-
Kolloidale Aktivkohle Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung
einer aktiven Kohle, die sich besonders gut zur Klärung und Entfärbung der Roh-
und Zwischenprodukte der Zuckerindustrie eignet. Bekanntlich reinigt man derartige
Lösungen sowie andere Substanzen, wie Glucose, Glycerin o. dgl., .gewöhnlich durch
Filtration über Knochenkohle.
-
Einer derartigen Reinigung geht in der Regel eine mechanische Vorfiltration
voran, die dazu bestimmt ist, aus den Säften die suspendierten Substanzen verschiedener
Feinheitsgrade zu entfernen, welche die Wirksamkeit der Knochenkohle in ungünstiger
Form beeinflussen.
-
Diese Vorfiltration hält aber nur einen sehr kleinen Teil der farblosen
und gefärbten kolloiden Körper zurück, die in der zu behandelnden Lösung enthalten
sind; es ist daher in der Praxis nötig, die Reinigung mittels Aktivkohle vorzunehmen,
z. B. mit Knochenkohle, die, im Überschuß angewendet, aus den behandelten Säften
die farblosen und gefärbten Kolloide ziemlich gut entfernt. Diesem Verfahren haften
jedoch große Nachteile an, weil man einerseits große Mengen Knochenkohle anwenden
muß, andererseits die Regeneration der Knochenkohle mit allerlei Unbequemlichkeiten
verbunden ist.
-
Deshalb hat man seit Jahren versucht, die Knochenkohle durch andere
Aktivkohlen mit größerer Wirksamkeit zu ersetzen. Derartige pulverförmige Aktivkohlen
absorbieren gewöhnlich ziemlich leicht die Farbstoffe infolge ihrer relativ gröberen
Dispersion, sie sind jedoch gegenüber den farblosen Kolloiden viel weniger wirksam,
die sich in den zu behandelnden Lösungen in feinster Verteilung befinden.
-
Nun ist aber die Entfernung der letzten Spuren dieser Kolloide von
großer Wichtigkeit, weil sie u. a. den unangenehmen Graustich des Weißzuckers verursachen
und auch kristallisationshindernd wirken. Auch wird die Viskosität der Zuckerlösungen
außerordentlich durch die Anwesenheit solcher farblosen Kolloide vergrößert, so
daß die Schnelligkeit der Filtration der Zuckerlösungen in erster Linie von der
mehr oder minder vollkommenen Entfernung dieser Kolloide abhängig ist.
-
Es ergibt sich aus diesen Erwägungen, daß die Reinigung, d. h. die
Entfernung der farblosen Kolloide, mindestens ebenso wichtig und in -gewissen Fällen
noch wichtiger ist als die eigentliche Entfärbung selbst. Wenn die Knochenkohle
in großem Überschuß angewendet wird, so absorbiert sie die gefärbten und farblosen
Kolloide ziemlich gut. Das gleiche Resultat kann man aber in der Praxis mit Entfärbungskohlen
in Pulverform nur dann erhalten, wenn man dieselben in großen
Mengen
anwendet. Dem würde jedoch der hohe Preis dieser Kohlen hindernd entgegenstehen.
-
Die Erfindung beruht auf der Erwägung, daß sich die bisher bekannten
Entfärbängskohlen im nicht reversiblen Gelzustand befinden und eine mehr oder minder
grobe Struktur besitzen, wodurch eine Klärung nur unvollkommen erreicht wird. Die
Erfindung besteht hauptsächlich darin, diese pulverförmigen oder im Gelzustande
befindlichen Aktivkohlen durch eine Aktivkohle zu ersetzen, die sich möglichst dem
Solzustand nähert, d. h. eine Aktivkohle im Zustand der kolloiden Lösung mit äußerst
feiner Verteilung, die feucht und in Pastenform mit einem Wassergehalt von 5o bis
9o °/o benutzt wird, anzuwenden.
-
Die Erfahrung zeigt, daß es nur durch den Gebrauch einer solchen Aktivkohle
möglich ist, aus den zu behandelnden Lösungen, z. B. den Zuckerlösungen, die kolloiden
Verunreinigungen quantitativ auszuflocken. Bei der praktischen Durchführung der
Erfindung ist darauf zu achten, daß die Rohmaterialien, die zur Bildung -einer solchen
Aktivkohle in der Fabrikation benutzt werden, vollständig oder so vollständig wie
möglich gelöst und während aller Stadien der Fabrikation im feuchten Medium zu halten
sind, wodurch der Solzustand der resultierenden Aktivkohle gesichert wird.
-
Gemäß der Erfindung werden die kohlenstoffhaltigen Rohmaterialien
zur möglichst vollkommenen Auflösung fein pulverisiert, sodann werden sie mittels
Säure hydrolisiert, bis man eine vollkommene oder möglichst vollkommene Lösung erhält.
Hierauf wird die Reaktionsmasse weiter erhitzt und bis zur dicken Konsistenz eingedampft.
Dann schließt man den Kessel und erhitzt bei einem Druck von 3 bis 5 Atm. bis zu
der relativ niedrigen Temperatur von 2 bis 300°, wobei die kohlenstoffhaltigen organischen
Substanzen vollkommen zu Kohlenstoff abgebaut werden. _-In der Praxis wird die Hydrolyse
mit Schwefelsäure oder mit Salzsäure in Gegenwart von Salzlösungen bewirkt. Zum
Verständnis der Erfindung wird je ein Beispiel der beiden Verfahren beschrieben.
-
Beispiel i Behandlung mit Chlorzink und Salzsäure In einen Kessel,
der unter Druck gesetzt werden kann, bringt man eine 551%ige Zn C12-Lösung und fein
verteilte Cellulose im Verhältnis bis i : io, berechnet auf wasserfreies ZnC12.
Dann fügt man zu diesem Gemisch Salzsäure (32 bis 35°/oig) bis zu io °/° der aufgewendeten
Chlorzinkmenge und erhitzt bis zur Verdampfung des Überschusses des Wassers und
fast völliger Lösung der Cellulose.
-
Auf dieselbe Weise behandelt man auch Holz oder Sägespäne, die im
ZnC12 nicht vollkommen löslich sind. Es ist zweckmäßig, die Hydrolyse dieser Materialien
unter Druck vorzunehmen. Nach der möglichst vollkommenen Auflösung verdampft man
das Wasser aus der Reaktionsmasse, wobei die organischen Substanzen der Reaktionsmasse
abgebaut werden.
-
Die Menge des Zn C12 muß so berechnet sein, daß die Reaktionsmasse
nach Verdampfen des Wassers bei einer Temperatur von über 26o° noch flüssig oder
wenigstens weich ist. Dann schließt man den Kessel und erhitzt auf eine Temperatur
von etwa 3ö0°.
-
Nach dem Abkühlen wäscht man die Reaktionsmasse, bis das ablaufende
Waschwasser kein ZnCI2 oder freie Salzsäure mehr enthält. Die letzten Säurereste,
die sich noch in der Kohle vorfinden, werden mit einem Alkali, das die Kohle nicht
ausflockt, z. B. Soda, Natronlauge, Ammoniak oder ähnlichem, neutralisiert; ausgenommen
sind jedoch Kalk und ähnliche Produkte. Die so erhaltene Masse wird einige Stunden
sich selbst überlassen und schließlich bis zur vollständigen Reinheit ausgewaschen.
-
Die so erhaltene Kohlenmasse wird dann in feuchtem Zustande fein gemahlen
und als Paste «mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 5o bis 9o °/o verpackt.
-
Beispiel e Behandlung mit Schwefelsäure und Kaliumbisulfat Bei der
Behandlung mit konzentrierter Schwefelsäure erhält man ein Produkt, das sehr gut
klärt, aber weniger gut entfärbt als die nach dem ersten Verfahren beschriebene
Kohle. Die nach der Behandlung mit Schwefelsäure erhaltene Kohle kann indessen in
solchen Fällen große Dienste erweisen, in denen große Mengen von Lösungen, die nur
wenig gefärbte und farblose Kolloide entfialten, zu behandeln sind.
-
Bei der Behandlung mit Schwefelsäure müssen die Rohmaterialien ebenfalls.
vollständig oder fast vollständig in Lösung gebracht werden. Nun geht aber die mit
Schwefelsäure behandelte Cellulose schon bei gewöhnlicher Temperatur in einen der
Lösung nahekommenden Zustand über; den Abbau der organischen Substanzen erreicht
man durch fortgesetztes Erhitzen.
-
Da während des Prozesses Wasserdampf, .Schwefeldioxyd und Schwefeltrioxyd
entweichen,
könnte die entstehende Kohle leichter austrocknen; deshalb
ist es angezeigt, sie in flüssigem Zustand zu erbalten. Man erreicht dies durch
Hinzufügen eines Sulfates oder Bisulfates, z. B. Kaliumbisulfat, das in der angewendeten
Schwefelsäure aufzulösen ist.
-
In der Praxis verfährt man wie folgt: Die Cellulose oder andere fein
verteilte organische Substanzen, wie Holz, Holzschliff und ähnliches, werden bei
gewöhnlicher Temperatur mit Schwefelsäure im Überschuß vermischt, und zwar verwendet
man auf einen Teil Cellulose 3 bis 312 Teile Schwefelsäure (95 bis 99°1oig). Man
überläßt diese Masse etwa % Stunde sich selbst, entfernt die überschüssige Schwefelsäure
und mischt dann die Masse mit Kaliumbisulfat im Verhältnis i : 3 bis i : 5, berechnet
auf Trockensubstanz. Diese Operation muß in einem Kessel, der innen verbleit ist,
vorgenommen werden. Nach dem Zumischen des Kaliumbisulfates beginnt man, die Masse
langsam zu erhitzen. Das Erhitzen des geöffneten Kessels muß so lange fortgesetzt
werden, bis der größere Teil des Wassers, das in der Realetionsmasse enthalten ist,
verdampft ist. Gleichzeitig vollzieht sich auch der Abbau der organischen Substanz.
-
Man schließt nun den Kessel und erhitzt auf 3 bis 5 Atm., um eine
Endtemperatur von etwa 2oo° zu erreichen. Die folgenden Operationen, wie Waschen,
Neutralisieren, Verpacken der erzeugten Kohle, werden entsprechend Beispiel i durchgeführt.
-
Nach beiden Verfahren, ob man nun die Behandlung mit Zn C12 -[- H
Cl oder mit H2 S 04 und Kaliumbisulfat vornimmt, erhält man eine kolloidlösliche
Kohle im Solzustand mit großer Klär- und Entfärbungskraft.
-
Die Regeneration der nach den beiden soeben beschriebenen Verfahren
erhaltenen Kohle oder von Aktivkohle anderer Herkunft kann analog dem Erzeugungsverfahren
durchgeführt werden.
-
Diese nach der Erfindung hergestellten Aktivkohlen sind mit Hydrosol
vergleichbar im Gegensatz zu den als Gel vorliegenden Aktivkohlen bekannter Verfahren.