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Verfahren zur Entfettung von Rohwolle u. dgl. Die Erfindung betrifft
eine weitere Ausbildung des den Gegenstand des Hauptpatents bildenden Verfahrens
zur Entfettung von Rohwolle u. dgl., welches mit dem aus der französischen Patentschrift
584046 bekannt gewordenen Verfahren übereinstimmt. Sie besteht darin, daß an Stelle
von Aceton andere, im Wasser mindestens im Verhältnis i : io lösliche milde Fettlösungsmittel,
beispielsweise Methylacetat, oder Gemische mehrerer dieser Fettlösungsmittel in
flüssiger Form auf das weitgehend vom Wasser befreite, z. B. bis auf einen Wassergehalt
von 2 bis 3 0/0 getrocknete Gut zur Einwirkung gebracht und das entfettete Gut hierauf
einer Nachbehandlung mit Wasser unterworfen wird, um das noch im Gut vorhandene
Lösungsmittel zu entfernen. Milde wasserlösliche Fettlösungsmittel im Sinne der
Erfindung sind solche, die, wie das Aceton des Hauptpatentes, bei gewöhnlicher Temperatur
und bei gewöhnlichem Druck nicht über 2o 0/0 Wollfett zu lösen vermögen. Während
aber das bei dem bekannten Verfahren des Hauptpatents benutzte Aceton den Nachteil
besitzt, auch die im zu entfettenden Gut vorhandenen Harnzersetzungsprodukte und
den Harnstoff zu lösen, ist das bei den anderen milden wasserlöslichen Fettlösungsmitteln
nicht der Fall, die deshalb. zu einem praktisch stickstofffreien und infolgedessen
wertvolleren Wollfett führen. Das Verfahren gemäß der Erfindung beruht gleich dem
bekannten Verfahren des Hauptpatents auf der Erkenntnis, daß für die Durchführung
der Entfettung von Rohwolle u: dgl. die Verwendung flüssiger wasserlöslicher an
Stelle der bislang benutzten wasserunlöslichen Fettlösungsmittel von erheblicher
technischer Bedeutung ist. Infolge der großen Oberfläche des Fasergutes und der
starken Netzfähigkeit der organischen Lösungsmittel bleiben nach vollendeter Extraktion
bedeutende Mengen des Lösungsmittels in dem Extraktionsgut zurück. Selbst nach Abpressen
oder Abschleudern enthält die Wolle im allgemeinen noch mehr als 50 % ihres Eigengewichtes
an Lösungsmitteln. Die Entfernung des von der Wolle zurückgehaltenen Lösungsmittels
und seine Wiedergewinnung bietet nun erhebliche technische Schwierigkeiten. Infolge
der schlechten Wärmeleitfähigkeit der Wolle liefert z. B. die Zuführung von Verdampfungswärme
keine befriedigenden Ergebnisse, während z. B. das Durchleiten erwärmter inerter
Gase zu stark verdünnten Gemischen führt, welche eine wirtschaftliche Wiedergewinnung
der Fettlösungsmittel z. B. mit Hilfe von Adsorptionsmitteln im allgemeinen nicht
zulassen. Es wurde außerdem die Beobachtung gemacht, daß die Befreiung des extrahierten
Wollguts von den zurückgehaltenen Lösungsmitteln unter Wärmeanwendung wie auch
die
Entfettung mit Lösungsmitteln in der Dampfphase zu Schädigungen der Faser Veranlassung
gibt.
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Die Verwendung wasserlöslicher Fettlösungsmittel bietet nun den großen
Vorteil, daß das Austreiben derselben aus dem Extraktionsgut in einfachster Weise
mit Hilfe von Wasser (oder wäßrigen Lösungen) erfolgen kann. Es ist hierbei von
sehr großer Wichtigkeit, die mit Hilfe mild wirkender Lösungsmittel entfettete Faser
unter solchen Bedingungen mit Wasser zu behandeln, daß einerseits das organische
Lösungsmittel aus dem Innern der Faser entfernt wird und andererseits eine gewisse
Menge von Wasser von der Faser aufgenommen wird. Versuche haben ergeben, daß bei
Verwendung wasserlöslicher Lösungsmittel durch einfaches Waschen oder Spülen der
entfetteten Wolle mit Wasser das darin vorhandene Lösungsmittel restlos entfernt
und gleichzeitig dem Wasser Eingang in das Innere der Faser gewährt wird. Auch in
Wasser schwerer lösliche organische Lösungsmittel, z. B. sölehe, welche nur im Verhältnis
i : io oder z : io in Wasser löslich sind, können noch im Sinne der Erfindung verwendet
werden.
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Im übrigen besitzen auch die nach vorliegender Erfindung anzuwendenden
wasserlöslichen Fettlösungsmittel infolge ihrer milden Wirkung gegenüber den früher
verwendeten hochwirksamen Mitteln, wie Benzin, Benzol u. dgl., den bereits im Hauptpatent
erwähnten Vorteil, daß die Entfettung regelbar unter Erhaltung des wertvollen Kapillarfettes
der Fasern in mehr oder weniger großen Mengen durchgeführt werden kann. In dem Hauptpatent
ist es z. B. als besonders erstrebenswert bezeichnet worden, in der Faser noch einen
Fettgehalt von etwa z bis 5 °/o zu erhalten. Es hat sich nun gezeigt, daß man die
Entfettung unbesorgt auch weitertreiben kann, was z. B. für das spätere Färben der
Faser von Vorteil ist, wenn man durch die an die Extraktion anzuschließende Wasserbehandlung
der Faser Gelegenheit gibt, eine gewisse Wassermenge aufzunehmen, also gewissermaßen
das entzogene Fett durch Einlagerung von Wasser in die Faser zu ersetzen. Hierdurch
werden die Fasern auch bei weitergehender Entfettung gegen Schädigungen geschützt.
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Bei der Behandlung der entfetteten Wolle mit Wasser werden gleichzeitig
die wasserlöslichen Kalisalze und Kaliseifen gewonnen. Die die Kaliverbindung enthaltenden
Waschwässer können in üblicher Weise z. B. auf Pottasche verarbeitet oder zu anderen
Zwekken nutzbar gemacht werden. Schließlich bietet die Wasserbehandlung der entfetteten
Lösungsmittel noch den Vorteil, daß hierdurch die auf der Wolle vorhandenen Schmutzbestandteile
entfernt werden, und zwar ohne Zusatz von Stoffen oder Verbindungen, welche, wie
z, B. Soda, zu Verfilzungen Veranlassung geben können.
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Für die Durchführung des Verfahrens ist es erforderlich, die zu, entfettenden
Rohwollen, welche im allgemeinen 15 bis 2o °/o Feuchtigkeit enthalten, vor der Behandlung
mit Fettlösungsmitteln weitgehend von Wasser zu befreien, z. B. derart, daß der
Wassergehalt der Wolle auf etwa 2 bis 3 °%o erniedrigt wird. Zweckmäßig wird die
Wasserentfernung durch vorsichtiges Erwärmen, z. B. mittels heißer Luff, vorgenommen.
Hierdurch wird das in Klumpen an der Faser hängende Wollfett zum Schmelzen gebracht,
so daß es gleichmäßig auf das Fasergut verteilt wird. Bei der darauffolgenden Extraktion
wird dann in erster Linie das auf der Oberfläche der Faser befindliche Fett entfernt,
während das die Elastizität der Faser begünstigende Kapillarfett erhalten bleibt.
Im übrigen wird durch die der Extraktion vorangehende Entwässerung der Wolle das
Lösungsvermögen der Lösungsmittel gesteigert und eine gleichmäßige Entfettung der
Wolle gewährleistet. Schließlich wird durch die Entwässerung der Wolle noch der
Vorteil, erzielt, daß -ein unerwünschtes Inlösunggehen der Kalisalze und Kaliseifen
während der Fettextraktion verhindert wird, so daß dieselbeir nach Beendigung des
Extraktionsvorganges restlos gewonnen und nutzbar gemacht werden. können, z. B.
durch Verarbeiten auf Pottasche.
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Als Lösungsmittel kommen andere wasserlösliche Ketone als Aceton,
ferner Ester, Alkohole. u. dgl. in Betracht. Ihre Auswahl bzw. Zusammensetzung hat
naturgemäß unter dem Gesichtswinkel zu erfolgen, daß es bei der Wollentfettung in
erster Linie auf eine möglichst schonende Behandlung der wertvollen Wollfaser unter
tunlichster Erhaltung ihrer guten Eigenschaften ankommt, während andererseits das
Lösungsmittel bzw. das anzuwendende Lösungsmittelgemisch eine ausreichende und gleichmäßige
Entfettung der Faser gewährleisten muß. Neben dem durch das Hauptpatent geschützten
Aceton hat sich z. B. Methylacetat ausgezeichnet bewährt. Alkohole, wie z. B. Methylalkohol,
werden zweckmäßig nur in 'Mischung mit anderen wasserlöslichen Lösungsmitteln verwendet.
Von in der Technik anfallenden billigen Mischprodukten kommt z. B. der Holzgeist
in Betracht.
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Schließlich wurde noch gefunden, daß das vorstehend erläuterte Verfahren
der Rohwollentfettung mit Hilfe von wasserlöslichen Fettlösungsmitteln mit Vorteil
zur Reinigung
von bereits bearbeiteten Textilien angewandt werden
kann, insbesondere wenn es sich darum handelt, Spinn- oder Schmieröle von Wollabfällen,
Garnen und Geweben zu entfernen.