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Verfahren zur Herstellung von phosphororganischen Verbindungen aus
pflanzlichen Stoffen unter Erhaltung der Vitamine Es ist schon seitiängererZeit
bekannt (siehe die Patentschriften 1q.7968, r47969, 155 798, I59749 16o 47o, 164
298 und physiologisch-chemisches Schrifttum), wie man aus pflanzlichen Stoffen,
hauptsächlich Samen, Wurzeln, unterirdischen Sprossen, die darin meist vertretenden
organischen Phosphorverbindungen gewinnen kann, die wahrscheinlich als der pflanzliche
Phosphorreservestoff anzusehen sind und dementsprechend eine erhebliche physiologische
und damit auch therapeutisch-praktische Bedeutung besitzen. Man hat diese Verbindung,
die eine einheitliche Substanz zu sein scheint, ursprünglich als ein saures Calcium-Magnesiumsalz
einer Anhydrooxymethylendiphosphorsäure angesehen. Neuere Forschungen haben aber
diese Anschauung unwahrscheinlich gemacht, und es wird jetzt allgemein die in Frage
kommende phosphororganische Verbindung als Salz einer Inosithexaphosphorsäure angesehen
(Neuberg, Posternak).
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Die nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnis als Salz der Inositphosphorsäure
in den Pflanzenteilen aufgespeicherten Verbindungen werden nach dem grundlegenden
Verfahren der Patentschrift 147 968 dadurch gewonnen, daß man die pflanzlichen Ausgangsstoffe
in zerkleinertem Zustande der Einwirkung von schwachen Alkalilaugen aussetzt und
diese alkalisch vorbehandelten Pflanzenteile mit Mineralsäuren extrahiert. Die oben
angegebenen weiteren Patentschriften betreffen nur Ergänzungen und Veränderungen
des Verfahrens, die meist darauf hinausgehen, die durch die geschilderten Vorgänge
gewinnbare rohe, d. h. mit anderen Stoffen verunreinigte Inositphosphorsäure zu
reinigen, wobei entweder diese Säure in Erdalkaliverbindungen (mit Hilfe von entsprechenden
Mengen Erdalkalihydroxyd) oder in Schwermetallverbindungen überzuführen ist, welch
letztere dann beispielsweise durch Zerlegung mit Schwefelwasserstoff wieder einer
weiteren Behandlung zugänglich sind. Man hat also, wie es für die Zeit der damaligen
Bearbeitung des Gegenstandes verständlich ist, die Maßnahmen der üblichen präparativen
Chemie zur Anwendung gebracht und auf die Herstellbarkeit einer reinen Verbindung
unter Eliminierung von Ballaststoffen hingearbeitet.
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Eine Weiterbildung des Verfahrens ist in dem Verfahren der Patentschrift
411956 zu erblicken, in welchem die Gewinnung löslicher saurer Calcium- oder Calcium-Magnesiumsalze
der Inositphosphorsäure beschrieben wird, indem beispielsweise das unlösliche rohe
Magnesiumsalz der Inositphosphorsäure nach seiner Isolierung aus Pflanzenteilen
in ioprozentiger Salzsäure unter Erzeugung stark saurer Reaktion gelöst und aus
der Lösung unter Zugabe von Alkohol durch lösliche Calciumsalze ein Calcium-Magnesiumsalz
gefällt wird. Dieses erweiterte Verfahren betrifft also die präparative Reinigung
der sogenannten rohen, direkt aus Pflanzenteilen gewinnbaren Magnesiumverbindungen
der Inositphosphorsäure.
Inzwischen hat sich die physiologisch-chemische
Erkenntnis entwickelt und zu dem Ergebnis geführt, daß zu dem Begriffe biochemisch
bemerkenswerter Inhaltsstoffe von pflanzlichen Organen neben den schon erwähnten
Phosphorreservestoffen auch die vorläufig als Biokatalysatoren aufzufassenden Begleitstoffe
gehören, die derzeit unter dem Sammelbegriff Vitamine zusammengefaßt werden. Die
Vitamine sind bekanntlich in chemischer Hinsicht sehr empfindliche Körper, die vor
allem auch keine alkalische Behandlung aushalten; ihre Existenz ist an ein verhältnismäßig
eng bemessenes Bereich gebunden, in dem die Aciditäts- und Alkalinitätsverhältnisse
einer starken Beschränkung unterliegen.
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Bei der bisher üblichen Herstellung der Inositphosphorsäure und ihrer
Verbindungen aus Pflanzenstoffen wurde nun auf die Erhaltung und gleichzeitige Gewinnbarkeit
der Begleitvitamine keine Rücksicht genommen; die Vitamine gehen bei den zur Anwendung
kommenden Prozessen (Verwendung von Alkali, Erdalkali, Aufreinigung über die Schwermetallsalze
und deren Zerlegung durch Schwefelwasserstoff) restlos zugrunde. Es besteht aber
ein wesentliches Interesse, den hauptsächlichen organischen Phosphorreservestoff
der Pflanzenteile zusammen mit den eng damit vergesellschafteten Vitaminen zu gewinnen
und der praktischen Verwendung zuzuführen.
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Es wurde nun ein technisch sehr einfach zu handhabendes Verfahren
gefunden, welches letzterer Forderung gerecht wird: die betreffenden Pflanzenteile
werden mit Wasser allein oder nötigenfalls mit durch anorganische oder organische
Säuren schwach angesäuertem Wasser ausgezogen, wodurch das in ihnen enthaltene leicht
lösliche saure Calciumsalz der Inosithexaphosphorsäure zusammen mit den Vitaminen
in Lösung geht. Der Auszug wird mit Calciumcarbonat versetzt, wodurch das saure
Calciumsalz in unlösliches neutrales Salz übergeht. An Stelle von Calciumcarbonat
können auch Magnesiumcarbonat, basisches Magnesiumcarbonat, Mischungen von Calcium-
und Magnesiumcarbonat oder von Calciumcarbonat und Calciumhydroxyd angewendet werden;
immer muß aber streng das Entstehen alkalischer Reaktion vermieden werden. In dem
Filtrat befinden sich die Vitamine, die durch Eindampfen der Lösung und nachfolgende
Reinigung auf den üblichen Wegen gewonnen werden. Zum Schluß werden die Produkte
der beiden Teilwege in gewünschtem Mengenverhältnis miteinander vereinigt.
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Beispiel Pflanzenmaterial, das erfahrungsgemäß reich an Inositphosphorsäure
ist, wird mit salzsäurehaltigem Wasser, zweckmäßig unter Zugabe von puffernden Salzen,
wie Natriumacetat, und unter Einhaltung von bestimmten Aciditätsbedingungen (Koagulationsoptimum
für Eiweißstoffe = Pit 4 bis 5) ausgezogen. Aus dem filtrierten Auszug, welcher
die Inositphosphorsäure wesentlich als saures, wasserlösliches Calciumsalz enthält,
kann die gewünschte Verbindung als normales Calciumsalz durch entsprechenden Zusatz
von Calciumcarbonat gewonnen werden; die Filtrate enthalten die als Vitamine der
Ausgangsstoffe zu bezeichnenden Begleitstoffe der Inositphosphorsäure, die in üblicher
Weise angereichert und mit den Salzen der Inositphosphorsäure oder der freien Säure
selbst wieder vereinigt werden können.
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Die Arbeitsweise wird noch besser erläutert durch folgende Angaben
a) Ohne Beifügung von anorganischen oder organischen Säuren.
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7o kg von inositphosphorsäurereichem Pflanzenmaterial, das an sich
schon Stoffe enthält, die bei Berührung mit Wasser eine schwach saure. Reaktion
ergeben, wie es fast stets der Fall ist, werden mit z2o 1 Wasser von etwa 35
'angerührt und bei dieser Temperatur mehrere Stunden unter Rühren ausgezogen.
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Der wässerige Auszug wird filtriert und mit dünner Kalkmilch bis zur
schwach sauren Reaktion (P1, etwa 5) sorgfältig abgesättigt. Es fällt ein Calcium-Magnesiufnsalz
der Inositphosphorsäure aus. Die davon abgetrennten Filtrate werden mit Alkohol
versetzt, wodurch anorganische und organische kristalloide Inhaltsstoffe und Proteine
abgetrennt werden; die davon befreite Flüssigkeit wird vom Alkohol durchDestillation
getrennt und im Hochvakuum sorgfältig und unter Lichtabschluß bis zur Sirupdicke
oder zum Trockenprodukt eingedampft = vitaminhaltige Fraktion.
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b) Mit Beifügung von anorganischer Säure (zur Erhöhung der natürlichen
Ausgangsacidität, was die Ausbeute an Salzen der Inositphosphorsäure steigert, die
durch Erhöhung der Acidität aus ihrem Verbande gelockert werden).
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7o kg von inositphosphorsäurereichem Pflanzenmaterial werden mit x2o
1 Wasser von etwa 35' und etwa 1,2 kg zooprozentiger Phosphorsäure (Reaktion
des Gemenges etwa Plt 4)
angerührt und mehrere Stunden unter Rühren und unter
Erhaltung der Wärme ausgezogen.
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Die Weiterbearbeitung des wässerigsauren Auszugs geschieht wie unter
a angegeben.
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An Stelle von Phosphorsäure kann eine andere anorganische Säure oder
eine organische Säure, z. B. Milchsäure, verwendet werden.
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Die Ausbeuten betragen bei der wässerigen Extraktion (a) etwa 2,5
kg Calcium-Magnesiumsalz der Inositphosphorsäure und etwa 9 bis zo kg Vitaminfraktion
von 6o% Trockensubstanz und bei wässerigsaurer Extraktion (e) etwa 5 kg Calcium-Magnesiumsalz
der Inosit-
Phosphorsäure und etwa 9 bis io kg Vitaminfraktion von
6o% Trockensubstanz.
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Die so herstellbaren, den natürlichen Verhältnissen weitgehend entsprechenden
Kombinationen von Phosphorreservestoff und Vitaminen der Pflanzen können therapeutisch
verwertet werden.