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Verfahren zum Bleichen vegetabilischer Fasern Der Bleichprozeß der
bekannten vegetabilischen Fasern Baumwolle, Flachs, Jute, Ramie u. dgl. wird in
der Regel durch die sogenannte Bäuche eingeleitet. Diese stellt einen Abkochprozeß
dar, in dem siedende Lösungen von Alkalien, Alkalicarbonaten, Kalk, Harzseife o.
dgl. bei gewöhnlichem Druck oder überdruck auf die rohe vegetabilische Faser einwirken
und durch Aufschließen, Lösen, Einttlgieren oder Verseifen der natürlichen Verunreinigungen
die Faser reinigen bzw. entfetten. Erst eine derartig vorbehandelte Faser wird von
den Lösungen der üblichen Bleichmittel, wie Chlorkalk, Natriumhypochlorit, Wasserstoffsuperoxyd,
Kaliumpermanganat usw., ordnungsgemäß geiietzt, durchdrungen und durchgebleicht.
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Man hat vielfach versucht, den Abkochprozeß zu vermeiden und lediglich
eine Kaltbleiche anzuwenden. Nach der Patentschrift 36 96:2 soll Baumwolle
mit kalten Laugen im Vakuum genetzt und dann gebleicht werden. Auch wurde versucht,
mit konzentrierten Chlorlösungen im Vakuum zu netzen.
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Eine weitere Möglichkeit, das Benetzen und Durchdringen der vegetabilischen
Fasern durch die Bleichlaugen zu fördern, besteht im Zusatz von Netzmitteln. Man
hat versucht, dieses Ziel durch Zusätze von Seifen, Türkischrotölen, Glycerin, Alkohol
u. dgl. zu erreichen (vgl. Patentschrift 176 6o9). Während alkoholartige
Zusätze allein die gewünschte Durchbleichung nicht ermöglichen, treten bei Seifen,
Türkischrotölen sehr leicht Störungen durch Bildung von Kalkseife ein, die ein schlechtes
und ungleichmäßiges Durchbleichen des Materials zur Folge haben. Eine Mitverwendung
derartiger Netzmittel beim Bleichen mit Chlorkalklösungen ist überhaupt unmöglich,
da die sofort auftretende starke Kalkseifenbildung jedes derartige Netzmittel wirkungslos
macht und den Bleichprozeß stört; außerdem ist das Netzvermögen der gewöhnlichen
Seifen und Türkischrotöle verhältnismäßig gering.
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Es wurde nun gefunden, daß eine Anzahl von äliphatisch substituierten
aromatischen Sulfonsäuren sowie ihre Alkali- und Erdalkalisalze vorzügliche Benetzungsmittel
darstellen, die auch in Gegenwart von Bleichmitteln, wie Chlorkalk usw., ihre volle
Wirkung ausüben, da sie lösliche Kalksalze bilden. Als besonders wirksam erwiesen
sich z. B. die Hexadecylbenzolsulfonsäure, Octadecyltoluolsulfonsäure, Isopropylnaphthalinsulfonsäure
sowie deren Salze. Diese Säuren sind durchweg in Wasser löslich, ebenso ihre Alkali-
und Erdalkalisalze: Sie sind daher im Gegensatz zu den- bekannten Netz- und Reinigungsmitteln
vollkommen beständig gegen Säuren, Salze und Kalkverbindungen aller Art. .
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Bereits geringe Zusätze von o,z bis o,5°/0 der vorerwähnten Verbindungen
zur Bleichlauge genügen, um eine vorzügliche Bleichwirkung zu erzielen, die an die
in der Bleiche mit vorgängiger Bäuche erzielte Wirkung völlig heranreicht. Das Fasermaterial
wird fast augenblicklich genetzt und in kurzer Zeit völlig durchgebleicht. Das Verfahren
eignet sich zum Bleichen im offenen Gefäß ebensogut wie zum Bleichen in Apparaten.
Es
eignet sich zum Bleichen von loser Ware, Strang- und Stückware, zur Buntbleiche
usw.
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Die Vorzüge des Verfahrens beruhen zunächst auf der allgemeinen Verwendbarkeit
der Zusätze zu allen Bleichmitteln, besonders zu dem heute noch in großem Maßstabe
gebrauchten Chlorkalk. Durch das Fortlassen der Bäuche werden ganz erhebliche Ersparnisse
an Zeit, Arbeitskraft und Dampf erzielt, die die Kosten der ganz geringfügigen Zusätze
bei weitem übersteigen. Mit besonderem Vorteil wird das Verfahren überall dort angewandt,
wo durch die vorhergehende Abkochung die Entstehung von Kochflecken sowie Schädigungen
der Faser, der Farben usw. zu befürchten sind. Letzteres gilt besonders für die
Buntbleiche.
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Eine besonders schöne Vollbleiche auch von Fasermaterialien, die reich
an Schalenbestandteilen, Pektinstoffen u. dgl. sind, wird erzielt durch kurze vorherige
Behandlung mit verdünnten kalten Lösungen von ?;tzalkalien oder Alkalicarbonaten,
deren Netz- und Durchdringungsvermögen durch Zusatz der obenerwähnten Stoffe erhöht
wird. Nach dieser Vorbehandlung wird gespült, abgesäuert und dann gegebenenfalls
unter Zusatz der obenerwähnten Netzmittel gebleicht.
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Die netzende und durchdringende Wirkung der erwähnten Sulfonsäuren
und ihrer Salze kann durch Zusätze von ein- und mehrwertigen wasserlöslichen Alkoholen,
wie Methanol, Äthylalkohol, Fuselalkohole, Glykol, Glycerin usw., noch verbessert
werden. Auch kann durch den Zusatz dieser Sulfonsäuren zur Bäuchflotte die Bäuche
stark gefördert und abgekürzt werden. Beispiel i Rohes Baumwollgarn wird in einer
Natriumhypochlorit- .oder Chlorkalkbleichlösung, die 3 g aktives Chlor im Liter
'und außerdem o,6 g des Natriumsalzes der Di-i-Butyinaphthalinsulfonsäure enthält,
bei etwa 18° C 2 Stunden lang gebleicht. Flottenlänge 1 :25. Nach der Bleiche wird
das Garn io Minuten. in kaltem Wasser gespült, dann mit einer verdünnten Salzsäure
(5 ccm Salzsäure von 20° B6 pro Liter) abgesäuert und schließlich antichloriert,
gespült und getrocknet.
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Beispie12 Rohes Baumwollgarn wird in einer 1 ° B8 starken Natronlaugelösung,
die i g des Natriumsalzes der i-Propylnaphthalinsulfonsäure im Liter enthält, i
Stunde lang genetzt. Flottenlänge i :25. Nach dem Zentrifugieren wird das Garn 3
Stunden lang in einer Chlorbleichlauge, die 3 9 aktives Chlor im Liter enthält,
bei 18° C gebleicht. Flottenlänge i : 2o. Nach der Bleiche wird das Garn, wie in
Beispiel z beschrieben, gespült, abgesäuert, gespült und antichloriert. Zum Schluß
wird % Stunde lang mit einer Lösung, die i g Soda und 2 g Marseiner Seife im Liter
enthält, kochend geseift, gespült, ausgeschleudert und getrocknet. Beispiel 3 Rohes
Baumwollgarn wird in einer i° Be starken Natronlauge, die i g eines zuvor bereiteten
und in Wasser gelösten Gemisches von 8o°/, des Natriumsalzes der i-Propylnaphthalinsulfonsäure
und 2o°/, Methylcyclohexanol im Liter enthält, 3 Stunden lang abgekocht. Flottenlänge
1 :25. Nach Beendigung der Bäuche wird das Garn erst warm und dann kalt gespült,
abgesäuert und gebleicht. Beispiel q. Rohes Baumwollgarn wird unter den im Beispiel
3 angegebenen Arbeitsbedingungen abgekocht, nur findet an Stelle der Natronlauge
eine gesättigte Ätzkalklösung, die 1,25 g Ätzkalk im Liter enthält, Verwendung.
Die Kochdauer beträgt hier vorteilhaft q. Stunden.