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Verfahren zur Herstellung von Desinfektionsmitteln Durch das Hauptpatent
476 992 ist ein Verfahren zur Herstellung von Desinfektionsmitteln geschützt, welches
dadurch gekennzeichnet ist, daß an sich desinfizierende organische Stoffe oder Körper
mit solchen Mengen von Rhodanverbindungen versetzt werden, daß eine Steigerung der
desinfizierenden Wirkung erfolgt, wobei gegebenenfalls noch andere für die Herstellung
von Desinfektionsmitteln übliche Zusatzstoffe zugefügt werden können.
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Weitere Untersuchungen haben ergeben, daß Rhodanverbindungen, insbesondere
Rhodanalkalien, befähigt sind, auch beträchtliche Wirkungssteigerungen der desinfizierenden
bzw. antiseptischen Wirkungen anorganischer Desinfektionsmittel zu bewirken. Man
kann z. B. die Wirkung stark . desinfizierender Schwermetallverbindungen, z. B.
solcher des Quecksilbers und Silbers, beträchtlich steigern, wenn man für Anwesenheit
passender Mengen von Rhodanverbindungen Sorge trägt.
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Die in Betracht kommenden Rhodanverbindungen, z. B. Rhodanalkalien,
besitzen an sich nur geringe Fähigkeiten, Bakterien im Wachstum zu hemmen (vgl.
z. B. Pharmazeutische Zentralhalle 47, 893, igo6). Die aktivierende Wirkung derselben
dürfte wesentlich auf ihrer Fähigkeit beruhen, auf Eiweiß u. dgl. Substanzen quellend
bzw. lösend zu wirken. Infolge dieser Eigenschaften dürften die Rhodanverbindungen
die Hüllen der Bakterien in eine Form überführen, welche befähigt ist, den Zutritt
der eigentlichen Desinfektionsmittel, wie z. B. Sublimat u. d.1., zu dem Kern der
Keime zu erleichtern. Auf die lösenden und quellenden Eigenschaften der Rhodanv
erbindungen dürfte weiterhin die Tatsache zurückzuführen sein, daß die aktivierende
Wirkung derselben, insbesondere auch bei Gegenwart von Eiweißstoffen, Schleim, Eiter
u. dgl., besonders vorteilhaft in Erscheinung tritt. Wie Versuche der Erfinderergeben
haben, besitzen Rhodanalkalien und andere Leichtmetallverbindungen des Rhodans aber
nicht nur die Fähigkeit, quellend und lösend auf Protein u. dgl. Substanzen zu wirken,
sondern sie besitzen weiterhin die Fähigkeit, Quellungsbehinderungen, wie solche
vielfach durch Schwermetallsalze u. dgl. Desinfektionsmittel ausgelöst werden, zu
beheben, ja sogar trotz Anwesenheit koagulierend wirkender Schwermetallsalze u.
dgl. noch eine Quellungserhöhung im Vergleich zu der quellenden Wirkung von reinem
Wasser zu bewirken. Gewisse Umstände sprechen dafür, daß durch Aufeinanderwirken
der
Rhodansalze mit den Desinfektionsmitteln gewisse Verbindungen gebildet werden, welche
dann ihrerseits wieder befähigt sind, eine aktivierende Wirkung auf die eigentlichen
Desinfektionsmittel, z. B. Schwermetallsalze, auszuüben. So setzt sich z. B. Sublimat
mit Rhodankalium in Gegenwart von Wasser zu dem leicht löslichen Komplexsalz K2
Hg (C N S),
um. Trägt man zwecks Erhöhung der desinfizierenden Wirkung
des Quecksilbersalzes dafür Sorge, daß mehr Rhodankalium anwesend ist, als zur Bildung
derartiger Komplexverbindungen erforderlich ist, so besteht die Neigung zur Bildung
von Doppelsalzen.
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Die den anorganischen Desinfektionsmitteln zur Erzielung der Wirkungssteigerungen
zuzusetzenden Mengen von Rhodansalzen sind abhängig von der Wahl des Desinfektionsmittels,
von dem in Aussicht genommenen Anwendungsgebiet u. dgl. Man wird z. B. einem an
sich stark koagulierend wirkenden Desinfektionsmittel größere Mengen von z. B. Rhodanalkali
zusetzen als einem schwächer koagulierenden Desinfektionsmittel. Ebenso wird man
Desinfektionsmitteln, welche in einem Eiweiß, Schleim, Eiter o. dg1. enthaltenden
Milieu wirken sollen, größere Mengen von Rhodansalzen zusetzen. Im allgemeinen hat
sich gezeigt, daß der Zusatz der Rhodanverbindungen so zu wählen ist, daß die gebrauchsfertigen
Verdünnungen der Mittel mindestens i % an Rhodansalz enthalten. In gegebenen Fällen
kann man aber auch mit geringeren Mengen von Rhodansalzen, z. B. mit Gebrauchslösungen,
welche nur o,5 bis i% Rhodanallzali enthalten, Wirkungssteigerungen erzielen. Die
zur Erzielung optimaler Wirkungen erforderlichen Zusätze können zweckmäßig durch
Vorversuche, welche z. B. in Anwendung auf Milch durchgeführt werden können, ermittelt
werden. Ausgezeichnete Wirkungen werden im allgemeinen dann erzielt, wenn die Gebrauchslösungen
Konzentrationen von etwa i/io normal Rhodan aufweisen. Eine derartige Rhodankonzentration
ist im allgemeinen geeignet, die koagulierende Wirkung selbst stark koagulierender
Desinfektionsmittel auf Eiweiß u. dgl. Stoffe nicht nur aufzuheben, sondern darüber
hinausgehend, trotz Anwesenheit der koagulierend wirkenden Stoffe, eine die quellende
Wirkung von Wasser übertreffende Quellungssteigerung zu bewirken.
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Zwecks Gewinnung von Desinfektionsmitteln nach der Erfindung kann
man z. B. derart verfahren, daß man den als Ausgangsstoff dienenden desinfizierenden
Stoffen oder Verbindungen die zur Aktivierung derselben erforderlichen Mengen von
Rhodanverbindungen, z. B. Rhodanalkalien einschließlich Rhodanammonium oder Rhodanerdalkalien
einschließlich Rhodanmagnesium, zusetzt. Man kahn nie Komponenten z. B. gleichzeitig
oder aufeinanderfolgend in ein Lösungsmittel für dieselben, vorzugsweise Wasser,
eintragen. Man kann z. B. auch derart verfahren, daß man zunächst Mischungen,
-welche die Bestandteile in passenden Mengen enthalten, herstellt und diese
dann in gewünschte, zur Anwendung geeignete Formen, wie Lösungen, Suspensionen,
Salben-, Pasten-, Stäbchenform u. dgl., überführt. Man kann z. B. auch derart vorgehen,
daß man zunächst die eine Komponente z. B, mit einer Salbengrundlage verreibt und
dann die andere zugibt. In gegebenen Fällen kann man auch mehrere Desinfektionsmittel
miteinander kombinieren und die Mischung derselben mit Hilfe von Rhodanverbindungen
aktivieren oder mehrere Rhodanverbindungen mit einem oder mehreren Desinfektionsmitteln
kombinieren. Den nach der Erfindung herstellbaren Desinfektionsmitteln können auch
noch andere wirksame oder unwirksame Stoffe einverleibt werden, z. B. solche, die,
wie z. B. Saponine u. dgl., bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln gebräuchlich
sind.
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Zur Herstellung eines quecksilberhaltigen Desinfektionsmittels kann
man z. B. derart verfahren, daß man Quecksilberchlorid mit größeren Mengen von Rhodankalium
in Lösung bringt, als zur Bildung des komplexen Salzes K2Hg(CNS)4 erforderlich ist.
Der Überschuß an Rhodankali kann z. B. so gewählt werden,, daß die Gebrauchslösung
eine Konzentration von 1/1o normal Rhodankali enthält.
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Bei der Herstellung der neuen Desinfektionsmittel ist zu beobachten,
daß nicht alle Metallsalze befähigt sind, mit den aktivierenden Verbindungen, wie
Rhodankalium, Rhodanbarium u. dgI., unter Vermeidung von Fällungen kombiniert zu
werden. Es hat sich z. B. gezeigt, daß gewisse komplexe Silbersalze, wie die unter
dem Wortzeichen Protargol und Alba agin im Handel befindlichen Silberverbindungen,
durch Rhodansalze unter Bildung von Niederschlägen aufgespalten werden. Dagegen
eignet sich, wie gefunden wurde, Silberkaliumcyanid ausgezeichnet zur Herstellung
von durch Rhodansalze aktivierten silberhaltigen Desinfektionsmitteln.
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Abgesehen von.der durch Anwesenheit von Rhodanverbindungen erzielbaren
Wirkungssteigerungen mit Bezug auf desinfizierende und antiseptische Wirkungen bietet
die Erfindung auch noch Vorteile nach anderen Richtungen hin. Es hat sich z. B.
gezeigt, daß die Desinfektionsmittel, welche Reizwirkungen auf Schleimhäute ausüben,
bei Kombination mit Rhodanverbindungen diese Reizwirkungen mehr oder weniger verlieren.
Schließlich
können durch Kombination teurer desinfizierender Körper mit billigen Rhodanverbindungen
auch noch insofern Vorteile erzielt werden, als bei Anwendung geringerer Mengen
der teuren desinfizierend wirkenden Verbindungen deiche und sogar erhöhte Wirkungen
erzielt «erden können.
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Beispiele i. iog fein gepulvertes Silberkaliumcyanid werden in 501
2o/oiger wässeriger Rhodankalilösung bei Zimmertemperatur unter Rühren eingetragen.
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2. 1 Teil Quecksilberrhodanid und 124 Teile Rhodankalium werden mit
125 Teilen Wasser verrührt und nach eingetretener Bildung des Komplexsalzes mit
Wasser auf 1/41 aufgefüllt. Zum Gebrauch wird die Lösung im Verhältnis 1: 20 verdünnt.