Diese Erfindung betrifft verbesserte Pilzzellen und
Verfahren zur Herstellung rekombinanter Produkte in
verbesserter Qualität und hohen Ausbeuten. Insbesondere
betrifft die vorliegende Erfindung Pilzzellen, die in ihren
DNA-Sequenzen spezifische Modifikationen aufweisen, die
wenigstens zu einer verringerten Fähigkeit der Pilzzellen
zur O-Glykosylierung von homologen und/oder heterologen
Proteinen führen, sowie die Verwendung dieser Zellen als
Wirtszellen zur Herstellung von hohen Ausbeuten
rekombinanter Produkte.
Die Entwicklung der DNA-Rekombinations-Technik hat die
Herstellung fremder Proteine in solchen Wirtszellen möglich
gemacht, in die für diese Produkte codierende exogene DNA-
Sequenzen eingeführt worden sind. Die Vorteile dieser
Technologie bestehen darin, daß Produkte in hohen Ausbeuten,
in hochgereinigter Form und ohne Risiko einer
Verunreinigung, wie z. B. einer viralen Verunreinigung (AIDS,
Hepatitis B usw.), erzeugt werden können. Diese
Rekombinations-Techniken werden zur Herstellung
rekombinanter Proteine in prokaryotischen und auch in
eukaryotischen Wirtszellen häufig eingesetzt. Prokaryotische
Wirtszellen umfassen E. coli [Nagata et al., Nature 284
(1980) 316; EP 1929], Bacillus subtilis [Saunders et al., J.
Bacteriol. 169 (1987) 2917], Streptomyces, Corynebacterium
(EP 433 117). Eukaryotische Wirtszellen umfassen pflanzliche
Zellen, tierische Zellen und Pilzzellen.
Die Herstellung rekombinanter Produkte in großen Mengen
durch diese Techniken ist jedoch immer noch begrenzt, dies
ist auf Probleme bei der Expressionseffizienz dieser
exogenen DNA-Sequenzen zurückzuführen und beruht außerdem
auf der Instabilität von Vektoren und auf dem
intrazellulären Abbau der rekombinanten Produkte durch die
Wirtszellen, in denen sie hergestellt werden. Hinsichtlich
der Expressionseffizienz sind Versuche unternommen worden,
starke Promotoren zu isolieren, die zu einer gesteigerten
Expression von exogenen DNA-Sequenzen führen und auf diese
Weise die Herstellung von rekombinanten Produkten steigern.
Außerdem sind verschiedene Systeme entwickelt worden, um die
Stabilität der Vektoren in den Wirtszellen zu erhöhen, wobei
am häufigsten die Insertion eines Antibiotikaresistenz-Gens
in den Vektor verwendet wird, wodurch die rekombinanten
Wirtszellen in Selektivmedium überleben und wachsen können.
Bezüglich des intrazellulären Abbaus sind mehrere mutante
Zellen beschrieben worden, die keine oder eine verminderte
Proteaseaktivität aufweisen, wodurch die Fähigkeit dieser
Zellen zum Abbau rekombinanter Produkte begrenzt wird.
Die Herstellung rekombinanter Produkte in großen Mengen
und ihre pharmazeutische Anwendung wird jedoch noch durch
weitere Probleme eingeschränkt. Eines dieser Probleme kommt
durch die Tatsache zustande, daß sich rekombinant
hergestellte Produkte häufig von ihrem natürlichen
Gegenstück unterscheiden. Beispielsweise besitzen
bakterielle Wirtszellen nicht alle posttranslationalen
Mechanismen, die für die Reifung von Säugerpolypeptiden
erforderlich sind. Demgemäß sind die in Bakterien
hergestellten Säugerpolypeptide häufig unreif und nicht
richtig gefaltet. Außerdem führen bakterielle Wirtszellen im
allgemeinen ein weiteres N-terminales Methionin in die Pro
dukte ein.
Die in heterologen eukaryotischen Wirten hergestellten
rekombinanten Produkte unterscheiden sich von ihren
natürlich vorkommenden Gegenstücken üblicherweise in ihrem
Glykosylierungsgehalt. Dies kann die Gegenwart gegenüber der
Abwesenheit einer beliebigen Kohlenhydratstruktur, die
Stellung der Kohlenhydratstruktur auf dem Produkt und auch
die Art des Kohlenhydrates betreffen. Insbesondere ist
gezeigt worden, daß die aus Hefe stammenden rekombinanten
Produkte im Vergleich zu ihren natürlichen Gegenstücken
häufig zusätzliche unnatürliche O-Glykane tragen.
Beispielsweise ist gezeigt worden, daß der menschliche
insulinähnliche Serum-Wachstumsfaktor I (IGF-I) nicht
glykosyliert ist, seine in S. cerevisiae hergestellte
rekombinante Form dagegen O-glykosyliert, genauer gesagt O-
mannosyliert ist [Hard et al., FEBS Letters 248 (1989) 111].
Auf gleiche Art und Weise ist gezeigt worden, daß
menschlicher Thrombozyten-abgeleiteter Wachstumsfaktor
(PDGF) und menschlicher GM-CSF unnatürliche O-
Mannosylstrukturen aufweisen, wenn sie in S. cerevisiae
hergestellt wurden [Biomedic. Environ. Mass Spectrometry 19
(1990) 665; BIO/TECHNOLOGY 5 (1987) 831]. Diese abnorme O-
Gylkosylierung wird durch wichtige Unterschiede zwischen den
Glykosylierungsmechanismen von Säugerzellen (menschlichen
Zellen) und denjenigen anderer eukaryotischer Zellen, wie
z. B. Hefen, verursacht. In diesem Zusammenhang ist beob
achtet worden, daß die O-Glykosylierung in Pilzzellen (ein
schließlich Hefen und filamentösen Pilzen) in einer ähn
lichen und unüblichen Art und Weise vor sich geht, die
bisher in keinem anderen Organismus beobachtet worden ist.
Das Auftreten dieser unerwünschten O-Glykosylierung auf
den aus Pilzen stammenden rekombinanten Produkten stellt bei
der Arzneimittelherstellung einen wichtigen Nachteil dieser
Technologie dar.
Der erste Grund besteht darin, daß pilzspezifische Gly
kane neue immunologische Determinanten auf ein Protein ein
führen können und ein Glykoprotein mit solchen unnatürlichen
Kohlenhydraten daher bei der Verabreichung an Menschen
antigen sein kann. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise
bekannt, daß die meisten Menschen Antikörper besitzen, die
gegen N-gebundene Hefe-Mannanketten gerichtet sind [Feizi
und Childs, Biochem. J. 245 (1987) 1].
Ein weiterer Grund besteht darin, daß Proteine ohne
passende Kohlenhydratstrukturen auch veränderte
pharmakokinetische Eigenschaften aufweisen können. Es ist
gezeigt worden, daß Kohlenhydratstrukturen von
Glykoproteinen die in vivo-Clearance-Rate, die für die
Bestimmung der Wirksamkeit eines Arzneimittels wesentlich
ist, beeinflussen und an deren Definition beteiligt sind.
Genauer gesagt ist auf der Oberfläche von
Leberendothelzellen und residenten Makrophagen ein Mannose-
Rezeptor identifiziert worden, der offensichtlich ein Mittel
zur Eliminierung von Glykoproteinen, die Oligosaccharide vom
Mannosetyp aufweisen, darstellt [Stahl, Cell. Mol. Biol. 2
(1990) 317]. Daher kann das Vorliegen von unnatürlichen zu
sätzlichen Mannosestrukturen auf einem Protein dessen Clea
rance-Rate erhöhen und auf diese Weise dessen Plasma-Halb
wertszeit verringern.
Noch ein weiterer Grund besteht darin, daß sich die
biologische Aktivität eines Glykoproteins mit seinem Kohlen
hydratgehalt, mit der Stellung und der Art der Kohlenhydrate
wie gezeigt ändert. Beispielsweise ist gezeigt worden, daß
die biologischen Eigenschaften von rekombinantem menschli
chem EPO [Takeuchi et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 86
(1989) 7819) und rekombinantem menschlichem tPA [Parekh et
al., Biochemistry 28 (1989) 7644] durch die Glykosylierung
beeinträchtigt werden.
Aus den vorstehend erwähnten Gründen geht hervor, daß
die immunologischen, biologischen und pharmakokinetischen
Eigenschaften der aus Pilzen stammenden rekombinanten
Produkte durch die unnatürliche O-Glykosylierung ernsthaft
beeinträchtigt werden können, wodurch gegebenenfalls
verhindert wird, daß diese Produkte für die therapeutische
Anwendung beim Menschen weiterentwickelt werden können.
Die vorliegende Erfindung löst das vorstehend beschrie
bene Problem der abnormen O-Glykosylierung durch Bereitstel
lung von modifizierten Pilzzellen, die in ihren DNA-
Sequenzen (eine) genetische Modifikation(en) aufweisen, die
wenigstens zu einer verringerten Fähigkeit der Pilzzellen
zur O-Glykosylierung von nativen oder fremden Proteinen
führt (führen).
Der Anmelder hat jetzt gefunden, daß es möglich ist,
genetisch modifizierte Pilzzellen zu erhalten, die eine ver
ringerte Fähigkeit zur O-Glykosylierung aufweisen, die noch
lebensfähig sind und unter industriellen Fermentationsbedin
gungen gute Wachstumseigenschaften zeigen. Unerwarteterweise
hat der Anmelder außerdem gezeigt, daß die genetischen
Modifikationen nicht die Stabilität der Pilzzellen
beeinträchtigen, wenn diese mit exogener DNA transformiert
werden. Die modifizierten Pilzzellen der vorliegenden
Erfindung können vorzugsweise als Wirtszellen zur
Herstellung qualitativ hochwertiger rekombinanter Produkte,
die weniger oder keine unerwünschten O-Glykane aufweisen,
verwendet werden.
Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Bereit
stellung einer Pilzzelle, die in ihren DNA-Sequenzen (eine)
genetische Modifikation(en) aufweist, die wenigstens zu
einer verringerten Fähigkeit der Pilzzelle zur O-Glykosylie
rung führt (führen).
Die erfindungsgemäße Pilzzelle kann aus filamentösen
Pilzen und Hefen ausgewählt werden. Arten filamentöser
Pilze, die in der vorliegenden Erfindung beispielsweise
gemeint sind, sind Aspergillus, Trichoderma, Mucor,
Neurospora, Fusarium und dgl. Beispiele für Hefearten
umfassen Kluyveromyces, Saccharomyces, Pichia, Hansenula,
Candida, Schizosaccharomyces und dgl. Stärker bevorzugte
Arten sind die Arten aus der Gruppe Kluyveromyces,
Saccharomyces, Pichia, Hansenula und Candida und noch
stärker bevorzugt Kluyveromyces und Saccharomyces. Stämme
von Kluyveromyces, die bevorzugte Ausführungsformen dieser
Erfindung darstellen, umfassen beispielsweise K. lactis, K.
fragilis, K. waltii, K. drosophilarum und dgl. Ein bevor
zugter Stamm von Saccharomyces ist S. cerevisiae.
In der erfindungsgemäßen Bedeutung steht genetische
Modifikation vorzugsweise für eine beliebige Suppression,
Substitution, Deletion oder Addition einer oder mehrerer
Basen oder eines Fragmentes der Pilzzell-DNA-Sequenzen.
Solche genetischen Modifikationen können in vitro (direkt
auf isolierter DNA) oder in situ, z. B. durch gentechnische
Verfahren oder indem die Pilzzellen mutagenen Agentien
ausgesetzt werden, erhalten werden. Mutagene Agentien
umfassen z. B. physikalische Agentien, wie z. B. energiereiche
Strahlen (Röntgenstrahlen, γ-Strahlen, UV usw.), oder
chemische Agentien, die befähigt sind, mit verschiedenen
funktionellen DNA-Gruppen zu reagieren, wie z. B.
alkylierende Mittel (EMS, NQO usw.), bisalkylierende Mittel,
intercalierende Mittel usw. Genetische Modifikationen
können auch durch genetische Disruption, z. B. gemäß dem von
Rothstein et al. [Meth. Enzymol. 1994 (1991), 281-301]
beschriebenen Verfahren, erhalten werden. Gemäß diesem
Verfahren wird ein Teil oder die Gesamtheit eines Gens
mittels homologer Rekombination durch eine in vitro-modi
fizierte Version ersetzt.
Genetische Modifikationen können auch durch eine belie
bige mutative Insertion in DNA-Sequenzen, wie z. B. Transpo
sons, Phagen usw., erhalten werden.
Außerdem ist bekannt, daß bestimmte Modifikationen, wie
z. B. Punktmutationen, durch zelluläre Mechanismen revertiert
oder abgeschwächt werden können. Solche Modifikationen
stellen möglicherweise nicht die nützlichsten Formen modifi
zierter Pilzzellen dieser Erfindung bereit, da ihre
phänotypischen Eigenschaften möglicherweise nicht sehr
stabil sind. Die vorliegende Erfindung stellt auch ein
Verfahren zur Herstellung modifizierter Pilzzellen bereit,
in denen die Modifikationen (und daher die phänotypischen
Eigenschaften) während der Segregation stabil und/oder
nicht-revertierend und/oder nicht durchlässig sind. Solche
modifizierten Pilzzellen sind als Wirte für die Produktion
rekombinanter Produkte besonders bevorzugt.
Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist
demgemäß eine Pilzzelle, die (eine) genetische
Modifikation(en) aufweist, die während der Segregation
stabil und/oder nicht-revertierend und/oder nicht
durchlässig ist (sind). Diese Modifikationen werden im
allgemeinen durch Deletion(en) oder Disruption(en) erhalten.
Die genetische(n) Modifikation(en) der erfin
dungsgemäßen Pilzzellen kann (können) entweder in einer
codierenden Region der DNA-Sequenzen der Zelle oder in einer
Region liegen, die für die Expression und/oder die tran
skriptionale Regulation eines Gens verantwortlich ist oder
daran beteiligt ist. Insbesondere beeinträchtigt
(beeinträchtigen) die Modifikation(en) im allgemeinen die
codierende Region oder die Region, die für die Expression
und/oder die transkriptionale Regulation eines Gens oder
mehrerer Gene verantwortlich ist oder daran beteiligt ist,
dessen (deren) Expressionsprodukte Enzyme des O-Gly
kosylierungs-Stoffwechselweges sind.
Die verringerte Fähigkeit der erfindungsgemäßen Pilz
zellen, Proteine zu O-glykosylieren, kann daher durch die
Herstellung von inaktiven Enzymen, bedingt durch Verän
derungen in Struktur und/oder Konformation, die Herstellung
von Enzymen mit veränderten biologischen Eigenschaften, die
fehlende Herstellung der Enzyme oder die Herstellung der
Enzyme in geringen Mengen verursacht werden.
Der O-Glykosylierungs-Stoffwechselweg der Pilzzellen
umfaßt die Anheftung eines ersten Mannosylrestes an die
Hydroxylgruppe von Seryl- und/oder Threonylaminosäureresten
von Proteinen oder Peptiden und sodann die Erweiterung auf
O-gebundene Di- und Oligosaccharide durch weitere
Hinzufügungen von Mannosylresten. Der erste Mannosylrest
wird im endoplasmatischen Retikulum von Dolichol-
Monophosphat-Mannose (Dol-P-Man) auf das Protein übertragen,
die folgenden Mannosylreste werden von GPD-Man im Golgi-
Apparat überführt. Im Gegensatz dazu verläuft die O-Glykosy
lierung bei höheren eukaryotischen (nicht-Pilz-) Zellen nach
einem anderen Mechanismus, wobei der erste Schritt in der
kovalenten Anheftung von N-Acetylgalactosamin an Seryl- oder
Threonylaminosäurereste besteht, an dieser ersten Umsetzung
kein Lipid-gekuppelter Oligosaccharid-Donor beteiligt ist,
der erste Schritt im Golgi-Apparat stattfindet, andere Koh
lenhydratstrukturen vorliegen usw.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung
weisen die modifizierten Pilzzellen die genetische(n)
Modifikation(en) mindestens in einem Gen auf, dessen
Expressionsprodukt bei der Anheftung eines Mannosylrestes an
die Hydroxylgruppe von Seryl- oder Threonylaminosäureresten
beteiligt ist.
In einer stärker bevorzugten Ausführungsform der Erfin
dung weisen die modifizierten Pilzzellen die genetische(n)
Modifikation(en) wenigstens in einem Gen auf, dessen Expres
sionsprodukt an der Übertragung eines Mannosylrestes vom
Dol-P-Man-Vorläufer auf die Hydroxylgruppe von Seryl- oder
Threonylaminosäureresten beteiligt ist.
Noch stärker bevorzugt stellt eines dieser Gene das
Gen, das die Dol-P-Man : Protein (Ser/Thr)-Mannosyl-
Transferase [DPM2] codiert, deren Sequenz in Fig. 4
dargestellt ist, oder ein die gleiche Aktivität codierendes,
nachstehend definiertes homologes Gen dar.
Zusätzlich zu (einer) Modifikation(en) in einem Gen,
das bei der Anheftung des Mannosylrestes an die
Hydroxylgruppe von Seryl- oder Threonylaminosäureresten
beteiligt ist, können erfindungsgemäße Pilzzellen auch
(eine) Modifikation(en) in den Genen aufweisen, die an den
weiteren Hinzufügungen von Mannosylresten, die zu Di- oder
Oligosacchariden führen, oder an der Synthese des Mannosyl
reste-Donors (Dol-P-Man) beteiligt sind.
Spezifische Beispiele solcher Pilzzellen werden in den
Beispielen beschrieben.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist die
Bereitstellung einer Pilzzelle wie vorstehend beschrieben,
in die eine exogene DNA-Sequenz eingeführt worden ist.
In der erfindungsgemäßen Bedeutung ist die exogene DNA-
Sequenz so gemeint, daß sie eine beliebige DNA-Sequenz ein
schließt, die ein Gen oder mehrere Gene umfaßt, das (die)
ein gewünschtes Protein codiert (codieren), das in der Zelle
exprimiert und/oder sezerniert wird. Eine solche DNA-Sequenz
kann eine komplementäre DNA-Sequenz (cDNA), eine künstliche
DNA-Sequenz, eine genomische DNA-Sequenz, eine Hybrid-DNA-
Sequenz oder eine synthetische oder halbsynthetische DNA-
Sequenz sein, die sich in einer Expressionskassette
befindet, welche eine Synthese der Proteine in den
Pilzzellen ermöglicht. Die Expressionskassette umfaßt vor
zugsweise eine Transkriptions- und Translationsinitiations
region, die zum 5′-Ende der Sequenz, die das (die) ge
wünschte(n) Protein(e) codiert, fusioniert ist, wodurch die
Transkription und Translation der Sequenz gesteuert und
gegebenenfalls reguliert wird. Die Auswahl dieser Regionen
kann abhängig von der verwendeten Pilzzelle unterschiedlich
sein. Im allgemeinen werden diese Sequenzen aus Promotoren
und/oder Terminatoren ausgewählt, die von Pilzzellgenen und,
bei geplanter Expression in Hefewirten, von Hefegenen
abgeleitet sind. Von speziellem Interesse sind bestimmte
Promotor- und/oder Terminatorregionen, die von glyko
lytischen Genen aus Pilzzellen abgeleitet sind, wobei die
Gene z. B. für Hefen Phosphoglycerat-Kinase (PGK), Glycerin
aldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase (GDP), Enolasen (ENO) oder
Alkohol-Dehydrogenasen (ADH) und für filamentöse Pilze
Triosephosphat-Isomerase (tpi) codieren. Die Promotor
und/oder Terminatorregionen können auch von anderen, stark
exprimierten Genen abgeleitet sein, wie z. B. für Hefen dem
Lactase-Gen (LAC4), dem Säure-Phosphatase-Gen (PHO5), dem
Alkoholoxidase-Gen (AOX) oder dem Methanoloxidase-Gen (MOX)
und für filamentöse Pilze dem Cellobiohydrolase-Gen (CBHI),
dem Alkoholdehydrogenase-Gen (alcA, alcC), dem Glucoamylase-
Gen (GAM) oder dem Acetamidase-Gen (amds) und dgl. Diese
Transkriptions- und Translationsinitiationsregionen können
weiter modifiziert werden, z. B. durch in vitro-Mutagenese,
durch Einführung von zusätzlichen Kontrollelementen oder
synthetischen Sequenzen oder durch Deletionen.
Beispielsweise können transkriptionsregulierende Elemente,
wie z. B. das sogenannte UAS, das von einem anderen Promotor
stammt, verwendet werden, um Hybridpromotoren zu konstru
ieren, die eine Trennung der Wachstumsphase der Pilz
zellkultur von der Phase der Expression der das (die) ge
wünschte(n) Protein(e) codierenden Sequenz(en) ermöglichen.
Außerdem kann eine in der geplanten Pilzzelle funktionelle
Transkriptions- und Translationsterminationsregion an das
3′-Ende der codierenden Sequenz gestellt werden. Zusätzlich
kann am N-Terminus der Proteinsequenz ein(e) Signalpeptid
(Prä-Sequenz) eingeführt werden, wodurch das sich bildende
Protein in den sekretorischen Stoffwechselweg der
verwendeten Pilzzelle geleitet wird. Diese Prä-Sequenz kann
der natürlichen Prä-Sequenz des Proteins entsprechen, sofern
dieses Protein in der Natur sezerniert wird, oder sie kann
einen anderen Ursprung haben, z. B. kann sie aus einem
anderen Gen erhalten werden oder auch künstlich sein.
Die exogene DNA-Sequenz ist vorzugsweise Teil eines
Vektors, der sich entweder autonom in der verwendeten
Pilzzelle repliziert oder sich in deren eigene DNA-Sequenzen
(Chromosom) integriert. Autonom replizierende Vektoren
können autonom replizierende Sequenzen enthalten, die von
der chromosomalen DNA der Pilzzelle (ARS) oder von natürlich
vorkommenden Pilzzellplasmiden, wie z. B. pGKI-1 [de
Louvencourt et al., J. Bacteriol. 154 (1982) 737], pKD1 (EP 241 435),
2 µm Plasmid [Broach., Cell 28 (1982) 203-204) und
dgl., abgeleitet sind. Integrierende Vektoren enthalten
üblicherweise Sequenzen, die zu Regionen des Pilzzellchromo
soms homolog sind und die nach Einführung in die Zelle die
Integration durch in vivo-Rekombination ermöglichen. In
einer spezifischen Ausführungsform der Erfindung entsprechen
die homologen Sequenzen der zu modifizierenden Region des
Chromosoms in der Pilzzelle, wodurch ein einstufiger
Modifikations-Integrations-Mechanismus ermöglicht wird. Die
Integration kann auch als nicht-homologe Rekombination
stattfinden.
Die exogene DNA-Sequenz kann durch eine beliebige, auf
dem Fachgebiet bekannte Technik, beispielsweise durch DNA-
Rekombinations-Techniken, genetische Kreuzungen,
Protoplastenfusionen usw., in die Pilzzelle eingeführt
werden. Hinsichtlich DNA-Rekombinations-Techniken können
Transformation, Elektroporation oder eine beliebige andere,
in der Literatur beschriebene Technik verwendet werden.
Insbesondere kann, sofern die Pilzzelle eine Hefezelle ist,
die Transformation nach den Verfahren von Ito et al. [J.
Bacteriol. 153 (1983) 163], Durrens et al. [Curr. Genet. 18
(1990) 7] oder nach dem in EP 361 991 beschriebenen
Verfahren durchgeführt werden. Elektroporation kann gemäß
Karube et al. [FEBS Letters 182 (1985) 90] durchgeführt
werden.
Die erfindungsgemäßen Pilzzellen können vorzugsweise
als Wirtszellen zur Herstellung von rekombinanten Produkten,
wie z. B. heterologen Proteinen von pharmazeutischem und/oder
landwirtschaftlichem Interesse, verwendet werden. Die erfin
dungsgemäßen Pilzzellen sind besonders vorteilhaft, da sie
die Herstellung und/oder Sekretion von qualitativ hochwer
tigen Produkten ermöglichen und wegen ihrer genetischen
Modifikationen die mitotische oder genetische Stabilität der
Produktexpressionsvektoren nicht beeinträchtigen. Die erfin
dungsgemäßen Zellen sind besonders für die Herstellung von
Proteinen geeignet, die beim Menschen therapeutisch
angewendet werden und die einer O-Glykosylierung durch die
Wirtszelle zugänglich sind.
Demgemäß ist eine weitere Aufgabe der Erfindung die
Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung von rekombi
nanten Produkten, wobei eine wie vorstehend definierte Pilz
zelle unter Bedingungen gezüchtet wird, unter denen die exo
gene DNA-Sequenz exprimiert und das Produkt erhalten wird.
In einer bevorzugten Ausführungsform wird das Produkt in das
Kulturmedium sezerniert. In einer anderen bevorzugten
Ausführungsform ist das Produkt einer O-Glykosylierung durch
die Wirtszelle zugänglich.
Die folgenden Proteine werden als Beispiele für
heterologe Proteine angeführt, die mit den erfindungsgemäßen
Pilzzellen hergestellt werden können: Enzyme (wie z. B.
Superoxid-Dismutase, Katalase, Amylasen, Lipasen, Amidasen,
Chymosin usw., oder ein beliebiges Fragment oder Derivat
davon), Blutderivate (wie z. B. menschliches Serum-Albumin,
Alpha- oder Beta-Globin, Faktor VIII, Faktor IX, van
Willebrand-Faktor, Fibronectin, Alpha-1-Antitrypsin usw.,
oder ein beliebiges Fragment oder Derivat davon), Insulin
und seine Varianten, Lymphokine [wie z. B. Interleukine,
Interferone, koloniestimulierende Faktoren (G-CSF, GM-CSF,
M-CSF usw.), TNF, TRF usw., oder ein beliebiges Fragment
oder Derivat davon], Wachstumsfaktoren (wie z. B.
Wachstumshormon, Erythropoietin, FGF, EGF, PDGF, TGF usw.,
oder ein beliebiges Fragment oder Derivat davon),
Apolipoproteine, antigene Polypeptide zur Herstellung von
Impfstoffen (Hepatitis, Cytomegalovirus, Eppstein-Barr,
Herpes usw.) oder ein beliebiges Fusionspolypeptid, wie z. B.
Fusionen, umfassend einen aktiven Anteil, der an einen
stabilisierenden Anteil gebunden ist.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstel
lung eines DNA-Fragmentes, das für ein Enzym codiert, das
bei der Anheftung von Mannosylresten an die Hydroxylgruppe
von Seryl- oder Threonylaminosäureresten von Proteinen
beteiligt ist. Der Anmelder hat erstmals DNA-Fragmente
bereitgestellt, die für solche Enzyme codieren. Stärker
bevorzugt umfassen die DNA-Fragmente das Dol-P-Man : Protein
(Ser/Thr) Mannosyl-Transferase-Gen, dessen Sequenz in Fig.
4 dargestellt ist, ein beliebiges homologes Gen, Derivat
oder Fragment davon.
In der erfindungsgemäßen Bedeutung steht homologes Gen
für ein beliebiges anderes Gen einer beliebigen Pilzzelle,
das für ein Enzym codiert, das die erforderliche Aktivität
aufweist. Die anderen Gene können beispielsweise
folgendermaßen hergestellt werden: Komplementierung einer
mutanten Pilzzelle, der die Aktivität fehlt, mit DNA, die
aus einer Pilzzelle hergestellt wurde, die zur Aktivität
befähigt ist, Selektion der Transformanten, welche die
Aktivität nun aufweisen, und Isolierung der eingefügten DNA-
Sequenz. Diese anderen Gene können auch aus DNA-Bibliotheken
durch Hybridisierung mit (einer) Sonde(n), welche die
Gesamtheit oder einen Teil der in Fig. 4 dargestellten
Sequenz umfaßt (umfassen), isoliert werden. In dieser
Hinsicht besteht eine Aufgabe dieser Erfindung auch in der
Verwendung der bereitgestellten DNA-Fragmente oder eines
beliebigen Teils davon als Hybridisierungssonde(n) oder für
die Komplementierung mutanter Phänotypen, um aus Pilzzellen
homologe Gene zu erhalten.
Der Begriff Derivat bedeutet ein beliebiges anderes
DNA-Fragment, das durch (eine) beliebige genetische und/oder
chemische Modifikation(en) der vorstehend erwähnten Gene
hergestellt wird. Die genetische(n) und/oder chemische(n)
Modifikation(en) kann (können) eine beliebige Suppression,
Substitution, Deletion oder Addition von einer Base oder
mehreren Basen oder von einer Region der Gene sein, wodurch
bei Transformation in eine Pilzwirtszelle entweder eine
erhöhte Enzymaktivität oder die gleiche Aktivität oder eine
verminderte oder keine Enzymaktivität erhalten wird.
Legenden der Figuren
Fig. 1 Restriktionskarte der Plasmide pDM3, pMT4 und
pMT1.
Fig. 2 Subclonierung von Plasmid pDM3.
Fig. 3 Strategie der Sequenzierung des DPM2-Gens.
Fig. 4A Nucleotidsequenz des DPM2-Gens (SEQ ID Nr. 1).
Fig. 4B Aminosäuresequenz des DPM2-Gens (SEQ ID Nr. 2).
Fig. 5 Konstruktion und Restriktionskarte von pMT1.1/URA3.
Fig. 6 O-Glykosylierungsaktivität von S. cerevisiae WT.
(Tabelle A) und MT (Tabelle B)
Beispiele
Beispiel 1
Isolierung einer hochgereinigten
Mannosyltransferase aus S. cerevisiae und Erzeugung von
Peptiden
Die Mannosyltransferase-Aktivität wurde aus ganzen
Hefemembranen solubilisiert und gemäß Strahl-Bolsinger und
Tanner [Eur. J. Biochem. 196 (1991) 185] auf Hydroxylapatit
gereinigt. Sodann mußte das Protein durch (NH4)2SO4-Fällung
weiter angereichert werden, worauf eine weitere Reinigung
mittels Affinitätschromatographie folgte. Anschließend wurde
das eluierte Material auf SDS/PAGE aufgetrennt. Die
resultierende 92 kDa-Bande wurde aus dem Gel
herausgeschnitten. Durch Trypsin-Spaltung (im Gel) wurden
mehrere nichtüberlappende Peptide erhalten, welche den
Entwurf von Sonden ermöglichten.
E.1.1. (NH4)2SO4-Fällung
100 ml von Fraktionen der Hydroxylapatit-Säule, die
Mannosyltransferase-Aktivität enthielten, wurden mit
(NH4)2SO4 bis zu einer Endkonzentration von 30% (Gew./Vol.)
gemischt und eine Stunde in einem Eis/Salz-Bad leicht
gerührt. Das Gemisch wurde 30 Minuten zentrifugiert (8000 × g).
Das resultierende Pellet wurde in 8 ml AB-Puffer [10 mM
Tris/HCl, pH 7,5, 15% Glycerin (Vol.-%), 0,1% Lubrol (Vol.-%),
150 mM NaCl] resuspendiert und eine Stunde gegen den
gleichen Puffer dialysiert. Lagerung: -20°C.
E.1.2. Affinitätschromatographie
E.1.2.1. Herstellung der Affinitätschromatographie-Säule
0,5 g gefriergetrocknetes Pulver von Protein A-
Sepharose Cl 4B wurden in 10 ml 100 mM NaPi, pH 7,0, 15
Minuten gequollen und über ein gesintertes Glasfilter (G3)
mit 200 ml des gleichen Puffers gewaschen. Protein A-
Sepharose Cl 4B wurde in 100 mM NaPi, pH 7,0, äquilibriert.
Etwa 3 bis 6 ml Anti-Mannosyltransferase-Serum wurden zwei
Stunden gegen 1 l NaPi (100 mM), pH 7,0, dialysiert. Das
dialysierte Serum wurde mit dem Säulenmaterial 16 Stunden
bei 4°C inkubiert. Das Serum wurde unter Verwendung eines
gesinterten Glasfilters (G3) entfernt. Das Säulenmaterial
wurde zweimal mit 10 ml 100 mM NaPi, pH 8,5, gewaschen und
in 50 ml des gleichen Puffers resuspendiert.
Für die kovalente Kupplung wurden 0,75 mg/ml Dimethyl
suberimidat hinzugefügt. Der pH-Wert wurde durch Zusatz von
5 bis 6 Tropfen 1 M NaOH auf 8,5 eingestellt. Das Material
wurde eine Stunde bei Raumtemperatur inkubiert. Ein zweites
Mal wurde Dimethylsuberimidat hinzugefügt und der pH-Wert
mit 1 M NaOH auf 8,5 eingestellt. Das Säulenmaterial wurde
auf einem gesinterten Glasfilter (G3) nacheinander mit
folgenden Lösungen gewaschen:
- a) 50 ml 100 mM NaPi, pH 8,0,
- b) 25 ml 100 mM NaPi, pH 8,0, 3 M Ammoniumrhodanid
- c) 100 ml 100 mM NaPi, pH 8,0.
Das Material wurde gewaschen und in AB-Puffer äquilibriert.
E.1.2.2. Reinigung des 92 kDa-Proteins
8 ml des mit (NH4)2SO4 gefällten und dialysierten Pro
teins (E.1.1.) wurden mit dem Material der Affinitätssäule
(E.1.2.1.) 16 Stunden bei 4°C unter leichtem Schütteln inku
biert. Eine Säule (2 cm × 0,5 cm) wurde gefüllt und mit 15 ml
AB-Puffer gewaschen. Die Säule wurde mit 100 mM
Glycin/HCl, pH 3,0, 0,05% Lubrol (Vol.-%) und 15% Glycerin
(Vol.-%) eluiert. Fraktionen zu 0,9 ml wurden gesammelt und
sofort mit 1 M Tris (15 µl/0,9 ml Fraktion) neutralisiert.
Zum Nachweis des 92 kDa-Proteins wurden 40 µl von jeder
eluierten Fraktion durch SDS-PAGE und Western-Blot-Analysen
wie beschrieben (Strahl-Bolsinger und Tanner, 1991) unter
sucht. Die das 92 kDa-Protein enthaltenden Fraktionen
(Fraktion 2 bis 6) wurden vereinigt und mittels Mikrokonzen
tratoren (Centricon/Amicon) durch Zentrifugation bei 5000 × g
auf 100 µl eingeengt. 0,9 ml 98% Ethanol wurden
hinzugefügt und das Protein 16 Stunden bei -20°C gefällt.
Das ausgefällte Protein wurde 30 Minuten bei 10 000 × g
abzentrifugiert.
E.1.3. SDS-PAGE
Das ausgefällte Protein (E.1.2.2.) wurde in 150 µl SDS-
Probenpuffer (0,07 M Na2CO3, 0,07% β-EtSH, 2% SDS, 12%
Saccharose, 0,07% Bromphenolblau) resuspendiert. Die SDS-
Gelelektrophorese gemäß Lämmli und Favre [J. Mol. Biol. 80
(1973) 575] wurde bei 50 bis 70 V unter Verwendung der
BIORAD-Mini-Protean-Zelle durchgeführt. Proteinstandards:
HMW-Standards/Gibco BRL.
Protein wurde durch Färbung mit 0,05% Coomassie R250
(Gew./Vol.), 25% Isopropanol (Vol.-%), 10% Essigsäure (Vol.-%)
und Entfärbung in 7,5% Essigsäure (Vol.-%) nachgewiesen.
E.1.4. Trypsinspaltung und Entwurf von Oligonucleotiden
Nach der SDS-PAGE (E.1.3.) wurde die 92 kDa-
Proteinbande ausgeschnitten (etwa 10 µg Protein). Das
Gelfragment wurde in kleine Stücke geschnitten und dreimal
30 Minuten in 5 ml 50% Methanol/10% Essigsäure und einmal 30
Minuten in 5 ml 50% Methanol geschüttelt. Das Gel wurde 3
Stunden gefriergetrocknet. Eine Trypsinspaltung wurde in 0,3 ml
0,2 M Ammoniumhydrogencarbonat/2 µg Trypsin 16 Stunden
bei 37°C durchgeführt. Der Überstand wurde entfernt. Die
Elution der Peptide wurde dreimal eine Stunde bei 37°C in
0,2 ml 0,2 M Ammoniumhydrogencarbonat und einmal eine Stunde
bei 37°C in 0,2 ml 0,2 M Ammoniumhydrogencarbonat/30%
Acetonitril durchgeführt. Das eluierte Material wurde
vereinigt, gefriergetrocknet und in 0,2 ml 1 M Guanidinium-
Hydrochlorid/50 mM Tris/HCl, pH 7,5, gelöst. Die Peptide
wurden unter Verwendung einer in 0,13% Trifluoressigsäure
äquilibrierten Umkehrphasen-RP18-Säule aufgetrennt. Die
Peptide wurden mit Acetonitril (0 bis 70%) eluiert. Bis zu
40 verschiedene Proteinpeaks konnten nachgewiesen werden.
Fünf der Hauptpeaks wurden mittels automatischer Se
quenzanalyse nach Edman sequenziert [G. Allen in: Sequencing
of Proteins and Peptides. Laboratory Techniques in Biochem.
and Mol. Biol. 9, Hrsg.: Burdon, R. H. & Knippenberg, P. H.,
Elsevier (1989)]. Von den hierbei erhaltenen Sequenzen
eigneten sich drei zum Entwerfen von Oligonucleotiden, sie
sind in der nachstehenden Tabelle 1 dargestellt.
Auf der Grundlage dieser Sequenzen wurden die Oligo
nucleotide A bis C chemisch synthetisiert, wobei die Codon-
Anwendung von S. cerevisiae verwendet wurde [Guthrie und
Abelson, in: The molecular biology of the yeast
Saccharomyces, Hrsg.: J. N. Strathern, E. W. Jones, J. R.
Broach (1982)]. Die Oligonucleotide A bis C weisen die
nachstehenden Kennzeichen auf:
Oligonucleotid A:
Peak: 23
Aminosäuresequenz: G F D G D A
Oligodesoxynucleotid: 5′-GT/CGTCACCGTCGAANCC-3′
8-fach degeneriert, codierender Strang, 17 Nucleotide
Oligonucleotid B:
Peak: 34
Aminosäuresequenz: E P H V Y E
DNA-Sequenz: 5′-C/TTCGTAGACG/ATGA/TGGT/CTC-3′
16-fach degeneriert, codierender Strang, 18 Nucleotide
Oligonucleotid C:
Peak: 15
Aminosäuresequenz: I S Y K P A S F I S K
DNA-Sequenz: 5′-ATTTCT/ATAT/CAAA/GCCA/TGCTTCT/ATTT/AAAA-3′
128-fach degeneriert, codierender Strang, 33 Nucleotide
Beispiel 2
Absuchen einer Plasmid-Bibliothek von
genomischer Hefe-DNA
Die chemisch synthetisierten Oligodesoxynucleotide A
bis C (E.1.4.) wurden verwendet, um die Plasmidbibliothek
von genomischer Hefe-DNA-pCS19 [Sengstag und Hinnen, Nucl.
Acids Res. 15 (1987) 233] abzusuchen. Diese Bibliothek wurde
hergestellt, indem genomische Hefe-DNA mit Sau3A partiell
gespalten und in die BclI-Restriktionsstelle des Vektors
pCS19 cloniert wurde.
E.2.1. Markierung von Oligodesoxynucleotiden
Die Oligonucleotide A bis C wurden durch die Kinase
reaktion markiert, die gemäß Maniatis et al., durchgeführt
wurde [T. Maniatis, J. Sambrook, E. F. Fritsch (1989)
Molecular cloning: A Laboratory manual, C.S.H. Press]. 40
pMol Oligodesoxynucleotid wurden unter Verwendung von 50 µCi
[γ32P]-ATP markiert. Freie radioaktive Nucleotide wurden
unter Verwendung von "NUC Trap Push Columns" (Stratagene)
gemäß der Gebrauchsanweisung des Herstellers entfernt.
E.2.2. Absuchen der Bibliothek
Die DNA-Bibliothek (4992 verschiedene Einzelkolonien)
wurde von Mikrotiterplatten auf Nitrocellulose übertragen.
Die Koloniehybridisierung wurde gemäß Grundstein und Hogness
[PNAS 72 (1975) 3961] unter den folgenden Bedingungen
durchgeführt:
- - Vorhybridisierung: Die Filter wurden bei 44°C in 200 ml
5 × Denhardt, 6 × NET, 0,1% SDS (Gew./Vol.) und 0,1 mg/ml
Lachssperma-DNA mindestens 4 Stunden inkubiert (5 ×
Denhardt: 0,1% Ficoll, 0,1% Polyvinylpyrrolidon, 0,1% BSA; 6
× NET: 0,9 M NaCl, 90 mM Tris-HCl, pH 8,3, 6 mM EDTA, pH
8,0).
- - Hybridisierung: Die Filter wurden bei 44°C in 100 ml
5 × Denhardt, 6 × NET, 0,1% SDS (Gew./Vol.), 0,1 mg/ml
Lachssperma-DNA und den markierten Oligodesoxynucleotiden A
und B (jeweils 40 pMol) inkubiert. Die Hybridisierung wurde
16 Stunden lang durchgeführt.
- - Waschbedingungen: Die Filter wurden dreimal in 50 ml
6 × SSC, 0,1% SDS (Gew./Vol.) bei 0°C 15 Minuten gewaschen.
Zum Nachweis positiver Kolonien wurden die Filter 16
Stunden bei -70°C mit Röntgenfilmen in Kontakt gebracht.
Unter diesen Bedingungen konnten 12 positiv reagierende
Clone identifiziert werden.
Beispiel 3
Southern-Analyse der 12 positiven Clone
Die 12 positiven Clone wurden im Southern-Blotting
unter Verwendung von 3 verschiedenen Oligodesoxynucleotiden
analysiert. Diese Analyse führte zur Identifizierung eines
positiven Clons, der mit allen drei Oligonucleotiden
reagierte. Dieser Clon wurde pDM3 genannt.
Die 12 positiven Clone wurden in 5 ml LB-Medium, das
mit Ampicillin angereichert war, gezüchtet und ihre DNA
gemäß dem Verfahren von Birnbaum und Doly [Nucl. Acids. Res.
7 (1979) 1513] isoliert.
1/10 jeder isolierten Plasmid-DNA (Plasmide: pDM1 bis
pDM12) wurde mit den Restriktionsenzymen EcoRI-XhoI (jeweils
5 E), 1 × "one phor all"-Puffer (Pharmacia) in einem Gesamt
volumen von 20 µl eine Stunde bei 37°C gespalten. Die DNA-
Fragmente wurden auf einem 1% Agarosegel aufgetrennt und
gemäß Maniatis et al. (1989) auf Nitrocellulose geblottet.
Die Southern-Analyse wurde unter Verwendung von Oligo-A und
-B und unter den gleichen Bedingungen durchgeführt, die für
das Absuchen der Bibliothek beschrieben werden. Die
Hybridisierungstemperatur für Oligo-A betrug 48°C und für
Oligo-B 42°C. Die Clone 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 11 reagierten
mit beiden Oligodesoxynucleotiden positiv. Diese sieben
Clone wurden durch Southern Blot-Analyse weiter analysiert.
Hierzu wurden drei identische Blots hergestellt, in denen
die DNA der Clone 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 11 mit EcoRI-XhoI
gespalten und wie beschrieben auf Nitrocellulose geblottet
wurde. Die Blots 1, 2 und 3 wurden in 20 ml 5 × Denhardt, 6
× NET, 0,1% SDS (Gew./Vol.) und 0,1 mg/ml Lachssperma-DNA
bei 50°C vier Stunden vorhybridisiert. Sodann wurde jeder
Blot in 10 ml 5 × Denhardt, 6 × NET, 0,1% SDS (Gew./ Vol.),
0,1 mg/ml Lachssperma-DNA und 40 pMol markierten Oligo
nucleotiden 16 Stunden hybridisiert. Die Hybridisierungs
temperatur ist in der nachstehenden Tabelle 2 angegeben.
Gewaschen wurde bei jeder Temperatur 10 Minuten in 50 ml 2 ×
SSC, 0,1% SDS (Gew./Vol.).
Clon 3 war der einzige Clon, der mit Oligo-A, -B und -C
reagierte. Der Clon wurde pDM3 genannt und weiter
analysiert.
Beispiel 4
Analyse von pDM3
E.4.1. Methoden
E.4.1.1. Spaltung mit Restriktionsendonucleasen
Die analytische Spaltung mit Endonucleasen wurde in 1 ×
"one phor all"-Puffer (Pharmacia), 0,2 bis 0,5 µg DNA, 1 bis
5 E Restriktionsenzym in einem Gesamtvolumen von 20 µl eine
Stunde bei 37°C durchgeführt.
Die präparative Spaltung wurde in einem Gesamtvolumen
von 40 bis 80 µl mit 1 bis 10 µg DNA, 5 bis 20 µl Re
striktionsenzym und 1 × "one phor all"-Puffer zwei Stunden
bei 37°C durchgeführt.
E.4.1.2. DNA-Gelelektrophorese
Die Trennung von DNA-Fragmenten wurde gemäß Maniatis et
al. (1989) durchgeführt.
E.4.1.3. Isolierung von DNA-Fragmenten
Nach der Trennung wurden die DNA-Fragmente mit dem
"Gene clean Kit" (Stratagene) gemäß der Gebrauchsanweisung
des Herstellers isoliert.
E.4.1.4. Behandlung mit alkalischer Phosphatase
DNA-Fragmente wurden mit alkalischer Phosphatase gemäß
Maniatis et al. (1989) dephosphoryliert.
E.4.1.5. Ligierung
DNA-Fragmente wurden in 1 × T4-Ligierungspuffer (50 mM
Tris/HCl, pH 7,5, 10 mM MgCl2, 5 mM DTT, 1 mM ATP) mit 1 E
T4-DNA-Ligase (Gesamtvolumen 10 bis 15 µl) ligiert. Das
molare DNA-Verhältnis von Vektor : Insertion betrug 1 : 4 oder
1 : 8. Die absolute Menge DNA war 20 bis 50 ng.
Inkubationszeit: 16 Stunden bei 14°C oder 5 Stunden bei
25°C.
E.4.1.6. Transformation von E. coli
Kompetente E.coli-DH5α-Zellen wurden gemäß Hanahan [J.
Mol. Biol. 166 (1983) 557] hergestellt. Die Transformation
wurde wie von Maniatis et al. (1989) beschrieben durchge
führt.
E.4.1.7. Herstellung von DNA
Plasmid-DNA wurde gemäß Birnbaum und Doly (a.a.O.)
hergestellt.
E.4.1.8. Southern-Blot-Analyse
Die Southern-Blot-Analyse wurde unter Anwendung der
gleichen Bedingungen wie in E.3. beschrieben durchgeführt.
E.4.1.9. DNA-Sequenzanalyse
Die DNA-Sequenzierung wurde nach dem Verfahren von
Sanger et al. [PNAS 74 (1977) 5463] durchgeführt. Nur
Plasmid-DNA wurde sequenziert. T7-DNA-Polymerase-
Sequenzierungs-Kit (Pharmacia) wurde verwendet; das
radioaktive Nucleotid war [α-35S]-dATP (spez. Akt. 600
Ci/mMol).
E.4.2. Identifizierung des offenen Leserasters
Dieses Beispiel beschreibt eine Restriktionsanalyse von
pDM3, die Identifizierung von verschiedenen, durch die
Oligonucleotide-A, -B oder -C erkannten DNA-Fragmenten und
deren Subclonierung. Die Sequenzierung dieser Subclone
ermöglichte die Identifizierung eines offenen Leserasters
(ORF).
E.4.2.1. Subclonierung von pDM3-DNA-Fragmenten, die mit
Oligo-A, -B oder -C hybridisierten
pDM3-DNA wurde mit EcoRI, XhoI und EcoRI-XhoI
gespalten. Die Southern-Blot-Analyse wurde unter Verwendung
von Oligo-A, -B oder -C als Sonde durchgeführt.
Oligo-A erkennt ein 3,0 kB-EcoRI-Fragment, Oligo-B und
-C erkennen ein 1,1 kB-EcoRI-XhoI-Fragment. Das 3,0 kB-
EcoRI-Fragment wurde in pUC19 (linearisiert mit EcoRI und
dephosphoryliert) subcloniert. Das 1,1 kB-EcoRI-XhoI-
Fragment wurde in pUC18 (linearisiert mit EcoRI-SalI und
dephosphoryliert) subcloniert. Die richtigen Subclone wurden
durch Restriktionsanalysen und Southern-Blot-Analysen unter
Verwendung von Oligo-A oder -B bzw. -C identifiziert.
Der 3,0 kB-EcoRI-Subclon wurde mit pMT4 und der 1,1 kB-
EcoRI-XhoI-Subclon mit pMT1 bezeichnet. Die weitere Restrik
tionsanalyse von pMT4 und pMT1 wurde unter Verwendung
mehrerer verschiedener Restriktionsendonucleasen (z. B. PstI,
HindIII und BglII) durchgeführt. Die Southern-Blot-Analyse
unter Verwendung von Oligo-A oder -B/-C wurde durchgeführt,
um die genaue Region eines möglichen ORF zu bestimmen.
Die Restriktionskarten von pDM3, pMT4 und pMT1 sind in
Fig. 1 dargestellt.
E.4.2.2. Sequenzanalysen
Von beiden Enden wurden die DNA-Insertionen der
Plasmide pMT4 und pMT1 sequenziert, wobei der universelle
und reverse Primer verwendet wurde, der nahe dem Polylinker
von pUC19/pUC18 bindet. Auch Oligo-A, -B und -C wurden als
sequenzierende Primer verwendet. Die Sequenzierungsdaten
führten zu einem ORF von etwa 400 Bp auf beiden Seiten der
Insertion von pMT1. Auch pMT4 zeigte bei Sequenzierung mit
dem reversen Primer ein ORF von etwa 200 Bp. Unter
Verwendung dieser Sequenzierungsdaten konnte eine
Aminosäuresequenz hergeleitet werden. Diese
Aminosäuresequenz zeigte Peptidsequenzen, die aus der
Peptidanalyse des 92 kDa-Proteins bekannt sind (Peptide
wurden gefunden, die den Peaks 15, 23, 34 entsprachen).
Anhand dieser Daten konnte die 5′/3′-Ausrichtung des Gens
vorausgesagt werden.
Mehrere andere Subclone wurden konstruiert und sequen
ziert, wobei die universellen und reversen Primer von
pUC18/19 verwendet wurden (Fig. 2).
Außerdem wurden zur Sequenzierung die nachstehenden
Oligodesoxynucleotide verwendet:
Diese Oligonucleotide stellen Teile der neu sequen
zierten DNA-Fragmente dar.
Zur Sequenzierung des 5′-Bereichs des Gens wurden
ExoIII/Mung-Bohnen-Deletionen des Vektors pMT4 erzeugt. pMT4
wurde unter Verwendung von SphI linearisiert (3′-
Überlappung). Sodann wurde das Plasmid unter Verwendung von
BamHI gespalten (5′ -Überlappung). Die ExonucleaseIII-
Deletion wurde gemäß Roberts und Lauer [Meth. Enzymol. 68
(1979) 473], Henikoff [Meth. Enzymol. 155 (1987) 156]
durchgeführt. Überlappende Enden wurden durch Mung-Bohnen-
Nuclease entfernt. Die resultierenden Plasmide wurden durch
Restriktionsanalyse unter Verwendung von HindIII und EcoRI
analysiert.
Sequenzanalysen der Clone wurden unter Verwendung des
reversen Primers von pUC19 durchgeführt. Die
Sequenzstrategie ist in Fig. 3 dargestellt. Sequenzdaten
sind in Fig. 4 dargestellt.
Beispiel 5
Northern-Blot-Analyse: Identifizierung von
mRNA, die für Mannosyltransferase codiert
E.5.1. Verfahren
E.5.1.1. Isolierung von RNA
Die gesamte RNA wurde aus dem Hefestamm SEY2101 (Mat a,
ade2-1, leu2-3, 112, ura3-52) [Emr et al., PNAS 80 (1983)
7080] gemäß Domdey et al. [Cell 39 (1984) 611] isoliert.
E.5.1.2. Northern-Blotting
Die gesamte RNA wurde unter Verwendung eines
Formaldehyd-Agarosegels aufgetrennt und wie von Maniatis et
al. (1989) beschrieben auf Nitrocellulose geblottet.
E.5.1.3. Die Ziel-DNA
Die 1,1 kB-Insertion von pMT1 wurde durch EcoRI-PstI-
Spaltung isoliert. Das Fragment wurde mit dem "Gene clean
Kit" (Stratagene) gereinigt.
200 ng des DNA-Fragmentes wurden mit [α-32P]-dCTP (50 µCi)
markiert, wobei das "Megaprime" Markierungskit
(Amersham) gemäß Gebrauchsanweisung des Herstellers
verwendet wurde.
E.5.2. Ergebnisse
Das Nitrocellulosefilter wurde 2 Stunden bei 42°C in 20 ml
5 × Denhardt, 2 × SSC, 0,1% SDS (Gew./Vol.), 50% Formamid
(Vol./Vol.) und 0,1 mg/ml Lachssperma-DNA vorhybridisiert.
Die Hybridisierung wurde bei 42°C 16 Stunden in 10 ml 1 ×
Denhardt, 2 × SSC, 0,1% SDS (Gew./Vol.), 50% Formamid (Vol./Vol.),
0,1 mg/ml Lachssperma-DNA und 200 µg [α-32P]-dCTP-
markiertem 1,1 kB-EcoRI-PstI-Fragment von pMT1 durchgeführt.
Gewaschen wurde zweimal bei Raumtemperatur und zweimal bei
50°C in 50 ml 0,1 × SSC, 0,1% SDS (Gew./Vol.) Die
Hybridisierung der Sonde wurde durch Röntgenfilm-Exposition
nachgewiesen (-70°C, 16 Stunden). Eine einzige mRNA in einer
Größe von 3 kB wurde nachgewiesen.
Dieses Verfahren kann von Fachleuten mit anderen
Sonden, die von der Sequenz von Fig. 4 abgeleitet werden,
und mit RNA aus anderen Quellen (anderen Pilzzellen) einfach
wiederholt werden.
Beispiel 6
Herstellung einer S. cerevisiae-Zelle, der
die O-Glykosylierungsaktivität fehlt
Eine S. cerevisiae-Zelle, der die O-Glykosylierungs
aktivität fehlt, wurde durch Gendisruption, durch Insertion
des URA3-Gens in die HindIII-Restriktionsstelle des
identifizierten ORF an Bp 1595 der codierenden Sequenz
hergestellt.
E.6.1. Konstruktion des für die Gendisruption verwendeten
Plasmides
Die 1,1 kB-Insertion von pMT1 wurde als EcoRI-PstI-
Fragment isoliert und in einen pUC18-Vektor (EcoRI/PstI-
linearisiert, dephosphoryliert, ohne HindIII-
Restriktionsstelle im Polylinker) subcloniert. Der
resultierende Vektor wurde mit pMT1.1 bezeichnet.
pMT1.1 wurde mit HindIII linearisiert und dephosphory
liert. Das 1,1 kB-HindIII-Fragment von YEp24 [Julius et al.,
Cell 37 (1984) 1075], enthaltend das UHA3-Gen von S. cerevi
siae, wurde isoliert und in den mit HindIII linearisierten,
dephosphorylierten Vektor pMT1.1 subcloniert. Clone wurden
durch Restriktionsanalysen identifiziert und mit pMT1.1/URA3
bezeichnet (Fig. 5).
pMT1.1/URA3 besitzt die DPM2-codierende Sequenz von
0,24 kB, die eine Seite des URA3-Gens flankiert, und DPM2-
codierende Sequenz von 0,86 kB, die die andere Seite
flankiert. CsCl-DNA von pMT1.1/URA3 wurde gemäß Maniatis et
al. (1989) hergestellt.
E.6.2. Transformation von Hefe
40 µg CsCl-DNA von pMT1.1/URA3 wurden mit SphI/EcoRI
gespalten. Um festzustellen, ob die Spaltung vollständig
verlaufen ist, wurde ein Teil der gespaltenen DNA auf einem
DNA-Agarosegel analysiert. Sodann wurden die Spaltprodukte
mit Phenol behandelt und die DNA mit 98% EtOH ausgefällt
(Maniatis et al., 1989). Die DNA wurde in 10 µl TE, pH 8,0,
gelöst.
S. cerevisiae-Stämme SEY2101/2102 (Mat a/α, ura3-52,
leu2-3, 112) (Emr et al., a.a.O.) und SEY2101 (Mat a, ura3-
52, leu2-3, 112, ade2-1) wurden mit 5 µl des mit EcoRI/SphI
gespaltenen Vektors pMT1.1/URA3 gemäß dem Verfahren von Ito
et al. [J. Bacteriol. 153 (1983) 163] transformiert.
SEY2101/2102-Transformanten wurden auf Minimalmedien +
Leu selektiert; Sey 2101-Transformanten wurden auf Minimal
medien + Leu + Ade selektiert.
Nach 3 bis 4 Tagen bei 30°C konnten die Transformanten
herausgegriffen und ein zweites Mal auf den gleichen Medien
plattiert werden.
E.6.3. Southern-Blotting der genomischen DNA der
Transformanten
Genomische DNA von drei haploiden Transformanten und
Wildtypzellen wurde wie von Hoffmann und Winston [Gene 57
(1987) 267] beschrieben isoliert. 1 µg der genomischen DNA
wurde mit XhoI/EcoRI gespalten, auf einem Agarosegel
getrennt und wie von Maniatis et al. (1989) beschrieben auf
Nitrocellulose geblottet.
Der Blot wurde in 20 ml 5 × Denhardt, 2 × SSC, 0,1% SDS
(Gew./Vol.), 0,1 mg/ml Lachssperma-DNA und 50% Formamid
(Gew./ Vol.) 4 Stunden bei 42°C vorhybridisiert.
Die Hybridisierung wurde in 10 ml der gleichen Lösung
unter Zusatz von 200 ng [α-32P]dCTP-markiertem 1,1 kB-EcoRI/
PstI-Fragment von pMT1.1 (vgl. E.5.1.3.) 16 Stunden bei 42°C
durchgeführt. Gewaschen wurde zweimal bei Raumtemperatur in
50 ml 2 × SSC, 0,1% SDS (Gew./Vol.) und zweimal bei 68°C in
50 ml 1 × SSC, 0,1% SDS (Gew./Vol.). Signale wurden durch
Röntgenfilme nachgewiesen. Wildtypzellen zeigten ein
einziges Signal bei 1,1 kB, welches für das EcoRI/XhoI-
Fragment ohne URA3-Insertion steht. In disruptierten Zellen
fehlte dieses Signal. An dessen Stelle wurde durch die 1,1
kB-Sonde ein neues 2,2 kB-Fragment erkannt, welches das 1,1
kB-EcoRI/XhoI-Fragment, das die 1,1 kB-URA3-Insertion trug,
darstellte.
Beispiel 7
Charakterisierung der Mutante
E.7.1. Wachstum
SEY2101 Wildtypzellen wurden entweder auf YPD (Hefeex
trakt 10 g/l, Pepton 10 g/l, Dextrose 20 g/l) oder auf Mini
malmedium + Ade + Leu + Ura gezüchtet. Mutante SEY2101-
DPM2 :: URA3-Zellen wurden entweder auf YPD oder auf Minimal
medium + Ade + Leu gezüchtet. Die Zellen wurden bei 30°C in
einem Wasserbadschüttler gezüchtet. OD578 wurde alle 30
Minuten nach Beschallung der Zellen gemessen. Die
Wildtypzellen und die mutanten Zellen zeigen auf beiden
Medien ein fast identisches Wachstum, die mutanten Zellen
kleben jedoch in einigen Fällen aneinander. Trotzdem können
solche Zellen durch Beschallung (30 Sekunden, Beschallung
Wasserbad) einfach getrennt werden. Die
Wachstumseigenschaften dieser Zellen sind nachstehend
zusammengestellt:
Generationszeit:
WT: 99 Minuten
MT: 93 Minuten
Zellzahl:
WT: 1 OD=1,9×10⁷
MT: 1 OD=1,9×10⁷
Verdopplungsrate:
WT: 0,61/h
MT: 0,65/h
In einer logarithmisch wachsenden Kultur bilden 54,7%
der Wildtypzellen und 56% der mutanten Zellen Sproßzellen.
Nach 24stündigem Wachstum auf YPD erreichten Wildtypzellen
eine OD578 von 11,4 und mutante Zellen von 12,3.
E.7.2. In vitro-Mannosyltransferase-Aktivität und
Western-Blotting
E.7.2.1. Herstellung von Rohmembranen
SEY2101 wurde in 100 ml Minimalmedium + Ade + Leu + Ura
bis zu einer OD578 von 0,5 gezüchtet. SEY2101 DPM2 :: URA3
wurde in 100 ml Minimalmedium + Ade + Leu bis zu einer OD578
von 0,5 gezüchtet.
Von jedem Stamm wurden zwei Präparate hergestellt. Die
Arbeitsgänge wurden auf Eis durchgeführt, alle Puffer hatten
4°C. 40 OD Zellen wurden zentrifugiert und in 25 ml TMA (50 mM
Tris/HCl, pH 7,5, 7,5 mM MgCl2) gewaschen. Die Zellen
wurden in 100 µl TMA resuspendiert und in ein Violax-
Röhrchen überführt. 0,3 g Glasperlen wurden hinzugefügt und
die Zellen auf einem Vortex viermal 30 Sekunden lang aufge
brochen (Kühlung auf Eis in den Intervallen zwischen dem
Aufbrechen). Das Extrakt wurde mit einer Pasteurpipette von
den Glasperlen abgesaugt. Die Glasperlen wurden dreimal mit
250 µl TMA gewaschen. Alle Waschlösungen wurden in einem
Eppendorf-Becher gesammelt. Die Lösung wurde 15 Sekunden
zentrifugiert (10 000 × g). Der Überstand wurde entfernt und
das Pellet in 40 µl TMA resuspendiert (1 OD = 1 µl).
E.7.2.2. Mannosyltransferase-Test (in vitro)
1 und 5 µl Rohmembranen (E.7.2.1.) wurden wie von
Strahl-Bolsinger und Tanner (1991) beschrieben auf
Enzymaktivität getestet. Zwei parallele Proben aus
Wildtypzellen und mutanten Zellen wurden gemessen. Die
Mittelwerte dieser zwei unabhängigen Messungen sind
dargestellt.
Im Gegensatz zu Wildtypzellen zeigen mutante Zellen
keine in vitro-Mannosyltransferase-Aktivität.
E.7.2.3. Western-Blot-Analyse
Membranen (1 µl aus E.7.2.1.) wurden in 20 µl SDS-
Probenpuffer eine Stunde bei Raumtemperatur inkubiert.
Sodann wurden SDS-PAGE und Western-Blotting wie von Strahl-
Bolsinger und Tanner (1991) beschrieben durchgeführt. Zum
Antikörpernachweis wurde das Peroxidase-ECL-Kit (Amersham)
gemäß der Gebrauchsanweisung des Herstellers verwendet.
Antikörper gegen das 92 kDa-Protein reagieren spezifisch mit
einem 92 kDa-Protein von Wildtypmembranen. In mutanten
Membranen fehlt dieses 92 kDa-Signal.
E.7.3. In vivo-O-Glycosylierung
Um die in vivo-Glykosylierung zu untersuchen, wurden
Wildtypzellen und mutante Zellen in Gegenwart von [3H]-
Mannose gezüchtet. Anschließend wurde eine aus Zellwand plus
Rohmembranen bestehende Fraktion isoliert und O-
glykosyliertes Material durch β-Eliminierung freigesetzt.
E.7.3.1. Behandlung mit [3H]-Mannose
Wildtypzellen und mutante Zellen wurden über Nacht in
Minimalmedium, das als einzige Kohlenstoffquelle Saccharose
enthielt, gezüchtet. 7,5 OD der Kultur (ED578 = 1 bis 2)
wurden zentrifugiert und mit 5 ml H2O (vorgewärmt auf 30°C)
gewaschen. Die Zellen wurden in 5 ml YP/0,5% Saccharose/250 µCi
[H3]-Mannose in einem Wasserbadschüttler zwei Stunden
bei 30°C gezüchtet.
E.7.3.2. Isolierung der aus Zellwand und Rohmembranen
bestehenden Fraktion
5 OD der mit [H3)-Mannose behandelten Zellen wurden
zentrifugiert und dreimal mit 1 ml TMA gewaschen. Die Zellen
wurden in 200 µl TMA resuspendiert und wie in E.7.2.1. mit
Glasperlen aufgebrochen (eine 10 µl-Probe wurde zum Zählen
der Radioaktivität verwendet, die dem gesamten Einbau
entsprach).
Anschließend wurde der Extrakt 15 Minuten zentrifugiert
(10 000 × g) und der Überstand entfernt (eine 100 µl-Probe
wurde zum Zählen der Radioaktivität verwendet, die dem
löslichen Material entsprach).
E.7.3.3. β-Eliminierung
Das Pellet wurde in 1 ml 0,1 N NaOH resuspendiert (eine
10 µl-Probe wurde zum Zählen der Radioaktivität verwendet,
die dem Material vor der β-Eliminierung entsprach). Die
Inkubation wurde 24 Stunden bei 30°C durchgeführt.
E.7.3.4. Analyse von β-eliminiertem Material
β-Eliminiertes Material wurde über eine Dowex 50WS8/H⁺-
Säule (0,5 cm × 6 cm) entsalzt. Die Säule war mit 0,5 M Man
nose gesättigt und in H2O äquilibriert. Die Probe der ß-
Eliminierung wurde auf die Säule aufgetragen und mit 1,5 ml
H2O durchgewaschen. Der Durchfluß wurde gesammelt (eine 100 µl-Probe
wurde verwendet, um die Radioaktivität zu zählen,
die dem β-eliminierten Material entsprach) und in der Speed-
Vac auf 10 µl eingeengt. Eine Dünnschichtchromatographie auf
Kieselgel 60 (Merck) in Aceton : Butanol : H2O 70 : 15 : 15 wurde
durchgeführt. Standards: Mannose, Saccharose, Stachyose,
Raffinose. Der Chromatographie-Durchlauf wurde einmal
wiederholt. Die Zucker wurden mit 0,5 g KMnO4 in 100 ml 1 N
NaOH nachgewiesen. Die Radioaktivität wurde mit einem
Dünnschichtscanner (Berthold) nachgewiesen (vgl. Fig. 6).
Mutante Zellen zeigen im Vergleich zu Wildtypzellen
eine verringerte Glykosylierung. Die O-Glykosylierung in
mutanten Zellen ist etwa 40 bis 50% niedriger als in
Wildtypzellen.