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Verfahren zur Herstellung von Desinfektionsmitteln Es wurde gefunden,
daß Rhodanverbindungen, wie z. B.- Rhodanalkalien, befähigt sind. beträchtliche
Steigerungen der desinfizierenden bzw. antiseptischen Wirkungen organischer Desinfektionsmittel
zu bewirken' Es gelingt z. B., die desinfizierenden bzw. antiseptischen Wirkungen
organischer Desinfektionsmittel der verschiedensten Art, z. B. von Alkoholen, wieÄthylalkohol,
Isopropylalkohol, ferner von z. B. aromatischen Verbindungen und deren Abkömmlingen,
wie z. B. Phenol, Chlormetakresolnatrium, Guajakol, Oxy-Chinolin, ferner z. B. von
Aldehyden, z. B. Formaldehyd, Furfurol, ferner von z. B. heterozyklischen Verbindungen,
wie i-Phenyl-2-3-Dimethyl-5-Pyrazolon, Chinin, ferner z. B. von Terpenabkömmlingen,
wie Terpineol, ätherischen Ölen, wie Nelkenöl u. dgl., durch Zusatz passender Mengen
von Rhodanverbindungen zu steigern.
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Die aktivierende Wirkung der Rhodanverbindungen ist zum Teil auf die
Fähigkeit derselben zurückzuführen, auf Eiweiß und dergleichen Substanzen quellend
bzw. lösend zu wirken. Infolge dieser Eigenschaften dürften die Rhodanverbindungen
die Hüllen der Bakterien in eine Form überführen, welche befähigt ist, den Zutritt
der eigentlichen Desinfektionsmittel zu dem Kern der Keime zu erleichtern. Auf die
lösenden und quellenden Eigenschaften der Rhodanverbindungen ist weiterhin auch
die Tatsache zurückzuführen, daß die aktivierende Wirkung derselben, insbesondere
auch bei Gegenwart von Eiweißstoffen, Schleim, Eiter u. dgl., besonders vorteilhaft
in Erscheinung tritt.
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Versuche der Erfinder haben ergeben, daß die für die Aktivierung in
Betracht kommenden Rhodanverbindungen, wie z. B. Rhodanammonium, Rhodankalium usw.
und andere Leichtmetallverbindungen des Rhodans, nicht nur befähigt sind, an sich
quellend und lösend auf Protein und'dergleichen Substanzen ztr# wirken, sondern
daß sie überraschenderweise auch die Fähigkeit besitzen, Quellungsbehinderungen,
wie solche vielfach durch Desinfektionsmittel ausgelöst werden, zu beheben,
ja sogar trotz Anwesenheit koagulierend wirkender Desinfektionsmittel noch
eine Quellungserhöhung im Vergleich zu der quellenden Wirkung von reinem Wasser
zu bewirken. Gewisse Umstände sprechen außerdem dafür, daß durch Aufeinanderwirken
der Rhodansalze mit dem Desinfektionsmittel gewisse Verbindungen gebildet werden,
welche dann ihrerseits wieder befähigt sind, eine aktivierende Wirkung auszuüben.
So besteht z. B. die Möglichkeit der Bildung von Verbindungen von der Art der von
T s c h e r n i a k (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft:25,
S. 26 und 27) beschriebenen Alkohol-Rhodan-Verbindungen. Die den Desinfektionsmitteln
zur Erzielung der Wirkungssteigerung zuzusetzenden Mengen von Rhodansalzen sind
abhängig von der Art und der Stärke des Desinfektionsmittels, von dem in Aussicht
genommenen Anwendungsgebiet u. dgl. Man wird z. B, einem an sich stark koagulierend
wirkenden Desinfektionsmittel
größere Mengen von z. B. Rhodanalkali
zusetzen als einem schwächer koagnlierenden Desinfektionsmittel. Ebenso wird man
Desinfektionsmitteln, welche in einem Eiweiß, Schleim, Eiter o. dgl. enthaltenden
Milieu wirken sollen, größere Mengen von Rhodansalzen zusetzen. Dabei ist aber zu
berücksichtigen, daß der Konzentration des Rhodanalkalis nach oben eine Grenze insofern
gesetzt ist, als diese Ne * utralsalze in hohen Konzentrationen »aussalzend«
auf manche Desinfektionsmittel wirken können. Die zur Erzielung optimaler desinfizierender
und antiseptischer Wirkungen erforderlichen Zusätze von Rhodanverbindungen werden
zweckmäßi- durch Vorversuche, welche z. B. ZD mit Hilfe von Milch durchgeführt werden
können, ermittelt. AusgezeichneteWirkungen werden im allgemeinen dann erzielt, wenn
die Gebrauchslösungen Konzentrationen von etwa '/", normal Rhodan aufweisen. Eine
derartige Rhodankonzentration ist im allgemeinen geeignet, die koagulierende Wirkung
selbst stark koagulierender Desinfektionsmittel auf Eiweiß und dergleichen Stoffe
nicht nur aufzuheben, sondern darüber hinausgehend trotz Anwesenheit der koagulierend
wirkenden Stoffe eine die quellende Wirkung von Wasser übertreffende Ouellungssteigerung
zu bewirken.
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Zwecks Gewinnung von Desinfektionsmitteln nach der Erfindung kann
man z, B. derart verfahren, daß man den als Ausgangsstoff dienenden desinfizierenden
Stoffen oder Verbindungen die zur Aktivierung derselben erforderlichen Mengen von
Rhodanverbindungen, z. B. Rhodanerdalkalien einschließlich Rhodanmagnesium, zusetzt.
Man kann die Komponenten z. B. gleichzeitig oder aufeinanderfolgend in ein Lösungsmittel
für dieselben, vorzugsweise Wasser, eintragen. Man kann z. B. auch derart verfahren,
daß man zunächst Mischungen, welche die Bestandteile in passenden Mengen enthalten,
herstellt und diese dann in gewünschte, zur Anwendung geeignete Formen, wie Lösungen,
Suspensionen, Salben-, Pasten-, Stäbchenform u. dgl., überführt. Man kann z. B.
auch derart vorgehen, daß man zunächst die eine Komponente z. B. mit einer Salbengrundlage
verreibt und dann die andere zugibt. In gegebenen Fällen kann man auch mehrere Desinfektionsmittel
miteinander kombinieren und die Mischung derselben mit Hilfe von Rhodanverbindungen
aktivieren oder mehrere Rhodanverbindungen -mit einem oder mehreren Desinfektionsmitteln
kombinieren. Dem nach der Erfindung herstellbaren Desinfektionsmittel können auch
noch andere wirksame oder unwirksame Stoffe einverleibt werden, z. B. solche, welche,
wie z. B. Saponine u. dgl., bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln gebräuchlich
sind. Abgesehen von den durch Anwesenheit von Rhodanverbindungen erzielbarenWirkungssteigerungen
mit Bezug auf desinfizierende und antiseptische Wirkungen bietet die Erfindung auch
noch Vorteile nach anderen Richtungen hin. Es hat sich z. B. gezeigt, daß die Desinfektionsmittel,
welche Reizwirkungen auf Schleimhäute ausüben, bei Kombination mit Rhodanverbindungen
diese Reizwirkungen mehr oder weniger verlieren. Schließlich können durch Kombination
teurer desinfizierender Körper mit billigen Rhodanverbindungen auch noch insofern
Vorteile erzielt werden, als bei Anwendung geringer Mengen der teuren desinfizierend
wirkenden Verbindungen gleiche und sogar erhöhte Wirkungen erzielt werden können.
B e i s p i e 1 e I - 4 g Chlormetakresol werden mit der zur
Bildung des Natriumsalzes nötigen Menge ioprozentiger Natronlaugelösung versetzt,
nach erfolgter Lösung 30 9 ioprozentige RhodankaliumlÖsung zugegeben und
mit Wasser auf ioo ccm aufgefüllt. Verwendung in Verdünnung 1 20.
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2. 7,5 9 1, 2-, 3-Phenyldimethyl-5-pyrazolon werden
mit io cem Wasser gelöst und alsdann mit -150 9 5oprozentiger Rhodankaliumlösung
vermischt.
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3. 2gDioxychinolinsulfatwerdeninwässeriger Lösung mit einer
zur Fällung der Schwefelsäure nicht ganz ausreichenden Menge voxi Bariutnrhoclanid
heiß gefällt, von* dem abgeschiedenen Bariumsulfat abfiltriert, mit 8o
g 5oprozentiger Rhodanalkalilösung versetzt und auf 1 1 aufgefüllt,
4. Die bei der technischen Oxydation von Methylalkohol entstehenden formaldehydhaltigen
Dämpfe werden in eine 5o Prozent Rhodankali enthaltende wässerige Lösung bis zur
gewünschten Formaldehydkonzentration eingeleitet.
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Die nach der Erfindung herstellbaren Mittel eignen sich unter anderem
zur Desinfektion von Exkreten und Sekreten, wie Sputum, Stühlen, Blutserum, Magensaft
u. dgl. Die Anwendung kann z. B. derart erfolgen, daß Sputum mit etwa dem gleichen
Volumen des zu desinfizierenden Auswurfs an Forrnaldehydrhodankaliumlösung nach
Beispiel 4 verrührt wird.
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Es ist bereits bekannt, Formaldehyd zwecks'Verminderung der Reizwirkungen
mit Gelatine zu versetzen und hierbei die Bildung unlöslicher Verbindungen zwischen
- Formaldehyd und Gelatine durch Zumischung passender Mengen von Rhodanalkalien
oder Rhodanerdalkalien zu verhindern. Während
bei diesem Spezialfalle
die Zugabe von Rhodanid an die Mitwirkung von Gelatine gebunden ist, beruht vorliegende
Erfindung auf der neuen Erkenntnis, daß Rhodansalze die Eigenschaft haben, die desinfizierende
Kraft der verschiedensten organischen Desinfektionsmittel beträchtlich zu steigern,
was bei Anwendung derselben im schleimigen oder eitrigen Milieu besonders wertvoll
ist.
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Es ist weiterhin bekannt, Kresolseifenlösungen mit Neutralsalzen verschiedener
Art, darunter auch Rhodansalze, zu versetzen. Die Nkutralsalze sollen dabei einerseits
durch ihre entquellenden bzw. fällenden Eigenschaften günstig wirken, während sie
anderseits zu Teilchenvergrößerung Veranlassung geben und hierdurch eine Verminderung
der Desinfektionswirkung bewirken können.
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Während bei dem bekannten Verfahren des Zusatzes von Rhodansalz zu
Kresolseifen die Wirkung der Rhodanide hinter denen anderer Neutralsalze zurücksteht,
beruht vorliegende Erfindung gerade auf der Erkenntnis, daß Rhodansalze im Vergleich
zu allen übrigen Neutralsalzen eine Sonderstellung einnehmen insofern, als durch
Zugabe passender Mengen von Rhodaniden zu organischen Desinfektionsmitteln der verschiedensten
Art die desinfizierende Wirkung derselben erheblich gesteigert werden kann. Die
Wirkung der Rhodansalze beruht hierbei in der Hauptsache auf ihren quellenden und
lösenden Eigenschaften, wodurch die erfindungsgernäß hergestellten Präparate besonders
geeignet sind für die Verwendung in Gegenwart von Schleim, Eiter und dergleichen
den Angriff der Desinfektionsmittel auf die Bakterien erschwerenden Stofien.
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Die Herstellung von Formaldehydgelatine und von Kresolseifenlösungen
in Gegenwart von Rhodansalzen wird von vorliegender Erfindung ausgenommen. Es sei
noch bemerkt, daß die erfindungsgemäß erzielbaren Effekte insofern überraschend
sind, als es bekannt ist, daß durch Zusatz von Nentralsalzen und anderen Salzen,
z. B. von Kochsalz, Chlorkaliüm, Bromkalium, Cyankalium, zu gewissen Desinfektionsmitteln
-, wie z. B. Sublimat, die Desinfektionskraft derselben herabgesetzt wird.