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Verfahren zum Behandeln faseriger Pflanzen Vorliegende Erfindung hat
zum Gegenstand ein Verfahren, welches ermöglicht, aus faserigen Stoffen pflanzlichen
Ursprungs (Lein, Brennesselfaser, entholzte Rindenfaser usw.) deren Fasern dadurch
zu gewinnen, daß man bei ihrer Behandlung Lösungen von Schafwollschweiß oder von
alkalischen Salzen organischen Ursprungs, welche kein Schäumen des Wassers verursachen,
verwendet.
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An sich ist es bereits bekannt, zum Behandeln von Textilstoffen pflanzlichen
Ursprungs zum Zwecke der Veredlung Alkalicarbonatlösungen, z. B. die in der Seifenfabrikation
als Nebenprodukt erhältlichen Unterlaugen, zu verwenden. Der chemischen Zusammensetzung
und dem chemischen Verhalten nach besteht aber ein bedeutsamer Unterschied zwischen
jenen Alkalicarbonatlösungen und Wollschweißlösungen.
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Wäßrige Wollschweißlösungen bestehen bekanntlich aus Wasser, welches
die Bestandteile enthält, die es der Rohwolle entzieht, wenn man das Wasser bei
gewöhnlicher Temperatur durch die in dicken Schichten ausgebreitete Wolle hindurchziehen
läßt. Diese wäßrigen Wollschweißlösungen, deren Wollschweißkonzentration ungefähr
3° B8 oder mehr beträgt, besitzen eine hohe Waschkraft, die zum Waschen der Wolle
vor dem, Krempeln nutzbar gemacht wird, Außer zum Waschen von Wolle vor dem Krempeln
eignen sich wäßrige Wollschweißlösungen auch zur Behandlung von Wolle in anderen
Verarbeitungsstadien oder Zuständen, z. B. zur Behandlung von Wollgarnen oder Wollgeweben
oder auch zur Behandlung anderer Textilstoffe in beliebigem Zustande, zu dem Zwecke,
deren Geschmeidigkeit; Elastizität, Widerstandsfähigkeit usw. zu erhöhen, welch
letzteres dadurch zustande kommt, daß das Gut bei der Behandlung gewisse in den
Wollschweißlösungen enthaltene Bestandteile adsorbiert.
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Gemäß vorliegender Erfindung benutzt man wäßrige Wollschweißlösungen
zur Beeinflussung von Pflanzen oder Stoffen pflanzlichen Ursprungs, um daraus die
Textilfaser in besonders hochwertiger Form zu gewinnen. So z. B. erweist sich die
Behandlung der Ramie, des Leins, der Brennessel, der Rinde gewisser Hölzer oder
des Schilfes mittels wäßriger Wollschweißlösungen als äußerst vorteilhaft, indem
die Textilfasern von dem Gummi und anderen vegetabilischen Stoffen befreit werden,
die ihnen anhaften.
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Erstes Ausführungsbeispiel (Jute- und Sisalfaser) In einem ungefähr
1500 1 fassenden Holz-oder Blechbottich werden roo kg Jute- oder Sisalfaser mit
zooo 1 Wollschweißlösung von S° Be während z Stunden in der Siede= hitze behandelt.
Danach wird die Faser ausgeschleudert, sodann in Seifenwasser und in
gereinigtem
Warmwasser gespült und schließlich,. nach einer der bekannten Methoden gebleicht.
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Zwei tes--Ausfüh-i;üngs-beispiel (Flachs- und Hanffaser) ioo kg Flachs-
oder Hanffaser werden während etwa 12 Stunden in iooo 1- einer Wollschweißlösung
von mindestens 8° Be eingeweicht, wobei die Temperatur des Bades auf 5o bis 6o°
erhalten wird. Nach Ablauf der 12 Stunden wird das Bad zum Sieden gebracht und während
3 Stunden auf Siedehitze erhalten. Die Faser wird dann zwischen zwei Walzen ausgequetscht
und hernach in einem Seifenbad von 8o° und in gereinigtem Warmwasser gespült. Zur
Vervollständigung der Degummierung folgt noch ein Bleichen in einem ein Oxydationsmittel
enthaltenden Bade. So kann man z. B. eine Lösung von unterchlorigsaurem Natrium
verwenden, die je Kilogramm bei normalem Druck und normaler Temperatur 21 gasförmigen
Chlors liefert. Während des Bleichens wird die Temperatur unter 30` gehalten.
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Die Dauer der Bleiche beträgt % bis 3 oder 4 Stunden. Nach dem Bleichen
im Hypochlöritbade läßt man das Fasergut während einiger Minuten in einem auf gewöhnlicher
Temperatur -stehenden 3 %igen Natriumbisulfitbade verweilen, worauf in gereinigtem
Warmwasser gespült, sodann das Wasser ausgetrieben und schließlich getrocknet wird.
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Drittes Ausführungsbeispiel (Ramiefaser) Die Degummierung der Ramiefaser
erfolgt in gleicher Weise wie die des Flachses und Hanfes (zweites Beispiel), wobei
jedoch der Wollschweißlösung von mindestens 8 ° Be kaustische Alkalisalze oder Alkalicarbonate
zugesetzt werden.
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Gute Resultate geben z. B. folgende Mengenverhältnisse.
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Wollschweiß von 8° Be ... ioo 1, Ätznatron _ . . . . . _ .
. . . . . . 2 kg oder Wollschweiß von 8° Be ... ioo 1, Natriumcarbonat .
. . . . . . . . 4 kg.
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Die benutzten Wollschweißlösungen können gereinigt und dann wieder
verwendet werden.
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Die zur Vornahme der beschriebenen Behandlungen dienenden w äßrigen
Wollschweißlösungen können vorher zu anderen Zwecken, z. B. zum Waschen von Rohwolle,
benutzt worden sein Die aus der Rohwolle gewonnenen wäßrigen Wollschweißlösungen
können gemäß der Erfindung durch Verdampfung konzentriert werden, wodurch deren
Transport an die Verwendungsstelle sich wirtschaftlicher bewirken läßt. Die Verdampfung
kann so weit getrieben werden, daß das Produkt bei gewöhnlicher Temperatur breiige
oder pastenartige Konsistenz annimmt. Zum Zwecke der Verwendung wird dann diese
Paste durch Wasserzusatz bis zur gewünschten Konzentration verdünnt. Gemäß der Erfindung
kann auch die Wollschweißlösung oder Wollschweißpaste durch eine passende Behandlung,
z. B. durch Oxydation, entfärbt, desgleichen geruchlos gemacht werden, z. B. unter
Vakuum und mittels überhitzten Dampfes. Die wäßrigen Wollschweißlösungen können
auch sterilisiert werden, z. B. durch Hitze oder durch passende Antiseptika.
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Die wäßrigen Wollschweißlösungen enthalten alkalische Verbindungen.
Diese können auf chemischem Wege gewonnen werden, indem man z. B. Kohlenwasserstoff
e, wie Paraffin, oxydiert, dann in Gegenwart von überhitztem Wasserdampf destilliert
und die hierbei gewonnenen Fettsäuren mit Alkalien behandelt. Diese alkalischen
Körper bewirken kein Schäumen des Wassers wie Seife; enthält aber das Wasser genügende
Mengen davon, 'so waschen sie ausreichend. Sie können daher an Stelle wäßriger Wollachweißlösungen
zu den oben angegebenen Behandlungszwecken verwendet werden.
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Es können auch auf chemischemWege Verbindungen hergestellt werden,
die den im Wollschweiß enthaltenen ähnlich sind. Die vorliegende Erfindung ist anwendbar
nicht nur unter Benutzung wollschweißhaltiger Lösungen, sondern auch unter Benutzung
von Körpern, die den im Wollschweiß enthaltenen ähnlich sind, d. h. von Körpern,
die nicht, wie Seife, das Wasser zum Schäumen bringen, aber nichtsdestoweniger waschen,
wenn sie sich in genügender Menge im Wasser befinden.