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Verfahren zur Herstellung von weißem Zucker aus Rohzucker. Die vorliegende
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Reinigen kristallinischer Stoffe, besonders
zur Herstellung von reinem Zucker unmittelbar aus Rohzucker.
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Das Verfahren kennzeichnet sich im wesentlichen dadurch, daß die durch
plötzlichen Temperaturwechsel zersprengten bzw. mit feinen Sprengrissen durchsetzten
Rohzuckerkristalle bei mäßiger Temperatur mit reinen Zuckerlösungen, gegebenenfalls
unter Zusatz der in der Zuckerindixstrie üblichen Reinigungsmittel, gemaischt werden.
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Durch Beispiele aus der Zuckerindustrie soll das Verfahren näher erläutert
werden. Der bei der Rüben- und Zuckerrohrverarbeitung gewonnene Rohzucker stellt
bekanntlich ein sehr unreines Produkt von Zuckerkristallen mit eingeschlossener
und anhaftender Mutterlauge nebst Farb- und Geruchstoffen dar und ist für den Konsum
nicht zu gebrauchen, da die verunreinigenden Stoffe dem Zucker einen unangenehmen
Beigeschmack erteilen. Eine große Reihe Verfahren zielen darauf hin, den Rohzucker
von seinen Verunreinigungen zu befreien und ihn in weißen Verbrauchszucker überzuführen.
Nach all diesen `'erfahren, ob sie nun nach dein Deckverfahren finit oder ohne Deckkläre
oder nach dem Auswaschverfahren mit reiner Zuckerlösung nach dem Gegenstromprinzip
arbeiten, gelingt es aber nur, den Rohzucker von dein äußerlich anhaftenden dunkelgefärbten
Sirup zu befreien, während die bei der Kristallisation miteingeschlossenen Fremdkörper,
vor allem Farb- und Geruchstoffe, nicht beseitigt werden können. So liefern diese
Verfahren zwar eine für den Konsum hinreichend weiße Ware, jedoch immer nur die
billigen geringen Melissorten, während für feinere Ware, wie Hut- und Würfelzucker
(Raffinadezucker), der so gewonnene Zucker stets nochmals gereinigt werden muß.
Dies geschieht meistens in der Weise, daß man den Zucker nochmals in Lösung bringt
und di:e Lösung je nach Bedarf durch Zusatz von Kalkmilch, Chlorbarium, schwefliger
Säure oder anderen Stoffen reinigt oder endlich durch Knochenkohle filtriert. Die
letzteren Methoden der Raffination erfordern natürlich von neuem die Abscheidung
des Lösungsmittels und eine neue Kristallisation. Diese Verfahren bedingen daher
größere Unkosten, Zeit- und Zuckerverluste.
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Im Gegensatz hierzu bringt vorliegende Erfindung ein Raffinationsverfahren,
dessen großer technischer Fortschritt darin liegt, daß es gelingt, den Rohzucker
ohne Auflösung und Filtration in reinsten Zucker überzuführen.
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Überlegungen und Erfahrungen haben bewiesen, daß Kristalle, insbesondere
Rohzucker, weitgehendst von anhaftenden und eingeschlossenen Mutterlangen, Farb-
und Fremdstoffen gereinigt werden können, wenn man den Kristallen bei möglichster
Wahrung der Kristallstruktur feinste Haarrisse, Spalten und feinste Kanäle erteilt.
Es ist dann der Weg für die vorteilhafteste Raffination
gegeben,
indem man die aufgeschlossege Kristallmasse mit reinster Zuckerlösung in Berührung
bringt, wodurch infolge von Osmose, Dialyse, Diffusion ein Anistausch der Fremdstoffe
von Lösung und Kristall erreicht wird, so daß bei gleichzeitiger Anwendung von Reinigungs-
und Bleichmitteln ein reines Produkt erhalten werden muß.
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Eine praktische Ausführungsart des Verfahrens ist die folgende: ,
Die zweckmäßig aus gut filtrierten Säften gewonnenen und, wie üblich, gut abgedeckten
und abgekühlten Rohzuckerkristalle werden zerbrochen und in kleine Kristallbruchflächen
und Stücken zersplittert. Hierzu können alle bekannten Hilfsmittel zur Anwendung
kommen, besonders solche, welche die geringste Menge Pulver erzeugen. Diese Zersplitterung
wird mit bestem Erfolg ausgeführt, wenn man die kalten Kristalle durch Einwirkung
von heißem Wasserdampf einem plötzlichen Temperaturwechsel unterwirft. Durch die
verschieden schnelle und ungleiche Ausdehnung von Mutterlauge und Kristallsubstanz
werden die Zuckerkristalle zum Aufplatzen und Bersten gebracht, so daß sich in -den
Kristallen feinste Hohlräume, Risse und Kanäle bilden, wodurch sie für -die Weiterbehandlung
,aufgeschlossen werden. Die TerrperaturdifFerenz zwischen Rohzucker und Dampf bestimmt.
den Grad des Rissigwerdens. Die Ermittlung der günstigsten Temperaturdifferenz ist
für ein gutes Gelingen des Raffinationsprozesses wichtig, da eine zu große Differenz
die Kristalle zu sehr zertrümrnern würde und durch eine zu kleine Temperaturdifferenz
die Aufschließung der Kristalle nicht erreicht wird. Die so aufgeschlossenen Kristalle
werden nun zwecks Reinigung und Entfärbung mit ultravioletten Strahlen oder mit
Gasen (Ozon) behandelt; oder man benutzt besser .die in den Zuckerfabriken bereits
angewandten billigen Stoffe, wie Blankit, Natriumhydrostilfit usw. Diese letzteren
Reinigungs- und Bleichmittel werden gleichzeitig neben etwas Zucker durch das bei
der Behandlung mit Dampf sich bildende Kondensat in Lösung gebracht. Durch die erzeugten
Haarrisse und feinsten Kanäle findet nun die verlangte Raffination durch Osrnose,
Dialyse, Diffusion usw. statt, d. h. die Fremdstoffe werden herausgelöst oder mindestens
entfärbt. Ein langsames Maischen bei etwa 6o bis 70° C fördert weiter das Ausziehen
der mit den Verunreinigungen gemischten Mutterlauge. Da die im Kondensat gebildete
Zuckerlösung - an sich eine geringe Menge - dennoch eine verhältnismäßig große ist
in bezug auf die geringen Mengen Mutterlauge in den Kristallen, so verbleibt bei
dem Ausgleich nur noch eine sehr reine Zuckerlösung auf den Kristallen haften, dne
völlig den reinsten Raffinadeklären entspricht.
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Die nachfolgende in Trennschleudern oder Nutschen vorgenommene Trennung
des Sirups, welcher die zugesetzten Stoffe bis auf ganz wenige nicht absorbierte
Reste enthält, geschieht wie in der Industrie üblich.
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Der abgetrennte Sirup, bezüglich seiner Menge sehr gering, kann zu
weiteren Behandlungen verwendet werden.
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Falls man eine außergewöhnlich feine, d. h. reinste Raffinade herstellen
will, so unterwirft man, die Kristallmasse in geeigneten Kriställisato.ren, auch
in stetigem Betriebe, einer systematisch wiederholten Behandlung mit fortschreitend
reineren -Sirupen, wobei nicht nur die Reingungs- bzw. Entfärbungsstoffe gewechselt
werden können, sondern auch die Temperaturen und Übersättigungen zweckentsprechend
bemessen werden. Die in dieser stufenweisen Behandlung abgeschiedenen Sirupe werden
systematisch bei den folgenden Bearbeitungen wieder verwendet. Das Zusammenschließen
der gereinigten Kristallteilchen in ihren Flächen geschieht fortlaufend bei der
Behandlung, in Kristallisatoren mit einer reiner@Zuclerlösung,- die wiederholt-gebraucht
wird, mit bestem-Erfolge dann, wenn diese- Kristallisator.en in Batterien zum stetigen
Betriebe angeordnet sind. Das Ergebnis ist, daß an Stelle der früher eingeschlossenen
unreinen Mutterlaugenreste nunmehr reine Zuckerlösung bleibt bzw. ausgewechselt
ist. Ebenso sind die an und zwischen den Kristalltrümmern auskristallisierten Teile
reiner Zucker, also wirklich Raffinade. Die wesentlichen Fortschritte des vorliegenden
Verfahrens sind zusammengefaßt folgende: -Durch das Zertrümmern der Kristallstruktur
durch plötzlichen Temperaturwechsel wird eine weitgehende Raffination kristallisierender
Substanzen, besonders des Rohzuckers, ohne wiederholtes Umkr istallisieren erreicht.
Dadurch wird im Gegensatz. zu bekannten Verfahren die Möglichkeit einer inneren
Reinigung gegeben, und zwar mit der geringsten Menge Zuckerlösung in Verbindung
mit Entfärbungs- und Bleichmitteln. Es fallen somit die großen Betriebsunkosten
für die Umkristallisation und die damit verbundenen Stoffverluste weg. Die bekannten
Verfahren der Raffination durch Behandlung mit überhitztem Wasserdampf sind nur
als einfache Deckverfahren anzusehen, da sie nicht in Verbindung mit bleichenden
und reinigenden Stoffen angewandt werden können und der aufgespritzte Wasserdampf
in der Zentrifuge nur kürzeste Zeit in Berühreng mit den Kristallen bleibt. Die
nach dein vorliegenden Verfahren aufgeschlossenen
Kristalle «-erden
hingegen beliebig lange mit dem dabei gebildeten Kondensat zusammen mit Reinigungsmitteln
gemaischt.