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Verfahren zur Behandlung von Pflanzenfasern mit Chlor. Gegenstand
.der Erfindung ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Behandeln von Pflanzenfasern
mit flüssigem Chlor. Das Verfahren eignet sich besonders gut für dichtes Pflanzenmaterial,
wie Hackspäne von Holz, kann-aber auch in-manchen Fällen mit Vorteil bei anderen
Materialien, wie Stroh, Flachsabfällen, Holz in feinem Zustande, verwendet werden.
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Es ist bekannt (Textile Forschung, Jahrgang 2, 1920, S. 72), daß eine
ausreichende Aufschließung von dichtem Pflanzenmaterial mit Chlor in genügend kurzer
Zeit nur bei Anwendung von Druck erfolgt. Außerdem ist die Chlorierung des Pflanzenmaterials
mit einer Selbsterwärmung verbunden, die unter Umständen für die Faser schädlich
ist und daher vermieden werden muß. Wenn man zu diesem Zwecke Chlorgas unter Druck
auf in Wasser suspendiertes Pflanzenfasermaterial einwirken läßt, so entsteht bei
hohen Drucken festes Chlorhydrat, das nur langsam mit dem Aufschließungsgut reagiert
und sich nach beendigter Reaktion nur schwer wieder entfernen läßt.
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Es ist weiter bekannt (G o o d w i n, Berichte der Deutschen Chemischen
Gesellschaft. Band 15, 1882, S. 3o39), daß in den Lösungen hygroskopischer Salze
unter gewöhnlichem
Druck bei tiefer Tempcratur kein festes Chlorltvdrat
entsteht.
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Nach der Erfindung wird flüssiges Chlor nlit -lein Pflanzenmaterial
in Berührung gebracht, ,las zweckmäßig in einer -;eigneten Flüssig-]zeit aufgeschwemmt
ist. Als solche Flüssigkeiten kommen beispielsweise Wasser, wässerige Lösungen,
aber auch andere für die Chlorbehandlung schon benutzte Flüssigkeiten, wie gewisse
organische Körper, in Frage. Vorzttgsweise erfolgt die Behandlung in geschlossenen
Gefäßen unter Druck un 1 in der Weise, daß eine Destillation des flüssigen Chlors
durch die suspendierte lIasse hindurch stattfindet. Eine solche Destillation kann
leicht durch Schaffung eines geringen Temperaturabstandes zwischen dem Reaktionsgefäß
un;l einem anderen Behälter hervorgerufen werden; die Destillation kann aber auch
durch Herstellung eines mäßigen Druckunterschiedes zwischen dem Reaktionsgefäß arid
-lein an deren Behälter ausgeführt werden. In beiden Fällen findet die Destillation
des flüssigen Chlors von der Stelle des hiiheren Druckes bzw. der höheren Temperatur
zu der Stelle des niedrigeren Druckes bzw. der niedrigeren Temperatur statt. Man
erhält sehr günstige Einwirkungsbedingungen, die sich leicht regeln lassen.
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Durch dieses Verfahren wird einmal eine genügende Behandlung des mit
Ligninsubstanzen durchsetzten Pflanzenmaterials herbeigeführt, anderseits aber die
sonst leicht auftretenden Schädigungen, insbesondere ein übermäßiges Angreifen der
Faser durch starke Erwärmung, vermieden. Es hat sich gezeigt, daß die Bildung von
Chlorhydrat bei Gegenwart von Salzlösungen auch bei gewöhnlicher Temperatur und
bei hohem Druck unterbleibt. Bei Verwendung von Wasser wird zweckmäßig die Temperatur
,des Reaktionsgefäßes während der Chlorierung auf etwa 30° gehalten, tun die Bildung
von Chlorhydrat zu vermeiden.
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Die von dem flüssigen Chlor aufsteigenden Chlorgasblasen durchsetzen
dann die in der Salzlösung suspendierte Pflanzenfaserschicht und bringen so eine
innige Durchtnischung und die gewünschte rasche Einwirkung des Chlors zustande.
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Das Verfahren kann beispielsweise wie folgt ausgeführt werden: Ein
geschlossener, druckfester Behälter mit flüssigem Chlor, der mit einer Abflußleitung
versehen ist, wird schwach angewärmt; es wird hierdurch das Chlor in das eigentliche
Druckreaktionsgefäß hinübergedrückt. In dem Reaktionsgefäß ist das Pflanzenmaterial,
beispielsweise Hackspäne von Holz, Flachsschäben, Stroh o. dgl., z. B. in einer
2oprozentigen Chlormagnesiumlösung, suspendiert. Das flüssige Chlor, das zweck-mäßig
oben in das Reaktionsgefäß eingeführt «-ira, sinkt infolge seines hohen spezifischen
Gewichts zu Boden: falls nötig, kann die 'lasse mechanisch durchgerührt wer#ien.
Wenn man nun das Reaktionsgefäß, am vorteilhaftesten all seinem unteren das flüssige
Chlor enthalten-#len Teil, schwach erwärmt, so beginnt das Chlor zu verdampfen und
steigt in der Reaktionsmasse auf. Die Gasperlen und -blasen hiet-zn eine sehr große
Oberfläche uttd treten mit dem Material in Reaktion. Das überschüssige Chlor kann
entweder in den ursprünglichen Vorratsbehälter zurückgeleitet und dort durch geringe
Abkühlung wieder konaensiert werden, oder aber es kann in ein anderes R.caktionsgefäß
eingeleitet werden. wo es .durch geringe Abkühlung gleichfalls zur Koniensation
gebracht werden kann.
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Das Verfahren läßt sich mit kleinen Tetnperaturunterschieden ausführen.
In vielen Fällen genügen Unterschie:le voll To= C, uni die gewünschte Verdampfung
des Chlors herbeizuführen.
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Als Reaktionsgefäß kann man auch rotierende kugelförmige Gefäße nach
Art der bekannten Kugelkocher benutzen, bei denen man eine sehr gleichmäßige und
energische Durchtnischung des Inhaltes und datnit eine besondere Beschleunigung
.leg Reaktion erhält.
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In den Zeichnungen ist eine Vorrichtung zur Ausführung des Verfahrens
schematisch beispielsweise dargestellt.
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a ist ein Behälter für flüssiges Chlor, der zweckmäßig um seine senkrechte
Achse Irelnbar ist: h ist eine Anwärmevorrichtung, d#e beispielsweise aus einem
mit Dampfschlangen versehenen Wasserbad bestehen kann. Die Heizvorrichtung kann
auch an anderen Teilen des Gefäßes, beispielsweise am oberen Teil. angeordnet sein
oder aber sowohl am unteren als am oberen Teil.
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c ist ein Tauchrohr, welches durch ein Ventil d abgeschlossen werden
kann; e ist eine geeignete Rohrverbindung, beispielsweise Flanschverbindung; f ist
ein Reaktionsgefäß, das mit dem Pflanzenmaterial b suspendiert in der Flüssigkeit,
z. B. der Salzlösung, beschickt ist; lt ist ein Rohrstutzen. der mit einem
Ventil i. verschlossen werden kann und so ausgebildet ist, daß er mit dem Tauchrohr
c bei e verbunden werden kann; 1z ist eine verschließbare Öffnung zum Einbringen
des Reaktionsmaterials. Die verschließbare Öffnung in dient zur Entfernung des behandelten
Materials; ia ist ein Siebboden, der ein Durchtreten der Flüssigkeit nach unten
gestattet, aber die festen Bestandteile zurückhält; o ist eine Flüssigkeitskammer,
die mit Rohrleitungen p und q versehen ist, die durch Ventile r und r1 verschlossen
werden können.
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Zweckmäßig sind die Reaktionsgefäße zu
mehreren, etwa
zu einer Batterie von drei Gefäßen f, f1, f2 angeordnet, die in den Ecken eines
gleichschenkligen Dreieckes aufgestellt sein können.
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Die Arbeitsweise kann beispielsweise .die folgende sein: Die Reaktionsgefäße
f, f1 und f' werden mit dem zu chlorierenden Pflanzenmaterial, z. B. eingeweichten
Hackspänen, beschickt. In das Reaktionsgefäß f wird eine 2oprozentige Magnesiumchloridlauge
eingeführt, deren Gewicht etwa .das Fünffache von dem der in ,dem Gefäß enthaltenden
Hackspäne ist. Der mit flüssigem Chlor beschickte Chlorbehälter a wird bei e mit
dem Reaktionsgefäß f verbunden; die Ventile r, r1, y2 sind geschlossen.
Die Ventile d und i werden geöffnet. Der Übertritt .des flüssigen
Chlors aus dem Behälter a in das Reaktionsgefäß f wird durch schwache Erwärmung
des Gasraumes über dem flüssigen Chlor oder des Chlors selbst bewirkt bzw. unterstützt.
Ist genügend flüssiges Chlor in das Reaktionsgefäß f übergetreten, so wird das Reaktionsgefäß
f am besten an seinem unteren Teil schwach angewärmt. Die Erwärmung des Chlorbehälters
a wird unterbrochen, gegebenenfalls wird der Behälter a schwach gekühlt. Hierdurch
verdampft das flüssige Chlor, das sich in seiner Hauptmenge am unteren Teil des
Gefäßes f angesammelt hat, tritt nach oben und geht in den Behälter a zurück, soweit
es nicht von dem Pflanzenfasermaterial aufgenommen ist. Falls erforderlich, kann
der Vorgang ein oder mehrere Male wiederholt werden, so lange, bis das Pflanzenfasermaterial
fertig chloriert ist. Man kann den Vorgang durch ein an dem Chlorbehälter angebrachtes
Schauglas beobachten.
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Nach Beendigung der Chlorierung wird alles überschüssige flüssige
Chlor in den Chlorbehälter zurückdestilliert. Die Ventile i. und d werden
geschlossen, die Verbindung e getrennt. Das Ventil r1 wird geöffnet, und der in
dem Gefäß f vorhandene Druck bewirkt ein Übertreten der Flüssigkeit aus dem Reaktionsgefäß
f in das zweite Reaktionsgefäß f1. Ist dies geschehen, so wird das Ventil r' geschlossen,
das Ventil r geöffnet, und das noch im Behälter f
befindliche überschüssige
Chlorgas tritt in das Reaktionsgefäß f2, wo es durch die feuchten Hackspäne gebunden
wird. Man kann nun, falls erforderlich, in das Rohr h einen Luftstrom einleiten,
um die letzten Reste des Chlorgases aus dem Gefäß f in das Gefäß f 2 hinüberzuspülen.
Das Ventil r wird geschlossen, und man kann in .das Gefäß f Wasser einbringen und
die Bodenöffnung va öffnen, um die chlorierten Hackspäne zu entnehmen. Während dieser
Operation und der erneuten Beschickung des Reaktionsgefäßes f mit frischem Material
kann nach Verbindung des Chlorbehälters a mit dem Reaktionsgefäß f1 bei e1 der Inhalt
dieses Reaktionsgefäßes mit Chlor unter Druck behandelt werden, wie zuvor in bezug
auf das Reaktionsgefäß f beschrieben.
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Auf .diesem Wege läßt sich ein ununterbrochenes Verfahren durchführen.
Wenn sich die Salzlauge zu stark mit Extraktstoffen beladen hat, kann sie ganz oder
zum Teil abgelassen und durch frische ersetzt werden.