bis die Gewichtszuviahme
25 kg beträgt. Der Tetrachlorkohlenstoff wird im Vakuum abdestilliert und dabei
die angewandte Menge völlig zurückgewonnen. Man .erhält ein dünnflüssiges Öl, das
auf Grund der Analyse Tetrachlorölsäure darstellt.
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Beispiel 7 30 kg Stearinsäure werden in i oo kg Tetrachlorkohlenstoff
gelöst. Unter Rühren und Rückflußkühlung wild bei 3o bis 40° Chlor ehegeleitet,
bis die Gewichtszunahme 22 kg beträgt. Darauf wird der Tetrachlorkohleustoff im
Vakuum abdestillert. Die neue Verbindung ienthält 6 Atome Chlor im Stearins.äuriemolekül.
Das (erhaltene Produkt stellt ein zähes, klebriges öl dar und erweist sich
ebenfalls als geeignetes Ausgangsmaterial für die Herstellung technisch wertvoller
Stoffee.
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Bleispiel 8 In: 32 kgeiner nach üblicher Methode gewonnenen Dioxystearins;äure
wird bei 75 bis 85° unter Rühren trockenes Chlorgas eingeleitet, bis die Gewichtszunahme
i 8 kg beträgt. Dias erhaltene, fast farblose Öl wird einige Stunden im Vakuum gerührt,
bis keine Salzsäure
mehr entweicht, und kann durch Waschen mit
Wasser und Trocknen im Vakuum in reinem Zustand verhalten werden. Es entspricht
auf Grurid der Analyse :einer Dioxypentachlorstearinsäure.
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Beispiel 9 In 34 kg ;geschmolzene Behenols,äure wird unter Rühren
bei anfangs 5o°, zuletzt bei 9o bis ioo° ein trockener Chlorstrom eingeleitet, bis
die Gewichtszunahme 22 kg beträgt. Die in dem Reaktionsprodukt noch gelöste geringe
Menge Chlorwasserstoff wird ,entweder durch Erhitzen im Vakuum oder durch mehrmaliges
Waschen mit Wasser entfernt. Man verhält 55 kg eines klaren, gelbbräunlichen, stark
viskosen Oles, das auf Grund der Analyse sich als ein Hexachlorierungsprodukt der
Behenolsäure erweist.