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Verfahren zur Herstellung von Cellulose- und Stärkeverbindungen Es
wurde gefunden, daß neue, technisch wertvolle Cellulosev erbindungen entstehen,
wenn man auf Cellulosexanthogensäuren oder Cellulosexanthogenate die Diazov erbindungen
diazotierharer Amine einwirken läßt. In einer Arbeit von L e u c k a r t , Tourn.
für praktische Chemie d.1/187, wurde gezeigt, daß bei der Einwirkung von aromatischen
Diazokörpern auf einfache Xanthogenate, z. B. auf Äthylxanthogenat, zunächst Kupplungsprodukte
der Diazoverbindung mit dem Xanthogenkörper nach folgendem Schema entstehen:
Beim Erwärmen dieses primär entstehenden Reaktionsproduktes wird Stickstoff eliminiert
unter Bildung von aromatischen Estern der Yantho2-ensäure
Es wurde nun gefunden, daß bei der Einwirkung von Diazov erbindungen auf Xanthogensäurederivate
der Cellulose oder der Stärke unter sofortigem Freiwerden von Stickstoff Abscheidung
von festen Kupplungsprodukten erfolgt. Als Diazokomponenten kommen alle diazotierbaren
Amine der aromatischer. und heterocvclischen Reihe in Betracht: durch entsprechende
Variation dieser Komponenten lassen sich die verschiedensten Gruppen in das Cellulose-
und Stärkemolekül einführen. Die Arbeitsbedingungen können innerhalb weiter Grenzen
variiert werden; aus diesem Grund soll die Erfindung an die ihr Wesen nicht beriihrendcn
Einzelheiten der jetzt folgenden, mit einem Ausführungsbeispiel erläuterten Schilderung
ihrer praktischen Ausübung nicht gebunden sein.
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Unter der .der Kürze halber gewählten Bezeichnung Diazoverbindungen
sollen in der Beschreibung und im Patentanspruch die Diazoverbindungen sämtlicher
diazotierbarer Amine verstanden werden, mit Ausnahme derer der aliphatischen Amine
oder derer, die die Aminogruppe in aliphatischer Bindung enthalten. Die Art und
Weise, wie die Diazoverbindungen
für die zu beschreibende Reaktion
verwendet werden, ob in Lösung oder in fester Form oder in Form von Umwandlungsprodukten
oder Derivaten oder ob sie erst in der Reaktionsmasse entstehen oder in Statu nascendi
oder in einer anderen Variante zur Einwirkung gelangen, soll das Wesen des Verfahrens
in keiner Weise berühren.
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Die in der Beschreibung für den Fall der Cellulose geschilderten Erscheinungen
des Verfahrens gelten, ohne daß dies im folgenden 'des öfteren betont wird, ebenso
für Stärke sowie für Umwandlungsprodukte der Cellulose und der Stärke, soweit sie
die Viskosereaktion überhaupt eingehen. Ebenso sollen im Patentanspruch unter Cellulose
und Stärke auch deren Umwandlungsprodukte und Derivate verstanden werden.
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Man arbeitet z. B. so, daß man eine nach einer bekannten Methode hergestellte
Viskose als solche oder nach der Neutralisierung des Alkali oder schwacher Ü'bersäurung
mit einer alkalischen, neutralen oder sauren Diazolösung in Reaktion bringt. `Die
gewählte Diazoverbindung kann ferner im Überschuß, in der berechneten Menge oder
in Mengen, die geringer sind als die berechnete, verwendet werden. Je nach der Hitzebeständigkeit
der Viskose einerseits oder der Diazoverbindung andererseits kann man bei tiefer
oder höherer Temperatur arbeiten. Da die Reaktion, die an und für sich an keine
bestimmte Temperatur gebunden ist, schon in den meisten Fällen in der Kälte glatt
verläuft, arbeitet man, wenn kein besonderer Grund vorliegt, am vorteilhaftesten
bei niederer Temperatur. Die Konzentration der Viskose und der Diazolösung richtet
man nach den Umständen.
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Die Entstehung der neuen Celiuloseverbindungen gibt sich in der Regel
dadurch kund, daß das Endprodukt der Reaktion neben starker Gasentwicklung ausgeschieden
wird. Unterbleibt das Ausfallen zunächst, so kann es durch Aussalzen oder durch
Zugabe von Alkohol o. dgl. bewirkt werden.
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Die Isolierung des Reaktionsproduktes erfolgt dadurch, daß man die
Niederschläge durch Filtrieren, Zentrifugieren o. dgl. von der Mutterlauge trennt
und mit Wasser evtl. mit einer Salzlösung oder einem organischen Lösungsmittel gründlich
wäscht. Der durch das Auswaschen gereinigte Körper wird dann je nach dem Zweck,
dem er dienen soll, getrocknet oder in feuchtem Zustand weiterverarbeitet.
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Ihrer Bildungsweise und ihrem chemischen Verhalten gemäß sind die
den Gegenstand der Erfindung bildenden neuen Cellulose- und Stärkeverbindungen als
Cellulose-bzw. Stärkexanthogensäureester anzusprechen. Die zur Bildung der neuen
Verbindungen führenden Reaktionen können für die einfachsten Typen (auf die die
Erfindung nicht beschränkt sein soll) durch folgende Gleichungen veranschaulicht
werden. Als Beispiel seien als Komponenten cellulosexanthogensaures Natrium und
diazotiertes Anilin gewählt:
Dieser Reaktionsmechanismus wird dadurch wahrscheinlich gemacht, daß das Einwirkungsprodukt
von Diazobenzol auf Celtulosexanthogenat, mit starken Alkalien behandelt, Thiophenol
abspaltet. Im übrigen soll die Erfindung an das gegebene Gleichungsschema, das lediglich
Veranschaulichungszwecken dienen soll, in keiner Weise gebunden sein, da die genaue
Aufklärung der Reaktion schon in Hinsicht auf unsere mangelhafte Kenntnis des Cellulosemoleküls
keine einfache Aufgabe ist.
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Ausführungsbeispiel r 5o Teile Cellulose werden in Xanthogenat verwandelt
und dieses in 4ooo Teilen Wasser gelöst; die so erhaltene dünne Viskose wird, evtl.
nach Filtration, zweckmäßig unter Eiskühlung mit verdünnter Essigsäure neutralisiert
oder schwach übersäuert. Zur Entfernung des frei gewordenen Schwefelwasserstoffs
turbiniert man kurze Zeit oder leitet Luft durch die Lösung. Unterdessen hat man
durch Diazotierung von 2o Teilen Anilin in mineralsaurer Lösung unter Eiskühlung
eine Diazolösung bereitet, deren freie Mineralsäure man zweckmäßig mit Natriumacetat
abstumpft. Die so erhaltene Diazolösung wird auf einmal in die stark turbinierte
Viskose eingegossen. Unter starker Stickstoffentwicklung scheidet sich das Reaktionsprodukt
in Form einer faserigen, aufgeblähten, lichtbräunlichen Masse ab. Man nutscht ab,
wäscht mit Wässer, schließlich mit Sprit, bis dieser
farblos abläuft.
-ach dem Trocknen hat man das in quantitativer Ausbeute entstandene Reaktionsprodukt
in Form einer leichten, hellbraunen Substanz in Händen, die sich leicht pulverisieren
läßt. Sie ist unlöslich in Wasser und allen bis jetzt untersuchten organischen Lösungsmitteln,
löslich in io°/oiger Natronlauge, wobei Thiophenol abgespalten wird. In Pyridin
oder Chinolin quillt die Substanz zu einer hellgelben Gallerte auf, ohne jedoch
in Lösung zu gehen.
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Ausführungsbeispiel io Teile Kartoffelstärke werden in 5o Teilen :2o°/oiger
Natronlauge mit 12 Teilen Schwefelkohlenstoff einige Zeit durchgearbeitet und dann
1a Stunden stehengelassen. Die nun orangefarbene Masse wird mit Alkohol verrieben,
bis eine Suspension eines hellgelben Pulvers entstanden. ist, von dem abgesaugt
wird. Das so erhaltene pulverige Stärkexanthogenat wird in eine mit Natriumacetat
abgestumpfte Diazolösung aus 7 Teilen Anilin, iS Teilen konz. Salzsäure, i8 Teilen
Wasser und 5,8 Teilen Natriumnitrat eingetragen, wobei unter sofortiger starker
Stickstoffentwicklung der Stärkexanthogensäurephenylester entsteht. Nach mehrstündigem
Stehen wird abgesaugt und das Produkt durch Auskochen mit Alkohol gereinigt. Man
erhält schließlich ein hellbraunes Pulver, welches in verdünnter Lauge in Lösung
geht.
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Nach dem im Patent 519 138 geschützten Verfahren werden Ester der
Cellulosexanthogensäure durch Einwirken von Estern anorganischer Säuren auf Xanthat
bzw. die freie Nanthogensäure gewonnen. Wenn diese Patentschrift neben der Gewinnung
von Alkyl-, Aralkylestern auch die von Arylestern vorsieht, so kommen zu deren Darstellung
nur solche Halogenwasserstoffsäureester (Ester anderer anorganischer Säuren scheiden
praktisch aus) in Betracht, deren Halogen reaktionsfähig ist, d. h. nur solche Halogenaryle,
in denen das an sich äußerst reaktionsträge Halogenradikal durch negative Gruppen
im Arvlrest (z. B. durch Nitrogruppen) aktiviert ist.
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Nach dem vorliegenden Verfahren ist es nun in einfacher Weise möglich
geworden, Xanthogensäurearylester in überraschend glatter Reaktion zu gewinnen,
bei denen der Arylrest keine derartigen aktivierenden Substituenten enthalten muß.
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Die Verfahrensprodukte sind in hohem Grade geeignet für plastische
Massen jeder Art, für Kunstfäden. Platten, Filme und andere Kunstmassen sowie insbesondere
als Zwischenprodukte für weitere Umsetzungen.