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Verfahren zum Reinigen von Zuckersäften Zum Reinigen von Zuckersäften
sind die verschiedensten Verfahren bekanntgeworden. im Zusammen'hang mit der vorliegenden
Erfindung interessieren nur diejenigen Verfahren, die eine Unterteilung der Scheidung
vorsehen.
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Eines der ältesten dieser Verfahren wurde vor mehr als 30 Jahren
von Kowalski-Kozakowski vorgeschlagen. Kowalski schlug vor, zuerst die in der Kälte
ausfällbaren Nichtzuckerstoffe zu fällen und dann in einer zweiten Verfahrensstufe
die nur in der Wärme ausfällbaren Nichtzuckerstoffe. Dabei sollte die Kalkzugabe
so geregelt werden, daß bei der Vorscheidung nur so viel Kalk zugefügt wurde, daß
im Saft keine Alkalität hinterlassen wird; beispielsweise sollte die Vonscheidung
mit O,I °/o Kalk durchgeführt werden.
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Es ist ferner bereits vorgeschlagen, allerdings nicht vorveröffentlicht
worden, Zuckerfabrik- und Zuckerraffineriesäfte dadurch zu reinigen, !daß man die
darin enthaltenen kolloidalen Stoffe zur Ausflockung bringt, und zwar mittel,s gasförmigen
Schwefligsäureanhydrids. Diese Ausflockung wurde bisher im sauren Gebiet oder gerade
an der Grenze des sauren Gebietes vorgenommen. Mit diesem, große Mengen 5 chwefiigsäureanhydrid
erfordernden Verfahren ließ sich eine nur ungenügende Reinigung der Säfte erzielen,
und außerdem bestand die Möglichkeit einer weitgehenden Inversion der Saccharose.
Gemäß diesem Verfahren ergab sich eine Veränderung der Ionenkonzentration der Kolloide,
und die Salze wurden in Sulfite mit allen daraus erwachsenden Nachteilen überführt.
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Schließlich sind auch noch verschiedene Daten bezüglich der Wasserstoffionenkonzentration
der Zuckerfabriksäfte der verschiedenen Stationen bekanntgegeben worden, die jedoch
ziemlich unzusammenhängend waren und an die keinerlei praktische Auswertungen geknüpft
wurden.
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Dem Kolloidchemiker ist es ferner allgemein bekannt, daß in den sog.
isoelektrischen Punkten ein Ausfiocken von Kolloiden häufig erfolgt. Im Gegensatz
zu dem oben an zweiter Stelle genannten, nicht vorveröffentlichten Verfahren wird
gemäß der Erfindung die Ausflockung der in dem Saft enthaltenen Kolloide in dem
im basischen Gebiet liegen den optimalen isoelektrischen Punkt vorgenommen, wobei
dieser Punkt bei einem durch die Natur des zu behandelnden Saftes bestimmten p-Wert
liegt. Die Kolloide werden
dann durch Zusatz von Säure stabilisiert,
und zwar vorzugsweise durch Zusatz von SOal ohne daß durch diese Zugabe der eingestellte
pH-Wert praktisch verändert wird.
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Demgemäß bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zur Reinigung
von Zuckerfabriks- und Raffineriesäften durch Ausflocken, bei dem die Abscheidung
der Nicht zuckerstoffe durch Einstellung des optimalen isoelektrischen Punktes der
in dem Saft enthaltenden Kolloide im alkalischen Gebiet mittels Kalks eingeleitet
und der Flockung. niederschlag durch Zugabe von Schwefeldioxid für einen längeren
Zeitraum unumkehrbar gemacht wird. Die Erfindung bezieht sich dagegen nicht auf
eine Stabilisierung durch Einschalten einer Pause bei der Kalkzugabe.
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Das Verfahren nach der Erfindung bietet mannigfache Vorteile gegenüber
den zahlreichen bekannten Verfahren. Das Verfahren gestattet, unter Erzielung einer
besseren Reinigung, den Kalkverbrauch herabzusetzen, die Zuckerverluste zu vermindern
und allgemein die Fabrikationskosten zu senken.
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Um das Ausfiocken der Kolloide hervorzurufen, müßte theoretisch jedes
der in dem Rohsaft enthaltenen Kolloide auf seinen isoelektrischen Punkt gebracht
werden. XVenn man nun die große Anzahl von Kolloiden, die in dem Saft enthalten
sind, und folglich die große Anzahl von verschiedenen zur Ausflockung notwendigen
Behandlungen in Betracht zieht, stößt man auf eine für die Praxis unlösbare Schwierigkeit.
Aus diesem Grunde hat man gemäß der Erfindung den isoelektrischen Punkt zu wählen,
bei dem der größte Teil dieser Kolloide flockt und den der Erfinder den optimalen
isoelektrischen Punkt genannt hat. Bei den bisher vorgeschlagenen Behandlungsarten
des Rohsaftes mittels S0-(die übrigens keine industrielle Auswertung gefunden haben)
wurde dem Vorhandensein eines optimalen isoelektrischen Punktes keine Rechnung getragen.
Außerdem wurde nicht beachtet, daß für ein und dasselbe Kolloid ein oder mehrere
jeweils durch einen bestimmten Wert des \\tasserstoff- oder pH-Index definierte
isoelektrische Punkte bestehen können, von denen zum mindesten einer im sauren Gebiet
und einer im alkalischen Gebiet liegt.
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Nach der vorliegenden Erfindung läßt man vorzugsweise SO2 in flüssigem
Zustand einwirken, nachdem man auf denjenigen Alkalitätsgrad oder denjenigen pa-TVert
eingestellt hat, welcher durch Vorversuche als der optimale ÄVert für das betreffende
Dispersionsmittel festgestellt worden war. Diese Werte können je nach der Natur
der Rüben und ihrem Jahrgang schwanken. Die so gebildeten Flocken werden durch diese
Einwirkung von SO, gegebenenfalls stabilisiert, sie dürfen während der nachfolgenden
Behandlungen nicht mehr in kolloidale Lösung gehen.
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Das Verfahren nach der Erfindung kann beispielsweise folgendermaßen
ausgeführt werden: die Säfte werden zunächst mittels Ca O oder eines äquivalenten
alkalischen Mittels alkalisch gemacht, beispielsweise durch Zufügen von o,I8 bis
o,25 g CaO auf loo cm3 Saft, dann bei einer Temperatur von 80 bis go0 C mit Schwefligsäureanhydrid
(vorzugsweise in flüssigem Zustand) im beispielsweisen Verhältnis von 0,I bis 0,2
g S °2 auf I Liter Saft oder durch ein Mittel, das dieselben Eigenschaften wie 5
Q2 als Elektrolyt hat, behandelt, um den optimalen isoelektrischen Punkt der Kolloide
genau zu erreichen und eine vollständige und stabile Ausflockung innerhalb des zu
reinigenden Saftes zu erzeugen. Als ein derartiges Mittel könnte an Stelle von SO2
beispielsweise CO2, eine Mineralsäure, ein Salz einer Säure oder irgendeine anders
nicht giftige Substanz zur Anwendung gebracht werden, die durch Dissoziation S°2-,
S O,-, S04-, C 02-, C Os-lonen bildet. Die erhaltenen Flocken werden vorzugsweise
auf irgendeine geeignete Weise abgetrennt, und auf alle Fälle wird dem von den Flocken
befreiten oder nicht befreiten Saft eine geringe Menge Kalk zugegeben, L. B. o,
bis 1 g CaO auf I00 cm3 Saft, daraufhin wird bis zur Erlangung der optimalen Alkalität
saturiert, z. B. bis auf o,o8 bis 0,02 g CaO auf 100cm3 Saft, dann geklärt. Der
bei dieser Klärung gewonnene und durch ein geeignetes Mittel von einem Teil seiner
Feuchtigkeit befreite Rückstand kann als Düngemittel für Boden benutzt werden.
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Da die SO, praktisch außer der elektrolytischen Wirkung eine, wenn
auch nur sehr schwache, chemische NTirkung ausübt, wird die Alkalität des Rohsafws,
der vorher erhitzt oder auch nicht erhitzt worden sein kann, im allgemeinen auf
einen etwas höheren Wert gehracht als dem optimalen isoelektrischen Punkt der Kolloide
entspricht. Die notwendige Menge an Ca O wechselt entsprechend der Acidität des
Rohsaftes und seiner Temperatur. Es erscheint vorteilhaft, nicht das CaO direkt
in den Rohsaft zu bringen, vielmehr eine genugende Menge von mit Kalk versetztem
Saft. der gerade zur ersten Satukation geht: dies läßt sich leicht bewirken, beispielsweise
indem man in das Kalkgefäß intermittierend einen Teil des mit Kalk versetzten Saftes,
den man aus der vorhergehen den Operation gewinnt, einbringt. Die im Verlauf der
letzteren gebildeten Flocken tilden, in den Rohsaft gebracht, ebensoviele Anziehungszcntren,
welche durch die Ausflokkungen und nachfolgenden Behandlungen sich
anreichern,
was einen günstigen Einfluß auf die Filtrierbarkeit hat. In den so alkalisch gemachten
Saft bringt man so viel S 02 ein als nötig ist, um die Flockung zu stabilisieren,
wobei dann berücksichtigt werden muß, daß trotz der, wie oben angegeben, elektrolytischen
Wirkung der S 0 das Dispersionsmittel auf seinen optimalen isoelektrischen Punkt
kommen muß. Diese Menge 502 wird für jeden einzelnen Fall durch Laboratoriumsversuche
festgelegt.
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Die Erzeugung der Alkalität, die der Behandlung durch Schwefligsäureanhydrid
oder ein ähnliches Mittel vorausgeht, kann entweder direkt im Rohsaft bewirkt werden
oder während der Diffusion, beispielsweise wenn man das für die Erzeugung der Alkalität
benutzte Mittel in den letzten Behälter bringt.
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Andererseits kann man den Kalk nach der Behandlung durch Schwefligsäureanhydrid
oder ein entsprechendes Mittel hinzufügen, ohne vorher die Flocken zu trennen.
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Der gereinigte Zuckersaft wird darauf nacheinander den bekannten
Behandlungen unterworfen einschließlich denjenigen mittels aktiver Kohle, zum Zweck
der Zucker- und Melasseproduktion. Die aktive Kohle kann in den gereinigten Säften
während der ganzen Dauer des Eindickens in der Verdampfstation und gegebenenfalls
auch während der Schwefelung des erhaltenen eingedickten Saftes bleiben.
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Zwischen den verschiedenen Behandlungsstufen oder während der Behandlungen
selbst können die Säfte Beliebige Vorwärmer passieren.
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Wie schon gesagt, kann das Schwefligsäureanhydrid in flüssigem oder
gasförmigem Zustand durch ein Mittel ersetzt werden, das die gleichen elektrolytischen
Eigenschaften aufweist. Obwohl eigentlich auf die Behandlung der Rohsäfte zugeschnitten,
kann das den Gegenstand der vorliegenden Erfindung bildende Verfahren auch angewendet
werden, um die Reinigung von wiederaufgelöstem Zucker oder anderen Produkten der
Fabrikation und Raffination des Zuckers zu bewirken, sei es direkt oder indem man
diese Produkte in geeigneten Mengen in die zu reinigenden Säfte zurücknimmt.