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Verfahren zur Herstellung hochempfindlicher Silbersalzeniulsionen.
Nach E d ü r s Ausführlichem Handbuch der Photographie, TeilIII, 5.Aufl.,
Halle 1903, unterscheidet man zwei verschiedene Verfahren zur Herstellung photographisch#er
Silbersalzemulsionen. Das sogenannte alkalische Verfahren wird durch einen Zusatz
von Al-1,-ali in irgendeiner Herstellungsphase gekennzeichnet und kann beispielsweise
in derWeise ausgeführt werden, daß man der Silbernitratlösung Ammoniak in einer
Menge zufügt, daß das zunächst entstehende Silberhydroxyd wieder aufgeläst wird.
Man *kann aber auch die Emulsion nach erfolgter Bildung des Halogensilbers mehr
oder weniger- stark alkalisch machen. Von diesem Verfahren unterscheidet sich deutlich
das sogenannte Sied-everfahren, bei dem ohne oder auch mit Säurezusatz (z. B. Zitronensäure)
gearbeitet wird. Hier geht die Emulsionierung und die Reifung bei neutraler oder
schwach saurer Reaktion vor sich.
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Es ist in der Emulsionsherstellung bekannt, bei Verwendung von Gelatinen,
welche an sich keine befriedigende Empfindlichkeit geben, Stoffe zuzusetzen, die
die Empfindlichkeit der Emulsion steigern. Zu diesem Zwecke sind Körper vorgeschlagen
worden, die die Gruppe C = 8, enthalten. Dier Schwefel kann durch Se oder
Te, der Kohlenstoff durch ein anderes Metalloid ersetzt werden. Typische Vertreter
dieser Körperklasse sind Thioharnstoff, Senföle und andere. Ihre Wirksamkeit wird
erklärt durch Bildung von löslichen Komplexsalz,en und schlteßliche Entstehung von
Silbersulfid.
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Es zeigt sich, daß diese Körper mit der charakteristischen Gruppe
C#S im Siedeverfahren nicht brauchbar sind, beispielsweise setzt Thioharnstoff die
Empfindlichkeit von Emulsionen schwach sauren Charakters nicht unwesentlich herab.
Dieses verschiedene Verhalten von Thioharnstoff in alkalischen und in Siedeemulsionen
läßt sich dadurch erklären, daß der Thioharnstoff üi Lösung von einem gewissen pH-Wert
an eine sehr geringe H2S-Tension zeigt, die mit zunehmender Alkalität größer wird,
so daß nur bei deutlich alkalischer Reaktion eine Bildung von Silbersulfid möglich
wird. Eine Parallele hierzu findet sich in der bekannten Bestimmungsmethode für
Senföle, bei der sich mit Silbernitrat in ammoniakalischer Lösung Silbersulfid und
ein Cyanamid-Derivat bilden (vgl. Meyer-j acob son, Lehrbuch der organ. Chemie,
Teil 1, Band 2, Ig02).
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Es wurde nun gefunden, daß inan zur Steigerung der Empfindlichkeit
solcher Emulsionen, die in keinem Stadium ihrer 'Herstellung alkalisiert werden,
mit Vorteil organische Körper verwenden kann, die ein oder mehrere Schwefelatome
in einfacher Bindung in be-
nachbarter oder nichthenachbarter Stellung
enthalten.
Besonders geeignet sind Körper mit organischen Radikalen säuren Charakters. In Reaktion
mit Silherhalogeniden bilden die genannten Körper schwerlösliche Salze, deren Zersetzungsprodukte
empfindlichlzeitssteigernd wirk-en. Sowohl ketten- wie ringförmige Körper mit einfach
gebundenem Schwefel sind verwendbar, sofern sie unter der Einwirkung von Silbersalzen
langsam Silbersulfid abspalten.
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Die beschriebenen Körper unterscheiden sich von den bisher für die
Zwecke der Ernpfindlichkeitssteigerung vorgeschlagenen Stoffen sowohl konstitutionell
- insofern sie nicht die Gruppe C # S enthalten - wie
auch in ihrem Reaktionsmechamsmus - insofern als ihre Wirksamkeit nicht von
der Alkalität des Mediums abhängig ist.
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Schwefelkörper, welche keine zersetzlichen Silbersalze bilden, sind
nicht wirksam, wie z. B. manche Mercaptoverbindungen. Ein allmählicher Zerfall der
Silberverbindungen ist für den vorliegenden Zweck besonders günstig, da nur durch.
ein-en langsamen Reaktionsverlauf eine Verschleierung der Emulsion, wie sie z. B.
mit Thioharnsto-ff in alkalischer Lösung (vgl. Phot. journ. 65.8, 38o, 1925)
oder mit Natriumsulfid in saurer und alkalischer Lösung eintritt, vermieden wird.
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Im folgenden seien eine Reihe von empfindlichkeitssteigernden Körpern
im Sinne des vorliegenden Verfahrens angeführt: i. organische Disulfide sauren Charakters,
z. B. Disulfidessi,-säure, Ditlikdilactylsäure; 2. organische Sulfhydrylverbindungen
oder ihre Salze, z. B. Thioäpfelsäure, dithiocyansaures Kalium, Phenyl-ß-ß-dimercapto-"inylketon;
3. organische Körper mit Schwefel im Ring. welcher unter der Einwirkung von
Sil-
bersalzen als Silbersulfid herausgespalten wird, z. B. Disulfid der ß-M--rcaptothiozimtsäure,
Phenylthiobiazoasulfhydrat. Das Verfahren ist jedoch nicht auf die Verwendung dieser
nur beispielsweise ang-eführten Körper beschränkt.
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Beispiel. Man löst 7--Og Bromkalium. und 409 Jodkalium in 41
Wasser bei gewöhnlicher Temperatur und fügt hierzu eine Lösung von 300 9
Gelatine
in il Wasser. Bei einer Temperatur von 6o bis 70' C läßt man eine Lösung
von iooo g Silhernitrat in io 1 Wasser zufließen. NunmehrwirdeineiLdsungvon23oog
Gelatine in 91 Wasser mit 15m9 dithiocyansaurem Kalium zugefügt. Der Reifungsprozeß
wird bei gleicher Temperatur in ungefähr 11/2 Stunde zu Ende geführt, worauf die
Emulsion zum Ersta-rren gebracht, geschnitten und gewässert wird. Sie ist dann unmittelbar
gießfertig. Auf diese Weise ist ohne beeinträchtigende Änderung der Korngröße eine
3o- bis Sofache Steigerung der Empfindlichkeit zu erreichen gegenüber einer Emulsion,
welche nach demselben Verfahren ohne Zusatz von dithio-cyansaurem Kalium hergestellt
worden ist.
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Da, wie oben hervorgehoben wurde, die Wirksamkeit der genannten Körper
nicht von 'der Alkalität des Mediums abhängig ist, lass-en sich diese Körper auch
in Emulsionen von alkalischem Typ zur Empfincilichkeits-Steigerung verwenden.